23.03.2011
Presseecho auf Raum-Benennung im Landtag
Fraktionsraum der „Linken“
wird nach dem VVN-BdA-Ehrenvorsitzenden Jupp Angenfort benannt.
Die Landtagsfraktion der „Linken“ in NRW hat auf
ihrem Frühlingsfest am 21.3.11 Jupp Angenfort geehrt, indem sie
ihrem Fraktionsraum im Landtagsgebäude seinen Namen gab. Schon
lange fordert die „Linke“, dass sich der Landtag für sein
Verhalten entschuldigt, der Anfang der 50er Jahre zuließ, dass Jupp
Angenfort ungeachtet seiner Immunität als Landtagsabgeordneter für
fünf Jahre eingesperrt wurde. Die „Junge Welt“ und der „Kölner
Stadtanzeiger“ informierten jeweils auf ihre Weise.
»Wir wollen sein Andenken in Ehren halten«
Die Linksfraktion im
NRW-Landtag benennt Sitzungssaal nach früherem KPD-Politiker Jupp
Angenfort.
Ein Gespräch mit Bärbel Beuermann Interview: Markus
Bernhardt unbenannt Bärbel Beuermann ist Vorsitzende der Fraktion
Die Linke im nordrhein-westfälischen Landtag
Die Linksfraktion im nordrhein-westfälischen Landtag will am
heutigen Montag im Rahmen eines Frühjahrsempfanges ihren
Sitzungsraum nach Jupp Angenfort benennen. Warum ist die Wahl auf
Angenfort gefallen? Jupp Angenfort war eines der prominentesten
Opfer des sogenannten Kalten Krieges und saß 1951 für die
Kommunistische Partei Deutschland (KPD) als Abgeordneter im
Düsseldorfer Landtag. Mir ist wichtig, das Andenken an sein Wirken
wachzuhalten und keine Ruhe zu geben, bis er und die Tausenden
anderen Opfer von Berufsverboten und staatlicher Repression endlich
rehabilitiert und für das ihnen angetane Unrecht entschädigt
werden.
Auch ganz persönlich war es mir eine Herzensangelegenheit, daß
wir an Jupp erinnern, den ich in höchstem Maße geschätzt habe.
Wir erwarten heute Jupps Kinder und einige seiner vielen
Weggefährten aus der Antifa- und Friedensbewegung und der DKP als
Gäste, um an ihn zu erinnern und sein politisches Wirken in Ehren
zu halten.
Die »rot-grüne« Minderheitsregierung sieht offenbar keine
Notwendigkeit, das Kapitel der Kommunistenverfolgung in der
Bundesrepublik aufzuarbeiten. Wie hat sie auf Ihr Vorhaben reagiert?
Es hat mich schon gewundert, wie die Landesregierung auf eine kleine
Anfrage geantwortet hat, die meine Fraktionskollegin Anna Conrads
und ich eingebracht haben, die die Sicht der Landesregierung
bezüglich der Rehabilitierung der Opfer des sogenannten Kalten
Krieges darlegen sollte. Sie wollte nicht einmal Stellung dazu
nehmen, wie sie die staatliche und gesellschaftliche Stigmatisierung
und Verfolgung von kommunistischen Widerstandskämpfern nach der
Befreiung vom Faschismus bewertet.
Wir haben auch ganz konkret nach Jupp Angenfort gefragt.
Schließlich wurde er trotz seiner Immunität als
Landtagsabgeordneter von einer Spezialeinsatzgruppe des
Bundeskriminalamtes festgenommen und wegen angeblichen Hochverrates
angeklagt und auch verurteilt. Die Landesregierung hielt es jedoch
nicht für nötig, zur Personalie Angenfort Stellung zu nehmen.
Dies, obwohl er sich stets vorbildlich für Frieden und
Antifaschismus stark gemacht hat und sich und seinen Zielen bis zu
seinem Tod im März letzten Jahres stets treu geblieben ist. Dieser
Umgang mit einem so honorigen Politiker wie Angenfort ist einfach
ungeheuerlich.
Die Linke hat sich auf Bundesebene stets für die Aufhebung des
KPD-Verbots eingesetzt. Selbst Bündnis 90/Die Grünen und sogar
einzelne Sozialdemokraten haben im Bundestag Bereitschaft gezeigt,
das den Antifaschisten und Kommunisten angetane Unrecht
aufzuarbeiten. Wie sieht es auf Landesebene in NRW aus? In NRW
ticken die Uhren offensichtlich anders. Während die
neofaschistische Szene in unserem Bundesland – vielfach nahezu
ungestört von Polizei und Justiz – immer agiler wird, sieht sich
die Landesregierung nicht in der Pflicht, das lebenslange
antifaschistische Wirken Angenforts zu würdigen. SPD- und
Grünen-Politiker halten zwar gern bei der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) in
Nordrhein-Westfalen Sonntagsreden und blumige Grußworte, lassen
jedoch jeden Funken Respekt vor Angenforts Wirken vermissen, der ja
auch Landesvorsitzender der VVN war. Ich bin entsetzt, daß diese
Landesregierung nicht die Größe hat, Unrecht auch Unrecht zu
nennen.
Wie geht Ihre Fraktion weiter vor? Wir werden nach dieser
unverfrorenen Antwort auf unsere kleine Anfrage nun innerhalb der
Fraktion und der Partei das weitere Vorgehen diskutieren. SPD und
Grüne können sich jedenfalls sicher sein, daß wir uns diesem
Thema weiter widmen und keine Ruhe geben werden. Das sind wir
schließlich nicht nur Jupp Angenfort, sondern auch allen Opfern der
politischen Verfolgung schuldig.
