29.06.2011
Hinterbliebene von NS-Opfern fordern ihr Recht
Diskriminierungen der
NS-Opfer und ihrer Familien müssen ein Ende haben
Die Töchter von antifaschistischen
Widerstandskämpfern Alice Czyborra (Gingold), Traute Sander (Burmester),
Inge Trambowski (Kutz) und Klara Tuchscherer (Schabrod) haben sich
mit folgendem Text an die Öffentlichkeit gewendet. Die
VVN-BdA-Landeskonferenz NRW und der Bundeskongress der VVN-BdA
unterstützten ihr Anliegen. Es wird darum gebeten, ebenfalls
zuzustimmen, wenn das Anliegen unterstützt wird. Bisher haben sich
25 weitere Betroffene innerhalb von drei Tagen angeschlossen.
Geplant ist ein Offener Brief, mit dem auf die Probleme der 2. und
3. Opfergeneration hingewiesen werden soll. Wörtlich heißt es:
„Sie waren im Bildungswesen, in Schule und
Gesellschaft Diskriminierungen bis hin zu Berufsverboten ausgesetzt.
Sie galten als Kinder von ‚Vorbestraften’. (…) Ärzte aus der
NS-Zeit wurden als Gutachter eingesetzt, um die
Entschädigungsrechte der oft schwer geschädigten politisch,
rassisch und religiös Verfolgten in Zweifel zu ziehen. Ehemalige
Gestapobeamte fanden in der Polizei der BRD wieder Verwendung, und
man setzte sie auch ein, um die demokratischen Rechte der Verfolgten
erneut anzutasten. (…) Der Umgang des Deutschen Bundestages mit
dem Antrag "Widerstand von Kommunistinnen und Kommunisten gegen
das NS-Regime" (Drucksache 17/2201), eingebracht von der
Fraktion DIE LINKE am 16. 6. 2010, ist ein Skandal, ja ein Schlag
ins Gesicht der NS-Opfer. (…) Auch in der Erinnerungsarbeit der
Gedenkstätten für Opfer des NS-Unrechts werden die Vertreter der
2. und 3. Generation oftmals abgewiesen. Man erklärt ihnen
ungeschminkt: Euer Anspruch auf Mitsprache in der Gedenkarbeit ist
verwirkt. Genugtuung darüber, dass Zeitzeugen sich nicht mehr
einmischen können, ist unverkennbar. Doch, wir mischen uns ein.“
Bitte senden an: VVN – Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten Nordrhein-Westfalen, Gathe 55 • 42107 Wuppertal, nrw@vvn-bda.de.
Hinterbliebene von NS-Opfern fordern
ihr Recht
Die Töchter von antifaschistischen Widerstandskämpfern Alice
Czyborra (Gingold), Traute Sander (Burmester), Inge Trambowski (Kutz)
und Klara Tuchscherer (Schabrod) haben sich mit folgendem Text an
die Öffentlichkeit gewendet. Die VVN-BdA-Landeskonferenz NRW und
der Bundeskongress der VVN-BdA unterstützten ihr Anliegen. Es
wird darum gebeten, ebenfalls zuzustimmen, wenn das Anliegen
unterstützt wird. Geplant ist ein Offener Brief, mit dem auf die
Probleme der 2. und 3. Opfergeneration hingewiesen werden soll.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 4.
November 2009 erklärt: "Angesichts des einzigartigen Unrechts
und des Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft über
Europa und weite Teile der Welt gebracht hat", sind das
Grundgesetz und die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland
"geradezu als Gegenentwurf" zum nationalsozialistischen
Regime zu verstehen." "Das bewusste Absetzen von der
Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus war historisch zentrales
Anliegen aller an der Entstehung wie Inkraftsetzung des
Grundgesetzes beteiligten Kräfte." (Aus den Leitsätzen zum
Beschluss des Ersten Senats vom 04.11.2009 - 1 BvR 2150/08).
Die Gegnerschaft zur Naziherrschaft ist demnach Verfassungsgebot
und Staatsdoktrin. Dem sieht sich auch die VVN-BdA verpflichtet.
Unsere Organisation ist eine Organisation der Opfer und
Hinterbliebenen sowie der nachgewachsenen Generationen von
Antifaschistinnen und Antifaschisten. Diesen Opfern wurde in der
genannten Gerichtsentscheidung das Recht auf besonderen Schutz -
ihrer Würde und ihrer Unversehrtheit - zugesprochen: Eine
"Verletzung der Würde der Opfer der nationalsozialistischen
Gewalt- und Willkürherrschaft" wird in besonderem Maße
verurteilt. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde
nach 1945 von Überlebenden des Holocaust, von NS-Opfern und
Teilnehmern am Antinazi-Widerstandskampf gegründet. Ihre heutigen
Mitglieder erklären: Wir, die wir Krieg und Faschismus noch
durchlitten haben, aber auch die zweite und dritte Generation und
ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter, fühlen uns dem Auftrag der
Gründer der VVN-BdA und des Grundgesetzes verpflichtet.
