01.03.2011
VVN-BdA verlangt: Bundeswehr raus aus den Schulen:
„Kein Werben fürs Sterben“
Diese und weitere Forderungen sind in den Anträgen
enthalten, die von der Landeskonferenz der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes – VVN-BdA an den Bundeskongress
gerichtet wurden, der Anfang April in der Humboldt-Universität in
Berlin tagt. Es geht darin weiter um die Rechte der Roma und Sinti
und ihren Schutz vor Ausweisung, um die Fortsetzung der Aktion
Spurensuche „Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“ auf
Bundesebene und um das Schicksal der Hinterbliebenen von NS-Opfern.
„Rettet das Leben von Mumia Abu-Jamal“ ist ein weiterer
Beschluss überschrieben.
Antrag
3: Die Hinterbliebenen der NS-Opfer fordern ihr Recht
Das Bundesverfassungsgericht hat im November 2009 beschlossen:
"Angesichts des Unrechts und des Schreckens, den die
nationalsozialistische Herrschaft über Europa und weite Teile der
Welt gebracht hat", kann "die Bundesrepublik Deutschland
als Gegenentwurf hierzu" verstanden werden. (Az. 1 BvR 2150/08)
Die Gegnerschaft zur Naziherrschaft ist also Verfassungsgebot und
Staatsdoktrin. Dem ist die VVN-BdA verpflichtet.
Unsere Organisation ist eine Organisation der Opfer und
Hinterbliebenen sowie der nachgewachsenen Generationen von
Antifaschistinnen und Antifaschisten. Diesen Opfern wurde in der
genannten Gerichtsentscheidung das Recht auf besonderen Schutz -
ihrer Würde und ihrer Unversehrtheit - zugesprochen: Eine
"Verletzung der Würde der Opfer der nationalsozialistischen
Gewalt- und Willkürherrschaft" wird in besonderem Maße
verurteilt. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde
für Nordrhein-Westfalen 1946 von Vertretern von 50.000
Überlebenden des Holocaust, von NS-Opfern und Teilnehmern am
Antinazi-Widerstandskampf gegründet. Ihre heutigen Mitglieder
erklären: Wir, die wir Krieg und Faschismus noch durchlitten haben,
aber auch die zweite und dritte Generation und ihre Mitstreiterinnen
und Mitstreiter, fühlen uns dem Auftrag der Gründer der VVN-BdA
und des Grundgesetzes verpflichtet.
In letzter Zeit hat es eine Anzahl von Dokumentationen gegeben,
die das belegen, was die VVN seit den 60er Jahren nachgewiesen hat:
In der Bundesrepublik konnten Eliten der Nazizeit aus Wirtschaft,
Gerichtsbarkeit, aus dem Gesundheitswesen und aus dem Beamtentum in
großer Zahl wieder Einfluss gewinnen und sogar ihr Vorgehen gegen
Antifaschistinnen und Antifaschisten fortsetzen.
Gerichte verfolgten Teilnehmer des Arbeiterwiderstandes,
vornehmlich des kommunistischen Widerstandes, um sie - auch unter
Hinweis auf Vorstrafen aus politischen Prozessen von 1933 bis 1945 -
wegen ihrer politischen Tätigkeit erneut einzusperren und ihnen die
Rechte auf Entschädigung abzusprechen. Ärzte aus der NS-Zeit
wurden als Gutachter eingesetzt, um die Entschädigungsrechte der
oft schwer geschädigten politisch, rassisch und religiös
Verfolgten in Zweifel zu ziehen. Ehemalige Gestapobeamte fanden in
der Polizei der BRD wieder Verwendung, und man setzte sie auch ein,
um die demokratischen Rechte der Verfolgten erneut anzutasten
Organisationsverbote führten zur Bestrafung der
Widerstandskämpferinnen und -kämpfer, während Naziorganisationen
wie die NPD sich ungehindert entfalten konnten. Berufsverbote wurden
gegen die Kinder von Antifaschisten ausgesprochen. Das
Versammlungsrecht von Antifaschisten wurde eingeschränkt.
Die VVN-BdA setzt sich dafür ein, dass eine Wiedergutmachung
für die so Benachteiligten erfolgen muss. Vor allem geht es um die
Rehabilitierung der Opfer. Ende der sechziger Jahre gab es zwar ein
Strafrechtsänderungsgesetz, das zahlreichen Verfolgungen ein Ende
setzte, eine Rehabilitierung der Betroffenen erfolgte jedoch nicht.