Mit freundlicher Genehmigung der jungen
Welt
Voller Kampfesmut
Ein Leben lang gegen Krieg und Faschismus: Biographie beschreibt
den Werdegang des ehemaligen KPD-Landtagsabgeordneten Jupp Angenfort
und die Repression gegen ihn
Von Markus Bernhardt
Während bundesdeutsche Medien noch heute von angeblich fehlenden
Grund- und Freiheitsrechten in der DDR schwadronieren, ist ihnen der
Umgang mit kommunistischen Oppositionellen in Westdeutschland seit
jeher bestenfalls eine Randnotiz wert. Die Opfer der gegen
Kommunisten und Antifaschisten gerichteten staatlichen Verbots- und
Repressionspolitik sind bis heute nicht für das ihnen angetane
Unrecht entschädigt, geschweige denn gesellschaftlich rehabilitiert
worden.
Um sich ein realistisches Bild zu machen, welche Kraft etablierte
Politik, Justiz und Polizei nicht nur während des sogenannten
Kalten Krieges in der BRD aufwandten, um gegen Kommunisten
vorzugehen, lohnt sich ein Blick in die von Hannes Stütz
herausgegebene Biographie »Sprung in die Freiheit – Die
Geschichten des Josef A.«. In seinem Buch beschreibt Stütz das
Leben und politische Wirken des vor einem Jahr verstorbenen
Kommunisten Josef Angenfort, der von seinen Freunden und Genossen
Jupp genannt wurde.
Der 1924 in Düsseldorf geborene Angenfort stammte aus einer
katholischen Eisenbahnerfamilie. Er geriet bereits als 19jähriger
Wehrmachtssoldat in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Nach
Gesprächen, die er dort mit sowjetischen Soldaten führte und den
eigenen Erfahrungen von Krieg und Faschismus, schloß er sich dem
»Nationalkomitee Freies Deutschland« an.
Ab 1949, nach seiner Rückkehr nach Deutschland, engagierte sich
Angenfort sodann in der kommunistischen Bewegung und wurde
Vorsitzender der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und Mitglied der
Kommunistischen Partei Deutschland (KPD). Schon 1951 zog er für die
KPD in den nordrhein-westfälischen Landtag ein und war dort
jüngster Abgeordneter.
Noch im gleichen Jahr mündeten die antikommunistischen
Haßkampagnen in der BRD in Verbotsverfügungen, die die
Bundesregierung gegen die FDJ sowie drei weitere kommunistische
Organisationen erließ, die sich an der Vorbereitung einer
Volksbefragung zum Thema Wiederbewaffnung in der Bundesrepublik
beteiligt hatten.
Wie noch heutzutage nicht unüblich, wertete die damalige
Bundesregierung das Engagement gegen Krieg und Militarisierung als
»einen Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes«.
Trotz seiner Immunität als Landtagsabgeordneter wurde der
FDJ-Vorsitzende Angenfort von einer Spezialeinsatzgruppe des
Bundeskriminalamtes festgenommen und wegen angeblichen Hochverrates
angeklagt. In einem Schreiben an den Landtagspräsidenten
protestierte Angenfort am 1. Oktober 1953, also nach bereits
siebenmonatiger Haft, gegen die Umstände seine Inhaftierung. So
konstatierte er, daß er zwischen seiner Festnahme »und der Methode
der Schutzhaft in der Nazizeit keinen prinzipiellen Unterschied
feststellen« könne.
Obwohl die Inhaftierung selbst gegen die geltenden Gesetze
verstieß, rettete dies Angenfort nicht vor einer Verurteilung wegen
Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, Geheimbündelei
und Zugehörigkeit als Rädelsführer zu einer
verfassungsfeindlichen Vereinigung zu insgesamt fünf Jahren Haft.
Selbst hochrangige politische Gegner waren entsetzt, daß das
Engagement für Frieden und Abrüstung von den Richtern zu
Hochverrat umgedeutet wurde. »Vergleicht man dieses Urteil mit den
milden Urteilen gegen Kopfjäger aus den hitlerschen KZs, gegen
viehische Mörder, die nachträglich noch begnadigt werden, dann ist
man empört darüber, daß Menschen vor dem Richterstuhl so
behandelt werden. Wir sind in Westdeutschland wieder soweit, daß
alle Gegner des Bundeskanzlers als Bolschewisten oder des
Hochverrats angeklagt werden«, erklärte etwa der damalige
parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion,
Walter Menzel.
Kurz nach seiner Entlassung wurde Angenfort wegen Verstoßes
gegen das KPD-Verbot wieder verhaftet, jedoch gelang ihm bei einem
Gefangenentransport die Flucht. Er rettete sich in die DDR und kam
erst 1968 nach Gründung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)
zurück nach Düsseldorf, deren Mitglied er bis zu seinem Tod im
März 2010 blieb.
Die Biographie über Jupp Angenfort sollte zur Pflichtlektüre in
Schulen werden. Zeichnet sie doch das Bild eines engagierten
Antifaschisten und Kommunisten, der sich während seines gesamten
Lebens für Frieden und Gerechtigkeit stark gemacht hat und seinen
Kampfesmut selbst während seiner Haftzeit und der massiven
Hetzkampagnen gegen ihn und seine Genossen nie verlor.
Jupp Angenfort: Sprung in die Freiheit - Die Geschichten des
Josef A. Papyrossa Verlag, Köln 2011, 232 Seiten, 17 Euro *
Herausgegeben von Hannes Stütz
Mit freundlicher Genehmigung der jungen
Welt
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