08.04.2010
In einem 70 Jahre alten Gesangbuch geblättert
Kriegsverbrecher unterm Kreuz
– Am 8./9: Mai treffen sich die Gebirgsjäger
Ausgerechnet am 8./9. Mai – 65 Jahre nach dem Tag
der Befreiung von Krieg und Faschismus - will der Kameradenkreis
Gebirgstruppe e.V. sein großes jährliches Soldatentreffen auf dem
Hohen Brendten bei Mittenwald veranstalten, das auch stets zu einer
Huldigung der Täter im Vernichtungskrieg Hitlers gerät. In den
letzten Jahren betonten die Gebirgstruppler, sie kämen ja nur zu
einem Feldgottesdienst zusammen, um ihrer Toten – darunter eben
auch Kriegsverbrecher – zu gedenken. Doch ein Gottesdienst ist in
diesen Kreisen nichts Harmloses. Darüber hat Ulrich Sander, der als
VVN-BdA-Vertreter immer wieder an Protesten gegen die Gebirgstruppe
und ihre Traditionsarbeit beteiligt war, einige Betrachtungen
angestellt:
Bisweilen, aber immer seltener, wird dem Dialog und der Toleranz
unter den Religionen das Wort geredet. Das ist zu begrüßen. Es
würde viele Menschen, Gläubige und Nichtgläubige, interessieren,
ob es nennenswerte Bestrebungen unter den Religionsgemeinschaften
gibt, gemeinsam der menschenverachtenden These von solchen gerechten
Kriegen abzuschwören, nach der es zulässig ist, kriegerische und
terroristische Aktionen durchzuführen, weil die Täter - darunter
auch Selbstmordattentäter - einen sicheren Platz im Paradies zu
erwarten hätten. Das sei doch fürs christliche Abendland
selbstverständlich? Ist es nicht.
Im „Katholischen Feldgesangbuch“, genehmigt von den
Katholischen Feldbischöfen der deutschen Wehrmacht am 24. August
1939 (eine Woche vor dem Überfall auf das katholische Polen!)
heißt es am Beginn unter der Überschrift „Deutsches Soldatentum“:
„1. Die Wehrmacht … schützt das Deutsche Reich und Vaterland,
das im Nationalsozialismus geeinte Volk und seinen Lebensraum. Die
Wurzeln ihrer Kraft liegen in einer ruhmreichen Vergangenheit, im
deutschen Volkstum, deutscher Erde und deutscher Arbeit. Der Dienst
in der Wehrmacht ist Ehrendienst am deutschen Volke. 2. Die Ehre des
Soldaten liegt im bedingungslosen Einsatz seiner Person für Volk
und Vaterland bis zur Opferung seines Lebens.“
In dem „Katholischen Feldgesangbuch“ folgt der „Fahneneid
des deutschen Soldaten“ auf Adolf Hitler, und in einem
vorgeschriebenen Gebet wird ausgesagt: "An der Front ist mein
Platz, und wenn es mir noch so schwer fällt. Falle ich dort, was
macht das! Morgen läuten die Glocken das Auferstehungsfest ein, -
welch eine Hoffnung! Sterben müssen wir alle einmal, und einen Tod,
der ehrenvoller wäre als der auf dem Schlachtfeld in treuer
Pflichterfüllung, gibt es nicht." (Seite 13) Es folgen Gebete
für Führer, Volk und Wehrmacht. "Laß uns alle unter seiner
(Hitlers) Führung in der Hingabe an Volk und Vaterland eine heilige
Aufgabe sehen, damit wir durch Glauben, Gehorsam und Treue die ewige
Heimat erlangen im Reiche Deines Lichtes und Deines Friedens.
Amen." (Seite 20)
Sehr oft lesen wir ähnliches aus der islamischen Welt. Sollte es
Entschuldigungen der Kirchen oder der islamischen Instanzen für
derartige kriegstreiberische Aussagen gegeben haben, wir sie aber
alle nur nicht vernommen haben? Das Lamentieren der katholischen
Kirche über ihre Kritiker unter dem Hinweis auf die Verfolgungen
der Kirche durch die Nazis bleibt solange Schall und Rauch, wie die
Kirche sich nicht vom „Feldgesangbuch“ der Jahre 1939 bis 1945
öffentlich distanziert hat.
Und Distanzierungen sämtlicher Glaubensgemeinschaften vom Terror
sind für mich solange nicht akzeptabel, wie nicht eindeutig
erklärt wird: Der selbstmörderische Mörder und auch der Politiker
als Aggressor kommen nicht ins Paradies, sondern sie verdienen die
Verdammnis.
Ulrich Sander
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