13.03.2010
Gemeinsam gegen nationalen Kleingeist und für
internationale Solidarität
Zur 29. antifaschistische
Landeskonferenz in Duisburg
Mehr als 80 Antifaschist(inn)en aller Altersgruppen, die
überwiegend aus dem Rhein-Ruhr-Gebiet kamen, trafen sich am 27.
Februar im Duisburger Internationalen Zentrum der Volkshochschule
zur mittlerweile 29. antifaschistischen Landeskonferenz. Unter dem
Konferenzmotto "Internationale Solidarität Gegen nationalen
Kleingeist" berieten sie über ein breites Themenspektrum.
Nicht unwichtig war dabei der Erfahrungs- und Informationsaustausch
zur Vorbereitung der Aktionen gegen die von pro NRW geplante
provokatorische "Konferenz für ein Minarettverbot am 27. April
sowie des geplanten Sternmarschs auf die Moschee in Duisburg-Marxloh.
Insbesondere in einer Arbeitsgruppe am Nachmittag besprachen
Teilnehmer(innen) aus dem Rheinland und dem Ruhrgebiet, wie der
Stand der Mobilisierung ist und was noch bis zum Ende des Monats zu
tun bleibt, um den Rassisten eine Niederlage wie bei ihren beiden
Provokationsversuchen in Köln beizubringen.
Am Vormittag gab es Beiträge verschiedener Referenten zu
unterschiedlichen Themenschwerpunkten, die sich alle um den
Schwerpunkt Rassismus und den nötigen Widerstand gegen diese
menschenfeindliche Ideologie und Praxis drehten. Den Anfang machte
Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der FIR (Internationale
Vereinigung der Widerstandskämpfer Bund der Antifaschisten), der
auf die Bedeutung der internationalen Solidarität im
antifaschistischen Kampf hinwies. Antifaschismus war von Beginn an,
d.h. seit Beginn der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts
international und diese Haltung sei auch und gerade heute, in einer
Zeit, in der rassistische und faschistische Kräfte in vielen
Ländern (nicht nur) Osteuropas stärker werden, unabdingbar.
In einem im Ton leisen, aber umso eindrucksvolleren Beitrag
schilderte Roman Franz vom Landesverband Deutscher Sinti und Roma
NRW die bedrohliche Situation einiger zehntausend Menschen, allein
in Nordrhein-Westfalen, die als Flüchtlinge vor allem aus dem
ehemaligen Jugoslawien in Deutschland nur geduldet werden und
jederzeit in die Nachfolgestaaten Jugoslawiens abgeschoben werden
können (und auch in einigen Gemeinden abgeschoben werden). Franz
forderte im Namen des Verbandes deutscher Sinti und Roma ein
Bleiberecht nach 5 Jahren Duldung (3 Jahre bei besonders betroffenen
Personen) und bat die Versammlung um Unterstützung bei der
praktischen antirassistischen Arbeit zugunsten der Menschenrechte
der Sinti und Roma.
Jörg Detjen aus Köln, Fraktionsvorsitzender der LINKEN. im Rat,
schilderte seine Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit pro Köln
um den Bau der Moschee in Ehrenfeld. "Der Bau eines
Gotteshauses ist auch ein Zeichen dafür, dass Menschen bleiben
wollen", schätzte er ein und warb dafür, Linke sollten ihre
vielfach vorhandene Zurückhaltung, wenn es um den Moscheebau gehe,
aufgeben und solche Projekte unterstützen.
Dem widersprach Düzgün Altun vom Bundesvorstand der DIDF
(Föderation der demokratischen Arbeitervereine). Zwar bejahte auch
er das Grundrecht auf freie Religionsausübung für alle Gläubigen,
sah aber im Bau von Moscheen kein Ziel, für das Linke eintreten
müssten. Er beschrieb die rechte türkische Szene in der
Bundesrepublik, die sich teilweise ein religiöses Deckmäntelchen
umhänge, aber weiterhin die alte nationalistische und häufig
faschistische Ideologie verträte. Leider reichte die knapp
bemessene Zeit nicht aus, um im Plenum die Podiumsbeiträge zu
diskutieren.
