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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

31.05.2011

Will die SPD weiter der Regierung auf dem Kriegspfad folgen?

SPD-Abgeordnete zur Stellungnahme aufgefordert

„Neue Regeln für Auslandseinsätze“ war der Artikel in der „Süddeutschen“ vom 27.05.2011 überschrieben. Und in der Unterzeile hieß es: SPD-Wehrexperten kommen de Maizière bei Reform der Bundeswehr entgegen. Ist das auch Ihre Meinung?

Dies Frage richtete Ulrich Sander, einer der VVN-BdA-Bundessprecher, an seinem Heimatort an die SPD-Bundestagsabgeordneten im Territorium. Er möchte wissen, ob der Deal, den die SPD-Militaristen mit der CDU/CSU ausgekungelt haben wirklich von der Fraktion getragen wird. Er fordert, die MdB zur Distanzierung und öffentlichen Klarstellung auf. An die Friedensbewegten schrieb Ulrich Sander: „Vielleicht habt Ihr Lust, auch so was zu machen?“

Fragen eines Mitglieds der Friedensbewegung an die Dortmunder SPD-MdB

An Frau
Ulla Burchardt
und an Herrn
Marco Bülow
Dortmund

Sehr geehrte Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete!

Vo einem Jahr hat er fristlos gekündigt, der Bundespräsident, und zwar weil ihm nachgesagt wurde, mit der Äußerung, die Bundeswehr führe Krieg um Wirtschaftsinteressen, hätte er das Grundgesetz verletzt. Er hat es verletzt und er hat es gesagt. Der Rücktritt war notwendig, aber nicht die Pose des Beleidigten. Es ging nicht um „Interessern wahren“, wie ohnehin die nationalistische Beschreibung der Kriegsgründe – auch unter Minister Peter Struck - lautete. Davon sprechen alle, außer die Linken. Minister de Maizière hat nun ergänzt, es gehe allgemein um Interessen Deutschlands, nicht nur um Wirtschaftsinteressen. Dazu gehöre nun auch das Interesse „nicht isoliert“ zu sein. Kriegsgründe finden sich also haufenweise. Die Entwicklung weg vom Grundgesetz schreitet somit voran. Inzwischen haben die SPD-Militärabgeordneten im Bundestag dem Minister zugestimmt. Darüber fanden wir nichts in den nordrhein-westfälischen Medien. Dazu möchte ich aber mal etwas von den Bundestagsabgeordneten unserer Stadt erfahren.

„Neue Regeln für Auslandseinsätze“ war der Artikel in der „Süddeutschen“ vom 27.05.2011 überschrieben. Und in der Unterzeile hieß es: SPD-Wehrexperten kommen de Maizière bei Reform der Bundeswehr entgegen. Ist das auch Ihre Meinung?

Der Text des Artikels: Die Verteidigungspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion unterstützen

Minister Thomas de Maizière (CDU) in seinem Bestreben, die Beteiligung der Bundeswehr an internationalen Einsätzen nicht allein an nationale Interessen zu knüpfen. Ihr Sprecher Rainer Arnold sagte am Donnerstag in Berlin, er begrüße, dass de Maizière eine Debatte über die Legitimation von Einsätzen angestoßen habe. Deutschland habe ein 'Gestaltungsinteresse und eine Gestaltungspflicht' in internationalen Organisationen, sagte Arnold. De Maizière will an diesem Freitag im Bundestag eine Regierungserklärung zu seinen Plänen für die Neuausrichtung der Bundeswehr abgeben. Dabei dürfte er seine Forderung wiederholen, dass Deutschland sich auf Bitten der Vereinten Nationen auch dann an internationalen Einsätzen beteiligen solle, wenn keine unmittelbaren deutschen Interessen erkennbar seien. Aus der Stärke und dem Wohlstand Deutschlands ergebe sich auch internationale Verantwortung, hatte de Maizière in der vorigen Woche bei der ersten öffentlichen Vorstellung seiner Reformpläne betont.

Die Maßstäbe für deutsche Auslandseinsätze müssten neu justiert werden, sagte Arnold. 'Ich bin dafür, dass wir uns da ehrlich machen.' Kriterien für eine deutsche Beteiligung seien ethische Verantwortung, der Schutz wohlverstandener ökonomischer Interessen, Stabilität als Voraussetzung für einen freien und fairen Welthandel sowie die Verpflichtung als Mitglied internationaler Organisationen. Bei den Reformplänen de Maizières insgesamt sehen die SPD-Wehrexperten 'Licht und Schatten'. Im Prinzip begrüßen sie die Verkleinerung des Ministeriums und die Straffung von Führungsstrukturen. Statt der anvisierten Gesamtstärke von 175000 Soldaten sähen sie lieber 10000 Mann mehr. Das Ziel von 5000 freiwillig Dienenden ist ihnen zu wenig ambitioniert. Das Zivilpersonal sollte nicht, wie es de Maizière anstrebt, um 20000 auf 55000 Stellen reduziert werden. Die SPD hält bis zu 6500 Stellen für nötig. Andernfalls müssten zu viele Soldaten künftig Verwaltungsaufgaben übernehmen. Eine Konzentration des Ministeriums in Berlin, dessen erster Amtssitz formal Bonn ist, lehnen sie ab; allerdings sieht das Reformkonzept dies auch nicht ausdrücklich vor.

