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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

21.04.2010

Keine Straffreiheit für Kriegsverbrecher aus Bundeswehr und Wehrmacht

Bestrafung der Täter, Entschädigung der Opfer – Protest beim Soldatentreffen in Mittenwald am 8. und 9. Mai 2010

Die Veranstaltung der „Angreifbaren Traditionspflege“ mit Alice Czyborra entfällt zugunsten der Protestaktion gegen Nazis am 8. Mai in München.

Mit der Strafbefreiung für den Massenmörder von Kundus, Oberst Georg Klein, hat sich die Generalbundesanwältin in die Tradition der Justiz des Kalten Krieges eingereiht, die keinen einzigen der rund eintausend Bundeswehrsoldaten bestrafte, denen Kriegsverbrechen im Vernichtungskrieg der Deutschen Wehrmacht vorgeworfen wurden. Zur Entscheidung aus Karlsruhe erklärte Ulrich Sander, VVN-BdA NRW: Am 5. September 2009 meldete Oberst Georg Klein an den damaligen Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan: „Am 4. September um 1.51 Uhr entschloss ich mich, zwei am Abend des 3. September entführte Tanklastwagen sowie an den Fahrzeugen befindliche INS durch den Einsatz von Luftstreitkräften zu vernichten.“ INS, das sind im Nato-Jargon Insurgenten, Aufständische und Taliban. Wer INS ist, der ist zu vernichten - und mit ihm zahlreiche Frauen, Kinder und Greise. Jetzt wurden die Ermittlungen gegen Oberst Klein eingestellt. Das ist eine Aufforderung zum Massenmord durch deutsche Soldaten. Dagegen ist schärfster Protest geboten. Zugleich rief die VVN-BdA zum Protest gegen Traditionstreffen der mörderischen Gebirgstruppe auf.

AK Angreifbare Traditionspflege/Neue Folge, VVN-BdA und andere:

Aufruf zur Befreiungsfeier am 8./9.Mai 2010 in Mittenwald!

„Schluss mit dem NS-Soldatentreffen in Mittenwald! Kommt am 8. Mai 2010 zur Befreiungsfeier am neuen Denkmal in Mittenwald!“ Dazu rufen Vertreter des AK Angreifbare Traditionspflege, der VVN-BdA, die Bundesorganisation der DFG/VK und viele Einzelpersonen sowie Abgeordnete auf.

Geplant ist eine „Liberation-Tour“ durch Oberbayern an Plätzen von Kriegsverbrechen und Tätern, Kundgebungen, eine Zeitzeugenveranstaltung und „Proteste gegen das Soldatentreffen auf dem Hohen Brendten,“ so der Aufruf zum 8. und 9. Mai 2010

Weiter: „Als bundesweiter Zusammenschluss AK Angreifbare Traditionspflege versuchen wir seit 2002, in Zusammenarbeit mit der VVN-BdA offensiv an die Kriegsverbrechen der deutschen Gebirgsjäger zu erinnern und gegen das letzte große Veteranentreffen der Wehrmacht zu demonstrieren. Wir sind hocherfreut, dass die Mittenwalder Bevölkerung samt ihrer gewählten Vertreter nach acht Jahren zäher und schwieriger (internationaler) Überzeugungsarbeit beginnt, öffentlich über die Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger zu sprechen und dies mit der Einweihung eines würdigen Denkmals für alle Zeiten besiegelt. Es ist wunderbar, dass es jetzt dieses schöne Denkmal vor der Grund- und Hauptschule mitten in Mittenwald gibt. Vorbei ist die Zeit, in der Hakenkreuzorden ganz ungeniert durch Mittenwald getragen wurden. Mit Hilfe der Kirchen und der Lehrkörper werden zum ersten Mal nach 65 Jahren Überlebende des Nationalsozialismus in der Gemeinde begrüßt und willkommen geheißen, endlich öffnet die Gemeinde Mittenwald Widerstandskämpfern und Holocaust-Überlebenden ihre Gasthäuser, Schulen und Gemeindezentren.“

Jedoch: „Nichts geändert hat sich bei der Bundeswehr und den Wehrmachtsveteranen. Sie laden auch dieses Jahr wieder ehemalige Angehörige der Streitkräfte Hitlers zur Veteranenfeier auf den Hohen Brendten ein.

