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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

25.08.2010

Presseschau zur Pressekonferenz des Bündnis "Dortmund stellt sich quer" zum Nazi-Aufmarsch am 04. September in Dortmund

Am Samstag, den 21. August 2010, fand eine öffentliche Pressekundgebung des Bündnis "Dortmund stellt sich quer" in Dortmund-Dorstfeld statt. Wir dokumentieren hier die Presseartikel zur Pressekonferenz. Ulrich Sander, Landessprecher der VVN-BdA stellt dabei auch im zugerechnete falsch wiedergegebene Zitate richtig.

derwesten.de vom 22.08.2010

Dortmund stellt sich quer:

„Das Viertel gehört nicht den Nazis“

Andreas Winkelsträter 

Dortmund. „Lasst uns den Naziaufmarsch am 4. September verhindern. Die Zeit der Symbolik ist vorbei.“ Klare Worte fand Bärbel Beuermann, Vorsitzende der Fraktion „Die Linke“ im Landtag von NRW, am Samstag auf dem Wilhelmplatz in Dorstfeld. Dort hatten Politiker der Linkspartei und Aktivisten verschiedener Bündnisse vor den Wohnungen von Neonazis deutlich gemacht: „Den Nazis gehört weder dieser Stadtteil, noch diese Stadt.“

Ein Großaufgebot der Polizei stand bereit, doch ließen sich die Neonazis, die einen ihrer Schwerpunkte in Dorstfeld haben, nicht sehen. Nur ein, zwei Rechte filmten aus ihren Wohnungen die Aktion.

„Es ist nicht mehr auszuhalten, wie sich die Rechten hier breit gemacht haben“, ist ein Anwohner empört und hilflos zugleich. Er wollte aus Angst seinen Namen nicht nennen. Denn er kenne die subtile Gewalt, mit denen die Autonomen Nationalisten das Viertel terrorisieren. Sie gehen in den Geschäfte ein und aus, sitzen in der Dönerbude um die Ecke. „Und es ist längst nicht mehr nur subtile Gewalt, sondern auch bewusst ausgeübte Gewalt“, sagte Beuermann.

Markus Bernhard (für den Veranstalter der Aktion, das Bündnis „Dortmund stellt sich quer“) erneuerte noch einmal die Kritik an Stadt und Polizei. Auch OB Ullrich Sierau ließe nur Sonntagsreden los. Er rief ihn auf, an der Blockade gegen die Neonazis teilzunehmen, so wie es seine Kollegen in Köln oder Dresden getan hätten.

Dortmund habe den schlechtesten Ruf, den man haben könne, da sich Nazis hier festgesetzt haben, so Wolfgang Richter vom Bündnis Dortmund gegen Rechts. Dabei habe man in der Vergangenheit dafür gekämpft, dass sich Nazis in der Stadt nicht breit machen. Doch diese Tradition sei durch das Wegschauen Vieler ersetzt worden.

Ulrich Sander, Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten, erklärte, dass er Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Dortmunds Polizeipräsidenten beim Innenministerium eingelegt habe, da er das Gelände vor der Steinwache „nazistischen Kräften für eine Kundgebung zur Verfügung gestellt hat“. Sander kündigte an, eine Mahnwache vom 3. auf den 4. September vor der Steinwache durch Hinterbliebene der von den Nazis ermordeten Dortmundern zu beantragen.

Ruhr Nachrichten vom 21.08.2010

Antikriegstag: 

Der Polizeipräsident soll die Seite wechseln

DORTMUND 10 Jahre nach den ersten Großdemonstrationen von Rechtsextremisten und antifaschistischen Organisationen in Dortmund zieht die politische Linke altbekannte Vorwürfe aus dem Archiv: Der Polizeipräsident soll die Seite wechseln. Von den Nazis zur Antifa.

Von Peter Bandermann

Das forderte Ulrich Sander von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) am Samstag (21.8.) auf einer Mini-Demonstration in Dorstfeld, wo mehrere Mitglieder der Dortmunder Neonaziszene wohnen.

