30.04.2010
"Rassistisch ausgeprägte Klassenjustiz"
Redebeitrag von Jürgen Schuh anlässlich der
Solidaritätskundgebung für Mumia Abu-Jamal am 23.4.10 in
Düsseldorf
„Der Mensch, um den es heute geht, wird morgen –
am 24. April 2010 – 56 Jahre alt. Von diesen 56 Jahren verbrachte
unser Freund, Genosse, Mitstreiter Mumia Abu-Jamal 28 Jahre unter
der Häftlingsnummer AM 8335 im Todestrakt der Haftanstalt SCI
Greene im US-Staat Pennsylvania. In „Gottes eigenem Land“.
Achtundzwanzig Jahre in einer Zelle 2 mal 3 Meter. Für eine Tat,
die er nicht begangen hat.“ Mit diesen Worten begann Jürgen
Schuh, Sprecher der VVN-BdA Düsseldorf, seine Ansprache, in der er
zur Solidarität mit dem Bürgerrechtskämpfer aufrief.
Redebeitrag des Kreissprechers der VVN-BdA Düsseldorf, Jürgen
Schuh anlässlich der Solidaritätskundgebung für Mumia Abu-Jamal
am 23.4.10 in Düsseldorf
Liebe Freundinnen und Freunde,
der Mensch, um den es heute geht, wird morgen - am 24. April 2010
- 56 Jahre alt. Von diesen 56 Jahren verbrachte unser Freund,
Genosse, Mitstreiter Mumia Abu-Jamal 28 Jahre unter der
Häftlingsnummer AM 8335 im Todestrakt der Haftanstalt SCI Greene im
US-Staat Pennsylvania. In "Gottes eigenem Land".
Achtundzwanzig Jahre in einer Zelle 2 mal 3 Meter. Für eine Tat,
die er nicht begangen hat.
Die Dimension des US-amerikanischen Rechtes oder der Auslegung
dieses Rechtes wird deutlich an den widerlichen Äußerungen des
inzwischen verstorbenen Richters Albert Sabo am Anfang des
Verfahrens gegen Mumia Abu-Jamal: ""Ich werde ihnen
helfen, den Nigger zu grillen!"
Die ganze Ungeheuerlichkeit, mit der sich dieser Staat anmaßt,
in aller Welt mit Feuer und Schwert durchzusetzen, was US-Senatoren
für Freiheit und Demokratie halten, wird an diesem Justizskandal
deutlich.
Politische Morde wurden nicht nur an Kennedy verübt. Die
Tradition verzeichnet den Mord an Sacco und Vanzetti. Den Justizmord
an Ethel und Julius Rosenberg. Und zahllose andere Fälle, die auch
mit politischem Rufmord endeten. Charlie Chaplin und tausende andere
wurden so politisch fertiggemacht.
Spezialisten in ihrem Fach waren und sind das FBI. Eine
kriminelle Vereinigung, von der US-Regierung bezahlt. Die 900-Seiten
starke FBI-Akte über Mumia Abu-Jamal ist jetzt einzulesen. Sie
beginnt lange vor dem Vorwurf, er habe einen Polizisten erschossen.
Der Beginn der Spitzelberichte des FBI beginnt bei Mumia im Alter
von 14 Jahren.
Zunächst zur verlogenen Moral der "Retter der freien
westlichen Welt". Die Generalversammlung der Vereinten Nationen
vom 18. Dezember 2007 beschloss in ihrer Resolution 62/149:
"Diese höchste Form der Bestrafung (die Todesstrafe) ist für
eine zivilisierte Gesellschaft inakzeptabel und untergräbt die
Menschenwürde." Wen von diesen selbsternannten Herren der Welt
stört denn so was?
Aus dem Prozessprotokoll der Verhandlung gegen Mumia vom 3. Juli
1982 ergibt sich folgendes: Der Staatsanwalt: "Mr. Jamal, ich
möchte sie fragen, ob sie sich daran erinnern, im Januar 1970
gesagt zu haben, ich zitiere: ‚Die politische Macht kommt aus den
Gewehrläufen'. Erinnern sie sich daran, Sir?" .Der Angeklagte:
"Das war ein Zitat aus dem Werk des Vorsitzenden Mao-tse-tung
aus der Volksrepublik China. Es ist vollkommen klar, dass die
politische Macht aus den Gewehrläufen kommt, denn andernfalls
würde es würde es Amerika heute nicht geben. Gerade Amerika hat
schließlich den Indianern die politische Macht nicht mit Hilfe von
Gott, nicht mit Hilfe des Christentums, nicht durch Güte
weggenommen, sondern mittels der Macht, die aus Gewehrläufen
kommt."
Der Prozess gegen Abu-Jamal, das Todesurteil gegen ihn und seine
28 Jahre andauernde Haft sind ein Beispiel für einen
unvorstellbaren immer noch anhaltenden Rassismus und Klassenjustiz
in den USA.
Diese rassistisch ausgeprägte Klassenjustiz richtet sich fast
ausschließlich gegen jene, die Menschen dunkler Hautfarbe sind oder
als Angehörige der arbeitenden oder der arbeitslosen Bevölkerung
zu zählen sind. Oder, was noch schlimmer ist, zu Mitgliedern
kommunistischer, sozialistischer oder anarchistischer Organisationen
gezählt werden, oder wie Mumia, zum afroamerikanischen Widerstand
gezählt werden.
Die US-Justiz ist eine gesellschaftliche Einrichtung. Sie dient
wie Militär, Polizei und Medien zur Machtsicherung der herrschenden
Klasse. Das größtenteils privatisierte Gefängnissystem der USA
ist so profitabel, dass man es als Fortführung der Sklaverei sehen
kann. 2007 war die Zahl der dort gefangen gehaltenen Menschen,
überwiegend Jugendliche meist dunkler Hautfarbe, innerhalb weniger
Jahre von etwa 600.000 auf über 2,3 Millionen angestiegen. Laut
UNO-Bericht 20 Prozent aller Gefangenen auf der Welt. Mit Ausnahme
der in Todestrakten gehaltenen sind sie zur Arbeit verpflichtet. Die
Gefängnisindustrie gilt als drittgrößter Arbeitgeber der USA.
Das politische Magazin Spiegel, heute ein drittklassiges
Schmierblatt, zitiert den US-Bezirksstaatsanwalt Burns: "Ich
kann mir keinen eindeutigeren Fall vorstellen". Und dann kommt
die Polizistenwitwe Faulkner zu Wort, die "will, dass Mumia
stirbt". Die Hetzkampagne für die "trauernde Witwe"
organisierte eine 300.000 Mann starke als rassistisch geltende
US-Polizeiorganisation.
Liebe Freundinnen und Freunde,
der Bundeskongress der VVN-BdA im Jahre 2002 erklärte einstimmig
unseren Freund und Kampfgefährten Mumia Abu-Jamal zum Ehrenmitglied
der VVN-BdA. Deshalb spreche ich heute in dieser Sache. Wenn die
Fenster des US-Konsulats auch heute verschlossen sind - die Damen
und Herren fühlen sich hinter dicken Mauern wohler - sage ich jetzt
mit aller Deutlichkeit: An der Freilassung von Mumia Abu-Jamal wird
sich die Glaubwürdigkeit dieses "Hortes der
Menschenrechte" messen lassen müssen.
Widmen möchte ich Mumia die unvergessenen Zeilen von Kurt
Tucholsky: "Denn nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr
Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden
und laut zu sagen: NEIN!"
Er hat 28 Jahre wiederstanden! Er hat 28 Jahre NEIN gesagt. Er
verdient unsere Solidarität! Danke!
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