Seit jüngster Zeit gibt es eine Reihe von Dokumentationen, die
belegen, was die VVN seit den 60er Jahren nachgewiesen hat: In der
Bundesrepublik konnten Eliten der Nazizeit aus Wirtschaft, Militär
und dem Staats- und Terrorapparat des Naziregimes, darunter Justiz,
Gesundheitswesen, Polizei und Geheimdienste wieder tätig werden,
Einfluss nehmen und dabei weiterhin gegen Antifaschisten vorgehen.
Gerichte verfolgten Teilnehmer des Arbeiterwiderstandes,
vornehmlich des kommunistischen Widerstandes, um sie - auch unter
Hinweis auf Vorstrafen aus politischen Prozessen von 1933 bis 1945 -
wegen ihrer politischen Tätigkeit erneut einzusperren und ihnen die
Rechte auf Entschädigung abzusprechen. Ärzte aus der NS-Zeit
wurden als Gutachter eingesetzt, um die Entschädigungsrechte der
oft schwer geschädigten politisch, rassisch und religiös
Verfolgten in Zweifel zu ziehen. Ehemalige Gestapobeamte fanden in
der Polizei der BRD wieder Verwendung, und man setzte sie auch ein,
um die demokratischen Rechte der Verfolgten erneut anzutasten.
Organisationsverbote führten zur Bestrafung der
Widerstandskämpferinnen und -kämpfer, während Naziorganisationen
wie die NPD sich ungehindert entfalten konnten. Berufsverbote wurden
gegen die Kinder von Antifaschisten ausgesprochen. Das
Versammlungsrecht von Antifaschisten wurde eingeschränkt.
Die VVN-BdA setzt sich dafür ein, dass eine Wiedergutmachung
für die so Benachteiligten erfolgen muss. Vor allem geht es um die
Rehabilitierung der Opfer. Ende der sechziger Jahre gab es zwar ein
Strafrechtsänderungsgesetz, das zahlreichen Verfolgungen ein Ende
setzte, eine Rehabilitierung der Betroffenen erfolgte jedoch nicht.
Auch die Kinder und Enkel der Betroffenen hatten - infolge der
Leiden ihrer Verwandten - mitzuleiden: Denn die Familien der Opfer
litten oft materielle Not, die Kinder und Enkel, also die aus der 2.
und 3. Generation, waren betroffen von psychischen Schäden und
Traumatisierungen, sie waren im Bildungswesen, in Schule und
Gesellschaft Diskriminierungen bis hin zu Berufsverboten ausgesetzt.
Sie galten als Kinder von "Vorbestraften". Die jetzt
bekannt gewordenen personellen Kontinuitäten aus der Zeit vor und
nach 1945 müssen zu Konsequenzen führen. Doch die Gelegenheiten,
die sich dazu bieten, werden nicht genutzt. Der Umgang des Deutschen
Bundestages mit dem Antrag "Widerstand von Kommunistinnen und
Kommunisten gegen das NS-Regime" (Drucksache 17/2201),
eingebracht von der Fraktion DIE LINKE am 16. 6. 2010, ist ein
Skandal, ja ein Schlag ins Gesicht der NS-Opfer. Ohne mündliche
Aussprache, nur mit schriftlichen Wortbeiträgen, die seitens der
CDU, CSU und FDP, aber auch der SPD den Geist der Restauration und
des Kalten Krieges atmeten, wurde der Antrag am 11. November 2010 zu
später Stunde beerdigt. Die CDU/CSU-Reaktion ist unfassbar und,
ähnlich wie bei den vielen Debatten zum Kriegsverrat, sprachlich
und argumentativ stark in der Nähe von rechtsextremen
Organisationen.
Auch in der Erinnerungsarbeit der Gedenkstätten für Opfer des
NS-Unrechts werden die Vertreter der 2. und 3. Generation oftmals
abgewiesen. Man erklärt ihnen ungeschminkt: Euer Anspruch auf
Mitsprache in der Gedenkarbeit ist verwirkt. Genugtuung darüber,
dass Zeitzeugen sich nicht mehr einmischen können, ist
unverkennbar. Doch, wir mischen uns ein.
Die in der VVN-BdA vereinigten Angehörigen der 2. und 3.
Generation danken dem Bundesverband Information und Beratung für
NS-Verfolgte dafür, dass er sich ihrer Sorgen und Nöte angenommen
hat. Sie danken den Vertretern der LINKEN und der GRÜNEN, die sich
in der schriftlichen Debatte des Bundestages vom 11. 11. 10
vorbildlich verhalten haben. Diese Bemühungen sollten fortgesetzt
werden.
Es wird darum gebeten, sich dieser Erklärung anzuschließen.
Ich unterstütze als Betroffene/Betroffener diese Erklärung von
Kindern und Enkeln von NS-Verfolgten und Opfern des Kalten Krieges:
Name und Vorname: ____________________________
Alter: ______________ Beruf: ______________
Verwandt mit oder Hinterbliebene/r von ______________ (muß nicht
ausgefüllt werden)
Anschrift: __________________________________________
Telefon: ______________
E-Mail-Adresse: ______________
Bitte senden an:
VVN - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
Nordrhein-Westfalen
Gathe 55
42107 Wuppertal
nrw@vvn-bda.de
Die
Petition als PDF zum Download .
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