Der VVN, das "Bündnis Dortmund stellt sich quer" und "Die Linke"-Landtagsfraktion warfen Polizeipräsident Hans Schulze wiederholt vor, neofaschistischen Organisationen den Weg zu ebnen und die Antifa zu blockieren.

"Die Polizei muss die Seite wechseln. Weg vom Nationalsozialismus, hin zur Antifa", so Ulrich Sander vom VVN-Kreisverband Dortmund. Schulzes Position soll nun der neue Innenminister Ralf Jäger prüfen - der VVN hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.

Nazi-Demonstration vor früherem Gestapo-Gefängnis

Hintergrund ist u. a. die Absage des Tags der offenen Tür der Auslandsgesellschaft an der Steinstraße am 4. September. Wie an mehreren anderen Orten in der Nordstadt findet dort, direkt neben dem früheren Gestapo-Gefängnis (Steinwache), eine Nazi-Demonstration statt.

Die frühere Steinwache, in der die Gestapo die Gegner des Nazi-Regimes im Dritten Reich gefoltert hat, sei eine symbolhafte Stätte im Kampf gegen Krieg und Faschismus und für Toleranz und Völkerverständigung. Der Vorplatz dürfe Nazis nicht überlassen werden.

Markus Bernhardt vom "Bündnis Dortmund stellt sich quer" kritisierte ein vom Polizeipräsidenten verhängtes Verbot, das der Antifa einen Aufzug in der Nähe der Demonstrationsroute der Neonazis untersage.

Polizei-Verbote beeindrucken Antifa nicht

Bei aller Kritik gegen die Polizeiführung: Verbote dieser Art beeindrucken die Antifa-Szene kaum. Bernhardt forderte der restriktiven Haltung der Polizei zum Trotz zu einer "Massenblockade" der Nazi-Demo am 4. September in der Nordstadt auf.

Vorbilder dafür sind laut dem Quersteller-Bündnis die Antifa-Aktionen in Dresden, Jena, Leipzig und Köln, wo eine Blockade-Taktik der Gegendemonstranten die Nazi-Aufmärsche verhindert hatte. Das zu verhindern ist Aufgabe der Polizei, die das Demonstrationsrecht durchsetzen muss.

Die Gegner auf der Straße sind für die Antifa in solchen Fällen dann nicht mehr die Neonazis. Die Gegner tragen dann keine Springerstiefel oder Bomberjacken, sondern Einsatzanzüge mit Schild und Helm. Die Gegner sind bei der Polizei.

Polizei: Blockaden sind eine Straftat

Ein Polizeisprecher stellte mit Blick auf drohende Auseinandersetzungen am 4. September klar, dass Demonstrationsblockaden eine Straftat darstellen können.

Die Antifa hofft auf prominente Teilnehmer bei solch einer Blockade. Wolfgang Richter forderte Oberbürgermeister Ullrich Sierau auf, sich wie dessen Parteifreund Wolfgang Thierse in seiner Rolle als Bundestagsvizepräsident in Berlin bei einer Dortmunder Blockade auf den Hosenboden zu setzen, um die Nazis zu stoppen.

40 Veranstaltungen

Am 4. September sind in Dortmund mehrere tausend Polizisten im Einsatz. Von Demonstrationen mit 1000 Teilnehmern bis zu einer antifaschistischen Fahrradtour haben die Einsatzplaner rund 40 Veranstaltungen auf der Karte. Kommentare neuen Kommentar verfassen alle 0 Kommentare anzeigen

Neues Deutschland vom 23. August 2010

Ungehorsam gegen braune Kriegshetzer

130 Organisationen kündigen Protest gegen Neonaziaufmarsch in Dortmund an 

Von Markus Bernhardt 

Die Empörung über die Dortmunder Polizei schlägt Wellen. Entgegen allen Ankündigungen der von Polizeipräsident Hans Schulze (SPD) geleiteten Behörde haben die Beamten den neofaschistischen »Autonomen Nationalisten« die nördliche Innenstadt für ihren Großaufmarsch am 4. September zur Verfügung gestellt.

