18.10.2010
Kein Werben fürs Töten und Sterben
Bundeswehr an den Schulen und
im öffentlichen Raum
Gemeinsam mit Friedensinitiativen, Jugendgruppen und
Organisationen protestierte die VVN-BdA in Bonn unter dem Motto
"Kein Werben fürs Töten und Sterben" mit einem
Dauerinfostand gegen das Auftreten der Bundeswehr mit ihren so
genannten "Karriere-Treffs" an Schulen und im
öffentlichen Raum.
mib, VVN-BdA Köln
Bei einer zweistündigen Auftaktkundgebung, moderiert von Mani
Stenner von der Friedenskooperative und einer Vertreterin der Bonner
Jugendbewegung, wurde noch einmal darauf hingewiesen, wie die
Bundeswehr mit irreführender Werbung in Form einer "bunten
Erlebniswelt" versucht, junge Menschen zu einer Ausbildung für
den "Kriegseinsatz" zu überzeugen, ohne das Resultat von
Kampfeinsätzen in Form von Zerstörung, Verstümmelung, Leid und
Tod zu erwähnen. Wie den folgenden Redebeiträgen zu entnehmen war,
gibt es viele Gründe die hinter einer solchen Vorgehensweise der
Bundeswehr stecken. Gerade in einer Friedens- und UN-Stadt, als die
sich Bonn gerne bezeichnet, muss solchen Methoden entschiedener
Widerstand entgegengesetzt werden.
Markus Groß von der Kölner Initiative "Bundeswehr
wegtreten!" wies noch einmal auf den Jahrestag des Massakers in
Kundus hin, bei dem bis zu 142 Menschen starben und das dem damals
verantwortlichen Befehlshaber Oberst Klein bis heute keine
rechtlichen Konsequenzen drohen. Hauptleidtragend sei die
afghanische Zivilbevölkerung, aber auch zunehmend deutsche Soldaten
werden Opfer der Kriegshandlungen. Daher könne die massive Werbung
der Bundeswehr an Schulen und im öffentlichen Raum nur das Ziel
verfolgen Menschen für das Schlachten zu gewinnen. Diese
Anwerbemethoden wurden erst durch den 2008 von der schwarz/gelben
Regierung geschlossenen Kooperationsvertrag zwischen dem Ministerium
für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und dem
Wehrbereichskommando der Bundeswehr möglich. Daher fordert
"Bundeswehr wegtreten" den Kooperationsvertrag umgehend
aufzukündigen.
Paul Schäfer, MdB Die Linke und Mitglied im
Verteidigungsausschuss kritisierte in seiner Rede die Beteiligung
der Bundeswehr an Militäreinsätzen wie in Afghanistan. Je mehr
Soldaten nach Afghanistan geschickt werden, desto mehr Gewalt wird
damit produziert. Die Truppen abziehen sei der einzige Weg dem zu
entgehen. Doch stattdessen soll durch Personaleinsparungen die
Bundeswehr schlagkräftiger und effizienter gemacht werden, um auch
in Zukunft die deutschen Interessen im Ausland zu vertreten. Das es
hierbei aber hauptsächlich um die Sicherung der Zugänge zu den
Ölvorkommen und den damit verbundenen wirtschaftlichen Interessen
geht, wird von der Bundeswehr natürlich nicht erwähnt.
Dass die Stadt Bonn gerade jetzt den Beschluss gefasst hat, einem
350 Mio. Euro teuren Einsatzgruppenversorger Namenspate zu stehen
kritisierte Hannelore Tölke, Stadtverordnete Die Linke, in Ihrem
Redebeitrag. So mische sich militärische Außenpolitik auch in die
Kommunalpolitik. Für diese 350 Mio. Euro hätten Kindergärten,
Schulen und Studentenwohnheime gebaut bzw. renoviert werden können.
Stattdessen wird mit humanitären Aufträgen der Einsatz des
Einsatzgruppenversorgers begründet. Das dieser allerdings in einem
Flottenverbund für die Versorgung der Kriegsflotten zuständig ist,
bleibt unerwähnt. Derzeit finden, außer in Afghanistan, weitere
NATO Militär Einsätze im Mittleren Osten und am Rand von Afrika
statt. Diese Gelder sollten besser für ein Greenpeace Schiff oder
für die Unterstützung von Flüchtlingsschiffen eingesetzt werden,
so Hannelore Tölke. Eine Friedens- und UN Stadt wie Bonn kann nicht
Pate stehen für ein Kriegsschiff.
