26.03.2010
„Wir werden uns den Mund nicht verbieten lassen“
Ein rechtsextremer Filmkaufmann
klagt gegen die VVN-BdA
Von Ulrich Sander am 25. März 2010
Karl Höffkes, Besitzer einer Unmenge von filmischem
Nazi-Propagandamaterial, das er entsprechend einsetzt, will Kritiker
an seinen Aktivitäten mundtot machen. Am 13. April stehen Vertreter
der VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten) in Berlin vor Gericht, die es
gewagt hatten, vor Höffkes zu warnen und ihn einen
Rechtsextremisten zu nennen.
Am
23. Juli vorigen Jahres berichtete die Westfälische Rundschau (WR)
aus der WAZ-Gruppe: „Karl Höffkes sammelt Filmmaterial aus der
Zeit bis 1946. Sein Archiv im westfälischen Gescher zählt zu den
größten der Republik. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich die
Großen der TV-Branche gerne bei ihm bedienen.“ Alles deutete
darauf hin, dass sich auch die WAZ-Gruppe bei Höffkes bedienen
wollte, so wie Stefan Aust und Guido Knopp. Denn am Schluss des
Artikels wurden die Leserinnen und Leser unverhohlen zur Mitarbeit
bei den Projekten des Höffkes aufgerufen. Wollte die WAZ-Gruppe
ihrer „Mediathek für die Ruhr und ganz NRW“, die sie aufbaut,
nun auch Filme wie „Der Nationalsozialismus im Alltag“
hinzufügen, wie sie Karl Höffkes bereits seit Jahren mit „Zeitzeugen“
aus der NSDAP produzierte?
Die VVN-BdA aus NRW protestierte bei der WR-Chefredaktion gegen
die sich anbahnende Zusammenarbeit. Denn Höffkes war ihr kein
Unbekannter. Sprecher der VVN-BdA nannten ihn einen „rechtsextremistischen
Propagandisten“.
Dafür gab es viele Gründe. Höffkes, 1954 in Oberhausen
geboren, hatte solche Funktionen inne wie: Vorstandsmitglied der
neonazistischen „Gesellschaft für freie Publizistik“, Autor des
einschlägig bekannten Grabert-Verlags, Redakteur der
nationalrevolutionären Zeitschrift „Wir selbst“, Leiter des „Heitz
& Höffkes“-Verlags mit unzähligen kriegsverherrlichenden und
die Nazis verharmlosenden Produktionen, Autor des rechten
Druffel-Verlags und der „Nation und Europa“. Seine Aktivitäten
und Eigenschaften werden vom Hauptstaatsarchiv Stuttgart in den
Worten zusammengefasst: „Der rechtsextreme Historiker Karl
Höffkes befragt Artur Axmann, der von 1940 bis 1945
Reichsjugendführer war.“ (1) Höffkes hat die Schriften Axmanns,
der die Jugend in den Tod trieb, selbst aber 83 Jahre alt wurde,
verlegt und hat ihm in „Nation und Europa“ einen hymnischen
Nachruf gewidmet (2). Doch nicht nur länger zurück liegende
Produktionen weisen Höffkes als Rechtextremen aus, auch heute
liefert er den Nazis das nötige Rüstzeug für den Heimabend und
die Aufmarschvorbereitung, so die „Geheimakte Hess“, als DVD
2004 vom NPD-Parlamentsmitarbeiter Olaf Rose produziert.
Derzeit ist Höffkes Chef bei „Polarfilm“, der Firma mit den
guten Beziehungen zu „Spiegel“ und ZDF, derer er sich rühmt.
Die VVN-BdA hat allerdings Hinweise, dass in anderen Medienhäusern
die Fa. „Polarfilm“ und ihr Chef nicht einmal mit spitzen
Fingern angefasst werden. Damit dies anders wird und weil er weitere
gute Geschäftsbeziehungen knüpfen will, darunter auch solche, die
der Finanzierung rechtsextremer Unternehmungen dienen könnten, wie
fachkundige Beobachter vermuten, will er sich nicht durch
Enthüllungen stören lassen. Was das Hauptstaatsarchiv Stuttgart
darf, soll die VVN-BdA nicht dürfen: Höffkes einen Rechtsextremen
nennen – und die Wahrheit über ihn verbreiten.
Deshalb sollen die VVN-BdA-Vertreter Jürgen Schuh (Düsseldorf)
und Thomas Willms (Berlin) ihre im Internet verbreiteten Urteile und
Fakten über Höffkes zurücknehmen und nie wiederholen, es sei denn
sie nehmen 250.000 Euro oder 6 Monate Ersatzhaft in Kauf. Am 13.
April sollen sie bei einer mündlichen Verhandlung vorm Landgericht
Berlin um 11.30 Uhr am Tegeler Weg 17 erscheinen.
Höffkes hat sich nie öffentlich und umfassend von seinen
früheren Auffassungen und Veröffentlichungen distanziert. Er meint
gelernt zu haben, dass die Meinungsfreiheit, die heute gegeben ist,
im Nationalsozialismus gefehlt habe. Für ihn ist das aber wohl vor
allem die Freiheit, seine kriegsverherrlichenden Machwerke weiter zu
vertreiben, seinen antifaschistischen Kritikern will er aber weiter
verbieten, ihre Meinung zu sagen. Er will eben doch wohl lieber den
„Alltag im Nationalsozialismus“ zurück haben. Die VVN-BdA wird
sich aber den Mund nicht verbieten lassen, erklärte ein Sprecher.
Sie fordert ZDF und Spiegel-TV auf, die Zusammenarbeit mit Höffkes
aufzukündigen und es den Redaktionen gleichzutun, die Kontakte zu
Höffkes ablehnen.
1) www.2.landesarechiv-bw.de
2) NE 11-12/1996 Mit freundlicher Genehmigung durch: http://www.hintergrund.de/
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