05.10.2010
2. Regionalkonferenz "Aktiv gegen Rechts"
in Alsdorf erfolgreich durchgeführt
Am Samstag trafen ungefähr 100 Aktivisten aus den
verschiedenen Initiativen gegen Rechts in der Region Aachen
zusammen, um einen ganzen Tag über Strategien gegen
Nazi-Aufmärsche und die weitere Vernetzung ihrer Arbeit zu
diskutieren. Zur Beginn der Konferenz begrüßte der Bürgermeister
von Alsdorf Alfred Sonders die Gäste in der Gustav Heinemann
Gesamtschule. Auch die stellvertretenden Bürgermeisterinnen aus
Stolberg und Aachen sprachen Grußworte. Sie bestätigten das Bild
der Demonstrationen der vergangenen Monate. Parlamentarische Politik
und außerparlamentarische Initiativen hatten Hand in Hand gegen
Nazi-Aufmärsche protestiert. Für die Organisatoren bedankte sich
Kurt Heiler von der VVN-Bund der Antifaschisten für die herzliche
Aufnahme der Konferenz in Alsdorf.
Zu Beginn der Konferenz hörten die Teilnehmer ein Referat von
Professor Wolfgang Dreßen, der über den gesellschaftlichen
Nährboden von Rassismus sprach. In der Mittagspause gab es
Gelegenheit zur Information an den zahlreichen Infoständen. Hier
präsentierten Bürgerinitiativen über die lokale Aufarbeitung der
Geschichte des NS- Regimes. Eine Vernetzung dieser Arbeit war auch
Inhalt eines gut besuchten Arbeitskreises unter Leitung der
Volkshochschule Aachen. In anderen Arbeitskreises wurde über die
Inhalte und das Auftreten neofaschistischer Gruppen informiert. In
einer weiteren Arbeitsgruppe wurden Strategien diskutiert, den
jährlichen Aufmarsch von Neonazis Anfang April in Stolberg zu
verhindern. Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass viele Formen
des Widerstands sich ergänzen und keineswegs gegeneinander
ausgespielt werden dürfen. Es ist eine Stärke des Antifaschismus,
die Unterschiede in den Auffassungen zu akzeptieren und dabei das
Gemeinsame in den Mittelpunkt zu stellen. Und das Gemeinsame in
dieser Frage ist: Es muss endlich Schluss sein mit den jährlichen
Zumutungen der Stolberger durch Naziaufmärsche.
Die Teilnehmer verabschiedeten eine Erklärung, in der sie als
Ziel der Konferenz im kommenden Jahr festlegten, den Nazis nicht nur
hinterherzulaufen , sondern eigene gesellschaftspolitische
Perspektiven zu entwickeln. So soll z.B. geklärt werden, was es
heute heißt zu fordern: "Wir wollen mehr Demokratie
wagen". Das Motto der Konferenz soll deshalb lauten:
"Antifaschismus ist mehr als eine Gegenbewegung".
Mit freundlichen Grüßen
Frank Thyssen, Pressesprecher der
Konferenz
Kurt Heiler, VVN-BdA für die Konferenzleitung
Schlusserklärung der 2.
Regionalkonferenz "Aktiv gegen Rechts"
Heute haben sich erneut über hundert Aktivisten und
Unterstützer der Basisbewegung "Aktiv gegen Rechts" in
der Region Aachen zu einer ganztägigen Konferenz getroffen.
Die vergangenen Wochen in der Region waren geprägt von den
Blockaden und Demonstrationen gegen eine anti-muslimische NPD
Kampagne, die sich gegen den bevorstehenden Bau einer neuen Moschee
in Aachen richtet. Die NPD nutzte die Aufmerksamkeit, die das Thema
durch die Buchveröffentlichung des Ex-Bundesbankvorstandsmitglieds
Thilo Sarrazin erhält.
In Zeiten, in denen Milliarden Steuergelder in von Managern und
Aktienbesitzern geplünderte Banken gesteckt werden und die
Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von den Ärmsten in die
Taschen von eh schon Reichen einen weiteren Höhepunkt erreicht,
soll die Debatte um Muslime und ihre Gebetsstätten ablenken -
ablenken von der Notwendigkeit, eine Wirtschaftsordnung zu
gestalten, die den Bedürfnissen der Mehrheit der hier lebenden
Menschen entspricht.
