25.05.2011
Gefeiert wird der Sieg über den Faschismus
Dormagener Schüler auf
Spurensuche in Moskau
Wie begegnen russische Schüler den Nachfahren
ehemaliger Kriegsgegner aus Deutschland, wenn man mehr als 20
Millionen Opfer zu beklagen hat? Wie wird die Erinnerung an diese
Zeit bewahrt? Wie entstehen trotzdem neue enge Freundschaften?
Diesen Fragen ging eine Schülergruppe der
Bertha-von-Suttner-Gesamtschule aus Dormagen bei ihrer Studienfahrt
in die russische Hauptstadt nach.
Die Moskauer Partnerschule 863 hatte dazu ein intensives und
abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, das tiefe
persönliche Begegnungen, herzliche Aufnahme in Schule und
Gastfamilien sowie zahlreiche Exkursionen - vornehmlich mit der
vielfach bestaunten Metro - umfasste.
Am Denkmal für die in den
Konzentrationslagern gestorbenen Kinder |
Margarita Orlowa freut sich über das Modell
des Obelisken aus Stukenbrock |
In der Aula der Schule konnten die Dormagener Gäste mit
zahlreichen Bildern einen Überblick über die fast zehn Jahre
andauernde Freundschaft zwischen beiden Schulen geben. Begrüßt
wurden die wechselseitigen Aktivitäten von der Schulleiterin Elena
A. Guseva und Bürgermeister Schalamow vom Moskauer Stadtbezirk
Konkovo sowie Professor Dr. Wladimir I. Naumov, einem ehemaligen
minderjährigen Zwangsarbeiter im Faschismus, der die
Freundschaftsbande initiierte und begleitet. Die Moskauer Schüler
boten mit Liedern und Tänzen ein abwechslungsreiches
Kulturprogramm.
Spannend der Besuch im Museum der Schule: Zahlreiche
Original-Exponate aus dem 2. Weltkrieg, ein nachgebauter Unterstand
und viele Fotos erinnerten an den Überfall der deutschen Truppen
auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 und die unmittelbar drohende
Zerstörung Moskaus. Ebenfalls Teile der Ausstellung: Bilder und
Bücher aus Dormagen, Erinnerungen an die freundschaftlichen Besuche
der Moskauer Gäste am Rhein.
Sehr persönlich und herzlich war der Besuch bei Margarita Orlowa,
der Witwe des im vergangnen Jahr im Alter von 102 Jahren
verstorbenen Dmitri Orlow. Dmitri Orlow war Kriegsgefangener und
Zwangsarbeiter in der Nähe von Bielefeld. Er überlebte das Lager
Stukenbrock und war an der Errichtung eines Mahnmals für die dort
gestorbenen 65.000 Opfer beteiligt. Zur Erinnerung überreichte die
Gruppe ein selbstgefertigtes Modell des Obelisken an Margarita
Orlowa. Sie verband damit den Wunsch, dass das Mahnmal in der Form,
die ihm die Zwangsarbeiter nach der Befreiung gegeben hatten, wieder
hergestellt werden möge.
An die Kinder in Konzentrationslagern erinnerte der Besuch eines
Parks im Stadtbezirk Chertanovo. Die Dormagener Schüler legten dort
Blumen ab und gedachten der Opfer, viele etwa in ihrem eigenen
Alter.
Besondere Bedeutung kam natürlich dem Roten Platz neben dem
Kreml zu, dessen Besuch allerdings erst im zweiten Anlauf klappte:
Zunächst war der Zugang wegen der Vorbereitung zu den offiziellen
Feierlichkeiten gesperrt. Erläutert wurde bei der Besichtigung die
historische Bedeutung dieses schönen Platzes mit der
Basilius-Kathedrale und dem Kaufhaus GUM. Wegen der Umbauarbeiten
auf dem Platz blieben das Lenin-Mausoleum und der Friedhof der
Kreml-Mauer versperrt. Am "Grab des unbekannten Soldaten"
und der "Ewigen Flamme" - an der nordwestlichen
Kreml-Mauer - erhielten die Dormagener und Moskauer Schüler jedoch
Gelegenheit, ihre roten Nelken abzulegen.
Die privaten und öffentlichen Orte der Erinnerung wurden
ergänzt durch die Besuche Moskauer Museen und des Museums der
deutschen Antifaschisten in Krasnogorsk. Die vielfältigen
Eindrücke flossen in der Erkenntnis zusammen, dass die
Vergangenheit nicht vergessen werden darf und dass die Geschichte,
wenn man die richtigen Schlussfolgerungen daraus zieht, hervorragend
geeignet ist, tiefe Freundschaften darauf aufzubauen.
Die Studienfahrt der Dormagener Bertha-von-Suttner-Gesamtschule
wurde gefördert von der Stiftung Deutsch-Russischer
Jugendaustausch. Die Schule ist zertifizierte "Schule ohne
Rassismus - Schule mit Courage". Sie kooperiert mit der
Deutsch-Russischen Gesellschaft Rhein-Ruhr.
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