01.02.2012 Kampf
gegen Naziterrorismus mit internationaler Dimension Zu
den Ausführungen von Ulrich Schneider (FIR) auf der 30.
landesweiten Konferenz antifaschistischer Initiativen und
Organisationen in Nordrhein Westfalen am 28. Januar 2012 –
Fragen und Antworten Internationale
Netzwerke spielen für den neonazistischen Terror in Europa
eine große Rolle. Die Blood & Honour-Netzwerke sind
in Deutschland verboten, werben aber sogar für die
Mörder von NSU und organisieren
Schießübungen in Osteuropa. Das stellte Ulrich
Schneider in seiner Rede auf der 30. Landeskonferenz Antifaschistischer
Initiativen und Organisationen in Dortmund fest. Der
Generalsekretär der Föderation des Internationalen
Widerstandes (FIR) sprach sich für eine internationale
Solidarität und Zusammenarbeit der Antifaschisten aus. Hier
Auszüge aus seinen Ausführungen: Fragen
an Ulrich Schneider (FIR) und seine Antworten Dr.
Ulrich Schneider (Kassel) ist Generalsekretär der
Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer
– Bund der Antifaschisten (FIR). Er hält auf der 30.
Antifaschistischen Landeskonferenz das einführende Referat. Welche Überlegungen
und Entwicklungen innerhalb der rechten Szene liegen der NSU und ihren
Taten zugrunde? Wir
wissen aus der Vergangenheit,
dass Gewalt bis hin zu Mord und Totschlag der faschistischen Bewegung
inhärent ist. Von daher kann die Entstehung einer solchen
Terrorzelle, die mit gezielten Mordanschlägen gegen
„Feinde“ agiert, nicht wirklich
überraschen. Auch die Leidenschaft für Schusswaffen
und andere Terrormittel wurde bei Haussuchungen gegen Anhänger
der extremen Rechten immer wieder sichtbar. In der
Entstehungsphase der NSU Ende der 90er Jahre reichte es den Neonazis
nicht mehr, „national befreite Zonen“ zu schaffen
oder einzelne Nichtdeutsche zu terrorisieren, sondern nun sollten durch
direkte Aktionen auch „Feindobjekte“ angegriffen
werden, wie der 2003 geplante Bombenanschlag der
„Kameradschaft Süd“ auf die
Münchener Synagoge zeigt. Die neue Qualität der NSU
ist jedoch darin zu erkennen, dass sie mehrere Jahre unter den Augen
der Staatsorgane ihre Verbrechen begehen konnte. Welche Rolle spielen
internationale Netzwerke und Verbindungen bei den Terrorstrategien? Neofaschistischen
Terror gibt es nicht nur in Deutschland. Der Massenmörder
Brevig aus Norwegen ist nur das schrecklichste Beispiel der vergangenen
Zeit. Kurz vor Weihnachten ermordete in Florenz ein Anhänger
der faschistischen „Casa Pound“ zwei afrikanische
Straßenhändler und verletzte weitere Passanten. Dabei
spielt hier nicht nur die Geistesverwandtschaft eine Rolle, sondern die
gewaltbereiten und terroristischen Neonazi-Gruppen in Europa und
darüber hinaus haben enge Verbindungen. Im Mittelpunkt stehen
sicherlich die Netzwerke von „Blood &
Honour“ und den „Hammerskins“. Offiziell
ist B&H in Deutschland verboten, aber Antifaschisten
berichteten über ein B&H-Konzert in Deutschland, auf
dem um Unterstützung für die NSU geworben wurde. Und
es sind nicht nur Worte, vielmehr bietet dieses Netzwerk –
insbesondere in Ländern Osteuropas – praktische
militärische Ausbildungen an. So reisten im Februar 2009
Magdeburger Neonazis zu Schießübungen nach
Bulgarien. Andere treffen sich auf der Ranch von Claus Nordbruch in
Südafrika. Welche
Organisationen arbeiten da zusammen? Neben dem
Netzwerk der „B&H – Struktur entwickeln
sich aus gemeinsamen Aktionen zum 13. Februar in Dresden Verbindungen
zur tschechischen „Narodni Odpor“, zur ungarischen
Partei JOBBIK und ihrer „Magyar Garda“ oder zur
bulgarischen Attaka – Bewegung. Alle drei Gruppen fahren eine
Doppelstrategie, einerseits beteiligen sie sich legalistisch an Wahlen,
andererseits inszenieren sie Pogrome insbesondere gegen die
Roma-Bevölkerung. Solche Gewaltaktionen werden von deutschen
Neonazis mit Bewunderung registriert und als
„Vorbild“ für eigenes Handeln gesehen. Welche Rolle spielt die NPD bei
der Entwicklung der gewaltbereiten Strukturen? Der
NPD ist es – mit Unterstützung der gewaltbereiten
Kameradschaften – gelungen, die führende Kraft im
extrem rechten Parteienspektrum zu werden. Und so ist man eng
miteinander verknüpft, wenn gleich das Verhältnis
nicht unkompliziert ist. Die Kameradschaften verstehen sich als
aktivistischer Kern. Sie sind jedoch wenig gewillt, sich
einer Parteidisziplin unterzuordnen. Gleichzeitig
