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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

29.06.2011

Petition „Gemeinsames Handeln der Demokraten zum Stopp der Nazis“

Einen dringenden Brief richtete die VVN-BdA NRW an den Landtag von NRW. Seit Ende April liegt dort eine Petition, mit der der Landtag aufgefordert wird, gegen das geplante Nazitreffen zum 72. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen am 3. 9. 11 in Dortmund vorzugehen. „Bereits seit Wochen liegt bei Ihnen die nachfolgende Petition vor. Wir bekamen leider noch keine Eingangsbestätigung. Dies ist besonders problematisch, weil Sie bald in Ferien gehen und der Fall, um den es sich handelt, in den Ferien liegt. Wir bitten Sie um Bearbeitung unseres Anliegens.“

Die Landesdelegiertenkonferenz der VVN-BdA NRW hat folgende Petition an den Landtag beschlossen:

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen möge beschließen: 

In einer gemeinsamen Resolution wenden sich die Mitglieder des Landtages gegen alle Aufmärsche von Neonazis in den Städten und Gemeinden unseres Bundeslandes. Sie sprechen sich entschieden für Mitmenschlichkeit und Toleranz, gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt aus. 

Rassismus, Kriegshetze und Fremdenfeindlichkeit sowie alle Bemühungen, die Verbrechen des Naziregimes zu verharmlosen, haben in unserem Land keinen Platz.

Die Nazi-Aufmärsche werden nunmehr seit zehn Jahren in verstärktem Maße hier geduldet, obwohl eine überwältigende Mehrheit der Bürgerschaft unserer Städte und Gemeinden sie ablehnen.

Die Mitglieder des Landtages bedauern die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, auch am 4. September 2010 einen Aufmarsch der Neonazis in Dortmund genehmigt zu haben.

Sie sprechen sich gemeinsam dafür aus, alle Naziaufmärsche zu beenden. Die Mitglieder des Landtages erwarten vom Bundesverfassungsgericht, seine bisherige Rechtsprechung zu überdenken und in künftigen Entscheidungen über Demonstrationsverbote insbesondere sein eigenes Grundsatzurteil vom November 2009 zu beachten. 

Unverzichtbar ist, die Achtung von Recht und Gesetz auch zu einer unmittelbaren Aufgabe des Landtages zu machen. Unverzichtbar ist, dass die demokratisch gewählten Gremien handeln, und dies nicht der Polizei überlassen. Insbesondere mobilisiert der Landtag dazu die Öffentlichkeit, ermutigt die Bürgerinnen und Bürger zur Zivilcourage und beteiligt sich demonstrativ an den Protestaktionen. Mit Entschiedenheit gilt es, der Demokratie der Mehrheit gegen den Terror einer Minderheit Geltung zu verschaffen.

Im einzelnen wird gefordert:

Das Prinzip des Oberverwaltungsgerichts Münster sollte angewendet werden, welches lautet: "Eine rechtsextremistische Ideologie lässt sich auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren." (Beschluss OVG NRW, Az 5 B B 585/01)

Es wird somit das Grundgesetz angewendet, dessen Artikel 139 die zur "Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus" erlassenen Rechtsvorschriften zu geltendem Recht macht; - dieser Artikel wurde beim Beitritt der Bundesrepublik Deutschlands in die UNO und bei Grundgesetzentscheidung nach der Herstellung der Einheit Deutschlands bekräftigt.

Es wird die Entscheidung des Bundestages angewendet, der den § 130,4 geschaffen hat, der besagt: Es "wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt."

Es wird die Entscheidung des Bundestages angewendet, der in das Versammlungsgesetz hineingeschrieben hat: "Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten (…) werden, wenn 1. die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort stattfindet, der als Gedenkstätte von historisch herausragender überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnert und 2. nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu besorgen ist, dass durch die Versammlung oder den Aufzug die Würde der Opfer beeinträchtigt wird." (Versammlungsgesetz § 15,2)

In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht bereits im November 2009 entschieden: "Wegen der besonderen Geschichte Deutschlands gilt in der Frage der Meinungsfreiheit für Nazis eine Ausnahme. ‚Angesichts des Unrechts und des Schreckens, den die Naziherrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht habe', enthalte das Grundgesetz in diesem Punkt eine Ausnahme vom Verbot, ein Sonderrecht gegen bestimmte Propaganda zu schaffen. Denn ‚das Grundgesetz kann weithin geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des national-sozialistischen Regimes gedeutet werden'." (Az. 1 BvR 2150/08) (Zitiert nach dpa vom 17.11.09)

Die Städte Wunsiedel und Karlsruhe haben die Anwendung des § 130,4 des Strafgesetzbuches gegen Neonaziaufmärsche vorgenommen und sind damit gut gefahren. So konnten die Naziaufmärsche verboten werden. Das sollte auch in unseren Städten und Gemeinden möglich sein.

Einstimmig beschlossen von der Landeskonferenz der VVN-BdA NRW am 26.02.2011 in Düsseldorf.