04.06.2010
Aufklärung von NS-Verbrechen
Zwischenbescheid aus Ludwigsburg
Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen hat erneut einen
Zwischenbescheid über die Bearbeitung von Strafanzeigen gegen
mutmaßliche Kriegsverbrecher aus den Reihen der
Wehrmachts-Gebirgstruppe an die VVN-BdA gegeben. Die Anzeigen waren
2002/2003 an die Stelle zur Bearbeitung von NS-Massenverbrechen
gerichtet worden.
Die Zentrale Stelle schrieb: „Die von Ihnen übersandten
umfangreichen schriftlichen Einlassungen hatten einerseits
Verdachtsmomente hinsichtlich mutmaßlich begangener
Kriegsverbrechen durch Angehörige der Gebirgsjägereinheiten, in
der Hauptsache Kriegsschauplatz Griechenland, andererseits die
namentliche Benennung Ihrer Einschätzung nach bislang unbekannter
Tatverdächtigen und Tatorte zum Inhalt. Die hiesigen
Vorermittlungen wurden insbesondere vor dem Hintergrund der zu
prüfenden Mordmerkmale und der individuellen Zuordnung der
Tatgeschehen geführt. Einher ging ein Datenabgleich mit bei
hiesiger Behörde vorliegenden Dokumentationen, der Zentralkartei
und der elektronisch geführten Verfahrensübersicht.“
Die zuständigen Staatsanwaltschaften haben die Unterlagen von
der Zentralen Stelle erhalten, nachdem bei der zentralen Stelle
Vorermittlungen und Untersuchungen durchgeführt wurden.
Zweiter Brief der Zentrale Stelle
der Landesjustizverwaltungen an die VVN-BdA NRW
Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen
508 AR 1110/02
71638 Ludwigsburg, den 14.12.2009
Aufklärung weiterer nationalsozialistischer Verbrechen
Ihr Schreiben vom 19.03.2009
Sehr geehrter Herr Sander,
mit Schreiben vom 23.04.2009 bestätigte Hr. StA/GL Dr. Riedel
den Eingang Ihres o.g. Schreibens und stellte nach Beiziehung und
Auswertung von relevanten Akten eine zeitnahe Beantwortung in
Aussicht.
Die von Ihnen übersandten umfangreichen schriftlichen
Einlassungen hatten einerseits Verdachtsmomente hinsichtlich
mutmaßlich begangener Kriegsverbrechen durch Angehörige der
Gebirgsjägereinheiten, in der Hauptsache Kriegsschauplatz
Griechenland, andererseits die namentliche Benennung Ihrer
Einschätzung nach bislang unbekannter Tatverdächtigen und Tatorte
zum Inhalt.
Die hiesigen Vorermittlungen wurden insbesondere vor dem
Hintergrund der zu prüfenden Mordmerkmale und der individuellen
Zuordnung der Tatgeschehen geführt.
Einher ging ein Datenabgleich mit bei hiesiger Behörde
vorliegenden Dokumentationen, der Zentralkartei und der elektronisch
geführten Verfahrensübersicht.
Im Ergebnis ist nahezu abschließend eine in Einzelfällen noch
anhaltende rechtliche Würdigung der zum Gegenstand gewordenen
Verfahren durch die zuständigen Staatsanwaltschaften nachgewiesen.
Auch wurden zuvor bei hiesiger Behörde in allen Fällen
Vorermittlungen und Untersuchungen geführt.
Mit freundlichen Grüßen
Däschler
Kriminalhauptkommissar
Erster Brief der Zentrale Stelle der
Landesjustizverwaltungen an die VVN-BdA NRW
Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen
508 AR 1110/02
71638 Ludwigsburg, den 23.04.2009
Aufklärung weiterer nationalsozialistischer Verbrechen
Ihr Schreiben vom 19.03.2009
Sehr geehrter Herr Sander,
ich bestätige den Eingang Ihres Schreibens vom 19. März d.J.