Auch die Kinder und Enkel der Betroffenen hatten - infolge der
Leiden ihrer Verwandten - mitzuleiden:
- denn die Familien der Opfer litten oft materielle Not,
- die Kinder und Enkel, also die 2. und 3. Generation, waren
betroffen von psychischen Schäden und Traumatisierungen,
- sie waren im Bildungswesen, in Schule und Gesellschaft
Diskriminierungen bis hin zu Berufsverboten ausgesetzt.
- Sie galten als Kinder von "Vorbestraften".
Die jetzt bekannt gewordenen personellen Kontinuitäten aus der
Zeit vor und nach 1945 müssen zu Konsequenzen führen. Doch die
Gelegenheiten, die sich dazu bieten, werden nicht genutzt. Der
Umgang des Deutschen Bundestages mit dem Antrag "Widerstand von
Kommunistinnen und Kommunisten gegen das NS-Regime" (Drucksache
17/2201), eingebracht von der Fraktion DIE LINKE am 16. 6. 2010, ist
ein Skandal, ja ein Schlag ins Gesicht der NS-Opfer. Ohne mündliche
Aussprache, nur mit schriftlichen Wortbeiträgen, die seitens der
CDU, CSU und FDP, aber auch der SPD den Geist der Restauration und
des Kalten Krieges atmeten, wurde der Antrag am 11. November 2010 zu
später Stunde beerdigt. Die CDU/CSU-Reaktion ist unfassbar und,
ähnlich wie bei den vielen Debatten zum Kriegsverrat, sprachlich
und argumentativ stark in der Nähe von rechtsextremen
Organisationen. Auch in der Erinnerungsarbeit der Gedenkstätten
für Opfer des NS-Unrechts werden die Vertreter der 2. und 3.
Generation oftmals abgewiesen. Man erklärt ihnen ungeschminkt: Euer
Anspruch auf Mitsprache in der Gedenkarbeit ist verwirkt. Genugtuung
darüber, dass Zeitzeugen sich nicht mehr einmischen können, ist
unverkennbar. Wir haben beschlossen, uns einzumischen.
Die in der VVN-BdA vereinigten Angehörigen der 2. und 3.
Generation danken dem Bundesverband Information und Beratung für
NS-Verfolgte dafür, dass er sich ihrer Sorgen und Nöte angenommen
hat. Sie danken den Vertretern der LINKEN und der GRÜNEN, die sich
in der schriftlichen Debatte vom 11. 11. 10 vorbildlich verhalten
haben. Diese Bemühungen sollten fortgesetzt werden.
Der Bundesausschuss der VVN-BdA soll in diesem Sinne schon bald
ein Treffen der 2. und 3. Generation einberufen, um deren sozialen
und politischen Anliegen zu vertreten. Notwendig ist die
Dokumentation der Biografien der Opfer der 2. und 3. Generation.
Einstimmig beschlossen von der LDK der VVN/BdA
Nordrhein-Westfalen am 26.02.2011
Antrag 6: Rallye "Spurensuche
Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945"
Die VVN/BdA NRW schlägt dem Bundeskongress vor, dass die
Kampagne/Rallye "Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft
1933-1945" auf das ganze Bundesgebiet ausgedehnt wird.
Begründung:
Die Rallye "Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft
1933-1945" hat die nordrhein-westfälische VVN-BdA aus Anlass
des 75. Jahrestages der Machtübertragung an Hitler auf den Weg
gebracht.
1945 schworen die befreiten Häftlinge des KZ Buchenwald:
"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere
Losung. ... Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte
Schuldige vor den Richtern der Völker steht." Doch die Wurzeln
des Nazismus wurden nicht beseitigt, nur wenige der Schuldigen
standen vor den Richtern. Deshalb gilt es, die Wurzeln des Nazismus
weiter zu bekämpfen und die Schuldigen weiter zu benennen.
Zahlreiche Vertreter des Großkapitals wurden im höchsten Maße
schuldig. Von ihrem Profit, den sie aus Krieg und Leid der Menschen
zogen, haben sie kaum etwas in Form von Entschädigung an die Opfer
zurückgezahlt. Wissenschaftler haben errechnet, dass im Jahre 2000
bei der sog. Entschädigung der Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter nur zehn Prozent der Summe an entgangenem Lohn an die
Überlebenden gezahlt wurde, von den gut zehn Millionen bereits
verstorbenen Sklavenarbeitern gar nicht zu reden, die keinen Pfennig
oder Cent erhielten und deren Angehörige ebenfalls leer ausgingen.
