14.01.2011
Keine Bundeswehrwerbung an Schulen
Veranstaltung der VVN-BdA und
des Friedensforums in Mülheim am 13.1.2011 mit Ulrich Sander
In einem Brief vom Juni 2009 an die
Ministerpräsidenten und Kultusminister der Länder forderte der
damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung, nach den Vorbildern
von NRW und Saarland nun auch in allen anderen Bundesländern
Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr abzuschließen. Es
bedürfe einer aktiven Unterrichtung der Bürger (nicht nur der
Schüler) , „um den Sinn bewaffneter Auslandseinsätze zu
vermitteln“, heißt es in dem Schreiben. „Vor dem Hintergrund
der gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Freiheit unseres
Vaterlandes“ warb Franz Josef Jung für den Einzug der Bundeswehr
in die Schulen der Länder. Dagegen erheben immer mehr Schülerinnen
und Schüler Einspruch. - Folgende Ausführungen zu diesem Thema
wurden von Ulrich Sander und Michael Schulze von Glasser verfasst
und von Ulrich Sander auf einer Veranstaltung in Mülheim am 13.
Januar 2011 vorgetragen und zur Diskussion gestellt.
Folgende Ausführungen wurden von U.
Sander und M. Schulze von Glasser verfasst.
Schon seit einigen Jahren experimentiert die Bundeswehr, wie sie
am besten an Schülerinnen und Schüler und auch direkt in die
Bildungsstätten herankommt. In den Jahren 2003 und 2004 führte die
Armee in jeweils 32 Städten bundesweit ihre Ausstellungen
"Unser Heer", "Unsere Luftwaffe" und
"Unsere Marine" durch - bei jährlich zehn dieser
Veranstaltung gab es auch einen "Scoolday", einen Tag
extra für Schülerinnen und Schüler der Region. 2004 versuchte die
Bundeswehr dann, die jungen Leute mit bekannten Persönlichkeiten
anzulockern und hoffte wohl, dass ein wenig Glamour der Stars auf
sie abfiel: "Die mehr als 2000 Schüler konnten sich kaum
beruhigen - die Stimme der Sängerin Yvonne Catterfeld wurde von
Jubelrufen fast übertönt" (Huber, Thomas: Startschuss, in:
aktuell - Zeitung für die Bundeswehr, Nr. 22/2004). Auch der
Astronaut und Bundeswehr Obert Thomas Reiter stand für Gespräche
beim "Scoolady" Mitte 2004 in Leipzig bereit. Daneben
konnten sich die Kinder und Jugendlichen mit Informationsmaterialien
ausstattet, militärische Geräte bestaunen und das Quiz "Wer
wird General?" mit Fragen rund um die Bundeswehr spielen:
"Zu gewinnen gab es in Leipzig Fahrten mit dem Waffenträger
‚Wiesel', eine Digitalkamera und ein Handy" (Ebenda.).
Besonders um die Rekrutierung neuer Offiziere ging es der Bundeswehr
in den beiden Versuchsjahren des "Scoolday".
Einen sehr wirkungsvollen Weg scheint die Bundeswehr beim Thema
Jugendmedien eingeschlagen zu haben. Hier vermischen sich eigene
Armee-Veranstaltungen und Medienarbeit und Unterhaltung mittels
Militärischem, mit "Militainment". Gleich mehrere so
genannte Jugendpressekongresse führt die Bundeswehr jährlich in
ihren Liegenschaften durch. Dabei lädt sie immer rund 130
Redakteure von Schülerzeitungen ein, die dann über die Bundeswehr
berichten, - so kommt die Armee-Werbung als redaktioneller Artikel
und Empfehlung der Schüler-Redakteure selbst direkt an die
gleichaltrigen jungen Leser in den Schulen der Republik. Die Kosten
sind im Vergleich zur Werbung in anderen Medien gering. Im November
2005 besuchten 134 Schüler im Rahmen des 73. Jugendpressekongresses
den Fliegerhorst des Jagdbombergeschwaders 31 "Boelcke" in
Nörvenich bei Köln. Die Landung eines Militärhubschraubers
beeindruckte die Schülerzeitungsredakteure gleich zu Beginn. Im
Anschluss daran konnten Interviews mit den Piloten und anderen
Soldaten geführt werden - auch ein "Tornado"-Kampfflugzeug
stand samt Besatzung auf dem Gelände. Neben Printmedien wurden auch
kurze Filmdokumentationen von den Schülern erstellt, -
Profi-Journalisten halfen den jungen Redakteuren bei der Umsetzung
ihrer Vorhaben. Zum Abschluss gab es dann noch ein Gruppenfoto mit
dem Jagdbombergeschwader. Ein weiteres Beispiel ist der
Bundeswehr-Besuch von rund 130 Jugendredakteuren im September 2009 -
das ist schon der 100. Jugendpressekongress den die Armee
durchgeführt hat. Auf Einladung des Jugendmarketings der Bundeswehr
verbrachten die Jugendlichen ein Wochenende in der
Marinetechnikschule (MTS) in Parow bei Stralsund an der Ostsee (N. N.: Nachgefragt, in: aktuell - Zeitung für die Bundeswehr, Nr.
