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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

03.08.2011

Anschlagserie in Dortmund vor dem 03.09.2011

Über 100 Nazigegner folgten am 28. Juli einem Aufruf des Bündnisses »Dortmund gegen Rechts« zur Kundgebung auf dem im Stadtteil Dorstfeld gelegenen Wilhelmplatz, wo das Gros der örtlichen Nazikader lebt, Insgesamt war es in den vergangenen zehn Tagen zu über einem Dutzend von Neofaschisten verübten Anschlägen gekommen. Dagegen wurde protestiert.

Betroffen von der kontinuierlich zunehmenden Anschlagsserie waren vor allem Unterstützer des bundesweiten antifaschistischen Bündnisses »Dortmund stellt sich quer!«. Für das Bündnis »Dortmund stellt sich quer!« sprach Prof. Wolfgang Richter, der vor allem auf des faschistische Massaker von Norwegen einging: 

Die „Junge Welt“ berichtete über die Situation in Dortmund :

http://www.jungewelt.de/2011/08-02/038.php

Für das Bündnis »Dortmund stellt sich quer!« sprach Prof. Wolfgang Richter, der vor allem auf des faschistische Massaker von Norwegen einging:

Vergleiche geraten leicht schief. Natürlich kann man ein Dutzend Angriffe auf Wohnungen und Büros von erklärten Antifaschist/innen innerhalb von 10 Tagen in Dortmund und Morddrohungen an sie nicht mit 100 von einem politischen Fanatiker in Oslo an einem Tag Ermordeten vergleichen. Es hieß deshalb auch schnell, das Massaker in Norwegen sei unvergleichlich und sein in der Verteidigung von rechtsextremistischen Mördern geübter Rechtsanwalt beeilte sich, den Täter väterlich fürsorglich als geisteskrank zu kennzeichnen. Da erübrigt es sich, den ideologischen Hintergrund und den rassistischen Abgrund, die blond-blauäugige Männerkonstruktion und den Willen zur Macht, die systematische Vorbereitung der Massenvernichtung und das hochstilisierte Heldenbild, für das noch im Gerichtssaal die Gala-Uniform verlangt wird, genauer zu untersuchen. Historische und aktuelle Zusammenhänge muss man nicht suchen – die Bourgeoisie kann sich vor so viel Blut ekeln, empört den Kopf schütteln und mit dem Finger auf den verrückten Einzeltäter weisen.

Das können wir hier nicht wissenschaftlich herausarbeiten. Aber die einfache Feststellung ist nicht allzu gewagt, dass hier ein "Arier" aus völkischem Sumpf aufgestanden ist und seinen, den arischen, Anspruch auf Weltherrschaft neu angemeldet hat. Er hätte in seiner Facon jeder NS-Schule entspringen können – schon äußerlich frappierend der Typologie des Führerideals im Faschismus gleichend. Und im Inneren, im Bauch, die ganze rassistische Litanei, es gebe den Todfeind der weißen Rasse - jetzt den muslimischen statt damals den jüdischen – den es auszurotten gelte. Und im Kopf die ganze Litanei vom Recht des Herrenmenschen, sozialdemokratische, sozialistische, kommunistische Regungen im Keim zu ersticken, die marxistische Idee zu verbrennen und ihre Träger zu vernichten. Er selbst, auch darin ganz Arier, geht mit großem Beispiel voran, führt "Krieg" und Massenvernichtung als seine, die arische Menschheitslösung vor.

Der "Geisteskranke" hat sein monströses Bekenntnis an einen rechtsextremistischen Verteiler versandt - als eine Art "mein Kampf", das ja auch von einem Geisteskranken geschrieben worden sein soll, wie nachher viele bürgerliche Historiker hilflos oder schlimmer: mit Bedacht analysierten. Er hat das Pamphlet auch nach Dortmund gesandt, wahrscheinlich genau hierher nach Dorstfeld. Wir wissen nicht, was die "autonomen Nationalisten" und anders sortierten alten und neuen Nazis dem Kameraden im Norden zurückgeschrieben haben – vielleicht haben sie taktisch geschrieben: "Tu es nicht! Lass es langsam angehen. Wir sind noch nicht so weit." Es heißt, die hier und er dort würden sich überhaupt nicht verständigen können - ihre Gegenwartsbilder und Zukunftsszenarien seien im Kern zwar aus der gleichen Droge gebraut, aber die daraus gefertigten Ideologien seien in ihren antidemokratischen und asozialen Details untereinander nicht austauschbar.

Ja, Vergleiche hinken häufig. Hier aber liegen Gemeinsamkeiten auf der Hand – die wichtigsten beiden: Einerseits der Hass auf die politische Idee, die Menschen könnten ihre Dinge selbst in die Hand nehmen und bräuchten keine Herrscher, keine Industrieführer und keine Gauleiter – es ist dies letztlich der Hass auf den Marxismus als Grundidee der Befreiung der Menschen aus Ausbeutung und Unterdrückung. Und andererseits der Instinkt zum Rassismus als der Möglichkeit, ein Objekt für die Vernichtung "des Anderen" auszumachen und die eigene Klassenlage und Unterdrückung aushalten und vielleicht sogar uniformieren zu können – es ist dies letztlich das Instrument der Herrschaftssicherung im Kapitalismus. Imperialismus braucht Krieg, Eroberung und Landnahme wie die Luft zum Atmen. Und dafür einen Weltfeind - der heißt heute anders als damals. Da sind sich alle bis hinein in die Mitte der Gesellschaft einig.

Das Bündnis Dortmund stellt sich quer zählt sich zu den politischen Kräften in der Stadt, die das anschwellende Auftreten alter und neuer Nazis für brandgefährlich halten und Politik, Polizei und Justiz seit langem auffordern, dies mit ihren jeweiligen Mitteln zu bekämpfen und letztlich zu verbieten. Wir sind froh, dass anlässlich des Antikriegstags von Jahr zu Jahr mehr Gruppen, Bündnisse, Kolleg/innen, Junge und Alte mit dieser Forderung übereinstimmen, zu mehr und mehr Gemeinsamkeiten in Protest und Widerstand kommen und demonstrativ auf die Straße gehen. Wir setzen uns dafür ein, diesen Protest und Widerstand so stark zu machen, dass die selbsternannten Kreuzritter, erklärten Rassisten, militanten Antidemokraten und skrupellosen Krieger am 3. 9. in Dortmund nicht durchkommen. Wenn uns allen gemeinsam dies ohne Steh-, Sitz oder Liegendblockaden nicht gelingt, werden wir für solches Blockieren werben und dabei sein. Die Nazis sollen und dürfen nicht mehr durchkommen – weder hier noch anderswo.