15.09.09
"...und forderten in selbst gefertigten
Handzetteln zum Sturz Hitlers auf"
Rede zum Gedenken für die von
den Nazis ermordeten Antifaschisten am 13. September 2009 auf dem
Bochumer Hauptfriedhof
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Johann Schmitfranz, 1898 - 6.11.1944 |
Josef Langner, 1900 - 13.12.1943 |
Wilhelm Thiesbürger, 1915 - 15.1.1945 |
Moritz Pöppe, 1887 - 6.11.1944 |
Friedrich Hömberg, 1912 - 4.10.1943 |
Wilhelm Schpenk, 1919 - 2.5.1944 |
Bernhard Nast, 1900 - 22.12.1942 |
Erich Schröder, 1897 - 8.2.1937 |
Wie
jedes Jahr gedachte die VVN-BdA Bochum der ermordeten
antifaschistischen Bochumer Widerstandskämpfer. Statt wie bisher
dieses Gedenken am Volkstrauertag abzuhalten, wurde in diesem Jahr
zum 2. Mal der 2. Sonntag im September, der Gedenktag für die Opfer
des Faschismus, gewählt. Dieser Tag scheint uns sehr viel
angemessener als der Volkstrauertag zu sein! (vgl. dazu unseren
Beitrag zum Gedenktag auf unserer Homepage www.vvn-bda-bochum.de).
Im folgenden die Rede von Dr. Klaus Piel:
Liebe Bochumer Mitbürgerinnen und Mitbürger!
Wir haben uns heute hier versammelt, 70 Jahre nach dem Beginn des
2. Weltkrieges, um an die Opfer des Faschismus zu erinnern, an den
antifaschistischen Widerstand hier in Bochum und speziell an die
Widerstandsgruppe um die Kommunisten Pöppe und Schmidtfranz.
Die Nazijustiz hat sie vor 65 Jahren zum Tode verurteilt und
hingerichtet, weil sie ungebrochen durch Zuchthaus und Gefängnis
weiterhin Widerstand gegen den Hitlerfaschismus leisteten.
Über 20 Männer und Frauen umfasste die wohl aktivste Bochumer
Widerstandsgruppe in der Kriegszeit.
Sie hörten ausländische Sender ab, bauten Kontakte zu anderen
Widerstandskämpfern auf, verbreiteten Flugblätter auch der
Münchner Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ und forderten in
selbst gefertigten Handzetteln zum Sturz Hitlers auf.
Aber auch an die Namen Friedrich Hömberg, Josef Langner,
Bernhard Nast, Wilhelm Schpenk, Wilhelm Thiesbürger und Erich
Schröder will ich erinnern, an ihren Widerstand, aber auch an ihr
Leiden; ebenso an Karl Springer und Fritz Husemann, dessen Grab sich
nicht weit von hier befindet.
Vor ihrem Einsatz, ihrem Mut und ihrer Konsequenz verneigen wir
uns heute. Ihr Vorbild verpflichtet, sich der Barbarei entgegen zu
stemmen, wo immer wir auf sie stoßen, in welchem Gewand sie auch
daher kommt.
In Cuba und im lateinamerikanischen Raum bezeichnet man Menschen,
die für ein solches Ziel im Widerstand ihr Leben ließen, als
mártires, als Märtyrer. Und sie werden dort als Vorbilder hoch
geachtet.
Anders inzwischen in Deutschland. Hier muss man als
Widerstandskämpfer gegen die Nazibarbarei inzwischen – bildlich
gesprochen – das „richtige Parteibuch“, den richtigen
Stallgeruch haben, um von Politik und Medien die entsprechende
Anerkennung zu erfahren.
So wurde auch der nach dem 2. Weltkrieg vorhandene breite
antifaschistische Konsens im Zuge der politischen Restauration
aufgegeben, der Gedenktag mit seiner Losung „ Nie wieder Krieg“
in einen Heldengedenktag pervertiert. Mit diesem Ehrenmal macht
Bochum allerdings eine rühmliche Ausnahme.
Wir sind inzwischen wieder so weit, dass wir an neuen Kriegen
aktiv beteiligt sind. Denn Kriege sind wieder hoffähig geworden,
das Militärische ist endgültig enttabuisiert. Ich erwähne nur
Jugoslawien und Afghanistan. Und auch neue Heldengedenkstätten
stehen wieder hoch im Kurs.
Dagegen wurden und werden antifaschistische, friedensbewegte
Menschen und Organisationen als kommunistisch gesteuert desavouiert,
schikaniert, als Staatsfeinde betrachtet und vom Verfassungsschutz
überwacht.