38/2009). … Die produzierten Artikel erwecken dabei den Eindruck
neutral zu sein - immerhin hat die Bundeswehr die Artikel nicht
verfasst, sondern die Schülerredakteure. Von Neutralität kann aber
keine Rede sein: Die Veranstaltungen finden auf Bundeswehr-Arealen
statt, Militär-Kritiker haben keinen Zugang und kommen nicht zu
Wort. Zudem übt die Armee eine Kontrollfunktion aus, da sie die
Zeitungen vervielfältigt.
Ein weiterer Weg, mit jungen Menschen über Schülerzeitungen in
Kontakt zu kommen, sind Werbeanzeigen in den meist auflagenschwachen
Blättern. Doch das wichtigste ideologische Instrument für den
Einsatz an der Heimatfront sind die Auftritte der Jugendoffiziere in
den Schulen auf der Grundlage von
"Kooperationsvereinbarungen".
In einem Brief vom Juni 2009 an die Ministerpräsidenten und
Kultusminister der Länder forderte der damalige
Verteidigungsminister Franz Josef Jung, nach den Vorbildern von NRW
und Saarland nun auch in allen anderen Bundesländern
Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr abzuschließen. Es
bedürfe einer aktiven Unterrichtung der Bürger (nicht nur
Schüler) , "um den Sinn bewaffneter Auslandseinsätze zu
vermitteln", heißt es in dem Schreiben. "Vor dem
Hintergrund der gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Freiheit
unseres Vaterlandes" warb Franz Josef Jung für den Einzug der
Bundeswehr in die Schulen der Länder (Lt "Umgangssprachlich
Krieg", 2010 Papy Rossa, Köln, Kapitel über Bundeswehr an
Schulen, S. 121 von Michael Schulze von Glasser, Thema: "Die
Eroberung der Schulen - Bundeswehr im Bildungssystem").
Der Bundeswehreinsatz an Schulen ist Teil einer umfassenden
Militarisierung der Gesellschaft. Nur scheinbar steht dem die
Änderung am System der Wehrpflicht entgegen. Die Aussetzung der
Wehrpflicht ab 2011 wurde in den Medien groß behandelt. Doch das
folgende Datum spielte in den Medien und Ministerreden nie eine
Rolle: Am 17. Februar 2005 wurde das "Gesetz über die
Neuordnung der Reserve der Streitkräfte und zur Rechtsbereinigung
des Wehrpflichtgesetzes" beschlossen. Der Kern des Gesetzes ist
die Anhebung des Alters von 45 auf 60 Jahre, bis zum dem Reservisten
einberufen werden können, und der Einsatz von Reservisten im Krieg
und im Inneren des Landes. Ohne mündliche Aussprache - und fast
ohne Berichterstattung der Medien - ging die Beschlussfassung im
Bundestag über die Bühne. Ihre Auswirkung ist diese: Die
Bundeswehr wird mit der Aussetzung der Wehrpflicht nicht kleiner,
sondern größer. Sie wird auch nicht billiger.
Das Datum 3. Januar 2011 hingegen wurde in den Medien
ausführlich behandelt. Zum letzten Mal wurde ein Kontingent von
12.000 jungen Männern als Wehrpflichtige einberufen. Ohne
Wehrpflichtige soll die Bundeswehr von 240.000 auf 185.000 Soldaten
schrumpfen. "Historisch" wurde die Abschaffung der
Wehrpflicht bezeichnet, obwohl es nur eine Aussetzung ist. Die
Wehrpflicht, der Kriegsdienst ist jederzeit rückholbar.
Seit 1957 haben 8,5 Millionen Männer den Kriegsdienst mit der
Waffe angeleistet. So sie noch keine 60 Jahre alt sind können sie
jederzeit erneut zur Fahne gerufen werden - sollte der
Verteidigungsfall es erfordern. Ein solcher Verteidigungsfall war
der Eintritt Deutschlands in den Afghanistan-Krieg; es wurden jedoch
keine wehrpflichtigen Reservisten in diesen Krieg gesandt, sondern
nur freiwillige Wehrpflichtige und freiwillige Reservisten, die sich
zu Einsätzen, nicht nur zu Übungen, verpflichtet haben. Von
derartigen Reservisten gibt es rund 1,2 Millionen. Für 94.000 von
ihnen ist ständig ein "Arbeitsplatz" bei der Bundeswehr
vorhanden. Somit sinkt die Zahl der Soldaten nicht auf 185.000,
sondern sie steigt auf rund 280.000. Doch darüber wird nicht
berichtet.