Herr Oberstaatsanwalt Schrimm hat mich als seinen ständigen
Vertreter gebeten, Ihr Schreiben zu beantworten. Weil die
Beantwortung zunächst die Beiziehung und Auswertung diverser Akten
voraussetzt und ich diese vor meinem unmittelbar bevorstehenden
mehrtägigen stationären Klinikaufenthalt nicht mehr erledigen
kann, bitte ich um Verständnis, dass ich erst nach Rückkehr in den
Dienst auf Ihr Schreiben und die darin enthaltenen Fragen näher
werde eingehen können.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Riedel
Staatsanwalt/GL
Brief der VVN-BdA NRW an die
Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von
NS-Verbrechen
VVN - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
Nordrhein-Westfalen
Herrn Ltr. Oberstaatsanwalt
Kurt Schrimm
Zentralstelle der
Landesjustizverwaltungen zur
Aufklärung von NS-Verbrechen
Schorndorfer Str. 58
71638 Ludwigsburg
Dortmund, den 19. 03. 09 PF 321 44388 Dortmund
Aktenzeichen 508 AR 1110/02
Sehr geehrter Herr Leitender Oberstaatsanwalt Schrimm!
Immer wieder nehmen wir Kenntnis von den fortgesetzten
Bemühungen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur
Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Die Ankündigungen
von der Beendigung der Tätigkeit Ihrer Behörde scheinen erledigt
zu sein. Es ist sicher auch den Aktivitäten von
Erinnerungsarbeiterinnen und -arbeitern von Geschichtsinitiativen,
Gruppen wie Arbeitskreis Distomo und Angreifbare Traditionspflege
sowie unserer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA)
zu danken, dass kein Schlußstrich gezogen wurde. Diese Aktivitäten
sind auf Gerechtigkeit gerichtet auf Durchsetzung des Prinzips"
Bestrafung der Täter Entschädigung der Opfer". Die
Hinterbliebenen der Opfer blicken mit großen Erwartungen auf Ihre
wie unsere Tätigkeit.
Wie Sie wissen, haben wir im Jahre 2002/2003 der Ludwigsburger
Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen wiederholt Listen mit den
Namen von tatverdächtigen mutmaßlichen Kriegsverbrechern aus den
Reihen der Gebirgstruppe der Wehrmacht übergeben. Wie uns bekannt
wurde, haben Sie einige davon so im Fall Kefalonia an die Dortmunder
Staatsanwaltschaft übergeben. Dabei und in anderen Zusammenhängen
wurde bekannt, dass unsere Bemühungen zu Ergebnissen führten.
Insgesamt haben wir Ihnen und anderen Staatsanwälten gemeinsam
mit der Gruppe "Angreifbare Traditionspflege" 196 mal
Angaben über Tatverdächtige gemacht. Sie gaben uns in
Eingangsbestätigungen zu verstehen, dass Sie in unseren Angaben
Fälle von schwerem "nationalsozialistischen Unrecht"
sähen, es gehe um "deutsche Kriegsverbrechen im 2.
Weltkrieg". Und dies insbesondere bei der 1. Gebirgsdivision.
"Eine Reihe der von Ihnen genannten Aktionen von Angehörigen
der 1. Gebirgsdivision war oder ist bereits Gegenstand
strafrechtlicher Überprüfungen", schrieb uns Staatsanwalt Dr.
Riedel aus Ihrem Hause.
Es sollen die bisher nicht bekannten Tatorte und Tatverdächtigen
sowie einzelne Tatgeschehen, die von uns benannt wurden, nunmehr
Gegenstand von Ermittlungen werden. (Aktenzeichen 508 AR 1110/02)
Es erfüllte uns mit Genugtuung, dass unsere Angaben
offensichtlich zu Ermittlungen führten. Wir erinnerten damals auch
an die 10.000 Opfer aus Montenegro, die 1943 in wenigen Tagen von
der 1. Gebirgsdivision quasi auf der Durchreise niedergemacht
wurden. Niemand hatte diese Verbrechen vorher thematisiert Auch in
diesem Fall hofften wir sehr auf Ihre Behörde.
