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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

06.03.2011

Stoppt Rechtsentwicklung, Krieg und Krisenlasten!

Ulrike Düwel, Landessprecherin: Mündlicher Bericht des Landesausschusses der VVN-BdA NRW

Warum Demokratie schaffen? Dieser Frage ging Ulrike Düwel, Landessprecherin der VVN-BdA NRW, in ihrem Referat auf der Landesdelegiertenkonferenz am 26.2.11 in Düsseldorf nach. Sie sagte: „Wir haben doch Demokratie! Jedoch: Wo bleibt die Meinung der Bevölkerung in Stuttgart beim Bahnhofsbau? An den Standorten der AKW, deren Laufzeit gegen den Willen parlamentarischer Gremien und dem Diktat der Konzerne gemäß verlängert wird? beim Kriegseinsatz, den 70 Prozent der Menschen endlich beendet sehen wollen? Bei den Hartz4-Regelungen? Bei dem brutalen Vorgehen der Polizei gegen 20.000 Menschen, die sich in Dresden den Nazis in den Weg stellten?“

Blick in den Saal bei Verdi in Düsseldorf. Links die HauptlosungUlrike Düwel, Landessprecherin: Mündlicher Bericht des Landesausschusses der VVN-BdA NRW

Liebe Anwesende,

die Vorbereitung auf diese Rede ist mir schwer gefallen - soviel Erfahrungen und historisches Wissen, Wissen über diese Gesellschaft sind hier versammelt, dass es nicht so einfach ist "die Welt noch mal zu erklären"!

Ich möchte einige mündliche Ergänzungen zum Geschäftsbericht machen:

Unser Motto für diese Konferenz: Schafft Demokratie und Frieden! Stoppt Rechtsentwicklung, Krieg und Krisenlasten!

Warum Demokratie schaffen?

Wir haben doch Demokratie!

Ja aber, im Prinzip Ja... möchte ich mit Radio Eriwan antworten...

Was ist Demokratie?

Was sind demokratische Verhältnisse?

Demokratie = Volksherrschaft sagt das Lexikon.

"Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus, aber wo geht sie hin?" fragt Bertolt Brecht...

Wo bleibt die Meinung der Bevölkerung in Stuttgart beim Bahnhofsbau? An den Standorten der AKW, deren Laufzeit gegen den Willen parlamentarischer Gremien und dem Diktat der Konzerne gemäß verlängert wird? beim Kriegseinsatz, den 70 Prozent der Menschen endlich beendet sehen wollen? Bei den Hartz4-Regelungen? Bei dem brutalen Vorgehen der Polizei gegen 20.000 Menschen, die sich in Dresden den Nazis in den Weg stellten?

Nach dem Faschismus und dem Ende des 2.WK waren sich große Teile der Bevölkerung einig, dass die Kapitalistische Wirtschaftsordnung versagt hat, Kapitalismus und Großindustrie ein Bündnis eingegangen sind und der erneute Missbrauch wirtschaftlicher Macht verhindert werden muss.

Sozialisierung der Schlüsselindustrien und echt Mitbestimmung standen auf der Tagesordnung - auch im Ahlener Programm der CDU 1947.. Was ist daraus geworden?

Die Sozialisierung hat praktisch nicht stattgefunden, Mitbestimmung in Betrieben und Verwaltungen ist auf ein Minimum zusammengeschrumpft und die soziale Lage der Menschen

verschlechtert sich seit Jahrzehnten.

Arbeitslosigkeit, Armut und Angst wachsen- 7,5 Mil. Menschen nehmen bei uns Hartz 4 in Anspruch.

Merkel gibt neuerdings ihre Aversion gegen eine Europäische Wirtschaftsregierung auf - sie will mit Sarkozy zusammen einen Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit - ihr Anspruch daran:

Durchsetzung der Rente mit 67,Verzicht auf Anpassung der Löhne an die Inflationsentwicklung, weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes a la Hartz 4, Verankerung einer unsozialen Schuldenbremse in den Landesverfassungen!

Deutschland ist jetzt schon der größte Niedriglohnsektor Europas, Infrastrukturen werden total vernachlässigt und die Bildungsausgaben pro Kopf haben eine blamable Größe!

Wir sind Zeugen eines rasanten Abbaus demokratischer Grundrechte:

- mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien werden wir kontrolliert - im Alltag und in der Arbeitswelt: unkontrollierbare europäische Datensammlungen, immer mehr staatliche Überwachungen!

Wir erleben eine zunehmende Vernetzung und Verzahnung von Polizei, Geheimdiensten und Militär. Die Medien, leider z. Zt. auch die Öffentlich Rechtlichen, spielen eine große Rolle bei dieser Entwicklung nach rechts!

Sehen wir, welche Themen angesagt sind:

War es vor kurzem noch Sarrazin mit seinen migrantenfeindlichen Äußerungen und dem Motto "das wird man doch noch sagen dürfen", Talkshows auf jedem Kanal… - beherrscht z.Zt. Guttenberg die Themen, inzwischen ohne Doktortitel…

Interessant, wie es in den letzten Tagen immer wieder um den Titel ging, geistigen Diebstahl… Dass dieser Herr sich gut inszenieren kann. haben wir in der letzten Zeit erlebt - und seine Aussagen schnell ändert - ich erinnere an die Skandale auf der Gorch Fock oder in Kundus/Afghanistan - beide Male schnelle Erklärungen, wenig später Erklärungen, ach nee, das war doch anders, war nicht so gemeint, und immer wieder gute Kontakte zur Bild-Zeitung und zum Springer Konzern...