Mit dem genannten Gesetz vom Februar 2005 wurde beschlossen, um
die Bundeswehr-Reservisten in den Krieg und den Einsatz der
Bundeswehr im Innern einzubeziehen. Petra Pau (eine der beiden
PDS-MdB, die es damals gab), führte in ihrem schriftlich
eingereichten Beitrag aus (es gab wie gesagt keine Aussprache im
Bundestag): "Reservistinnen und Reservisten sollen in den Umbau
der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zu einer weltweit
agierenden Interventionsarmee aktiv einbezogen werden. … Hinzu
kommt: Mit § 6c des vorliegenden Gesetzentwurfes wollen Sie (die
Befürworter des Gesetztes) den Einsatz der Bundeswehr im Inneren
der Bundesrepublik Deutschland vorbereiten. Sie weisen
Reservistinnen und Reservisten entsprechende Aufgaben zu."
Über zwei Jahre später meldet die Bundeswehrzeitschrift
"Y": "Seit Jahresbeginn stellt sich die Bundeswehr in
der Fläche der Republik neu auf." Sie zitiert den damaligen
Minister Franz Josef Jung: "Die flächendeckende Einführung
der Zivilmilitärischen Zusammenarbeit im Inland stellt sicher, dass
die Bundeswehr in unsrer Heimat jederzeit und an jedem Ort unseres
Landes Hilfe und Unterstützung leisten kann." Diese
Zivilmilitärische Zusammenarbeit im Inland ist vollkommen eine
Sache der Reservisten. Künftige Oder- und Elbfluteinsätze werden
somit Sache von Arbeitern und Angestellten sein, die kurzfristig
abkommandiert werden. Und auch für den Ersatz streikender Fachleute
(Fluglotsen mit Wutpotential gibt es nicht nur in Spanien) steht ZMZ
Inneres bereit. In den Computern des Streitkräfteamtes sind alle
Reservisten mit ihren Fähigkeiten erfasst.
Die Bundeswehr kommt uns also beim Einsatz im Innern durch die
Hintertür und auf leisen Sohlen. Ein Heimatschutz nach
amerikanischem Vorbild wird bzw. wurde aufgebaut und den zivilen
Behörden in Stadt und Land "zur Seite gestellt". Im
Artikel 35 des Grundgesetzes ist für den Einsatz der Bundeswehr im
Innern nur vorgesehen: "Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder
bei einem besonders schweren Unglücksfall" (Artikel 35, Absatz
2). Von Hilfe bei Polizeiaufgaben und "Großereignissen"
ist im Grundgesetz nicht die Rede, wohl aber in Einsatzplänen der
Behörden. Die Regierung arbeitet mit dem schwammigen Begriff
"Terroranschläge", bei denen die Reservisten zu Hause in
Massen zur Waffe greifen sollen.
Nebenbei: Unsere Gesellschaft muß sich endlich ernsthaft mit dem
Terrorismus auseinandersetzen. Die Frage, was Terrorismus ist, hat
Oskar Lafontaine kurz und präzise in einer Bundestagsrede
beschrieben: "Terrorismus ist das Töten unschuldiger
Zivilisten zum Erreichen politischer Ziele." Wenn die NATO in
Jugoslawien Brücken und Kirchen bombardierte und die NATO heute in
Afghanistan versucht, gegen den Willen der Afghanen, die Demokratie
herbeizubomben, dann ist das für mich Terrorismus. Deshalb fordern
wir einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan - und ich
füge hinzu: Das ist auch der beste Schutz für die Soldaten der
Bundeswehr!
Spätestens am 29. August 2009 wäre folgende Schlagzeile in den
Medien fällig gewesen - sie unterblieb jedoch:
"Bundesregierung will mit Bundeswehr Streiks bekämpfen".
Eine Antwort der Bundesregierung an die LINKE im Bundestag vom
28.8.09 besagte eindeutig, dass die Kampfbedingungen der
Gewerkschaften erheblich eingeschränkt werden sollen. Denn
zumindest im öffentlichen Dienst steht Streikbruch mittels
Bundeswehr auf der Tagesordnung. Denn in der Antwort der
Bundesregierung an den Bundestag schließt das
Bundesverteidigungsministerium nicht aus, dass die ZMZ-Kommandos bei
Demonstrationen zum Einsatz kommen. Dies obliege allein den
Landesbehörden. Selbst der Militäreinsatz anlässlich von Streiks
im Transport-, Energie- oder Gesundheitswesen sowie bei der
Müllabfuhr wird nicht ausgeschlossen - eine Entscheidung darüber
sei "dem jeweiligen Einzelfall vorbehalten" (laut
BT-Drucksache 16/13847 und Pressemitteilung von Ulla Jelpke vom 1. September
2009). Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Ulla Jelpke
sagte dazu: "Die Bundesregierung hält sich damit alle Optionen
für den Militäreinsatz im Inneren offen. Die ZMZ-Kommandos wirken
gleichsam als militärische Vorauskommandos, die schleichend in die
zivilen Verwaltungsstrukturen einsickern. Das Konzept der ZMZ läuft
damit letzten Endes auf einen offenen Verfassungsbruch hinaus."