Im Rahmen einer öffentlichen Pressekonferenz des bundesweiten antifaschistischen Bündnisses »Dortmund stellt sich quer!«, die am Sonnabend direkt vor den Wohnungen einiger Kader der rechtsextremen Szene am Wilhelmplatz im Stadtteil Dorstfeld stattfand, waren sich die etwa 50 anwesenden Nazigegner einig, dass ein Grund für das stetige Erstarken der örtlichen Naziszene in der nachgiebigen Haltung der Polizei zu suchen sei. Während Wolfgang Richter (Linkes Bündnis), einst Alterspräsident des Rates der Stadt, die Polizei vom Podium aufforderte, endlich die Seiten – weg vom Nazimilieu, hin zur Friedens- und Antifabewegung – zu wechseln, kündigte Ulrich Sander, Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVNBdA), eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Dortmunder Polizeipräsidenten Hans Schulze an.

Protest kommt auch von der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR). In einem Brief an den Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) übte die renommierte Vereinigung harsche Kritik daran, dass Polizei und Stadt den von den Neonazis als »Nationalen Antikriegstag« deklarierten Aufmarsch ausgerechnet an der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, einem ehemaligen Gestapo-Gefängnis, genehmigt haben. »Dieser Ort ist ein Symbol für den Kampf gegen Krieg und Faschismus. Er wird mit dieser Entscheidung der Stadtverwaltung den Stiefelfaschisten überlassen und den Menschen in Dortmund entzogen«, kritisiert der FIR-Generalsekretär Ulrich Schneider.

Schneider kündigte an, dass die FIR »alle Formen des entschiedenen demokratischen Widerstands, ob Blockadeaktionen oder andere Formen des gesellschaftlichen Protests« unterstützen werde. Ihm gleich tat es die Vorsitzende der Landtagsfraktion der LINKEN im Landtag von NRW, Bärbel Beuermann. »Die Zeit der Symbolpolitik ist in Dortmund lange vorbei. Ich rufe von hier aus öffentlich dazu auf, den Naziaufmarsch am 4. September mittels Massenblockaden nach dem Vorbild Dresden zu stoppen«, so die Abgeordnete. Beuermann wies darauf hin, dass die Behörden, während sie die Neonazis marschieren lassen, zwei von Wolfgang Zimmermann, Vorsitzender der Linksfraktion im Landtag, und Ulla Jelpke, Abgeordnete der LINKEN im Bundestag, für den 4.9. angemeldete Kundgebungen untersagt hätten.

Prominente Unterstützung erhielt das Bündnis, dessen Aufruf zu Blockaden mittlerweile mehr als 130 Organisationen und Dutzende Persönlichkeiten gezeichnet haben, am Sonnabend von Oskar Lafontaine. »Auch für mich ist es unerträglich, dass hunderte Neonazis versuchen wollen, sich in Dortmund als Friedensfreunde zu inszenieren. Umso wichtiger ist es, dass Ihr den Rechtsextremen die Straße nicht überlassen wollt«, schrieb er in einem Grußwort und wünschte den Antifaschisten »von Herzen viel Kraft«, dass es gelingt, den Aufmarsch der braunen Kriegshetzer mittels zivilen Ungehorsams zu verhindern.

Junge Welt vom 23.08.2010

Dortmund stellt sich quer 

Antifaschisten rufen zu Massenblockaden gegen »Nationalen Antikriegstag« auf. Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Polizeipräsidenten eingereicht 

Von Markus Bernhardt 

Dortmund ist die Hochburg der militanten »Autonomen Nationalisten« im östlichen Ruhrgebiet. Darin waren sich die etwa 50 Teilnehmer einer vom bundesweiten Bündnis »Dortmund stellt sich quer!« durchgeführten antifaschistischen Aktion am Sonnabend einig. Die Antifaschisten hatten am Wilhelmplatz im Dortmunder Stattdteil Dorstfeld zu einer öffentlichen Pressekonferenz direkt vor den Wohnungen einiger Kader der Neonazis geladen, um für die von ihnen für den 4. September geplanten Blockaden gegen eine geplante Großaktion der Rechten zu werben. An diesem Tag wollen Neonazis aus dem In- und Ausland zum sechsten Mal in Folge einen sogenannten Nationalen Antikriegstag in der Ruhrgebietsmetropole durchführen.

