25.10.2011 „Kinder des Widerstandes“ wollen sich aus der Gedenkarbeit nicht verdrängen lassen Seminar über Erinnerungsarbeit und Antifaschismus heute Im Solinger Naturfreundehaus tagte auf Einladung der VVN-BdA
eine etwas ältere „Kindergruppe“, etwa aus den Jahrgängen 1930 bis
1960. Es war ein Wochenende der „Kinder des Widerstandes“. So
wollen sie sich auch künftig nennen und bald in größerem Rahmen wiedertreffen,
obwohl auch der Vorschlag kam, „Kinder der Opfer“ zu sagen. Es ging
um ein Bekenntnis zum Widerstand der Eltern, auch wenn diese damit den Kindern
bisweilen etwas antaten, mit dem sie schwer klar kamen. Die heute ergrauten
Kinder haben unter den Kalten-Kriegs-Diskriminierungen der Leute aus dem
Arbeiterwiderstand gelitten, denen man vorwarf, nichts aus der Bestrafung in
den Jahren 33 bis 45 gelernt zu haben, weshalb sie als Linke unter Adenauer
wieder eingesperrt wurden.
Es wurden Gutachten von Ex-Naziärzten vorgelegt, nach denen
der Vater keine Entschädigung zu bekommen habe für gesundheitliche Schäden
– weil er ja freiwillig Widerstand leistete, während die Juden nichts
dafür konnten. Es waren sehr aufwühlende Berichte. Diese „Kinder
des Widerstandes“ konnten sich nie an eine Gestapounterlagenbehörde
wenden. Wenn sie sich Auffassungen ihrer Eltern anschlossen, konnte es
passieren, dass sie Repressalien ausgesetzt waren. In regelmäßigen Abständen hat die Linkspartei im Bundestag
Anträge gestellt, die politischen Opfer des Kalten Krieges zu entschädigen und
damit zu rehabilitieren, oder den Widerstandskampf der kommunistischen Linken
endlich anzuerkennen. Die Antworten von MdBs aus der Union, der FDP, auch der
SPD lesen sich gruselig - wie von Springer-Journalisten der 50er Jahre verfasst.
„Mein Vater war kein Verbrecher“, schrieb daher Klara, die Tochter
von Karl Schabrod, einst Landtagsabgeordneter und zwölf Jahre in Nazihaft,
schon vor einiger Zeit. Zusammen mit Inge, Traute und Alice, Töchter von Willi
Kutz, Artur Burmester und Peter Gingold, hatte sie zu dem Treffen in Solingen
aufgerufen. Sie wollen nicht nur zurückblicken, sondern als Zeitzeuginnen und
Zeitzeugen wirken und aufklären. Traute Sander (VVNBdA NRW) und Rosel Vadehra-Jonas
(Ravensbrück-Freundeskreis) hatten nach einem Vortrag von Dr. Dieter Nelles,
Historiker der Ruhr-Universität und Forscher zum Thema „Kinder des
Widerstandes“, einleitend zu den Arbeitsgruppen des Seminars referiert.
Auch die Themen des Kampfes gegen den Neonazismus mittels Bündnissen und für
eine wirkungsvolle Erinnerungsarbeit wurden behandelt. Hierzu sprachen Falk
Mikosch und Ulrich Sander. Nach Abschluss des Seminars wollten sich die
Teilnehmer/innen im Solinger Museum Baden in einer Gemäldeausstellung zum Thema
„Verfemte Künstler“ informieren. Was sie dort sahen: Erschütternde
eindrucksvolle Bilder und zum Teil sehr dubiose Erläuterungen des Museums. Wenn
es um Künstler und Literaten (Verbrannte Dichter) geht, die aus dem Exil in die
DDR gingen, so heißt es dort auf den Tafeln: Die gegen das Unrecht kämpften,
seien nun selber am totalitären Unrecht beteiligt gewesen. Müssen Museen so
sein? Bekommen sie sonst keine Fördermittel? Man muss es ja nicht
widerspruchslos hinnehmen.
Ulrich Sander |