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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

15.12.2011

Nicht nur Raummangel

Unter der Überschrift „Nicht nur Raummangel“ schrieb Kurt Pätzold in Ossietzky zum Versuch des Verbots des Begriffs Antifaschismus

Jüngst, das Herbstsemester war an den Hochschule gerade eröffnet, ereignete sich an der Berliner Humboldt-Universität dies: In einem Seminar, das von Beflissenen der Geschichtswissenschaft besucht wird, wurde den Teilnehmenden aufgetragen, einen Text von Carl von Ossietzky zu lesen. Das kommt dort noch vor. Als sich die Runde nach dem Studium wieder zusammenfand, wurde wie üblich zunächst gefragt, ob es mit dem Text irgendwelche Schwierigkeiten des Verständnisses gegeben habe. Das hatte es nicht, doch wurde gefragt: „War Ossietzky Kommunist?“, worauf, das macht den guten Didaktiker aus, vor der Antwort geforscht wurde: „Wie kommen Sie darauf?“ Die Antwort lautete: „Er benutzt den Begriff Faschismus.“

Die Episode wäre der Erwähnung nicht wert, hätte sich hier einzig selbstverschuldetes Unwissen geäußert. Indes: Es fragte ein Opfer der Schulbildung in einer Gesellschaft, in der die auf ihre Gegenwart, Geschichte und Zukunft gerichtete Begriffswelt immer weniger durch theoretische Anstrengung und immer mehr von politischen Deutungs- und Herrschaftsbedürfnissen bestimmt wird. Ein Bundesdeutscher hat sich der Sympathien mit Kommunisten und anderen Linken auch dadurch unverdächtig zu machen, daß er den Etikettenschwindel der Nazis benutzt und gefälligst Nationalsozialismus schreibt und sagt. Daß weder ein Bürger der USA oder Großbritanniens, um im englischen Sprachkreis zu bleiben, auf die Idee käme, diese absichtsvoll betrügerische Kennzeichnung zu benutzen, hat ihn nicht zu irritieren. Und auch nicht, daß Faschismus, freilich mit anderer inhaltlicher Bestimmung, zum Begriffshaushalt von Konservativen gehört, von denen Ernst Nolte mit seinem Buch „Der Faschismus in seiner Epoche“ (1963) der bekannteste wurde.

Kurt Pätzold