22.04.2011
Helft den Flüchtlingen – Wider die
Gleichgültigkeit
Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA sprach am
22.4.11 auf dem Internationalen Friedhof in Dortmund-Brackel. Es
wurde der Opfer der Zwangsarbeit gedacht und zum Ostermarsch
aufgerufen. Das Haupthindernis beim Bau einer friedlichen Welt sei
die Gleichgültigkeit so vieler. Wörtlich sagte Ulrich Sander: „Gestern
wurde entschieden, den Rassisten Sarrazin in der SPD zu belassen.
Die Begründung, die ein prominenter Kommunalpolitiker dazu gab, war
diese: Wir müssen die Ängste der Bevölkerung berücksichtigen.
Zur Bevölkerung zählt er nur die Deutschen. Die Ängste der
Nichtdeutschen, die Sarrazin auslöste, die sind den Leuten egal?“
Die Rede im Wortlaut.
Elie Wiesel hat gesagt – und ich fand es auf einem Gedenkstein
für Naziopfer in Minden: „Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass,
sondern Gleichgültigkeit.“
Wir stehen hier vor der Informationstafel, die Auskunft gibt
über das Schicksal derer, die hier begraben sind. 6.000
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter – zumeist aus Osteuropa -
ließen im Krieg hier in Dortmund ihr Leben. Wer von den Dortmundern
ihnen half – und das taten zum Glück einige - wurde hart
bestraft. Doch die meisten halfen nicht. Sie hassten auch nicht. Sie
waren gleichgültig. Sie hatten nichts dagegen, dass die
Zwangsarbeiter nicht in die Luftschutzkeller durften. Hauptsache sie
selbst hatten Platz. Und so starben Tausende. Und viele Dortmunder
wissen es heute gar nicht. Die ausgezeichnete Gedenkkultur in
unserer Stadt, auch die Gedenkstätte Steinwache bieten wenige
Informationen über die Lage der Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter. Es wird auch ausgespart, welche verbrecherische
Rolle die Ruhrindustrie im Umgang mit diesen Menschen spielte. Als
wir eine Mahntafel wie diese am Eingang des Stahlwerks am ehemaligen
Emschertor in Hörde vorschlugen, dort wo die Reste eines
Arbeitserziehungslagers der Vereinigten Stahlwerke standen, die nun
im Phönixsee versinken, da sagten uns die Stadtoberen diese Tafel
zu. Doch der See entsteht, und die Tafel ist nicht in Sicht.
„Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern
Gleichgültigkeit.“ Dieser Satz aus der Feder des Schriftstellers
und Überlebenden von Auschwitz und Buchenwald, kam mir in den Sinn
als ich in der BILD-Zeitung las: „Wir wollen ein deutliches Signal
nach Osteuropa senden, um den weiteren Zuzug von Bulgaren und Roma
zu verhindern. Dazu müssen wir die Haupteinnahmequelle
trockenlegen.“ BILD schrieb den Spruch dem Sprecher einer
Volkspartei zu. Osteuropäer und Roma, die einst millionenfach
hierher gebracht wurden, die eine Haupteinnahmequelle des deutschen
Kapitals wurden, um dann per Vernichtung durch Arbeit beseitigt zu
werden, sie sind heute im freien grenzenlosen Europa nicht mehr
willkommen? Als Torschützen für Borussia vielleicht, aber nicht
als arme Leute. Wie kann man so über die Roma sprechen, die gleich
den Juden dem Holocaust ausgeliefert waren?
Gestern wurde entschieden, den Rassisten Sarrazin in der SPD zu
belassen. Die Begründung, die ein prominenter Kommunalpolitiker
dazu gab, war diese: Wir müssen die Ängste der Bevölkerung
berücksichtigen. Zur Bevölkerung zählt er nur die Deutschen. Die
Ängste der Nichtdeutschen, die Sarrazin auslöste, die sind den
Leuten egal?
Ist es uns wirklich egal, wie es den anderen geht? Wer nicht
unter Hartz IV fällt, geht nicht zur Montagsdemo. Wem keine Bomben
auf den Kopf fallen, dem sind die deutschen und die NATO-Kriege in
aller Welt egal? Wir produzieren Waffen für den Rüstungsexport, es
geht ja um unsere Arbeitsplätze. Bei anderen geht es um ihr Leben.
Ich möchte schließen mit einem anderen Ausspruch von Elie
Wiesel: “Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem
Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den
Peiniger, niemals dem Gepeinigten.“ Schweigen wir nicht. Ergreifen
wir Partei für die Flüchtlinge von Lampedusa, aber auch bei uns.
Wir müssen uns auch immer wieder das Wort der Geschwister Scholl
in Erinnerung rufen: „Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit,
den Ihr um Euer Herz gelegt! Entscheidet Euch!“
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