04.02.2011
Zur Entwicklung in der Bundeswehr
Militär ist unkontrolliert
und unkontrollierbar – Öffentlichkeit muss handeln
Mit „Hampelmann von Gnaden“ überschreibt die UZ
einen Kommentar von Ulrich Sander in der Ausgabe vom 4. Februar
2011. Er schreibt: „Unser Land ist in der Gefahr, vollends von
unkontrollierten und unkontrollierbaren Mächten regiert zu werden.
Das Parlament beschloss eine weitere Einsatzverlängerung für die
Bundeswehr in Afghanistan. Die Abgeordneten hätten jedoch die
Notbremse ziehen müssen. Sie überließen die Sache aber weiter dem
Gespann Guttenberg und Merkel. Dachten sie. Und es wäre schlimm
genug.“
Der Kommentator schreibt: Unser Land ist in der Gefahr, vollends
von unkontrollierten und unkontrollierbaren Mächten regiert zu
werden. Das Parlament beschloss eine weitere Einsatzverlängerung
für die Bundeswehr in Afghanistan. Die Abgeordneten hätten jedoch
die Notbremse ziehen müssen. Sie überließen die Sache aber weiter
dem Gespann Guttenberg und Merkel. Dachten sie. Und es wäre schlimm
genug.
Was in der Bundeswehr geschieht, entscheiden Medien wie BILD und
Militärs aus dem Clausewitz-Gesellschaft und der NATO. Monatelang
bekam Guttenberg irgendwelche Spielpapiere über die Vorgänge auf
der Gorch Fock, aber die entscheidenden Informationen mit
Handlungsanweisung erhielt er aus der BILD-Redaktion. In Afghanistan
beteiligte er sich direkt an den Vertuschungsbemühungen der
Militärs angesichts von tödlichen Schießritualen – und die
Merkel war in der Nähe und merkelte nichts. Berichte von Soldaten
nach zu Hause werden auf geheimnisvolle Weise konfisziert. Der
Massenmord der Bundeswehr in Kundus im September 2009 bleibt
unaufgeklärt und zieht keine Bestrafung nach sich.
Und das Publikum blickt – zum großen Teil fasziniert – auf
den Egomanen und Eleganten, den schmalzigen von Adel. Er sei ein
tüchtiger Populist und bester Politiker der Union, heißt es. Na
dann Gute Nacht.
Wäre er ein Populist, der dem Volk aufs Maul schaut und dann
handelt, so müsste er merken, dass 70 Prozent der Bevölkerung den
Abzug aus Afghanistan wünscht. Nein, er handelt bzw. unterlässt
gegen das Volk. Der Maßstab seines Handelns ist der Beifall der
BILD-Zeitung und der Journaille, die wie die ZEIT Kongresse zur
Werbung für Krieg und Rüstung veranstaltet. Er redet sich ein,
diese verkörperten Volkes Wille.
Das Parlament nimmt es hin. Keine Spur von Parlamentsarmee. Das
Bundesverfassungsgericht nimmt es hin. Keine Spur von Zuständigkeit
in auswärtigen Dingen - es lebe der Wille der NATO und der
EU-Militärpolitik.
Es gibt dagegen nur eine Kraft, die derzeit keine ist, aber eine
werden muss: Die Straße. Sonst geraten wir in vollends in
gefährliches Fahrwasser. Dann gäbe es keine Umkehr mehr.
Das friedenspolitische Schweigen der Gewerkschaften muss ein Ende
haben. Die Ostermärsche müssen zum deutlichen Signal werden. Die
Friedensbewegung hat schon einmal große Gefahren abgewendet. Es
steht wieder etwas auf dem Spiel.
Aus: Unsere
Zeit vom 04.02.2011
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