Zweck dieser militärischen Einsätze und Ziel des dahinter
stehenden Weltbildes ist nicht eine friedlichere solidarischere
bessere Welt und die pathetisch deklarierten humanitären Ziele
sondern die Sicherung unseres Wohlstandes, unserer Privilegien,
unseres Überflusses zu Lasten der Menschen des Südens und zu
Lasten der Abgehängten und im kapitalistischen Sinne
Überflüssigen in unserer eigenen Gesellschaft.
Es geht um Herrschaft. Es geht um die Bewahrung der jetzigen
politischen Ordnung. Es ist der anhaltende Klassenkampf oben gegen
unten.
Ganz oben steht das Finanzkapital, die Verschmelzung von
Großbanken und Industrie. Das Finanzkapital braucht einen
ausreichend starken Staat, um seine Interessen nach innen und nach
außen durchzusetzen.
Nach außen braucht es einen Staat, der Expansionspolitik
betreiben kann, der seine Friedensideale unterordnet oder gleich
ganz entsorgt, der sich selbst in Größen- und Machtwahn
überhöht, das Recht anderer Nationen auf politische
Selbstbestimmung und Unabhängigkeit nicht mehr anerkennt, sondern
das Bedürfnis hat sie zu unterwerfen und ihre Reichtümer
aufzusaugen – ganz im Sinne des Profitstrebens des Kapitals.
Diese Unterwerfung anderer wird dann mehr oder weniger offen in
eine Ideologie der rassischen oder nationalen Überlegenheit
eingebettet, in die Vorstellung des von Gott ausgesuchten Volkes z.
B. oder in die Ideologie von Herren- und Untermenschen.
Aber auch die geschickte Wiederbelebung des Nationalen in der BRD
ist für mich so ein Pflänzchen, das ausgewachsen das
Ungeheuerliche wieder möglich machen kann.
Nach innen wendet sich eine solche Ideologie gegen die kritische
Intelligenz, aber auch und gerade gegen die ökonomischen Verlierer
dieser Gesellschaft, gegen die Abgehängten und Überflüssigen.
Die müssen unten und ruhig gehalten werden, zum Teil durch die
reichlichen Angebote der Rubrik „Brot- und- Spiele“,
- durch das Stillhalten unserer staatskonformen und neoliberal
ausgerichteten Medien,
- durch die Aushöhlung demokratischer Rechte,
- durch einen zunehmenden Überwachungsstaat,
- durch Einschüchterung bis hin zur Kriminalisierung der
Widerständigen
- und durch Schaffung von resignativen Ängsten angesichts des
möglichen Absturzes vieler in die unerträglichen Hartz-IV –
Lebensunwirklichkeiten.
Und so manche halten diese sich zuspitzenden Entwicklungen in der
BRD und weltweit für eine bedrohliche Wiederbelebung faschistischer
Ansätze.
Chomsky sagt in diesem Zusammenhang Folgendes:
“Die Staaten des Westens werden keineswegs, wie es ihr
ideologischer Anspruch ist, demokratisch von ihrer Bevölkerung
regiert, sondern stehen im Dienst gewaltiger Konzentrationen
wirtschaftlicher Macht, die imstande sind, die staatliche Politik
in ihrem eigenen Interesse auszuarbeiten und zu lenken.”
Und Chomsky weiter:
“Es gibt keinen Schrecken, keine Grausamkeit, kein
Sakrileg und keinen Meineid, keinen Betrug, keine Niedertracht,
keinen zynischen Raub, keine freche Plünderung und keinen
schäbigen Verrat, der noch nicht von den Vertretern der Staaten
begangen wurde oder täglich begangen wird, unter keinem anderen
Vorwand als jenen dehnbaren Worten, die so bequem sind und doch so
schrecklich: ›aus Staatsraison‹.”
Und ich würde ergänzen „aus kapitalistischer Logik und
Notwendigkeit”.
In diesem Zusammenhang darf ich auch an die vielen Umstürze
erinnern, die die USA mit dieser Ideologie nicht nur in
Lateinamerika herbeigeführt haben, an die Einsetzung und
Unterstützung von menschenverachtenden verbrecherischen Diktaturen
dort und anderswo.
Und die USA gelten in unseren Mainstreammedien und für unsere
Politik in Deutschland und in der EU immer noch als die Wiege der
Demokratie, als nachzueiferndes Vorbild trotz Guantanamo, Bagrain,
Abu Grebh, trotz vieler völkerrechtswidriger Kriege und anderer
Verbrechen.