Als verheißungsvoll wird die Änderung der
Wehrpflichtgesetzgebung seit 2005 vom Deutschen Reservistenverband
aufgenommen. 123.000 der willigsten und aktivsten Militaristen sind
in ihm - gesponsert von der Bundeswehr - vereinigt. Sie versichern,
"sich militärisch, körperlich und geistig fit zu
halten", um sich jederzeit in den Streitkräften zu engagieren,
ob im In- oder Ausland. In allen Landkreisen und kreisfreien
Städten gibt es inzwischen ZMZ-Inneres-Kommandos der Bundeswehr.
Der Reservistenverband hat sich in diesen Kommandos verankert, in
denen er Einfluß nimmt auf Polizei, Feuerwehr und Verwaltung. Er
hat darin eine Hausmacht, und mit ihm viele rechtslastige Kader.
Diese Kommandos mit rund 5.500 Reserveoffizieren, sind innerhalb
einer Stunde einsatzbereit. Doch davon sprach niemand am
"historischen" 3. Januar 2011.
Zurück zum eigentlichen Thema. Spätestens am 29. Oktober 2008
wäre folgende Schlagzeile in den Medien fällig gewesen - sie
unterblieb jedoch ebenfalls: "Bundeswehr greift nach den
Schülerinnen und Schülern".
* Jeder
Jugendoffizier sagt die verfassungswidrige Wahrheit - nur Horst
Köhler durfte es nicht, dem der Hinweis auf die Verflechtung von
Militarismus, Krieg und Ökonomie übel genommen wurde. Aus einer
Dokumentation des Bayerischen Rundfunks vom 22. Juni 2010 zur Frage
"Gehört die Bundeswehr in die Schulen?" Zitat: "Am
Anfang stehen viele Schüler Militäreinsätzen kritisch gegenüber
- wenn er ihnen zum Beispiel vom Auslandseinsatz im Kongo erzählt.
Viele Schüler fragen, was deutsche Soldaten denn dort zu suchen
hatten. Doch am Ende seines Besuchs, sagt der Offizier, haben die
meisten Schüler kapiert: Was die Bundeswehr im Ausland tut, ist
richtig und wichtig." Denn: "90 Prozent eines Edelmetalls,
nämlich Coltan, wird zur Zeit im Kongo gefördert und unsere Chip-,
Computer- und die ganze Siliziumindustrie ist wesentlich abhängig
von diesem Material. Wenn ich dann frage: Wer von Euch hat ein
Handy? melden sich alle und heben den Arm. Und dann verstehen sie
auch wie hier Sicherheitspolitik mit Wirtschaft zusammenhängen
kann." (Weiter aus der Dokumentation:) Da gehe es nicht um
Werbung oder Indoktrination, sondern es gehe um den Dialog zwischen
den Streitkräften und der jungen Generation in unserem Land.
"Das mag ja sein, entgegnen die Grünen. Doch ein kritisches
Urteil könnten sich die Schüler nur bilden, wenn in den
Klassenzimmern auch Bundeswehr-Kritiker zu Wort kommen, sagt
Bildungsexperte Gehring." Jedoch: "Kultusminister Spaenle
verweist darauf, dass die Schulen selbstverständlich auch
Bundeswehr-Kritiker einladen können. Doch die dürften es etwas
schwerer haben, ihren Weg in die Klassenzimmer zu finden. Denn auf
eine offizielle Kooperationsvereinbarung mit dem Kultusministerium
können sie sich bisher nicht stützen." (Zuerst zitiert in der
Sendung Radiowelt des Bayerischen Rundfunks am 8. Juni 2010)
|
Tags zuvor erklärte die nordrhein-westfälische Schulministerin
Barbara Sommer (CDU): "Ich freue mich sehr, dass wir die gute
Zusammenarbeit unserer Schulen mit den Jugendoffizieren durch diese
Kooperationsvereinbarungen stärken" (N. N.: Kooperation
zwischen Schule und Bundeswehr, in: www.schulministerium.nrw.de
- letzter Zugriff am 11. Oktober 2009). Mit diesen Worten feierte
die Ultra-konservative einen Höhepunkt in der Militarisierung der
Schulen in dem Bundesland. Generalmajor Bernd Diepenhorst,
Befehlshaber im Wehrbereich II, dankte der Ministerin für die
Kooperation. In der Vereinbarung werden grundlegende Gegebenheiten
zunächst korrekt festgestellt: "In einer durch wachsende
internationale Verflechtungen gekennzeichneten Welt bedarf es dabei
in zunehmendem Maße einer Auseinandersetzung mit Fragen
internationaler Politik, auch der Sicherheitspolitik" (Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Schule und
Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und dem
Wehrbereichskommando II der Bundeswehr, unterzeichnet von
Schulministerin Barbara Sommer und dem Befehlshaber des Wehrbereichs
II, Generalmajor Bernd Diepenhorst, am 28. Oktober 2008 in
Düsseldorf). Statt daraus aber die Konsequenz zu ziehen den
Politik- und Sozialwissenschaftlichen-Unterricht zu fördern, die
inhaltlichen Schwerpunkte anders zu setzen und den Unterricht
finanziell besser auszustatten wird die Bundeswehr als Ersatz-Lehrer
engagiert. Die Armee und das Schulministerium "wollen gemeinsam
einen Beitrag leisten, um Schülerinnen und Schülern Aufklärung
und Informationen über sicherheitspolitische Fragestellungen zu
ermöglichen" (Ebenda.: Kooperationsvereinbarung zwischen dem
Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes
Nordrhein-Westfalen und dem Wehrbereichskommando II der Bundeswehr…).
