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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
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Landesvereinigung NRW

 

11.03.2010

Leserbriefe WR vom 8. März 2010Ein Drama

Bundesverfassungsgericht macht Rechte zu Siegern

Von Malte Hinz

Ich sehe sie schon vor meinem geistigen Auge in ihren Stammkneipen sitzen, den Erfolg begießen und ausländerfeindliche Sprüche johlen - die Rechtsextremen. Und längst nicht nur die in Augsburg. Sie feiern. Das allein ist schon schlimm genug. Dass sie allerdings nun in die Lage versetzt wurden, kurzer Artikel WR vom 6. März 2010 eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu bejubeln, ist für Demokraten auch außerhalb Bayerns ein Drama. 

Die 1. Kammer des Ersten Senats am Bundesverfassungsgericht hat der auf den Schutz von Ausländern und demokratischen Spielregeln angelegten Debatte gegen Rechts unerwartet heftig in den Hacken getreten. Das Gericht stellt sich auf den Standpunkt, dass plakatierte Forderungen nach "Ausländerrückführung" oder auch die Parole "Ausländer raus" allein keine Volksverhetzung darstellten und deshalb vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt seien. Mit dieser allein rechtstheoretischen und die gesellschaftspolitischen Realitäten negierenden Entscheidung macht Karlsruhe die Akteure der Nationalen Opposition in Augsburg zu Siegern. Und es erklärt die Richter von Amts- und Landgericht Augsburg und selbst des Bayerischen Obersten Landgerichts zu juristischen Deppen. Die hatten die Rechtsextremen zuvor nämlich zu Geldstrafen verurteilt. Sie sahen in den Plakaten völlig nachvollziehbar und (politisch) korrekt einen "Angriff auf die Menschenwürde durch böswilliges Verächtlichmachen eines Teils der Bevölkerung". Die Bundesverfassungsrichter wähnen sich nun klüger und sind sicher, dass zu vollendeter Volksverhetzung mehr gehört als die schon viel zu lange ertragenen Parolen. Dem mit rechten Sprüchen angegriffenen Ausländer, sagt die Kammer des Ersten Senats, müsse zumindest auch das "Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit" abgesprochen oder er müsse "als unterwertiges Wesen" behandelt werden. Aber das genau, sehr verehrte Verfassungsrichter, tun diejenigen, die ausländische Menschen aus Deutschland rauswerfen oder sie - mit welchem Ziel auch immer - rückführen wollen. Und zwar nicht nur (rechts-)theoretisch.

Westfälische Rundschau vom 06.03.2010, Seite 2

Mit freundlicher Genehmigung der WR.

Artikel WR vom 6. März 2010