Harsche Kritik wird diesbezüglich wiederholt an der Dortmunder Polizei laut. Die Behörde hat den Rechtsextremen einen Marsch durch die nördliche Innenstadt genehmigt, der entgegen aller Beteuerungen der Beamten ausgerechnet in direkter Nähe zur Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, einem ehemaligen Gestapo-Gefängnis, starten soll. Dies rief die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten auf den Plan, die unter anderem aus diesem Grund eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Dortmunds Polizeipräsidenten Hans Schulze (SPD) eingelegt hat. Dieser habe nicht einmal den Versuch unternommen, den Aufmarsch zu verbieten, obwohl sich verbesserte Möglichkeiten als in den Vorjahren dafür böten, erklärte VVN-Bundessprecher Ulrich Sander. »Das Gelände vor der Gedenkstätte Steinwache darf niemals den Nazis für ihre Jubelfeier aus Anlaß des Überfalls auf Polen 1939 überlassen werden«, so der Antifaschist weiter.

Bärbel Beuermann, Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Landtag von NRW, rief am Samstag auf, den Neonazis den Weg zu versperren: »Die Zeit der Symbolpolitik ist in Dortmund lange vorbei. Ich rufe von hier aus öffentlich dazu auf, den Naziaufmarsch am 4.9. mittels Massenblockaden nach dem Vorbild Dresden zu stoppen.« Außerdem kritisierte Beuermann das am Ende der Woche von der Polizei erlassene Verbot von zwei Kundgebungen, die Wolfgang Zimmermann, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Landtag von NRW, und die Dortmunder Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke (Die Linke) für den 4. September angemeldet hatten.

Professor Wolfgang Richter (Linkes Bündnis), ehemaliger Alterspräsident des Rates der Stadt Dortmund, wies darauf hin, daß den Nazis mit der Nordstadt ein Stadtteil zur Verfügung gestellt worden sei, der für die politische und gewerkschaftliche Arbeiterbewegung in Dortmund historische und aktuelle Bedeutung habe. Das Demonstrationsrecht der Antifa- und Friedensbewegung sei hingegen von der Polizei massiv eingeschränkt worden. Richter forderte die Polizeiführung auf, »endlich die Seite zu wechseln – weg vom Nazimilieu, hin zur Friedens- und Antifabewegung«.

Das Bündnis »Dortmund stellt sich quer!« wird aktuell von über 130 Organisationen unterstützt. Aus allen Teilen der Bundesrepublik haben sich Busse mit Antifaschisten angekündigt, um den braunen Spuk zu verhindern.

»Mittlerweile schwappt das massive Naziproblem von Dortmund auch auf die Nachbarstädte über«, so Peter Neuhaus, Sprecher des Bündnisses, am Sonntag gegenüber jW. Diese Entwicklung gelte es zu stoppen, bevor es zu spät sei.

Unterstützung erhält das Bündnis mittlerweile auch von Oskar Lafontaine, der den Antifaschisten in einem am Sonnabend übermittelten Grußwort wünschte, »daß es gelingt, den Aufmarsch der braunen Kriegshetzer mittels zivilen Ungehorsams zu verhindern«.

Das örtliche Bündnis »Dortmund gegen rechts« ruft für kommenden Freitag (15 Uhr, Treffpunkt U-Bahnhof Heinrichstr./Ecke Falkenstr.) zu einem sogenannten Saubermach-Spaziergang in Dorstfeld auf. Im Rahmen der Aktion soll der Bezirk von neofaschistischer Propaganda gereinigt werden.

dortmundquer.blogsport.de

Ulrich Sander reagierte auf die Vorwürfe des Dortmunder Polizeipräsident Hans Schulze, der behauptet hatte, seine Kritiker sähen ihn auf der Seite der Nationalsozialisten:

Sehr geehrter Herr Polizeipräsident,

heute (24.8.) wiederholen die RUHRNACHRICHTEN eine Äußerung über Sie, die mir zugeschrieben wurde, aber nicht von mir stammt. Schon gestern habe ich Ihrer Behörde den folgenden Text übersandt, der mein Statement vom Samstag wiedergibt. Es wird Ihnen mit Ihren technischen Möglichkeiten nicht schwer fallen, meine Angaben zu überprüfen. Die RUHRNACHRICHTEN habe ich aufgefordert, das nun zweimal verbreitete falsche Zitat zu korrigieren.