Jugendoffiziere sollen im "schulischen Kontext Schülerinnen
und Schüler über die zur Friedenssicherung möglichen und/oder
notwendigen Instrumente der Politik" informieren. Es ist
bekannt, dass Regierung und Militär auch militärische
Interventionen - wie im Falle des Jugoslawien-Krieges sogar gegen
das Völkerrecht - als ein notwendiges Instrument der Politik
erachten. "Dabei werden", so heißt es in der
Kooperationsvereinbarung, "Informationen zur globalen
Konfliktverhütung und Krisenbewältigung genauso wie Informationen
zu nationalen Interessen einzubeziehen sein." Das nationale
Interesse Deutschlands umfasst, laut dem Bundeswehr-Weißbuch 2006
auch die Sicherung von Rohstoffen für die deutsche Wirtschaft. Der
Marine-Einsatz vor der Küste Somalias, die so genannte Mission
"Atalanta" ist dafür ein guter Beweis. Den Schülerinnen
und Schülern der nordrhein-westfälischen Sekundarstufen I und II
soll eine Politik vermittelt werden, die den Einsatz des Militärs
zur Sicherung von Rohstoffen als vollkommen legitim erachtet*. Für
die Kooperation zwischen Bundeswehr und Schulen wurden in der
Vereinbarung einige Grundlagen festgehalten (Ebenda.:
Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Schule und
Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und dem
Wehrbereichskommando II der Bundeswehr…):
- die Möglichkeit der Einbindung der Jugendoffiziere in die
Aus- und Fortbildung von Referendarinnen und Referendaren sowie
von Lehrkräften.
- die Möglichkeit der Teilnahme von Lehrkräften und
Bediensteten des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des
Landes Nordrhein-Westfalen und der Bezirksregierungen bei Aus-,
Fort- und Weiterbildungen im Rahmen von Seminaren zur
Sicherheitspolitik der Bundeswehr und von Besuchen ihrer
Einrichtungen.
- die Umsetzung der Kooperationsvereinbarung durch regelmäßige
Gespräche der Jugendoffiziere mit den jeweiligen Leiterinnen
und Leitern der Schulabteilungen bei den Bezirksregierungen oder
eines von Ihnen jeweils beauftragten Dezernenten.
** M. Schulze von Glasser schreibt: Die Jugendoffiziere tragen
tiefgehend zur politischen Bildung von Schülerinnen und Schülern
bei. Daher sind sie an die 1976 festgelegten Minimalbedingungen für
politische Bildung, dem so genannten Beutelsbacher-Konsens,
gebunden. Der Konsens soll den jungen Schülern die Chance auf
eigene Meinungsbildung ermöglichen und besteht aus drei
Grundprinzipien:
- Überwältigungsverbot: Es ist nicht erlaubt, den Schüler -
mit welchen Mitteln auch immer - im Sinn erwünschter Meinungen
zu überrumpeln und damit an der Gewinnung eines
selbstständigen Urteils zu hindern.
- Kontroversitätsgebot: Was in Wissenschaft und Politik
kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.
Diese Forderung ist mit der vorgenannten aufs Engste verknüpft,
denn wenn unterschiedliche Standpunkte unter den Tisch fallen,
Optionen unterschlagen werden, Alternativen unerörtert bleiben,
ist der Weg zur Indoktrination beschritten.
- Analysefähigkeit: Der Schüler muss in die Lage versetzt
werden, eine politische Situation und seine eigene
Interessenlage zu analysieren, sowie nach Mitteln und Wegen zu
suchen, die vorgefundene Lage im Sinne seiner Interessen zu
beeinflussen.
Laut Bundesregierung wird der Konsens auch von den
Jugendoffizieren beachtet: "Die Grundprinzipien des
Beutelsbacher Konsens sind Grundlage der politischen Bildung in der
Bundeswehr […]. Sie sind integraler Lehrinhalt der Ausbildung der
nebenamtlichen/hauptamtlichen Jugendoffiziere an der AKBwInfo-Kom."