Der NRW-Landesverband hat auf seiner Website damit begonnen, eine
Dokumentation über diese Verbrechen an Rhein, Ruhr und Lippe zu
erstellen. Für zahlreiche Orte sind Texte über die Verbrechen der
Wirtschaft erstellt, Mahntafeln aufgehängt und Stadtrundgänge an
die Täterorte durchgeführt worden.
Einstimmig beschlossen von der LDK der VVN/BdA NRW am 26.02.2011
Antrag 7: Kein Werben fürs Sterben!
Bundeswehr raus aus Schulen und gesellschaftlichen Einrichtungen
Der Bundeskongress möge beschließen:
Die VVN-BdA fordert die Schulministerin von NRW und andere
Schulminister der Länder auf, den Vereinbarungsvertrag mit der
Bundeswehr zu annullieren und keine weitere Einflussnahme von
Bundeswehrangehörigen an den Schulen mehr zuzulassen sowie
jegliches Lehr- und Unterrichtsmaterial der Bundeswehr an den
Schulen zu unterbinden.
Da die Bundeswehr das Ziel verfolgt, die Akzeptanz für
Militäreinsätze weltweit zu erhöhen und junge Menschen für das
Kriegshandwerk zu gewinnen, unterstützt die VVN-BdA Aktionen und
Initiativen, die sich gegen die Einflussnahme der Bundeswehr auf
Schulen, Universitäten, Arbeitsagenturen und andere
gesellschaftliche Institutionen richten.
Begründung:
In den letzten Jahren betrieb die Bundeswehr zunehmend PR-Arbeit
in Richtung zukünftiger Soldatinnen und Soldaten. Ein ganzer
Apparat steht dazu bereit. Abgesehen von den reinen Werbeoffizieren
("Wehrberater"), deren Aufgabe es ist, den Soldatenberuf
als vorgeblich attraktiven Ausbildungs- und Arbeitsplatz auf
Ausbildungs- und Jugendmessen, Karrieretreffs und diversen Formen
der Berufsberatung anzupreisen, gibt es allein in NRW 15
hauptamtliche, speziell ausgebildete Jugendoffiziere, die in den
Unterricht eingeladen werden wollen. Die Bundeswehr schreibt dafür
jährlich tausende von Schulen an und rühmt sich einer wachsenden
Zahl von Einsätzen an Schulen.
Die Landesregierung NRW hat im Oktober 2008 eine
Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr geschlossen, die eine
solche Entwicklung eim Oktober erleichtern und verstärken soll.
Andere Bundesländer sind gefolgt. Der Vertrag ermöglicht der
Bundeswehr eine direkte Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung
des Unterrichts. Sie stellt Lehrmaterial für den Unterricht bereit,
bietet Seminare für Schülerinnen und Schüler sowie für
Lehrerinnen und Lehrer an. Jugendoffiziere werden verstärkt in die
Schulen eingeladen. Ausgerechnet Vertreter der Bundeswehr werden
damit betraut, im Schulunterricht und in der Lehrerbildung Themen
wie "Sicherheitspolitik", "globale
Konfliktverhütung", "Krisenbewältigung" und
"nationale Interessen", "friedenssichernde Maßnahmen
durch Kriegseinsätze" zu behandeln, sie als Einsatz für
Menschenrechte und Demokratie zu rechtfertigen. Ganz in diesem Sinne
eröffnet dieser Vertrag der Bundeswehr auch verstärkten Zugang zur
Lehrerfortbildung und Referendarausbildung. Im Jahr 2009 waren in
NRW 29.000 Schüler(innen) in Angebote der Bundeswehr einbezogen,
dazu 2.110 Referendare und Lehrer.
Der Bundeswehr geht es vor allem darum, den Soldatenberuf unter
den zukünftigen Schulabgängerinnen und -abgängern schmackhaft
darzustellen. Nachdem seit Anfang dieses Jahres die Wehrpflicht
"ausgesetzt" wurde, ist diese Zielsetzung von noch
größerer Bedeutung geworden. Diejenigen, die meinen
Jugendoffiziere und Wehrdienstberater müssten in die Schulen kommen
wie andere Berufsberater auch, der verkennt jedoch: Die Bundeswehr
ist eine Armee. Ihr Sinn besteht in erster Linie darin, Kriege zu
führen und junge Menschen an Waffen auszubilden. Dabei wird
billigend der Tod von Menschen in Kauf genommen. Auch wer in der
Bundeswehr nicht aktiv an der Waffe dient, ist doch Teil dieser
Maschinerie. Nicht zuletzt nutzt die Bundeswehr gezielt den Mangel
an Ausbildungsplätzen für ihre Werbung aus, bietet interessante
Karrieren innerhalb der Bundeswehr an, nicht nur an Schulen. Auch
die Arbeitsagenturen stellen der Bundeswehr Büros zur Verfügung
und suggerieren somit, dass es sich bei dem Soldatenberuf um eine
normale Perspektive für junge Menschen handelt.