Diese Medienöffentlichkeit wünsche ich mir bei unseren große, vielen und bunten Demonstrationen - gegen die Naziaufmärsche in en letzten Wochen und Monaten waren in Dresden, Wuppertal, Dortmund, Köln, Duisburg Aachen/Düren, Siegen 10.000 ... auf den Straßen!

Spektakuläre Bilder gibt es nur wenn es "Zwischenfälle" gibt, Auseinandersetzungen bei denen sich öfter bezahlte Provokateure und Polizisten in Uniform gegenüberstehen...

Zum Verhältnis: wie viele Bilder/Aufmerksamkeit gab es in den Medien dafür, dass am 24.2. von IGM und Verdi große Kundgebungen gegen Leiharbeit gemacht wurden?

Wir treten gegen die Offensiven der Nazis an - in den verschiedensten Formen - und wir versuchen, ihren Aktionsradius einzuschränken.

Unsere Kampagnen "NoNPD" waren erfolgreich!

Solange die Naziprovokationen nach Meinung der höchsten Richter zwar zu missbilligen, aber zu dulden seien - so lange es kein Verbot der NPD gibt – gibt es angeblich keine rechtliche Handhabe, diese Provokationen zu unterbinden!!

Die rechtliche Logik und Realität wird zunehmend diese: rechte Aktivitäten und Demonstrationen werden mit großem Polizeiaufgebot geschützt und ermöglicht - die vielfältigen Gegenaktivitäten und -demonstrationen werden kriminalisiert, und es wird versucht, sie zu unterbinden - mit massiven Polizeieinsätzen, dem Einsatz von Pfefferspray und anderen Formen polizeilicher Gewaltausübung, wie vor wenigen Wochen in Wuppertal!!

"Wo rechts zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!"

Nach diesem Motto werden wir auch weiter handeln! Unsere Organisation hatte im Zentrum auch immer die Arbeit für den Frieden. Wir waren und sind in vielen Bündnissen - dem Ostermarsch zum Beispiel - gute Tradition seit Jahrzehnten!

Die Entwicklung des Militarismus in der BRD sehen wir mit großer Sorge - die großen Kriege der letzten 140 Jahre wurden mit Wehrpflichtigen geführt - im Zentrum unserer Arbeit stand immer auch der Kampf gegen die Wehrpflicht, - wenn jetzt das Aussetzten der Wehrpflicht angekündigt wird, ist das ein verlogenes Manöver: Wir haben fast eine Million ausgebildete und trainierte Reservisten - sie sind wehrpflichtig bis zum 60.Lebensjahr! So ist es leicht, Kürzungen zuzustimmen!

Die Reservisten können in der BRD innerhalb von Stunden zum Einsatz nach "Außen" wie auch im Inneren beordert werden - und Arbeitgeber werden zum verständnisvollen Umgang mit dem Problem aufgefordert!

„Von deutschem Boden soll nie wieder ein Krieg ausgehen“, - dieser Satz der Mütter und Väter des Grundgesetzes stimmt schon lange nicht mehr!! Ich erinnere an den 4.9.2009, wo am Kundusfluß mehr als 100 Kinder, Frauen und Männer durch deutsche Bomben umkamen - die Täter blieben bis heute straffrei! Dafür sorgte Herr Guttenberg, woran in Zeiten, da er weiter hoch gelobt wird, zu erinnern ist.

"Deutsche Waffen, deutsches Geld…" Wenn die IGM in Bayern angesichts der Sparpläne von Guttenberg vor dem Verlust von Arbeitsplätzen im militärischen Flugzeugbau warnt, erinnern wir: Der Gedanke der Rüstungskonversion, statt Waffen nützliche Dinge zu produzieren, Arbeitskreise zur Rüstungskonversion zu gründen oder wiederzubeleben, ist dringend notwendig!

In gewerkschaftlichen Diskussionen in den 80ern waren wir da schon mal viel weiter und müssen dringend daran anknüpfen!!

Liebe Kameradinnen und Kameraden,

wir haben in den letzten Jahren, seit der letzten Landesdelegiertenkonferenz eine Unmenge Aktivitäten unternommen, - zum Teil auch mit wenig Leuten. Ihr habt im Rechenschaftsbericht eine Aufstellung unserer Arbeit im Berichtszeitraum, darauf sind wir sehr stolz!

Die Ergebnisse unserer Zukunftswerkstatt am 12.12. liegen als Reader vor; darin haben wir unsere nächsten Ziele und Aufgaben formuliert.

Wir werden nicht nachlassen im Widerstand gegen Naziaktivitäten, die Aufklärung über die Ideologie des Faschismus - auch in seinen "neuen " Formen ("autonome Nationalisten") bleibt unser Schwerpunkt!

Wir kämpfen weiter um UNSERE Geschichte, für eine Erinnerungs- und Gedenkkultur!

Auch wenn ich vielleicht ein düsteres Bild von unserer Wirklichkeit beschrieben habe:

Unter dem Eindruck dieser Krise haben wir auch die große Chance, den Kapitalismus ernsthaft auf seine Gesellschaftsverträglichkeit zu überprüfen und uns weiter für eine andere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung einzusetzen - das lässt sogar das Grundgesetz zu!

Vor uns liegt eine Menge Arbeit - packen wir es an!