Auch die Bundeswehr bekräftigt dies. Kritiker werfen den
Jugendoffizieren allerdings vor, "keinesfalls wertneutral"
zu arbeiten und mit den Minimalbedingungen zu brechen: "So
heißt es in einer Darstellung von Jugendoffizieren auf einer Seite
des Bildungsservers Sachsen-Anhalt: ‚Die Jugendoffiziere in
Sachsen-Anhalt stehen Ihnen und Ihren Schülern als Referenten,
Diskussions- und Ansprechpartner in allen Fragen, die das Themenfeld
Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland, Europas und der
Welt betreffen, zur Verfügung. Wir möchten mit unserer Arbeit
einen Beitrag zur Erhaltung und Festigung des Grundkonsens über die
Sicherheits- und Verteidigungspolitik unseres Landes leisten.' |
In Gewerkschaften wie die GEW und natürlich in der
Friedensbewegung gibt es heftige Kritik daran, dass Jugendoffiziere
sicherheitspolitische Themen exclusiv behandeln. Ihr
Sicherheitsbegriff ist nicht der der Konferenz für Frieden,
Sicherheit und Zusammenarbeit KSZE von 1975. Der Beruhte auf
Anerkennung der Grenzen, auf Abrüstung, Nichteinmischung,
Selbstbestimmung und Nichtanwendung von militärischer Gewalt. Beim
heutigen Sicherheitsbegriff der Regierenden und der Militärs
dominiert in starkem Masse das Militärische. Was die
Jugendoffiziere lehren, widerspricht dem** so genannten
Beutelsbacher-Konsens, an den sie eigentlich gebunden sind. Der
Konsens soll den jungen Schülern die Chance auf eigene
Meinungsbildung ermöglichen, bestehend vor allem aus dem
Grundprinzip des Überwältigungsverbots: Es ist nicht erlaubt, den
Schüler - mit welchen Mitteln auch immer - im Sinn erwünschter
Meinungen zu überrumpeln und damit an der Gewinnung eines
selbstständigen Urteils zu hindern. Ferner gilt das
Kontroversitätsgebot: Was in Wissenschaft und Politik kontrovers
ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.
Wenn unterschiedliche Standpunkte unter den Tisch fallen,
Optionen unterschlagen werden, Alternativen unerörtert bleiben, ist
der Weg zur Indoktrination beschritten. Mit der Aus- und Fortbildung
von Referendaren, wie in der Kooperationsvereinbarung vorgesehen,
versucht die Armee dies zu verschleiern, indem nicht mehr sie den
Schülern beibringt das Militär ein Mittel der Politik ist, sondern
es die jungen Lehrerinnen und Lehrern machen, die wiederum zuvor von
den Jugendoffizieren in politischer Bildung unter Verstoß gegen die
Grundsätze des Beutelsbacher-Konsenses einseitig ausgebildet
wurden. Auch den Eltern der Schülerinnen und Schüler wird ein
Einspruchsrecht genommen. Konnten sie früher - sofern ihre Kinder
ihnen dies mitteilten - gegebenenfalls Einspruch gegen den Besuch
des Militärs in der Schule einlegen und bei der Schule
protestieren, wird den Eltern diese Möglichkeit geraubt, da sie
nicht wissen, ob die Lehrer ihrer Kinder vom Militär ausgebildet
wurden oder nicht.
Der Kooperationsvertrag führt ganz eindeutig dazu, dass auf
Lehrer/innen, die sich weigern, mit der Bundeswehr zu kooperieren
und beispielsweise keine Jugendoffiziere in ihren Unterricht
einladen wollen Druck seitens der übergeordneten Bezirksregierung
aufgebaut und ausgeübt wird. Immerhin ist das Dokument von der
Schulministerin unterzeichnet und somit für jeden Lehrer, jede
Lehrerin bindend.
Das die Bundeswehr ihre Bemühungen, in den Schulen Fuß zu
fassen, in den letzten Jahren ausweitete, zeigt sich nicht nur an
den Kooperationsabkommen, sondern auch an der direkten Suche nach
Kontakt mit den einzelnen Schulen: Schrieb die Bundeswehr schon im
Jahr 2008 bundesweit über 6.000 (Bundestags-Drucksache 16/8355)
Schulen an, um sie zu Militärwerbeveranstaltungen zu bewegen, waren
es 2009 sogar weit über 6.500 (Bundestags-Drucksache 16/12038).
Dabei werden entweder Schulleitungen oder sogar direkt einzelne -
der Bundeswehr meist positiv gesonnene - Lehrer/innen angeschrieben.
