20.05.2011
Mehr deutsche Kriege verlangen mehr „Reserve ohne
Ruh“
Zur Wehrreform der deutschen
Truppen
Minister Thomas de Maizière (CDU) hat eine
Bundeswehrreform angekündigt, zu der dem „Neuen Deutschland“
die zutreffende Schlagzeile „Weniger Soldaten für mehr Kriege“
einfiel. Allerdings wird nur das „stehende Heer“ kleiner, die
kurzfristig zur Verfügung stehende Truppe eher größer. Und statt
bisher 7000 sollen künftig ständig 10000 Soldaten im Kriegseinsatz
sein. Der Minister deutet an, wie das geschehen soll: „Die Rolle
der Reservisten soll gestärkt werden. Das Reservistenkonzept soll
dazu überarbeitet werden.“ Ulrich Sander, VVN-BdA-Bundessprecher,
nimmt Stellung.
Mehr deutsche Kriege verlangen mehr
„Reserve ohne Ruh“
Zur Wehrreform der deutschen Truppen
Minister Thomas de Maizière (CDU) hat eine Bundeswehrreform
angekündigt, zu der dem „Neuen Deutschland“ die zutreffende
Schlagzeile „Weniger Soldaten für mehr Kriege“ einfiel.
Allerdings wird nur das „stehende Heer“ kleiner, die kurzfristig
zur Verfügung stehende Truppe eher größer. Und statt bisher 7000
sollen künftig ständig 10000 Soldaten im Kriegseinsatz sein. Der
Minister deutet an, wie das geschehen soll: „Die Rolle der
Reservisten soll gestärkt werden. Das Reservistenkonzept soll dazu
überarbeitet werden.“ Allerdings wurde es schon erheblich
überarbeitet. Am 24.März wurde vom Deutschen Bundestag auf Antrag
der Bundesregierung die Aussetzung der Wehrpflicht verfügt. Es
wurde der Eindruck erweckt, die Wehrpflicht gelte künftig nicht
mehr. Dabei wird allenfalls vorübergehend darauf verzichtet,
Wehrpflichtige einzuberufen. Es sollen stattdessen freiwillige
Dienstleistende geworben werden. Dazu soll ein großer Aufwand
betrieben werden, sodass die Einsparungen aus der Wehrreform, von
denen oft gesprochen wurde, in den Sternen stehen. Die Bundeswehr
wird zunächst einmal teurer.
Sie wird aber auch größer. Denn die letzte Änderung des
Wehrpflichtgesetzes, jene vom 17. Februar 2005, muss mit bedacht
werden. Damals wurde des Nachts und ohne Aussprache das "Gesetz
über die Neuordnung der Reserve der Streitkräfte und zur
Rechtsbereinigung des Wehrpflichtgesetzes" beschlossen. Der
Kern des Gesetzes ist die Anhebung des Alters von 45 auf 60 Jahre,
bis zum dem Reservisten einberufen werden können, und der Einsatz
von Reservisten im Krieg und im Inneren des Landes.
Bundeswehr wird größer und teurer
Die Bundeswehr wird mit der Aussetzung der Wehrpflicht nicht
kleiner, sondern größer. Und die Wehrpflicht ist jederzeit
rückholbar, und für die Reservisten bleibt sie ohnehin gültig.
Obwohl es für Frauen keine Wehrpflicht gab, werden die weiblichen
Reservisten gleich rückwirkend mit vereinnahmt. Auch sie sollen
Wehrübungen ableisten, wenn sie bis 2010 ausgeschieden sind. Und
Wehrübung, das heißt nicht etwa Üben, sondern Kämpfen. Die
Übungen mit den drei S – Schießen, Saufen, Schlauchbootfahren
– sollen der Vergangenheit angehören. Die Bundesregierung schrieb
in die Begründung für die Änderung des Wehrpflichtgesetzes vom
24. März hinein: Reservistinnen und Reservisten machen dasselbe wie
Aktive, und dies im In- und Ausland und zwar in einer Armee des
Einsatzes. Also im Krieg.
Und dies geschieht nicht etwas freiwillig. Weiter heißt es in
der Begründung: „Ein Rückgriff auf Reservistinnen und
Reservisten soll zur Bewältigung von Krisensituationen ohne deren
Zustimmung möglich bleiben.“
An einsatzfähigen Reservisten gibt es derzeit rund 1,2
Millionen. Für 94.000 von ihnen ist ständig ein
"Arbeitsplatz" bei der Bundeswehr vorhanden. Somit sinkt
mit der Bundeswehrreform die Zahl der Soldaten nicht auf höchstens
185.000, wie uns weisgemacht werden sollte, sondern sie steigt auf
rund 280.000. Doch darüber wird nicht berichtet.
Der Minister kündigte den Abbau von Stäben, Zivileinrichtungen,
auch Musikkorps und Ministerialbürokratie an. Was bedeutet dies?
Die Etappe wird aufgescheucht und in den Krieg geschickt. Und wer
nicht mitmachen will, der wird aus der Armee ausgestoßen, hinein in
den Öffentlichen Dienst, – um dann als Reservist bei Bedarf
zurückgeholt zu werden. Darum saßen die Herren Militärs bei der
Ministerrede so bedeppert da mit verschränkten Armen, in
Abwehrpose. Sie dachten, sie kämen als Etappenhengste nie mehr dort
hin, wo die Kugeln pfeifen. Und nun dies. Dazu die noch
demonstrativere Abkehr vom Grundgesetz. Ferner die noch mehr um sich
greifende Werbung und Aushebung von Rekruten an Schulen und Argen.