Die damalige Schulministerin Barbara Sommer und Generalmajor
Bernd Diepenhorst freuten sich einmütig darüber, dass die bis
dahin ohnehin schon "gute Zusammenarbeit" durch eine
förmliche "Kooperationsvereinbarung" weiter
"gestärkt" werde, um eine deutliche Verbesserung der
"politischen Bildung" an den Schulen des Bundeslandes zu
erzielen. Die verstärkte Einflussnahme auf die inhaltliche
Ausrichtung des Politikunterrichts wurde zu einem Zeitpunkt
vereinbart, als sich bekanntlich in Umfragen eine
Zweitdrittelmehrheit der Bevölkerung für den Rückzug der
Bundeswehr aus Afghanistan erklärte. Einer antimilitaristischen
Grundstimmung zu begegnen, besonders unter Jugendlichen, auch
deshalb geht die Bundeswehr an die Schulen.
Die Kooperationsverträge verletzen den Grundsatz der Erziehung
zu "Völkergemeinschaft und Friedensgesinnung", wie er
z.B. in der NRW-Landesverfassung und im Schulgesetz festgelegt ist,
und sind schon aus diesem Grund zu kündigen. Die
Gründungsmitglieder der VVN, Überlebende des Zweiten Weltkrieges,
haben ihre schrecklichen Erfahrungen den nachfolgenden Generationen
weitergegeben. Ihr wichtigstes Vermächtnis: "Nie wieder Krieg,
nie wieder Faschismus". Die VVN-BdA wendet sich gegen jede Form
von Kriegserziehung an den Schulen, die im völligen Gegensatz zum
humanistischen Bildungsauftrag der Schulen steht.
An verschiedenen Orten hat sich schon Widerstand gegen die
PR-Offensive des Militärs formiert: Schülervertretungen, der
Hauptvorstand und einzelne Gliederungen der GEW, örtliche
Initiativen haben sich in dieser Frage positioniert und sind aktiv
geworden. Diese Initiativen verdienen es, unterstützt und weiter
getragen zu werden.
Einstimmig beschlossen auf der LDK der VVN/BdA NRW am 26.02.2011
Antrag 9: Keine Abschiebung von Roma
und anderen ethnischen Minderheiten in den Kosovo.
Da laut Aussage der Bundesregierung in NRW 3558
ausreisepflichtige Roma wohnen, begrüßen wir die Haltung der
nordrhein-westfälischen Landesregierung, die aus humanitären
Gründen keine Roma in den Kosovo abschieben will.
Wir fordern die Landesregierung von NRW auf, darauf hinzuwirken,
dass diese Praxis beibehalten und von den anderen Bundesländern und
der Bundesregierung übernommen wird.
Begründung:
In der gesamten Bundesrepublik gelten 10.041 Personen (8.489 Roma
und 1.552 andere ethnische Minderheiten) als "vollziehbar und
zur Ausreise verpflichtet". In unsere Forderung mit einbezogen
sind deshalb auch andere ethnische Minderheiten, die aus den
obengenannten Gründen ebenfalls nicht in den Kosovo abgeschoben
werden dürfen.
Laut Pressemitteilung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma
vom 16.11.2010 werden noch immer aus verschiedenen Bundesländern,
wie insbesondere aus Niedersachsen, schutzbedürftige Menschen in
den Kosovo abgeschoben, obwohl alle internationalen Organisationen
und Institutionen vor Abschiebungen nach Kosovo warnen. Wie von
verschiedenen internationalen Organisationen und NGOs mitgeteilt
wurde, verlässt ein sehr großer Teil der aus Westeuropa
abgeschobenen Roma innerhalb kurzer Zeit wieder den Kosovo, sei es
um in Serbien, Montenegro oder Mazedonien eine sichere
Lebensperspektive zu suchen, sei es, um wieder nach Westeuropa zu
gelangen. Schätzungen gehen dahin, dass bis zu 70% der
abgeschobenen Familien, binnen zweier Monate den Kosovo wieder
verlassen. Dies sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass die
abgeschobenen Menschen keine Perspektive im Kosovo haben.