In den nachmittäglichen Arbeitsgruppen ging es neben der
Auseinandersetzung mit pro NRW um die wieder verstärkt auftretende
Totalitarismusdoktrin (Rechtsextremismus/Linksextremismus), die die
Arbeit antifaschistischer Gruppen erschwert, das längst
überfällige Verbot der NPD und den neuen deutschen Militarismus.
tri Text: Mit freundlicher Genehmigung der antifaschistischen
nachrichten, Nr 5 2010 Bilder: Jochen Vogler
Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der FIR (Internationale
Vereinigung der Widerstandskämpfer Bund der Antifaschisten), wies auf die Bedeutung der internationalen Solidarität im
antifaschistischen Kampf hin. |
In einem im Ton leisen, aber umso eindrucksvolleren Beitrag
schilderte Roman Franz vom Landesverband Deutscher Sinti und Roma
NRW die bedrohliche Situation einiger zehntausend Menschen und bat die Versammlung um Unterstützung bei der
praktischen antirassistischen Arbeit zugunsten der Menschenrechte
der Sinti und Roma. |
Jörg Detjen aus Köln, Fraktionsvorsitzender der LINKEN. im Rat,
schilderte seine Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit pro Köln
um den Bau der Moschee in Ehrenfeld. "Der Bau eines
Gotteshauses ist auch ein Zeichen dafür, dass Menschen bleiben
wollen". |
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Düzgün Altun vom Bundesvorstand der DIDF
(Föderation der demokratischen Arbeitervereine). Zwar bejahte auch
er das Grundrecht auf freie Religionsausübung für alle Gläubigen,
sah aber im Bau von Moscheen kein Ziel, für das Linke eintreten
müssten. |
Ratschlag im Ruhrpott
Antifaschisten beschließen Aktionen
gegen »Pro NRW« und NPD. Debatte um Religionsfreiheit
Von Mats Fogeman
Etwa 80 Vertreter verschiedener antifaschistischer Organisationen
trafen sich im Duisburger »Internationalen Zentrum« zu einem
Gedanken- und Erfahrungsaustausch. Wenige Monate vor der
Landtagswahl richtete sich die Konferenz unter der Losung
»Internationale Solidarität gegen nationalen Kleingeist« auch
gegen die Kandidaturen von NPD und »Pro NRW«.
Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der Internationalen
Föderation der Widerstandskämpfer (FIR), betonte, historisch
gewachsen sei der Internationalismus heute fester Bestandteil
antifaschistischer Politik, etwa in Form von praktiziertem
Antirassismus oder bei länderübergreifenden Mobilisierungen wie
etwa jüngst gegen den Neonaziaufmarsch in Dresden.
Roman Franz (Landesverband Deutscher Sinti und Roma NRW)
beschrieb die prekäre Lage von rund 25000 Roma, die in NRW ohne
deutschen Paß leben. Als bloß »geduldete Ausländer« seien die
ehemaligen Bürgerkriegsflüchtlinge, die oftmals am Existenzminimum
lebten, permanent von »brutaler Abschiebung« bedroht. In ihren
südosteuropäischen Herkunftsländern drohten den Roma als
Hauptleidtragenden der Balkankrise Diskriminierung, Pogrome und
Mord.
Wie es der rechten Organisation »Pro Köln« mit ihrer Hetze
gegen einen Moscheebau im Stadtteil Ehrenfeld gelungen ist, in das
konservative und neoliberale Lager einzubrechen, schilderte Jörg
Detjen. Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Kölner Stadtrat
warnte angesichts von Kontakten der »Pro«-Organisation zu
britischen und tschechischen Holocaust-Leugnern davor, sie als als
bloße rassistische Vereinigung zu verharmlosen. Er sprach sich
ausdrücklich für das Moscheebauprojekt aus und plädierte für die
Verteidigung der Religionsfreiheit. Antifaschisten dürften »keinen
Millimeter vor der Einschränkung der Grundrechte zurückweichen«.
Dem widersprach Düzgun Altun vom Bundesvorstand der Föderation
der demokratischen Arbeitervereine (DIDF). Angesichts des Einflusses
und der Aktivitäten der faschistischen »Grauen Wölfe« unter
türkischen Migranten müsse man genau hinsehen, was sich an solchen
Orten abspiele.
In Arbeitsgruppen tauschten die Teilnehmer beispielsweise
Erfahrungen aus der Auseinandersetzung mit »Pro NRW« in
verschiedenen Städten des Bundeslandes aus und setzten sich
kritisch mit dem Extremismusbegriff der Verfassungsschutzbehörden
als Instrument zur Diffamierung des Antifaschismus auseinander. Das
Plenum beschloß einstimmig, zu Protestaktionen gegen geplante
Aufmärsche von NPD und »Pro NRW« am letzten Märzwochenende in
Duisburg und Recklinghausen aufzurufen.
Die Statements und Referate der Konferenz werden in einer
Broschüre publiziert, die in Kürze über die VVN-BdA in NRW (Gathe
55, 42107 Wuppertal) zu beziehen ist.
aus: junge
welt vom 01.03.2010
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