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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

07.05.2011

8. Mai: Tag der Befreiung - Tag des Widerstandes: Erinnern und Konsequenzen ziehen!

„Wir rufen alle dazu auf. sich an den Veranstaltungen zum 8. Mai 2011 zu beteiligen, des antifaschistischen Widerstandes zu gedenken und mit uns nach neuen Perspektiven für eine demokratische und soziale Gesellschaft zu suchen.

Hierzu ist es notwenig antifaschistische Bündnisse zu schmieden, aus der Geschichte die richtigen Lehren für heute zu ziehen und diese in politische Forderungen und Taten umzusetzen. Der Widerstand gegen den Nationalismus muss organisiert werden! Antifaschismus ist auch Internationalismus, Völkerfreundschaft und Internationale Solidarität!“ 

Das führte Karlheinz Berger-Frerich, Mitglied des Geschäftsführenden Landesausschusses der VVN-BdA NRW, anlässlich einer 8.-Mai-Gedenkveranstaltung im Ennepe-Ruhr-Kreis aus. 

8. Mai: Tag der Befreiung - Tag des Widerstandes: Erinnern und Konsequenzen ziehen!

Von Karl-Heinz Berger-Frerich

Am 8. Mai1945 war Nazideutschland am Ende. 55 Millionen Menschen wurden in Konzentrationslagern fabrikmäßig vernichtet oder starben durch den deutschen Expansionskrieg. Darunter 20 Millionen Sowjetbürger/innen und 6 Millionen Jüdinnen und Juden. Während der 8. Mai für viele Deutsche nur das Ende eines schrecklichen Krieges bedeutete, ist dieser Tag für Millionen von Zwangsarbeiter/innen, KZ-Häftlingen, Widerstandskämpfer/innen und die Mehrheit der Bevölkerung fast aller Staaten Europas Symbol ihre Befreiung vom NS-Terror.

Sie erlebten den 8. Mai 1945 so, wie wir Demokraten und Antifaschisten/innen ihn heute sehen: als Tag der Befreiung.

Antifaschisten/innen, die Konzentrationslager, Verfolgung und Exil überlebt hatten hegten die Hoffnung auf einen Neubeginn. Die Überlebenden des KZ Buchenwald formulierten nach Ihrer Selbstbefreiung in ihrem Schwur am 19. April 1945: "Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens: Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel."

Der 8.Mai ist ein Tag der Befreiung und symbolisiert ein Tag des antifaschistischen Widerstandes bis der Schwur von Buchenwald verwirklicht worden ist!  Nie weider Krieg

Was 66 Jahre später, am 8. Mai 2011, geschieht, hat mit den Vorstellungen und Forderungen dieser Menschen nichts mehr zu tun: So werden die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert, die Grenzen zwischen Tätern und Opfern verschwimmen. Es soll endgültig ein "Schlußstrich gezogen" und zur "Normalität" zurückgekehrt werden. Forderungen und Gedanken, dass man aus den vergangenen Ursachen und dem Zusammenspiel von Nationalisten, Industrie und Politik Konsequenzen für das Heute ziehen soll, werden verdrängt und soll vergessen werden.

Der Widerstand der Antifaschisten/innen aus der Arbeiterbewegung gegen den Faschismus der Nationalsozialisten wird auf den bürgerlichen und militärischen Kreise reduziert.

Dem wollen wir etwas entgegensetzen. Wir wollen deutlich machen, dass der Faschismus 1933 nicht aus dem Nichts gekommen ist und 1945 nicht still und heimlich verschwunden ist. Wir wollen das in einer Zeit tun, in der Momente, auf die der deutsche Faschismus aufbauen könnte, eine Renaissance erleben.

Faschistische Organisationen und Parteien werden trotz ihrer verbrecherischen Aktivitäten und verfassungsfeindlichen Propaganda, grundgesetzwidrig nicht verboten!

Faschisten wie die NPD marschieren wieder durch die Straßen, sind in Parlamente eingezogen und provozieren mit Ihren ständigen faschistischen Propaganda und Auftritten. Massenweise wird Heute wieder durch Zeitungen, Bücher, Videos und dem Internet faschistische und nationale Propaganda betrieben. Dies wird wieder durch Richtersprüche mit der angeblichen "freien Meinungsäußerung" unterstützt, obwohl klar ist - Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!

Der Militarismus wurde wieder hoffähig gemacht!

Die faktische Neugründung der Bundeswehr als Armee, die weltweit in Kriegen eingesetzt wird, steift den Höhepunkt einer Entwicklung dar, die wenige Jahre nach Kriegsende mit der Durchsetzung der Wiederbewaffnung gegen eine Mehrheit der BevöIkerung begann. "Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen!" - dieser Schwur von 1945 hat für die BRD 2011 nur noch historische Bedeutung. Antimilitaristische Absichten des Grundgesetzes wurden vom Bundesverfassungsgericht weginterpretiert, um internationale Kriegseinsätze zu ermöglichen. An den Schulen wird wieder für die Bundeswehr und für Kriegseinsätze geworben.