Die abgeschobenen Familien können in der Regel nicht in ihre
ursprünglichen Häuser und Wohnungen zurückkehren, da diese
entweder zerstört wurden, oder - zumeist in den Städten - von
Kosovo-Albanern besetzt sind. Ein Verfahren zur Rückgabe von
Eigentum besteht zwar, ist aber de facto aussichtslos, da die
Gerichte überlastet sind, und zum anderen Eigentumsnachweise
zerstört oder verloren sind. Mit der Forderung nach Rückgabe von
Eigentum setzen sich die betroffenen Roma-Familien außerdem
potentiellen Repressalien aus, wenn die neuen Besitzer
Kosovo-Albaner sind.
Der Zentralrat weist erneut auf die von der Bundesrepublik
Deutschland endlich im Juli 2010 ratifizierte
UN-Kinderrechtskonvention hin, die Deutschland verpflichtet, bei
allen Entscheidungen das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen.
Kinder, die seit Jahren in Deutschland leben und die hier ihren
Lebensmittelpunkt haben, müssen deshalb mit ihren Familien einen
sicheren Aufenthaltsstatus in Deutschland bekommen.
Nach Meinung der innenpolitischen Sprecherin der Fraktion. DIE
LINKE, Ulla Jelpke, vollzieht sich hier langsam, aber stetig eine
der größten Abschiebeaktionen der deutschen Geschichte. In der
gesamten Bundesrepublik gelten 10.041 Personen (8.489 Roma und 1552
andere ethnische Minderheiten) als "vollziehbar und zur
Ausreise verpflichtet". So die Antwort der Bundesregierung auf
eine Kleine Anfrage (17/2857).
Unter humanitären Gesichtspunkten ist diese Entwicklung
katastrophal. 18 Prozent jener Menschen, die abgeschoben werden
sollen, leben seit über 12 Jahren in Deutschland. Auf den
Abschiebelisten stehen selbst alleinerziehende Eltern, Kinder und
Pflegebedürftige. Die Bundesregierung schlügt sämtliche Hinweise
von Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen in den Wind, dass
die Roma und Ashkali im Kosovo ein menschenunwürdiges Dasein
erwartet. Die kosovarischen Behörden sind unfähig und unwillig,
sie zu integrieren. Oftmals erwartet sie nur Verarmung,
Obdachlosigkeit und Diskriminierung. Auch der Europarat hat Anfang
Oktober einen Abschiebestopp gefordert, genauso wie der EU-Kommissar
für Menschenrechte, UNICEF und amnesty international.
Die Bundesregierung verdrängt gerne, dass die meisten
Flüchtlinge infolge des NATO- Angriffs auf Jugoslawien sowie der
Machtübernahme der UCK im Kosovo ihr Land verlassen mussten. Mit
seiner Beteiligung am Krieg von 1999 hat sich Deutschland
mitverantwortlich gemacht. Diese Verantwortung darf nicht einfach
mitsamt den Menschen abgeschoben werden.
Abschließend sei daran erinnert, dass in der Zeit der
Nazi-Barbarei nicht nur Juden in die Konzentrationslager verschleppt
und auf grausame Weise getötet, sondern auch Sinti und Roma, die
vom Volksmund mit dem diskriminierenden Begriff "Zigeuner"
bezeichnet wurden. Nach Schätzungen fielen im vom faschistischen
Deutschland besetzten Europa bis zu 500.000 Sinti und Roma dem
Holocaust zum Opfer, einem Verbrechen, das sich jedem historischen
Vergleich entzieht und das in seinem Ausmaß unvorstellbar bleibt.
Einstimmig beschlossen von der LDK der VVN-BdA NRW am 26.02.2011
Antrag 11: Bedingungsloser Schutz
für Sinti und Roma
Angesichts der zunehmenden gegen Sinti & Roma gerichteten und
teils völkerrechtswidrigen Handlungen in Europa ist es ein Anliegen
der VVN-BdA, die Zusammenarbeit mit den Gremien der Sinti und Roma
auszubauen. Wir unterstützen den Appell des Zentralrates der Sinti
und Roma in Deutschland vom 17.12.2010 (siehe Anlage) an die
Bundesregierung, die Länder und Kommunen, Grabstätten von
ermordeten oder verfolgten Sinti & Roma nicht zu entfernen,
sondern dauerhaft zu erhalten und zu schützen.