Dabei ist zu erwähnen, dass auch viele männliche Lehrer in jungen
Jahren Wehrpflicht abgeleistet haben und der Armee daher nicht
selten positiv gegenüberstehen. Auch die Anzahl der Lehrer die als
Reservisten tätig sind, ist nicht zu unterschätzen - immerhin hat
der Verband der "Reservisten der Deutschen Bundeswehr
e.V." über 125.000 Mitglieder (Stand 2008 - www.reservistenverband.de
- letzter Zugriff am 20. Oktober 2009). Das Hauptaufgabenfeld der
jungen Soldaten ist die Schule. In einem Bericht über die Arbeit
der Jugendoffiziere heißt es: "Die Zusammenarbeit mit Schulen
und Lehrern wird durch die Jugendoffiziere grundsätzlich positiv
bewertet. Langjährige Kontakte und Beziehungen garantieren ein
vertrauensvolles und kooperatives Miteinander." 2008 führten
die 94 hauptamtlichen Jugendoffiziere 6.480 Veranstaltungen mit
175.463 Schülern durch (Schnittker: Jahresbericht der
Jugendoffiziere der Bundeswehr 2008, in: www.bmvg.de
- letzter Zugriff am 1. September 2009, Anlage 2b). Auf ähnlich
hohem Niveau waren die Werte auch in den Vorjahren.
Die Eroberung der Schulen durch die deutsche Armee bleibt aber
nicht unwidersprochen - sowohl praktisch als auch theoretisch. Als
die Bundeswehr beispielsweise im November 2008 im Rahmen eines
"Tags der offenen Tür" zur Berufsfindung einen Messestand
im Herder-Gymnasium in Köln-Buchheim aufbaute, waren auch
Antimilitaristen auf der Veranstaltung zugegen. Sie verteilten
Flugblätter und hatten ein Transparent mit einem Bild von
flaggengeschmückten Särgen und der Aufschrift "Sekundarstufe
3?" dabei, - das Gymnasium endet mit der Sekundarstufe 2.
Eltern sollen für die Protestaktion Verständnis gezeigt haben, die
Schulleitung warf die Demonstranten kurzerhand vom Schulgelände und
rief die Polizei, welche allerdings nicht verstand, wo das Problem
mit den friedlichen Demonstranten sei. Einige Tage zuvor hatten die
Friedensaktivisten bereits die Leiter der Schule in einem Brief dazu
aufgefordert, die Bundeswehr nicht zum Berufsfindungstag zuzulassen.
Das Schreiben der Aktivisten wiesen die Organisatoren allerdings
zurück, die Bundeswehr sei ein ganz normaler Arbeitgeber und auch
die umstrittenen Auslandseinsätze durch das Parlament legitimiert.
Auch Bundeswehrveranstaltungen, zu denen Schulklassen eingeladen
werden, stehen in der Kritik. So besuchten 18 Schüler der achten
Klasse der Grund- und Hauptschule Süsel in der Nähe von Lübeck
Anfang Oktober 2009 das Aufklärungsbataillon 6 in der Eutiner
Rettberg-Kaserne. Der Besuch fand im Rahmen der Festivitäten zur
25-jährigen Partnerschaft der Bundeswehr mit der Gemeinde Süsel
statt. Für einen handfesten Skandal sorgte bei dem Klassenausflug
zum Militär die Vorführung eines 370.000 Euro teuren
Schießsimulators und eine Äußerung des leitenden Soldaten:
"Habt ihr eine Playstation [Videospielkonsole] zuhause? Das
macht bestimmt Spaß oder? Das hier ist aber 1.000 Mal besser!"
zitierte eine Lokalzeitung Oberstabsfeldwebel Jörg Meier (Hüttmann,
Conni: "Viel besser als Schule" - Achtklässler bei der
Bundeswehr, in: Ostholsteiner-Anzeiger, 9. Oktober 2009). Weiter
heißt es in dem Beitrag: "Alle sind begeistert, auch wenn sie
nicht selbst mit dem elektronischen Gewehr schießen dürfen.
Besonders Dennis Juhre zeigt sich tief beeindruckt: ‚Das schockt
richtig! So einen besorg' ich mich!'" Nach der Schießübung
durften die 13- bis 15-Jährigen noch Spähpanzer vom Typ "Fennek"
begutachten und auch selbst in das Panzerfahrzeug einsteigen.
"Das Programm ist sehr gut, ich wundere mich, dass alle immer
noch so interessiert dabei sind, damit habe ich nicht
gerechnet", so der verantwortliche Klassenlehrer. Einige Tage
nach dem Klassenausflug zum Militär hagelte es Kritik von Eltern
und Politikern: "Wir versuchen unsere Kinder von Ballerspielen
fernzuhalten - und dann passiert in der Kaserne so was!",
empörte sich die Mutter eines der Schulkinder gegenüber einer
lokalen Tageszeitung (Modrow, Bastian: Kinder im Schießkino:
Bundeswehr in der Kritik, in: Lübecker Nachrichten, www.ln-online.de
- letzter Zugriff am 19. Oktober 2009).