Es wäre gut, wenn Sie endlich zu der Kernforderung an Sie Stellung nehmen würden: Den Naziaufmarsch zu verbieten, weil dies dem § 130/4 des Strafgesetzbuches und dem Rieger-Wunsiedel-Urteil des Bundesverfassungsgerichts entspräche. Stattdessen haben Sie all denen, die Ihrer Meinung zum Umgang mit Naziaufmärschen nicht folgen, mit Haftstrafe gedroht.

Übrigens hat mir Herr Winkelsträter heute bestätigt, dass die Äußerungen über Sie, die er gestern (23.8.) in seinem Kommentar Ihren Kritikern zugedacht hat, nicht von mir stammen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Sander

Hier meine Mail von gestern:

Die mir zugeschriebenen Äußerungen in den heutigen Medien habe ich nicht geäußert. Ich habe auch keine Gebetsmühlen bedient, wie Kollege Winkelsträter behauptet. Neuigkeiten mitzuteilen, heißt ja nicht zehnjährige Infos zu verbreiten. Ich sagte auf der Pressekonferenz das untenstehende.

Freundliche Grüße

Ulrich Sander

Statement für PreKo auf dem Wilhelmplatz 21.8.10.

Von Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-BdA, aus Dortmund.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Polizeipräsidenten Hans Schulze beim Innenminister eingelegt. Denn Herr Schulze hat nicht einmal den Versuch unternommen, den Aufmarsch zu verbieten, obwohl sich verbesserte Möglichkeiten dafür bieten. Er weigert sich, wichtige Urteile höchster Gerichte anzuerkennen und anzuwenden. Das Gelände vor der Gedenkstätte "Steinwache" darf niemals den Nazis für ihre Jubelfeier aus Anlass des Überfalls auf Polen 1939 überlassen werden. Ja, wir sagen „Jubelfeier“, denn der angebliche Titel der Zusammenrottung „Antikriegstag“ ist Lug und Trug. Die Nazis rufen regelmäßig „Nie wieder Krieg – nach unserem Sieg“. Den 1. September, den Jahrestag des Überfalls auf Polen 1939, verhöhnen sie, indem sie behaupten, der 2. September, der Tag da im Jahr 1939 Großbritannien zugunsten Polens in den Krieg eingriff, sei der eigentliche Tag des Kriegsbeginns. Eine neue Kriegsschuldlüge wird begründet, die in diesem Fall auch immer eine Holocaustleugnung – also Volksverhetzung! – darstellt, denn mit dem 1. 9. 1939 begann der Weg in den Vernichtungskrieg.

Wir schrieben dem Minister: Wir erinnern uns an Ihre Bemühungen, das Berliner Gesetz in NRW durchzusetzen, das Nazidemonstrationen an Gedenkorten nicht zulässt. Das war zu der Zeit, da Sie zur Opposition gehörten. Nun sind Sie der zuständige Minister. Wir wünschen Ihnen eine glückliche Hand im Amt.

Wir hoffen, dass Sie ihre damaligen Bemühungen nun erfolgreicher durchsetzen können und werden. Wir hoffen ferner, dass Sie mit der Tradition Ihres Vorgängers im Amt brechen, der regelmäßig die die Nazis begünstigende „Sicherheitspraxis“ des Dortmunder Polizeipräsidenten deckte, der uns Antifaschistinnen und Antifaschisten mit Haft bedrohte, wenn wir Nazidemonstrationen bekämpfen, weil dies nach Paragraph 21 des Versammlungsgesetzes untersagt sei, und der sogar in alle Schulen des Landes eine Informationsschrift sandte, in der Nazis und Antifaschisten auf eine Stufe gestellt wurden („Andy“ Nr. 3) und die bundesweit gebräuchliche Losung „Faschismus ist keine Meinung – Faschismus ist ein Verbrechen“ als verfassungsfeindlich dargestellt ist.