Zur Information und Begründung:
Appell für den Schutz und die Erhaltung der Grabstätten von
NS-verfolgten Sinti und Roma (am 17.12.2010 an die Präsidentin des
Bundesrates Hannelore Kraft):
"22 Überlebende der NS-Verfolgungen appellieren an die
Bundesratspräsidentin:
Viele der Gräber von Sinti und Roma, die Opfer der
Völkermordmaßnahmen durch die Nationalsozialisten waren und nach
1945 verstorben sind, sollen wegen abgelaufener Grabrechte jetzt
endgültig beseitigt werden. Für unsere Familien ist der Erhalt
dieser Grabstätten als geschützte Gedenkorte von großer
Bedeutung".
Dieser Aufruf wurde von der VVN-BdA und den Flüchtlingsräten
initiiert. Die Erklärung wurde am 8.12.2010 dem Bundesinnenminister
übergeben. Der 8. Dezember 1938 war der Tag, an dem Himmler mit
seinem "Runderlass" zur "Regelung der Zigeunerfrage
aus dem Wesen der Rasse heraus" den Massenmord an 500.000 Sinti
und Roma einleitete.
Einstimmig beschlossen von der LDK der VVN/NRW am 26.02.2011
Antrag 12: Rettet das Leben von
Mumia Abu-Jamal
Die VVN-BdA setzt ihren Kampf für Mumia Abu-Jamal mit größerer
Kraft auf Landes- und auf Kreisebene fort.
Mumia Abu-Jamal, Ehrenmitglied der VVN-BdA seit 2002, ist in
Lebensgefahr!
Am 9. November 2010 wurde vor dem 3. Bundesberufungsgericht eine
Anhörung abgehalten, die richterliche Entscheidung wird in den
kommenden Monaten erwartet. Es wird darüber entschieden, ob das
Strafmass im Fall Mumia Abu-Jamal von einer Jury neu festgelegt
wird; diese Jury könnte nur ein Urteil zwischen Lebenslänglich
oder der Todesstrafe fällen. Bei der Ablehnung einer neuen
Juryverhandlung wird das Todesurteil bestätigt: "Sollte das 3.
Bundesberufungsgericht gegen uns entscheiden, ist Mumia von der
Hinrichtung bedroht. In diesem Fall werde ich zurück zum Supreme
Court gehen und eine Überprüfung beantragen. Der Supreme Court
gewährt jedoch in lediglich 1-2% aller Fälle eine Überprüfung.
Mumia könnte also kaum in größerer Gefahr sein." Robert
Bryan, damaliger Hauptanwalt von Mumia.
Seit 2008 hat Mumia eine Reihe von schweren juristischen
Niederlagen hinnehmen müssen. Mit der endgültigen Ablehnung eines
neuen Prozesses durch den Obersten Gerichtshof am 6. April 2009
wurde die formal letzte Möglichkeit zur objektiven Aufklärung des
Falles von der amerikanischen Justiz abgewehrt.
Deshalb müssen wir den politischen Druck auf die
verantwortlichen Stellen erhöhen! Nur so kann Mumia vor der
Hinrichtung mit der Giftspritze gerettet werden! Wir stellen
Öffentlichkeit her:
- Vorführung des Films "In Prison My Whole Life" und
Informationsveranstaltungen
- Anträge auf kommunaler Ebene
- Presseerklärungen
- Infostände, Kundgebungen, Bündnisarbeit etc.
- Informationen über alle Aktivitäten werden an die
US-Botschaft und an die Konsulate gesendet
- Wir sammeln Spenden für die Verteidigung.
- Wir unterstützen die Online-Petition auf http://www.petitiononline.com/Mumialaw/
- Wir schreiben Mumia: Mumia Abu-Jamal; AM 8335; SCI Greene
Prison; 175 Progress Drive, Waynesburg; PA 15370; USA
Wir klagen die US-Behörden an, die Ermordung eines Unschuldigen
aus rassistischen und politischen Gründen herbeiführen zu wollen!
Das werden wir - Antifaschistinnen und Antifaschisten- nicht
zulassen! Hoch die internationale Solidarität! Gegen die
Todesstrafe!
Einstimmig beschlossen von der LDK der VVN/BdA NRW am 26.02.2011
Siehe auch:
Bericht über drei Jahre VVN-BdA-Arbeit vorgelegt
Landesdelegiertenkonferenz der
VVN-BdA NRW tagt am 26. Februar 2011 in Düsseldorf
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