benötigt die NPD diese „freien
Kräfte“ für die Durchsetzung ihrer
Aufmarschstrategie oder bei Wahlkämpfen in den neuen
Bundesländern. Die Partei hat deshalb immer wieder ihre
Offenheit gegenüber den Kameradschaften betont und versucht,
sie zu integrieren. Und diese Offenheit geht soweit,
dass – wie das Beispiel der NSU zeigt –
NPD-Funktionäre, wie Patrick Wieschke,
Bundesorganisationsleiter der NPD, und Ralf Wohlleben, Mitglied des
Thüringer Landesvorstandes der NPD, sich direkt im
Unterstützerkreis dieser Rechtsterroristen befinden. Ist ein NPD-Verbot die
generelle Antwort auf den Terror der Rechten? Natürlich
wäre das zu kurz gegriffen. Aber ein konsequent durchgesetztes
Verbot der NPD würde die politischen Möglichkeiten
auch des Rechtsterrorismus entscheidend einschränken. Niemand
könnte sich mehr hinter der NPD als „zugelassene
Partei“ verstecken, um faschistische Aufmärsche
anzumelden. Es ständen keine staatlichen Gelder mehr der
neofaschistischen Szene zur Verfügung, wie sie bislang durch
die Parteienfinanzierung in die NPD und ihren Apparat geflossen sind. Und
ein Verbot müsste juristisch festlegen, welche inhaltlichen
Positionen – nicht allein der NPD – mit den
Grundlagen unserer Verfassung nicht übereinstimmen. Solche
Thesen könnten auch Freie Kameradschaften
anschließend nicht ungestraft verbreiten. Ich
bin überzeugt, dass ein NPD-Verbot allen Demokraten in ihrem
Handeln gegen Rechts hilft. Welche Rolle spielt der
Verfassungsschutz und die offizielle Politik bei der Entwicklung der
Rechten? Das ist der eigentliche Skandal. Was
mittlerweile an Details und Fakten des Handelns insbesondere des
Thüringer Verfassungsschutzes bekannt geworden ist, macht
deutlich, dass man längst nicht mehr von
„Versagen“ oder
„Versäumnissen“ sprechen kann, sondern
hier nur noch von aktiver Förderung der Nazi-Szene gesprochen
werden kann. 200.000 € flossen in den Aufbau der
„Thüringer Heimatfront“. Dies war der
Geburtsort der NSU. Und als das LKA durch Zielfander die drei
Untergetauchten ergreifen wollte, wurde der Einsatz auf Intervention
des Thüringer Verfassungsschutzes abgebrochen. Die
Ämter haben diese und weitere Details nachträglich
zugegeben. Was
legt den rechten Sumpf trocken? Was muss sich in der offiziellen
Politik ändern? Zumindest keine Zentraldatei
und der Abbau demokratischer Bürgerrechte, wie es
Innenminister Friedrich (CSU) plant. Die allererste Aufgabe
müsste die Abschaltung sämtlicher V-Leute in der
Nazi-Szene sein. Laut Spiegel werden 130 Nazis mit staatlichen Geldern
ausgestattet. Das Ergebnis – richtiger das Nicht-Ergebnis
– ist für jeden sichtbar. Ein deutliches Signal
wäre auch ein offensives Vorgehen in der Frage eines
NPD-Verbots-Verfahrens. Und es müssen die
zivilgesellschaftlichen Kräfte im Kampf gegen Rechts
gestärkt werden. Und das bedeutet, dass alle Bestrebungen der
Kriminalisierung der antifaschistischen Kräfte, wie wir sie
gegenwärtig durch die sächsische Justiz erleben,
sofort eingestellt werden. Wer sich zum Beispiel in
einer Massenblockade einem Neonazi-Aufmarsch entgegenstellt, der
verdient gesellschaftliche Anerkennung und kein Strafverfahren. Was ist die Aufgabe der
demokratischen Kräfte? Da wir aber nicht
warten können, bis die offizielle Politik sich zu einer
Verhaltensänderung durchgerungen hat, bleibt der gemeinsame
demokratische Widerstand gegen Neonazis und Rechtsentwicklung auf der
Tagesordnung. Heiligabend zeigten 6000 Menschen in
Bielefeld, dass sie trotz eines solchen Feiertages bereit waren sich
dem Aufmarsch von 70 Neonazis entgegenzustellen. Und
natürlich laufen bereits jetzt die Vorbereitungen gegen den
geplanten internationalen Naziaufmarsch zum 13. Februar in Dresden.
Hier kann die Zivilgesellschaft durch breite Beteiligung und
konsequentes Handeln unter Beweis stellen, dass sie Konsequenzen aus
den Enthüllungen zum Rechtsterrorismus gezogen hat. Und
um den Politiker ein deutliches Signal zu geben, dass die
Ankündigungen zum NPD-Verbot von den Bürgern ernst
genommen werden, hat die VVN-BdA ihre
„nonpd-Kampagne“ wieder aufgenommen. Es liegen
schon 175.000 Unterschriften und über 5000 Stellungnahmen von
Menschen unseres Landes vor. Nun treten wir den Politikern unter der
Losung „NPD-Verbot – jetzt aber richtig!“
erneut auf die Füße. Wer diese
Aktion unterstützen will, kann unter http://www.npd-verbot-jetzt.de/ Materialien
abrufen. |