11.02.10
VVN-BdA fordert Mahntafeln
Zur Erinnerung an die Untaten
der Wirtschaftseliten in der Zeit 1933 bis 1945
Von Peter Kleinert
Im Rahmen ihrer Spurensuche und Rallye „Verbrechen der
Wirtschaft 1933-1945“ hat die VVN-BdA in NRW am Samstag
beschlossen, eine Reihe von Bürgeranträgen auf den Weg zu bringen.
Örtliche Mahnwachen und Publikationen haben bereits zur Aufklärung
über die Verbrechen der Wirtschaft in der Nazizeit beigetragen. So
wurde von der VVN-BdA und anderen AntifaschistInnen u.a. in
Bielefeld an Oetker, in Herten an Zwangsarbeit im Bergbau, in Essen
an Krupp, in Leverkusen an IG Farben und in Köln an Hitler und
Banker in der Villa Schröder erinnert. Anträge auf Mahntafeln
gingen nun den Stadträten in Essen, Bonn und Hagen zu.
Dr. Ernst Achenbach – von der NSDAP zur FDP
Quelle: www.fdpessen.de |
Vom Rat der Stadt Essen fordern die Antifaschisten aktuell, an
der Geschäftsstelle der FDP in der Seidlstraße eine Mahntafel
anzubringen. Deren Text soll darauf hinweisen, dass in der
Nachkriegs-FDP in Essen Dr. Ernst Achenbach eine bedeutende Rolle
als Parteivorsitzender, als Bundestags- und Landtagsabgeordneter
gespielt hat. In der Nazizeit war Ernst Achenbach der
Geschäftsführer der „Adolf-Hitler-Spende der deutschen
Wirtschaft“ für die NSDAP.
Von Juni 1940 bis Mai 1943 war Rechtsanwalt Achenbach als
Botschaftsrat und später als Gesandtschaftsrat Leiter der
Politischen Abteilung der Botschaft in Paris. Im Rahmen dieser
Tätigkeit war Achenbach auch für die Durchführung der
Judendeportationen in die Vernichtungslager der Nazis
mitverantwortlich. 1944/45 war er Soldat. Später versuchte er
gegenüber den amerikanischen Ermittlern die deutsche Botschaft in
Frankreich als Hort der Verschwörung gegen Hitler darzustellen und
behauptete von Judendeportationen, Geiselerschießungen u. ä.
nichts gewusst zu haben. Nach der Befreiung vom Faschismus – so
die VVN-BdA – sorgte er in der FDP dafür, „dass in ihr
führende Nazis mitwirken durften und dass die NS-Verbrecher
straffrei blieben".
Günther Quandt – durch „Arisierung“
jüdischer Kaufleute steinreich geworden Quelle:
de.indymedia.org |
Beim Rat der Stadt Hagen wird beantragt, am Verwaltungsgebäude
der Firma VARTA in Hagen eine Mahntafel anzubringen, deren Text
darauf hinweist, dass dort einst Günther Quandt residierte, „ein
enger Partner der Nationalsozialisten, die er förderte und von
denen er wiederum unterstützt wurde“. Quandt habe durch „Arisierung“
jüdische Kaufleute beraubt, einen der größten Rüstungskonzerne
aufgebaut, die im Zweiten Weltkrieg systematisch Zwangsarbeiterinnen
und Zwangsarbeiter ausbeuteten, so dass viele von ihnen starben. Mit
seinen Verbrechen habe Quandt ein großes Vermögen angehäuft, und
daher gehörten seine Nachkommen auch heute noch zu den reichsten
Familien Europas. Die Herbert-Quandt-Stiftung unterhält seit 1996
das Projekt "Trialog der Kulturen" und missbraucht Schulen
nun dazu, ihr Image zu verbessern..
Deutsche Bank-Chef Hermann-Josef Abs – als
Aufsichtsrat der IG Farben mitverantwortlich für
Monowitz
Quelle: http://de.wikipedia.org |
Dem Bonner Bürger Hermann-Josef Abs soll der Stadtrat eine
Mahntafel am Gebäude der Deutschen Bank widmen. Abs habe an der
Spitze dieser Bank „eine führende Rolle in der Wirtschaft der
NS-Zeit gespielt“.