„Die Reserve ist das Rückgrat der
Armee“
Infolge der Aussetzung der Wehrpflicht fehlen der Bundeswehr ab
Juli neben den ausscheidenden Zeitsoldaten viele Tausend
Mannschaftssoldaten jährlich. Aus diesem Kreis will die Bundeswehr
viele halten und zwar, indem ihnen zusätzliche Prämien angeboten
werden, die Höhe ist noch unbestimmt. Eine beachtliche Zahl nennt
Prof. Dr. Friedwart Lender vom Reservistenverband: Von den nahezu
50.000 Wehrpflichtigen pro Jahr hätten sich bisher fast 50 Prozent
freiwillig länger verpflichtet „und so auch die Auslandseinsätze
der Bundeswehr gesichert“. Die Bundeswehr hat Perspektiven wie
diese zu bieten: Sie bildet jährlich aus: 2000 Offiziersanwärter,
500 Hauptleute und 5.500 Auszubildende, ferner 1.425 Studenten. Die
Perspektive kann aber auch Tod und schwerste Verletzung sein.
In „loayal“, dem Magazin des Reservistenverbandes wird
vorgeschlagen: Ungediente Bürger/innen sollen künftig durch den
Reservistenverband und mittels Übungen zu Soldat/innen ausgebildet
und als freiwillig Wehrdienstleistende gewonnen werden. So soll „das
weitgehend ungenutzte Potenzial der weiblichen Bevölkerung
ausgeschöpft werden“ (lt. Loyal). Das Magazin weist nach: Bereits
in der Vergangenheit waren Einsätze im Ausland nicht ohne
Reservisten möglich – und dies wird mit der kleineren Bundeswehr
noch mehr der Fall sein. Ständig sind derzeit 500 Reservisten in
sehr wichtigen Funktionen im Einsatz; sie brächten auch wertvolle
zivile Fähigkeiten ein. Andere Reservisten helfen bei der
Ausbildung der Soldaten in Deutschland.
Bewährt haben sich die Kreis- und Bezirksverbindungskommandos in
der Zivilmilitärischen Zusammenarbeit, Hier stehe eine „zusätzliche
Unterfütterung mit entsprechender Truppe“ bevor, betont „loyal“.
Das heißt, neben den 12 Reservisten pro Kommando, die innerhalb
einer Stunde in 450 Kommandos in ganz Deutschland einsatzfähig
sind, werden weitere Reservisten herangezogen, die auch im Innern
eingesetzt werden. ZMZ trainiere ständig seine militärische
Fähigkeit und entlaste die Bundeswehr personell. Geübt wird
Katastrophenschutz und militärische Ausbildung. Ein psychosoziales
Netzwerk soll den heimkehrenden Reservisten Hilfestellung geben. ZMZ
und Reservistendienst in der Truppe werden für die Reservisten
ergänzt durch EAKK-Ausbildungseinheiten (Einsatzvorbereitende
Ausbildung für Krisenbewältigung und Konfliktverhütung).
„Tu was für Dein Land!“ ist die Losung des Verbandes.
Bundesgeschäftsführer des Reservistenverbandes Oberst a.D. Dierk
Joachim Fell bläst die Backen noch mehr auf: „Die Reserve ist das
Rückgrat der Armee. Die Reserve kann mehr.“ Dies gelte zum einen
für die Kameraden, die täglich – oft am Wochenende - ergänzend
Dienst in der Truppe in Deutschland tun und erst recht für
Reservisten im Einsatz. Sorge bereitet zweierlei: Die Gefahr, dass
Bundeswehrstandorte reduziert werden und dass das Tragen der Uniform
bei Reservistenverbandsveranstaltungen - nicht gemeint:
Reserveübungen - in Frage gestellt wird, - denn oft benehmen sich
die Verbandsmitglieder nicht „ordentlich“. Damit soll nun
Schluss sein – wie mit den drei S (siehe oben).
„Reserve hat Ruh“ soll nicht mehr gelten. Die Kreisgruppe
Osnabrück machte sich so ihre Gedanken. Zu tun gibt es für die
bewaffnete Macht vieles, meint Oberstleutnant a.D. Willi Meder: „Was
wird, wenn Al Kaida entdeckt, wie verletzlich die Öltankerrouten am
Persischen Golf sind?“ Mit wenig Aufwand könnten Terroristen dort
ein weltwirtschaftliches Chaos anrichten. (Hoffentlich liest bei
AlKaida niemand die „loyal“.) Jetzt seien sie da, die guten
alten Zeiten, nach denen man sich in zehn Jahren zurücksehnen
werde. Jetzt geht es ran, wie de Maiziere betont hat: Nicht nur für
deutsche Interessen soll die Bundeswehr ständig im Einsatz sein,
nicht nur für Deutschlands „Zugang zur Hohen See und zu
natürlichen Ressourcen“ sowie Handelswegen. Auch wenn der Sinn
des Krieges sicht nicht erschließt, soll Deutschland an möglichst
vielen Kriegen teilnehmen. Sieht sich der Minister auf dem Weg zur
militärischen Großmacht?
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