Das Asylrecht wurde ausgehöhlt! 

Mit der faktischen Abschaffung des Asylrechts tilgte eine große Koalition aus CDU/CSU, FDP und SPD einen der Artikel aus dem Grundgesetz, der als Lehre aus dem Faschismus galt. Mit der weitergehenden Debatte schufen sie eine gesellschaftliche Stimmung, die aus rassistischen und antisemitischen Denkmustern Terror und Mord werden ließ. Nationalistische Politikkonzepte sind in weiten Kreisen der Bevölkerung akzeptiert.

Das große Kapital hat wieder das Sagen! 

Dass als eine Konsequenz aus dem Zusammenwirken von Großkapital und Nazis sogar die CDU nach 1945 die Vergesellschaftung der Grundindustrien forderte, weiß heute kaum jemand mehr. Dafür wird heute die Priorität der Interessen des Kapitals weniger denn je hinterfragt. Ohne großen Widerspruch werden massive Einschränkungen des Sozialstaates hingenommen, aber für private bankrotte Banken werden kurzfristig Milliardenbeträge vom Staat bereitgestellt. Die Trennung von Polizei und Geheimdienst sowie die Dezentralisierung der Polizei, die als Lehre aus dein Terror der Gestapo durchgesetzt wurden, sind mittlerweile weitgehend aufgehoben, z.B. durch die Gründung des BKA in den 70er Jahren und das Verbrechensbekämpfungsgesetz von 1994.

Der 8.Mai ist ein Tag der Befreiung und symbolisiert ein Tag des antifaschistischen Widerstandes bis der Schwur von Buchenwald verwirklicht worden ist!

Der 8. Mai ist für uns ein Tag der Befreiung - auch wenn klar ist, dass der Bruch nicht sehr konsequent war; eine "Stunde Null" hat es nie wirklich gegeben. Zwar gab es nach 1945 Ansätze für einen politischen Neubeginn, aber insgesamt stellen wir heute fest, dass in der Geschichte der BRD nie ernsthaft selbstkritisch von breiteren Kreisen der Bevölkerung über Konsequenzen aus dem Faschismus diskutiert worden ist. Nur ein kleiner Teil der Hauptverantwortlichen des NS-Terrors hat sich jemals vor einem Gericht verantworten müssen. Viele, die sich während des 3. Reiches in ihren Funktionen in Justiz, Militär, Industrie und Politik schuldig gemacht hatten, konnten ihre Karriere nahtlos in den BRD Institutionen fortsetzen. Der erste Bundeskanzler, Konrad Adenauer, holte sich den Kommentator der Nürnberger Rassegesetze, Hans Globke, als Staatssekretär ins Bundeskanzleramt. Und viele der Antifaschist/innen, die in den 50er Jahren gegen die Wiederbewaffnung protestierten sahen sich in erneuter Opposition zur politischen Entwicklung. 1956 wird die KPD verboten und viele Kommunist/innen wanderten unter Adenauer erneut ins Gefängnis. Auch darauf wollen wir an diesem Tag aufmerksam machen.

Der 8. Mai ist daher für uns auch ein Tag des Widerstandes: Widerstand gegen eine Politik, die das Kapitel "Faschismus" schon immer zu den Akten legen wollte und gerade dadurch eine weitere Rechtsentwicklung in der Gesellschaft ermöglichte und ermöglicht. Eine Politik, die heute die letzten Lehren, die aus dem Faschismus gezogen wurden, systematisch auslöschen will. Somit stellen wir uns bewusst in die Tradition des antifaschistischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus, den Nationalismus und faschistischen Aktivitäten zahlreicher Gruppen, Organisationen und Parteien, wie z.B. die NPD, Pro NRW, Nationale Sozialisten... ohne die heutige Situation mit der von damals gleichsetzen zu wollen. Antifaschisten/innen sind Vorbilder für Demokratie, Freiheit, Recht und Frieden!

Die Charakterstärke dieser Menschen macht uns Mut, auch heute konsequent gegen Faschismus und Krieg für eine Welt des Friedens und der Freiheit zu kämpfen. Die Vernichtung des Nazismus mit allen seinen Wurzeln das ist auch unsere Losung.

Wir wollen zeigen, dass alle, die es ernst meinen mit dem Schwur "Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!" Konsequenzen daraus ziehen müssen - auch und gerade heute. Wir rufen alle Menschen im Ennepe-Ruhr-Kreises auf, sich an den Veranstaltungen zum 8. Mai 2011 zu beteiligen, dem antifaschistischen Widerstand zu gedenken und mit uns nach neuen Perspektiven für eine demokratische und soziale Gesellschaft zu suchen.

Hierzu ist es notwenig antifaschistische Bündnisse zu schmieden, aus der Geschichte die richtigen Lehren für heute zu ziehen und diese in politische Forderungen und Taten umzusetzen. Der Widerstand gegen den Nationalismus muss organisiert werden!

Antifaschismus ist auch Internationalismus, Völkerfreundschaft und Internationale Solidarität!