15.07.2010
Erinnerung an Zwangsarbeiter in Münster-Hiltrup
Nach dreieinhalb Jahren Vorarbeit wurde das
Erinnerungsensemble - gestaltet vom Künstler Bodo Treichler - für
die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter des Lagers
"Waldfrieden" der "Deutschen Arbeitsfront"
(DAF), das von 1939 bis 1945 in Betrieb war, im Osten Hiltrups im
Waldpark (Föhrenweg/Kanalpromenade) am 09. Juli 2010 eingeweiht.
Während
des Zweiten Weltkrieges wurden 10 Millionen Europäer auf dem
deutschen Reichsgebiet versklavt. Auch im damals stark
industrialisierten Dorf Hiltrup wurden an 94 Stellen so genannten
Fremdarbeiter eingesetzt. Sie waren auch in Hiltruper Lagern
untergebracht. Eines der damaligen Lager war das DAF-Lager
"Waldfrieden" im heutigen Waldpark. Eigentlich ausgelegt
für 300 Personen, waren hier aber bis zu 500 Menschen aus Polen,
der Sowjetunion und Italien, darunter auch Frauen und Kinder,
untergebracht.
Vom Lager "Waldfrieden" sind nur noch drei Bunkerreste
erhalten, über die langsam Grünpflanzen wachsen. Es handelt sich
dabei um drei fast baugleiche Bunker, die bis beinahe zur Decke im
Waldboden versenkt wurden.
"Also einfach mal Gras über die Sache wachsen lassen und
bloß nicht in der Erde vor der Haustür graben? Nein! So denken wir
und unsere örtlichen Unterstützer nicht", so Detlef Lorber,
Sprecher der VVN/BdA Münster.
Dieser Gedenkstein mit den vier Infotafeln erinnert an das
damalige Leiden der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und
klärt über die rassistisch motivierten Verbrechen des deutschen
Nationalsozialismus auf. Die vier Tafeln beschreiben das Lager und
das Leid der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Schrift und
Bild.
Die ehemalige Lagerkommandantur des DAF-Lagers
"Waldfrieden" in Hiltrup/Waldpark
Die Beteiligten Detlef Lorber (VVN-BdA Münster),
der hiltruper Bezirksbürgermeister Schmitt, der Künstler
Treichler und der münsteraner Sozialdezernent Paal
betrachten das Kunstwerk |
Der russische Zwangsarbeiter Nikolai Karpow, einer der damaligen
Internierten, schreibt in seinem Buch "Der kleine
Ostarbeiter": "Es kam einem seltsam vor, wie dieses
schöne, durch den Fleiß der Menschen bereicherte Land nach
Raubtiergesetzen lebte", wie eine der Tafeln berichtet.
Die
Errichtung des Erinnerungsensembles wurde unterstützt durch die ev.
und kath. Kirchengemeinden in Hiltrup und den Ökumenischen Kreis
für Frieden und Gerechtigkeit Hiltrup.
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten Münster
Eine Zeitzeugin zum Lager
"Waldfrieden"
Nadeshda Wladimirowna Masjutina, damals 11 Jahre alt, schreibt: "Das
Lager war mit Stacheldraht umzäunt, das eiserne Tor war hoch. Links
war die Küche, wo für uns das Essen gekocht wurde; geradeaus - die
Blumenbeete und der Platz, auf dem wir uns morgens und abends
aufstellen mussten. In der Baracke Nr. 1 wohnte ich mit meiner
Familie: die Mutter, der Vater, zwei Schwestern, mein Bruder und
ich, die Kleinste. Das Zimmer war groß, da wohnten mehrere Familien
und Alleinstehende. Aber ich erinnere mich nicht, dass es Streit
gab. Es wurde nicht viel erzählt, und gelacht wurde auch
nicht."
Die VVN-BdA Münster hat eine Sonderseite zum Gedenkensemble
eingerichtet:
http://www.muenster.org/vvn-bda/waldfrieden/
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