Auch die Bonner Pax Christi Gruppe mit Ihrem Redner Martin Singe
wies darauf hin wie wichtig es sei, Alternativen in der
Friedensbewegung aufzuzeigen. Die Bundeswehr dürfe nicht für den
Schutz deutscher Wirtschaftsinteressen mit Waffengewalt eingesetzt
werden. Es gelte Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen,
politische Alternativen müssten ausgearbeitet werden. Nur durch den
Abzug des Militärs könne ein Friede von Innen in Afghanistan
entstehen. Zusammen mit der 3. Welt und den Ökologiebewegungen
müssten Lösungsansätze erarbeitet werden.
Die militärische Sicherstellung der Handels- und Rohstoffrouten
wurden auch von der Bonner Jugendbewegung scharf kritisiert. In
ihrem Beitrag verwies sie auf den 2006 gefassten Beschluss zwischen
CDU und SPD im so genannten "Weißbuch der Bundeswehr" die
Aufrechterhaltung der "Rohstoff- und Warenströme" zu
sichern und auch "in geographisch weit entfernte Regionen
[...]bewaffnete Einsätze" zu führen. Die Bundeswehr nutze
gezielt die Zukunftsängste vieler Jugendlicher aus. Viele hätten
nach ihrem Abschluss keinen Ausbildungsplatz oder nicht genug Geld
für ein Studium. Die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland steige
stetig an. Das Versprechen einer guten Ausbildung und
Aufstiegschancen auf der "Karriereleiter" der Bundeswehr
knüpfe genau an diese Ängste junger Menschen an. Daher fordert die
Bonner Jugendbewegung "Bundeswehr raus aus Afghanistan und raus
aus Schulen, Jobcentern, Arbeitsämtern und Berufsmessen.
Musikalisch wurde die Kundgebung durch den lautstarken Einsatz
einer "Samba-Truppe" und von der Kölner Liedermacherin
"Blue Flower", die mit themenbezogenen Liedern zum
Nachdenken anregte unterstützt.
Im Laufe des Tages konnte das Bündnis immer wieder mit kreativen
Einzelaktionen wie z.B. mit Großpuppen und Riesentransparenten zum
"wegschirmen" der Trucks auf sich aufmerksam machen und
damit viele Passanten zu einer kritischen Betrachtung der Situation
bewegen. Ein allzu großer Zustrom von Interessenten am
Bundeswehr-Truck konnte so verhindert werden. Einzig die von den
Schulen und Berufsschulen in Bussen "rangekarrten" Klassen
blieb die Indoktrinierung der Bundeswehr nicht erspart.
Regen Zuspruch bekam das Bündnis von vielen Passanten, die sich
an dem Infostand mit Informationsmaterial versorgten und die
Protestaktionen mit Beifall belohnten.
Abschließend sei noch bemerkt, das dass Werben der Bundeswehr
unter Jugendlichen und das Rekrutieren unter 17 Jahren gegen die
UN-Kinderrechtskonvention verstößt und somit eigentlich illegal
ist.
Der Text wurde am 14.9.2010 veröffentlicht auf der Website der
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V., Kreisvereinigung Köln.
Die Offensiv-Werbung im öffentlichen Raum wird mit der
Aussetzung der Wehrpflicht sicher noch zunehmen. Die Planungen für
das nächste Jahr sind wohl bald auf der BW-Website zu finden:
http://mil.bundeswehr-karriere.de/portal/a/milkarriere/veranstaltungen/karrieretreff
Als Beispiel für ein Flugblatt zu diesen Anlässen siehe das aus
Bonn vom 13. September 2010:
www.friedenskooperative.de/gifs/flugblatt_friedensplatz.pdf
Bei der Friedenskooperative gibt es auf Anforderung (print on
demand) auch eine Sammlung zu antimilitaristischen Aktionen.
Ferner informiert u.a.: www.bundeswehr-wegtreten.org
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