Für völlig unrealistisch halten die SPD-Politiker die bisher nur vage bekannten Pläne des Ministers zur Finanzierung der ganzen Reform. Offiziell hält de Maizière an dem vom Kabinett vorgegeben Sparziel von 8,3 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren fest. Entlastung verspricht er sich durch die Auslagerung von Personalkosten aus seinem Etat. Die SPD hält Einsparungen von höchstens 3,5 Milliarden Euro bis 2015 für möglich.

Was hält die SPD für „möglich“? Sind Sie mal gefragt worden, liebe SPD-MdB? Haben Sie wirklich zugestimmt, dass der Rüstungsetat so hoch bleibt, wie dies nicht mal die CDU wünscht? Kann es Ihnen wirklich nicht genug sein mit der Hochrüstung?

Zu den anderen Fragen:

1.) Nicht allein an nationale Interessen orientieren? Welches Interesse ist gemeint? Liegt unser nationales Interesse nicht seit dem 8. Mai 1945 darin begründet, nie wieder Krieg zuzulassen? Und nie wieder Krieg zu führen, denn die Welt hatte genug von den deutschen Kriegen, vom deutschen Militarismus. Oder ist das nationale Interesse des großen Geldes gemeint? Exportinteressen?

2.) Dass Deutschland sich auf Bitten der Vereinten Nationen an Kriegen beteiligt?

Bisher haben die Vereinten Nationen nur Regelungen, die Deutschland das Kriegführen verbietet (UNO-Chrata). Und es war immer nur die Nato, die Deutschland in Kriege hineinzog. Soll damit nun nicht endlich Schluss sein?

3.) Aus dem Wohlstand Deutschlands ergebe sich auch internationale Verantwortung?

Allerdings, da werden Sie zustimmen. Wie definieren Sie diese Verantwortung? Ich definiere sie mit Armutsbekämpfung. Doch die ist mit Waffen nicht möglich.

4.) Maßstäbe für deutsche Auslandseinsätze müssten neu justiert werden? Müssten sie nicht endlich dem Grundgesetz entsprechend justiert werden? Keine Angriffskriege, keine Auslandseinsätze, denn die Bundeswehr ist nur zur Verteidigung da.

5.) Schutz wohlverstandener ökonomischer Interessen? Stimmen Sie dem wirklich zu? Sind sie gefragt worden? Glauben Sie, dass es dem Wählerwillen entspricht, Krieg zu führen, damit man anderer Leute Wirtschaftsgüter (Öl, Energie) raubt? Sollen wirklich auch mit SPD-Segen neue Kolonialkriege geführt werden?

6.) Verpflichtung als Mitglied internationaler Organisationen? Da haben wir die These de Maizières: Nicht isolieren? Also jeden Krieg mitmachen? Weil die NATO, EU oder sonst wer es will?

7.) Der Regierung Bemühungen um freiwillig Dienende ist ihnen zu wenig ambitioniert? Wirklich auch Ihnen? Noch mehr Militärwerbung an Schulen? Noch mehr Druck auf junge Arbeitslose, zum Militär zu gehen und ihr Leben aufs Spiel zu setzen? Noch mehr Bundeswehrreservisten in Rathäusern und Landratsämtern zur „Zivilmilitärischen Zusammenarbeit“?

In diesen Tagen ist nicht nur Köhlers Rücktritt ein Jahr her, im Herbst, am 8. November, werden es zehn Jahre her sein, dass der Bundestag den Krieg gegen Afghanistan beschloss. Dieser Krieg ist ein einziges Desaster. Hunderte Afghanen und Dutzende deutsche Soldaten sind diesem Bundestagsbeschluss zum Opfer gefallen. Ich erinnere mich, dass einen Tag später vorm Dortmunder Theater eine Friedenskundgebung stattfand (die schon einige Tage geplant war). Ein prominenter Dortmunder Sozialdemokrat sagte dort mit Blick auf die Erpressung des Kanzlers, der die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verbunden hatte: Wenigstens sei die Regierung gerettet. Das war die Regierung, die uns dann Hartz4 und Rente mit 67 einbrockte. Das war die Regierung, die die „Enttabuisierung des Krieges“ (Schröder) propagierte! Da war nichts mehr mit „Der Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts“ (Willy Brandt).

Wie haben Sie sich damals verhalten?

Und wie werden sie sich jetzt verhalten?

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Sander
Dortmund