Auf der ersten Konferenz vor einem Jahr hatten wir davor gewarnt,
dass der Neofaschismus in der Region eine kriminelle Qualität
erreicht hat. Mittlerweile sind unsere Warnungen eine
offensichtliche Realität geworden: Antisemitische Schmierereien am
jüdischen Friedhof in Aachen ("Juden ins Gas"),
systematische tätliche Angriffe der Neonazis in der ganzen Region,
überall rassistische und volksverhetzende Aufkleber und
Schmierereien, Morddrohungen und Attentate auf Privatwohnungen.
Leider haben die zuständigen Stellen die Ereignisse oft
unzureichend behandelt. Die Justiz hält es für ihre vornehmste
Pflicht, den Neonazis für ihre Hetze immer aufs Neue ein
Demonstrationsrecht zu gewähren. Die Aufarbeitung der kriminellen
Delikte der Neonazis lässt oft jahrelang auf sich warten. Die
Polizei konnte erst nach Hinzuziehung von BKA und LKA Erfolge gegen
wenigstens zwei Neonazis vorweisen, denen die Vorbereitung des
Einsatzes von Sprengmitteln vorgeworfen wird. Die Staatsanwaltschaft
hielt die Morddrohungen gegen einen Aussteiger aus der Naziszene
sowie andere aktive AntifaschistInnen für "Teil der freien
Meinungsäußerung". Diese Signale haben die Neonazis so
verstanden, dass sie in der Region tun und lassen können, was sie
wollen, ohne dass sie Konsequenzen zu fürchten hätten.
Wir haben uns heute beschäftigt mit den Grundlagen des Rassismus
und mussten feststellen, dass der Rassismus im Gegensatz zu den
Neonazis keine Randerscheinung ist, sondern sich immer wieder neu
aus der Mitte der Gesellschaft entwickelt. Wir haben in
Arbeitskreisen Kenntnisse erworben über das Auftreten der Neonazis,
über die Demagogie der Neonazis, wenn sie gegen die Globalisierung
ein "das eigene Volk zuerst" setzen.
Wir haben uns sehr intensiv beschäftigt mit dem drohenden
Aufmarsch der Neonazis Anfang April 2011 in Stolberg. Wir waren uns
einig darin, dass die alljährlichen Aufmärsche eine Geißel für
die Stadt Stolberg und die gesamte Region darstellen. Auf
unterschiedlichen Wegen und mit unterschiedlichen Mitteln wollen wir
gemeinsam den Neonazis die Lust an diesen Aufmärschen nehmen und
uns ihnen entgegenstellen.
Die Konferenz diente auch dem Austausch zwischen den Menschen,
die in ihren Gemeinden und Städten über die Verbrechen der Nazis
1933-1945 aufklären und vor allem Schülerinnen und Schüler
motivieren, sich der Verantwortung zu stellen, um eine Gesellschaft
zu bauen, in der Rassismus, Faschismus und Krieg keinen Platz haben.
Die Vernetzung lokaler Geschichtsarbeit ist heute einen Schritt
voran gekommen.
Die Notwendigkeit der weiteren Vernetzung unserer Arbeit ist
offensichtlich. Wir können und wollen nicht "nur" den
Neonazis hinterherlaufen, sondern einen eigenen Beitrag für eine
solidarische und nicht rassistische Gesellschaft entwickeln.
Eine Frage auf der Konferenz des nächsten Jahres soll deshalb
sein: Wie kann eine Gesellschaft aussehen, die den Schwur von
Buchenwald zur Grundlage hat: Die Vernichtung des Nazismus mit
seinen Wurzeln und der Aufbau einer Welt der Freiheit und des
Friedens.
Wir schlagen deshalb vor, die nächste Konferenz unter das Motto
zu stellen:
"Antifaschismus ist mehr als eine Gegenbewegung"
Alsdorf, 2.10. 2010
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