02.12.2010
Einrichtung von Beratungsstellen für Opfer rechter
Gewalt gefordert
Doch die Landesregierung
lehnt diese ab
Obwohl sogar Landesregierungen mit CDU-Beteiligung die
Notwendigkeit erkannt haben, eigene Beratungsstellen für Opfer
rassistischer und neofaschistischer Gewalt einzurichten, erachtet
die SPD-Grüne Landesregierung dies als „nicht notwendig“.
Die ‚rot-grüne‘ Landesregierung setzt damit die
Politik ihrer Vorgängerregierung fort und verharmlost die in Teilen
NRWs – beispielsweise in den Hochburgen der so genannten ‚Autonomen
Nationalisten‘ in Aachen und Dortmund – vorhandene alltägliche
rechte Gewalt massiv. Am 24. November erhob das Bündnis Dortmund
gegen Rechts die Forderung nach einer Opferberatungsstelle – wie
es sie vielerorts mit staatlicher Unterstützung gibt.
Bericht der Westfälischen Rundschau
vom 26.11.2010
Bündnis plädiert für einen
entsprechenden Anlaufpunkt - Berlin und Sachsen-Anhalt als Vorbild
Stelle für Opfer rechter Gewalt
Nadja Bobrova
In NRW kommt es alle drei Tage zu einer rechtsmotivierten
Gewalttat. Das bedeutet in Einzelfällen mittelschwere bis schwere
Körperverletzung, versuchte Totschläge oder gar Tötungsdelikte.
Aggressives Vorgehen gegen Ausländer und politisch Linksorientierte
scheint sich immer mehr in unseren Alltag einzuschleichen.
Dagegen will man in Dortmund jetzt aktiv vorgehen. Das Bündnis
Dortmund gegen Rechts fordert eine Opferberatungsstelle, die
Betroffenen nicht nur seelsorgerische Betreuung bieten soll, sondern
unter anderem ein breites Netzwerk an Fachleuten.
Angst ist ein Problem
Darunter sollen zum Beispiel Ärzte und Anwälte fallen, die auch
persönlich bereit sind, sich mit ihrer Arbeit gegen
Rechtsextremismus zu engagieren. Exemplarisch stehen die
Beratungsstellen für Opfer Rechter Gewalt in Berlin und
Sachsen-Anhalt. Nach deren Muster will man Betroffenen die
Möglichkeit bieten, sich gegen rechtsextreme Gewalt wehren zu
können.
Das Problem liege oft darin, dass die Opfer eine viel zu große
Angst haben, Anzeige zu erstatten, erklärt Referentin Heike
Kleffner aus Sachsen-Anhalt. Nicht selten kommen die Täter durch
ihre Verteidiger an die Personalien, der Opfer, sobald die Akten
angefordert werden. Dies lässt weitere Angriffe befürchten und
dient meistens als Grund, über die Sache zu schweigen. Die
Beratungsstelle klärt in solchen Fällen auf und berät über die
Alternativen.
Bis jetzt ist unklar, ob in Dortmund eine solche Einrichtung
entstehen kann. Vor einigen Tagen stellte das Bündnis Dortmund
gegen Rechts eine entsprechende Anfrage an die Landesregierung, die
vorerst abgelehnt wurde. Bis zum 30. November hat die Stadt Dortmund
jedoch die Möglichkeit, einen lokalen Aktionsplan aufzustellen. Die
Beschlussvorlage für den Stadtrat soll unter anderem die Forderung
nach einer Opferberatungsstelle enthalten.
Bericht des Neuen Deutschland vom
25.11.2010
Kein Cent für Opferberatungsstellen
NRW-Landesregierung sieht keine
Notwendigkeit für spezifische Beratung für Opfer rechter Gewalt
Von Markus Bernhardt
In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Beratungsstellen für Opfer
rassistischer und rechter Gewalt. Das sorgt für Kritik.
Nicht nur in Aachen und Dortmund kommt es seit Monaten verstärkt
zu Übergriffen von Neofaschisten auf Nazigegner, alternative
Treffpunkte und Parteibüros. Obwohl beispielsweise in
Dortmund-Dorstfeld ganze Familien den Stadtteil aufgrund von
kontinuierlicher Bedrohung durch "Autonome Nationalisten"
verließen, sieht die nordrhein-westfälische Landesregierung keine
Notwendigkeit, Beratungsstellen für Opfer rechter und rassistischer
Gewalt finanziell zu fördern.
Dies geht aus einer Antwort der rot-grünen Landesregierung auf
eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Anna Conrads (LINKE)
zum Thema Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt hervor. In NRW
existieren im Vergleich mit anderen Bundesländern nicht annähernd
so gut ausgebaute und geförderte Beratungsstellen. Die Antwort des
nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger (SPD) ist jedoch
ernüchternd. Er sieht Opferschutz und Opferhilfe offenbar
bestenfalls bei der Polizei in guten Händen, die "auf
regionaler Ebene Netzwerke mit Hilfeeinrichtungen" wie Kirchen
oder dem "Weißen Ring" initiieren könne.
Eigene Beratungsstellen für Opfer rassistischer und
neofaschistischer Gewalt einzurichten, erachtet die Rot-Grün[e
Lanregierung] als "nicht notwendig". Beispielsweise der
Brandenburger Verein "Opferperspektive" wurde dagegen
bereits seit 2000 staatlich gefördert. Die Landesregierungen mit
CDU-Beteiligung [...] haben die Notwendigkeit erkannt,
Beratungseinrichtungen einzurichten, die sich explizit an Opfer
rechter Gewalt richten, um diese fachgerecht zu betreuen.
Während führende Sozialdemokraten sich im Kampf gegen Rechts
engagieren und auf Bundesebene auch die finanzielle Unterstützung
der Einrichtungen unterstützen, stellt die rot-grüne
Minderheitsregierung keinerlei "besonders ausgewiesenen"
Finanzmittel zur Verfügung. Ganz der vorherrschenden
Totalitarismusdoktrin verpflichtet, erklärt der Innenminister
vielmehr, dass die "Bekämpfung des Rechts- und
Linksextremismus und Islamismus" ein "wichtiger
Bestandteil der Aufgabenstellung für den Verfassungsschutz und die
Polizei" und entsprechend mit Personal- und Sachmitteln
ausgestellt sei.
Die Beantwortung ihrer Anfrage löst bei Anna Conrads Empörung
aus. Die rot-grüne Landesregierung setze damit die unerträgliche
Politik ihrer Vorgängerregierung fort und verharmlose die in Teilen
NRWs - beispielsweise in den Hochburgen der so genannten Autonomen
Nationalisten in Aachen und Dortmund - vorhandene alltägliche
rechte Gewalt massiv, so ihr Vorwurf. Tatsächlich hatten sich in
der Vergangenheit Opfer des neofaschistischen Terrors aus Dortmund
an Opferberatungsstellen in Thüringen und Sachsen-Anhalt gewandt.
"Ich werde in Kürze eine Große Anfrage zum Thema
Neofaschismus an die Landesregierung einreichen, da
Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren den ersten Platz der
absoluten Zahlen bei rechter Gewalt einnimmt", kündigte die
Abgeordnete am Mittwoch gegenüber ND an.
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