15.11.2010
Keine Mahntafel wegen Ernst Achenbach in Essen?
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -
Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Essen bedauert sehr, dass der
Ausschuss für Anregungen und Beschwerden des Rates der Stadt Essen
auf seiner Sitzung am 09. November (es war der Jahrestages der
Reichspogromnacht) es erneut abgelehnt hat, sich mit dem Antrag der
VVN-BdA NRW zu befassen. In dem Antrag wird gefordert, eine
Mahntafel an der Geschäftsstelle der FDP in der Seidlstraße
anzubringen, um damit auf die verhängnisvolle Rolle von Dr. Ernst
Achenbach während der Zeit des deutschen Faschismus hinzuweisen.
Bereits ein erster Antrag wurde von dem Ausschuss als nicht
verhandelbar abgelehnt, nachdem der Sohn, Rechtsanwalt Hanno E.J.
Achenbach, dem zuständigen Ausschuss Unterlagen zukommen lies, die
Dr. Ernst Achenbach entlasten sollten. Ohne sich ernsthaft mit dem
Anliegen der VVN-BdA zu beschäftigen, wollte der Ausschuss sich
sogar bei der Familie Achenbach entschuldigen.
Befremdet ist die VVN-BdA Essen nun besonders darüber, dass der
zweite Antrag ebenso abgelehnt wurde mit der Begründung, es gäbe
keine neuen Erkenntnisse. Damit haben die verantwortlichen
Ratsfrauen und -herren völlig ignoriert, dass in der Zwischenzeit
eine aufsehenerregende Studie über die Rolle des Auswärtigen Amtes
in der Zeit des Faschismus veröffentlicht wurde. Es handelt sich um
ein erdrückendes Zeugnis über die aktive Beteiligung seiner
Diplomaten an den Deportationen der Juden in den besetzten Ländern.
In der von Ex-Außenminister Joschka Fischer angeregten Studie,
in dem Buch "Das Amt und die Vergangenheit"
veröffentlicht, wird auch Dr. Ernst Achenbach als Täter schwer
belastet (zitiert aus der Frankfurter Rundschau vom 28.10.2010):
"1909 wurde Ernst Achenbach in Siegen geboren. Nach dem
Jura-Examen Geschäftsführer der Stiftung Adolf-Hitler Spende. 1937
NSDAP-Mitglied und Einstieg ins Auswärtige Amt in Paris,
mitverantwortlich für Judendeportationen. Nach dem Krieg Eintritt
in die FDP. Zuständig für die Besorgung von Spenden der Deutschen
Industrie. Von 1957 bis 1976 FDP-Bundestagsabgeordneter. Von 1964 -
1977 auch Europarlamentarier. Er verhinderte immer wieder
erfolgreich die Verfolgung von NS-Verbrechen. 1991 starb er in
Essen."
Der VVN-BdA ist es unerklärlich, dass der Rat der Stadt Essen
diese Studie ignoriert, es weiterhin ablehnt, sich auf Grundlage
dieser für die Öffentlichkeit neuen Erkenntnisse mit den
schwerwiegenden Vorwürfen gegen Dr. Ernst Achenbach zu
beschäftigen.
In dem Antrag der Organisation der Verfolgten des Naziregimes
heißt es: "Die Tafel soll auf die verhängnisvolle Rolle von
Wirtschaftskreisen in der NS-Zeit hinweisen. Sie soll der Mahnung
dienen, solche Verbrechen nie wieder zuzulassen."
Paul Schnittker
Alice Czyborra
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