Was werfen wir dem Polizeipräsidenten vor?

Er hat folgendes missachtet:

1. Das höchste Verwaltungsgericht von Nordrhein-Westfalen, das Oberverwaltungsgericht Münster, hat immer wieder betont und sich auch im Streit mit dem Bundesverfassungsgericht nicht davon abbringen lassen: „Eine rechtsextremistische Ideologie lässt sich auch nicht mit den Mitteln des Demonstrationsrechts legitimieren.“ (Beschluss OVG NRW, Az 5 B B 585/01).

2. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Haltung nunmehr endlich übernommen. Es gilt nun, entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November 2009 (Az. 1 BvR 2150/08) zu handeln. Dieses Gericht hatte nach seiner Fehlentscheidung vom September 2009, das Verbot der Nazidemo vom 4. 9. 09 in Dortmund aufzuheben, neu beraten und im Fall Rieger entschieden. „Wegen der besonderen Geschichte Deutschlands gilt in der Frage der Meinungsfreiheit für Nazis eine Ausnahme. ‚Angesichts des Unrechts und des Schreckens, den die Naziherrschaft über Europa und weite Teile der Welt gebracht habe’, enthalte das Grundgesetz in diesem Punkt eine Ausnahme vom Verbot, ein Sonderrecht gegen bestimmte Propaganda zu schaffen. Denn ‚das Grundgesetz kann weithin geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des national-sozialistischen Regimes gedeutet werden’." (Zitiert nach dpa vom 17.11.09)

3. Verwiesen wird vom BVerfG auf den neuen Paragraphen130 Absatz 4 des Strafgesetzbuches, der ein Versammlungsverbot erlaubt, wenn Aggression und Angriff auf die Opfer, Lobpreisung der Gewalt- und Willkürherrschaft gegeben sind. (Der Wortlaut: Es „wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.“) Die „Ausländer-raus“-Rufe der Nazis, die Holocaustleugnung durch Reden der Nazis, in denen sie die Kriegsschuld leugnen, sich zur Geschichte gratulieren, zu der auch Auschwitz gehöre, und in denen sie neuen Massenmord nach einem Sieg des „nationalen Sozialismus“ ankündigen („die aus dem gelobten Land sind dann alle im Himmel“) sie sprechen eine eindeutige Sprache. Diese Zitate stammen aus Reden früherer „Nationaler Antikriegstage“ in Dortmund; sie sind der Polizei bekannt.

4. Der Zwei plus Vier-Vertrag hat die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die Westgrenze Polens für alle Zeit als verbindlich anzusehen und keine Gebietsansprüche zu stellen. Die rechtsextremen Organisationen sind die einzigen, die offen dagegen verstoßen. Zum Jahrestag des Überfalls von NS-Deutschland auf Polen, womit der Vernichtungskrieg begann, die „Autonomen Nationalisten“ (eine militante Neonazi-Struktur) ihren bundesweiten „Nationalen Antikriegstag“ zu gestatten, das ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht, das ist Unterstützung von Kriegshetze.

Unsere Organisation ist eine Organisation der Opfer. Diesen Opfern wurde in der genannten BVerfG-Entscheidung und im StGB das Recht auf besonderen Schutz zugesprochen. Unsere Organisation wurde für Dortmund 1947 von 2000 Überlebenden des Holocaust, von NS-Opfern und Teilnehmern am Antinazi-Widerstandskampf gegründet. Wir, die Krieg und Faschismus noch durchlitten haben, aber auch die zweite und dritte Generation fühlen uns dem Auftrag der Gründer der VVN-BdA verpflichtet. Die Volksverhetzung der Nazis in Dortmund regelmäßig zum 1. September ist unerträglich und wird von uns niemals hingenommen.

Abschließend möchte ich ankündigen, dass der SPD-Ratsherr Norbert Schilff, Geschäftsführer des Internationalen Rombergparkkomitees, und ich vor der Steinwache am 3.-4. 9. 10 eine 16-stündige Mahnwache organisieren werden, um die Nazis von der Gedenkstätte fernzuhalten. Wir bitten um Ihre Unterstützung.