Für das letzte große Soldatentreffen von Hitlers Wehrmacht in Deutschland haben sie zudem noch ein historisch bedeutsames Datum gewählt: Ausgerechnet am 8. und 9. Mai, also am 65. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, wollen die greisen Gebirgsjäger und ihrer Unterstützer aus der Bundeswehr ganz ungeniert ihren Kameradschaftsabend und ihren Feldgottesdienst feiern.“

Antifaschisten und Antimilitaristen werden es sich nicht nehmen lassen, „dieses Jahr erneut wieder nach Mittenwald zu mobilisieren und gegen das letzte Soldatentreffen mit NS-Veteranen in Deutschland zu demonstrieren. Die geneigte Presse wird sich erinnern. Der ‚Stein des Anstoßes’ für unsere Proteste in Mittenwald seit 2002 war und ist das Treffen auf dem Hohen Brendten und die Straflosigkeit der Täter wie auch die Weigerung, die Opfer zu entschädigen. Es gibt keinen politischen Grund, jetzt die erfolgreiche Kampagne abzubrechen.“

„In Mittenwald zeigt sich bis heute exemplarisch, dass die NS-Vergangenheit in den neuen Kriegen und sozialen Auseinandersetzungen bei aller Modernisierung präsent bleibt. Mittenwalder Gebirgsjäger quälen sich nicht nur gegenseitig mit der Einnahme von Schweineleberspezialitäten, sondern sie sind vor allem an allen Kriegseinsätzen der Bundeswehr führend beteiligt. Mittenwalder Gebirgsjäger und ihre Offiziere sollen der Welt deutsche Demokratie bringen und werden bis heute von Wehrmachtssoldaten, Waffen-SS’lern und Gebirgsjäger-Polizisten sozialisiert, die nachweislich an Massakern an Zivilisten und an Deportationen von Jüdinnen und Juden beteiligt waren.“ Ein Sprecher der neuen Kampagne: Da die deutsche Justiz bei der Strafverfolgung von NS-Tätern im Schneckentempo arbeitet und die deutschen Täter trotz Verurteilungen in Italien nicht ausgeliefert werden, treiben sich am Hohen Brendten in Mittenwald – nach wie vor – die Veteranen der 1., der 5., der 157. und der 188. Gebirgsdivision, der 6. Waffen-SS-Division Nord und des SS-Polizei-Gebirgsjäger-Regiments 18 herum, die für zahlreiche Massaker auf Kephallonia, Korfu, Kreta, im Vercors, in Kommeno und Camerino und für die Deportationen der Athener Jüdinnen und Juden nach Auschwitz verantwortlich sind.“

In dem Aufruf wird daran erinnert: „Da die deutsche Linke – mit Ausnahme der VVN – sich erst sehr spät mit der Frage der NS-Täter beschäftigt hat, gibt es auch heute, 65 Jahre nach der Befreiung vom NS keinen politischen Grund, mit dieser Arbeit aufzuhören.“

Es sprechen u.a. 

  • Alice Czyborra, Tochter von Etty und Peter Gingold, Essen (sie hat als jüdisches Kind in einem Versteck in Frankreich den deutschen Vernichtungskrieg überstanden)
    und
  • Nicole Gohlke, Mitglied des Bundestages, München, „Die Linke“

ferner werden Zeitzeugen und Bundestagsabgeordnete erwartet, die beim Feldgottesdienst auf dem Hohen Brendten eine Inspektion vornehmen werden.