Nachdem wir von Ihnen einige Zeit nichts hörten, haben wir Ihnen
am 11. April 2003 erneut geschrieben. In unserem Brief hieß es:
"Ich übergebe Ihnen eine neue Liste von möglichen
überlebenden Tätern, die an den Tötungen von italienischen
Kriegsgefangenen in Kefalonia im September 1943, aber auch bei
anderen Verbrechen z.B. in Kommeno mitgewirkt haben könnten. Das
Material stammt aus den Veröffentlichungen und Materialien des
Kameradenkreises Gebirgstruppe e.V., das mit Tatorten und
TathergangsschiIderungen abgeglichen wurde, die in der Literatur und
in Ermittlungsakten zu finden waren. Wir bitten Sie, sich der Sache
anzunehmen."
Sie haben dann im Mai 2003 eine Stellungnahme zu unserem
Vorbringen angekündigt. Ähnlich hatten Sie sich bereits im
November 2002 gegenüber dem "Garmisch-Partenkirchner
Tagblatt" geäußert: "Geprüft werden derzeit auch bei
der 'Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen' in
Ludwigsburg die Namen von 71 noch lebenden Wehrmachtssoldaten, denen
die VVN Kriegsverbrechen in Nordgriechenland im Jahr 1943 vorwirft.
Der Leitende Oberstaatsanwalt Kurt Schrimm bestätigt, dass sich in
dem von Sander zugesandten Dossier auch Mittenwalder befinden. 'Von
der historischen Wahrheit bis zur juristischen Anklage ist ein ganz
großer Schritt', sagt Schrimm. Man werde die Namen überprüfen,
und falls ein Anfangsverdacht bestehe, werde reagiert. 'Wir können
aber nicht ins Blaue ermitteln.' Die Aufarbeitung, so der
Oberstaatsanwalt, werde vermutlich ein halbes Jahr dauern. Im Mai
2003 weiß man also mehr."
Seitdem sind nun über fünf Jahre ins Land gegangen. Wir
bemerkten, dass in Dortmund, München und in Italien ermittelt wird,
in München wird gar gegen Leutnant a.D. Joseph Scheungraber
verhandelt. In Stuttgart wird gegen eine Gruppe von Gebirgstrupplern
ermittelt, die zuvor bereits in Italien verurteilt wurden.
Leider ist unser Briefwechsel abgebrochen. Wir möchten ihn
hiermit wieder aufnehmen. Wir bitten Sie um Auskunft, was nach Ihrer
Kenntnis aus unseren und Ihren Bemühungen geworden ist. Gern stehen
wir Ihnen auch zu Auskünften zur Verfügung.
Übrigens hat die Zeitung "Handelsblad" aus Amsterdam
am 31. Januar einen großen Beitrag veröffentlicht, der sowohl
Interviews mit Ihnen uwie auch mit mir enthält, ferner mit weiteren
Ermittlern und Rechercheurern. Ich gestatte mir, Ihnen hiermit eine
zusammengefasste Meldung, gefertigt aus dem Beitrag jener Zeitung,
zu übergeben.
Mit freundlichen Grüßen
(Ulrich Sander)
Bundessprecher der VVN-BdA
Siehe auch:
Dokumentation:
Zum Schutz für Kriegsverbrecher und zur
Verharmlosung ihrer Taten durch den Kameradenkreis Gebirgstruppe
e.V.
Antworten
zur geschichtsrevisionistischen Tätigkeit des Kameradenkreises
Gebirgstruppe
(3,4 MB, )
Ulrich Sander hat am 20. Mai 09 einen
schwierigen Erfolg in einem Nürnberger Prozess erzielt: "Zum
Schutz für Kriegsverbrecher und zur Verharmlosung ihrer Taten durch
den Kameradenkreis Gebirgstruppe e.V." heißt diese
Dokumentation zu den Verfahren des VVN-BdA-Sprechers Ulrich Sander
vs. Gebirgstruppe.
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