1941 wurde er Mitglied des Aufsichtsrates der Kontinentale Öl AG
und Aufsichtsratsvorsitzender der Pittler Werkzeugmaschinenfabrik
AG, einer Maschinenbaufirma in Leipzig für die Produktion von
Waffensystemen und Munition. Ende 1942 bestand dort die Belegschaft
zu einem Drittel aus Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen. Im Herbst
1944 war Abs Aufsichtsratschef der Mechanik GmbH Rochlitz, einem
Hydraulik-Hersteller für die Kriegsproduktion, die in Wansleben bei
Halle ein unterirdisches KZ-Außenlager mit etwa 1.000
Zwangsarbeitern und Häftlingen betrieb. Kurz nach dem Überfall auf
die Sowjetunion begrüßte Abs in einem Brief an den finnischen
Bankier Rainer v. Fieandt den Krieg gegen die Sowjetunion als Kampf
„gegen den größten Feind aller Freiheit und Menschlichkeit“.
Ungeklärt ist bis heute, was Abs als Aufsichtsrat der IG Farben vom
Vernichtungslager Auschwitz und der dortigen Baustelle der IG Farben
wußte. Die IG Farben baute für 900 Millionen Reichsmark ein
Bunawerk in der Nähe des Vernichtungslagers. 25.000 Häftlinge
starben auf der Baustelle oder im Außenlager Monowitz, das von der
SS für die IG Farben betrieben wurde. Angesichts der großen
Geldsumme für die Anlage müsste Abs aber davon gewusst haben.
Außerdem war Abs als Vorstand der Deutschen Bank auch an der
Arisierung von jüdischen Unternehmen und Banken mitverantwortlich.
Über ihn und die Deutsche Bank berichtete im März 1947 der
Omgus-Report (Report einer US-amerikanischenn
Regierungsorganisation): „Es wird empfohlen, daß die Deutsche
Bank liquidiert wird." Die Vorstandsmitglieder der Deutschen
Bank sollten „angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht
gestellt werden, die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von
der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im
wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen
werden". Im späteren Entnazifizierungsverfahren wurde er in
die Kategorie „entlastet“ eingestuft und war dann von 1957 bis
1967 Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG.
Nazi-Diktatur in Köln verabredet
Insgesamt, so Ulrich Sander, Sprecher der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten in NRW, soll diese “Rallye“ nicht nur auf die
verhängnisvolle Rolle von Wirtschaftskreisen in der NS-Zeit
hinweisen, sondern gleichzeitig „der Mahnung dienen, solche
Verbrechen – z.B. durch Rüstungsexport und Rüstungsindustrie –
nie wieder zuzulassen“. In den Anträgen an die Stadträte wird
auch auf das Vorbild der Stadt Köln verwiesen. Sie habe dafür
gesorgt, dass seit 1996 vor dem Hause Stadtwaldgürtel 35 ein Schild
in Köln in den Boden eingelassen wurde: „Hier, im Haus des
Privatbankiers Kurt Freiherr von Schröder, trafen sich am 4. Januar
1933 Adolf Hitler und Franz von Papen, um über eine
Regierungsbildung zwischen Nationalsozialisten und
Rechtskonservativen zu beraten. In einem Gespräch wurden die
Weichen für Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933
gestellt und die Voraussetzungen für die menschenverachtende
Diktatur der Nationalsozialisten geschaffen. Kurt von Schröder
unterstützte bereits vor 1933 die Ziele des Nationalsozialismus und
organisierte nach 1933 finanzielle Leistungen der deutschen
Wirtschaft an die SS."
Die NRhZ wird natürlich darüber berichten, wie die Stadträte
von Bonn, Essen und Hagen auf diese ersten Anträge reagieren. (PK)
Mit freundlicher Genehmigung: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14753
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