Mitte Mai 2009 wurde vom Kölner-Friedensforum der Aufruf
"Schule ohne Bundeswehr" veröffentlicht. Er wendet sich
gegen die immer aufwendigere Werbeoffensive der Bundeswehr
insbesondere an Schulen und kritisiert die
Kooperationsvereinbarungen mit den Schulministerien der Länder:
"[…] Terrorismus und dessen Bekämpfung sind durchaus
wichtige Unterrichtsthemen. Dabei müssen allerdings wirtschaftliche
und politische Ursachen ebenso beleuchtet werden wie die
verheerenden Auswirkungen sowohl des Terrorismus als auch dessen
militärischer Bekämpfung für die Zivilbevölkerung, aber auch
für die Soldaten. Untersucht werden muss, ob militärische
Einsätze überhaupt geeignet sind, Terrorismus sowie die ihm u.a.
zugrundeliegenden globalen Verteilungs- und Armutsprobleme zu
lösen. Ihnen müssen Lösungsansätze einer zivilen Friedenspolitik
entgegengesetzt werden. Einsichten können die Schüler nur dann
gewinnen, wenn die Interessenslage aller an den Konflikten
Beteiligten offen gelegt wird. […] Die potentiellen Soldatinnen
und Soldaten, die sich einer zunehmend unsicheren sozialen Zukunft
ausgesetzt sehen, werden mit Werbeversprechungen von guter
Ausbildung, guter Bezahlung bei sicherem ‚Arbeitsplatz' umworben.
Es geht dabei aber buchstäblich um Leben und Tod. Sie müssen
bereit sein, auf Befehl Menschen zu töten, das ist ihr Beruf. Das
Berufsrisiko ist, getötet zu werden. Lehrerinnen und Lehrer sind
aufgefordert, ihrer Verantwortung für die ihnen anvertrauten Kinder
und Jugendlichen gerecht zu werden, indem sie sie zu Menschen
erziehen, die verantwortungsvolle und wohl informierte
Entscheidungen für ihre eigene Zukunft treffen können und nicht
einer Werbekampagne zum Opfer fallen, die sie in ein tödliches
Abenteuer leiten kann. Deshalb wehren wir uns gegen die
zweckgeleitete Beeinflussung von Jugendlichen durch die Bundeswehr.
Das Militär hat an Schulen, Arbeitsämtern, Bildungsmessen nichts
zu suchen. Es darf keine Werbeanstrengungen, offen oder verdeckt, an
den Schulen geben, keine Unterrichtseinheiten, die Schüler auf
angebliche Sachzwänge orientieren statt eine gründliche
Problemanalyse zu erarbeiten, keine Freizeiten, die mit
Abenteuergeist und Technikfaszination ein geschöntes Bild vom Leben
als Soldat vorspiegeln" (Der vollständige Aufruf kann auf der
Seite des Kölner-Friedensforums nachgelesen und unterstützt
werden: www.friedensforum-koeln.de
- letzter Zugriff am 20. Oktober 2009). Erstunterzeichner sind vor
allem Lehrer und Lehrerinnen aus Köln und der unmittelbaren
Umgebung, Wissenschaftler wie der bekannte Sozialforscher Christoph
Butterwege und bekannte Schriftsteller, darunter Günter Wallraff
und Roger Willemsen. Eine Reaktion seitens Bundeswehr oder Politik
blieb bisher aus - dafür scheint der Aufruf noch zu wenig Nachdruck
zu haben. Arbeiten wir daran!
Gedanken zum Schluss:
Dauernd werden wir aufgefordert, zu trauern um deutsche Opfer und
nicht den Soldaten der Bundeswehr, die in Afghanistan für die
"Verteidigung Deutschlands am Hindukusch" kämpfen, in den
Rücken zu fallen. Keiner spricht mehr von Oberst Georg Kleins
Opfern (der Mörder Klein läuft frei herum), und nicht mal von den
sechs verbündeten afghanischen Soldaten, die von den verbündeten
Deutschen am selben Tag "versehentlich" umgebracht wurden,
an dem drei Deutsche starben. Eine widerliche Heuchelei, die Sache
mit "unseren Soldaten". Die drei Deutschen könnten leben,
wenn sie sich für das Leben und gegen den Krieg entschieden
hätten. Wer ihre Kameraden aus Afghanistan wegholen will, fällt
ihnen doch nicht in den Rücken! Ich hoffe, Frau Kässmann und
andere Christen fassen Mut und bleiben bei ihrer Meinung: In
Afghanistan ist nichts gut. Den Soldaten, die alle freiwillig dort
sind, kann ich nur empfehlen: Verweigert den Dienst, wehrt Euch
gegen das böse Argument, es bedürfe nur weiterer Waffen, dann
klappt es schon. Durchhalteparolen und Hoffen auf die Wunderwaffen,
wie gehabt!, und nehmt Bert Brecht als Taschenkarte und nicht die
mörderische Taschenkarte von Minister Jung. Brecht schrieb 1938:
Wenn es zum Marschieren kommt, wissen viele nicht
Dass ihr Feind an ihrer Spitze marschiert.
Die Stimme, die sie kommandiert
Ist die Stimme ihres Feindes.
Der da vom Feind spricht
Ist selber der Feind
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