Eine dieser kriminellen Aktionen der USA war die Operation
Condor, ein verbrecherischer Pakt der Militärregierungen der 70er
Jahre in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Paraguay und
Urugay, dem in ganz Lateinamerika über 100.000 Menschen zum Opfer
fielen.
Über die Hälfte davon waren Gewerkschaftler, Studierende ,
Lehrende, Anwälte, Ärzte, Kirchenangehörige, Journalisten,
Menschenrechtsaktivisten, Künstler, Intellektuelle, kurz die
denkende Klasse Lateinamerikas.
Der geistige Anstifter dieser Verbrechen war der ehemalige
US-Außenminister Henry Kissinger, der in Deutschland und weltweit
immer noch hohes Ansehen genießt. Ähnliches lief im Vietnam der
Endsechziger Jahre mit der Operation Phoenix ab.
Die Schule der Putschisten und Folterer in den USA, die SOA, die
School of the Americas oder School of Assasins, die Schule der
Mörder, wie sie von Kritikern genannt wird, gibt es heute noch. Sie
wurde nur nach heftigen Protesten auch vor Ort in „Western
Hemisphere Institute for Security“ umbenannt. Sonst blieb alles
beim alten. Sie bildet nach wie vor Militärs aus vielen Ländern
dieser Welt aus, nach den gleichen Lehrbüchern und der gleichen
Ideologie.
Subversive Politiken und Techniken der USA gerade auch in den
sich politisch neu formierenden Ländern Lateinamerikas gibt es
immer noch.
Ich darf beispielhaft an die Unterstützung des Putsches in
Venezuela, die anhaltenden Destabilisierungsversuche dort und in
Bolivien erinnern und an die Unterstützung des militaristischen
Vasallenstaates in Kolumbien unter dem Deckmantel des
Antidrogenkampfes und der Terrorismusbekämpfung.
Auch dort gehört die Ermordung und Folterung von
Oppositionellen, von Gewerkschaftlern und Intellektuellen ebenso zur
Tagesordnung wie die Vertreibung von inzwischen 4 Millionen
Landbewohnern mit dem Ziel der Kontrolle des ländlichen Raumes und
des Landraubes.
Es gibt eine unheilige Allianz von Militärs, Paramilitärs,
kolumbianischen Regierungskreisen und der CIA, die dies in den 60er
Jahren als sogenannte „Aufstandsbekämpfungsstrategie“
entwickelte. Gedenken für die von den Nazis ermordeten
Antifaschisten am 13. September 2009 auf dem Bochumer Hauptfriedhof
Die Opfer ihres Terrors wurden und werden auf bestialische Weise
gefoltert, ermordet, bisweilen mit Kettensägen oder Macheten bei
lebendigem Leib zerstückelt.
Und man muss wissen, dass auch Deutschland und die EU dieses
Regime in Kolumbien hofiert und ein Regime-Change etlicher
demokratisch gewählter fortschrittlicher Regierungen in
Lateinamerika z.B. mittels NGO`s, aber auch durch die
Parteienstiftungen betreibt.
Ein besonders unrühmliches aktuelles Beispiel ist die offene
Unterstützung des Putsches in Honduras durch die FDP-nahe
»Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit« (FNF).
Mit der Achtung von menschlichen Werten, religiösen Geboten, dem
Respekt vor dem Leben des Mitmenschen, seiner Würde und Rechte, mit
der Achtung des Völkerrechts hat dies alles absolut nichts zu tun,
schon gar nichts mit Freiheit und Demokratie, diesen geschundenen
Begriffen. Und hier komme ich wieder zu dem Anfang meines Referates,
dem Mut zum Widerstand , dem Mut nicht Wegzuschauen, dem Mut,
hierfür auch in letzter Konsequenz das Leben einzusetzen,
beispielhaft vorgelebt durch die Menschen, denen wir heute gedenken.
Gedenken für die von den Nazis ermordeten Antifaschisten am 13.
September 2009 auf dem Bochumer Hauptfriedhof
Wir wollen eine Rückkehr dieser Barbarei nicht, die im
Hitler-Faschismus 55 Millionen Weltkriegstote zu verantworten hatte
und die Ermordung von 6 Millionen Juden, von Hunderttausenden Sinti
und Roma, von Zwangsarbeitern, Behinderten und Homosexuellen.
Besonders betroffen macht mich die Leichtigkeit, mit der es den
Nazis gelang, ein ganzes Volk mit ihrer Propaganda gleichzuschalten
und einzubinden in ihre Vernichtungsfeldzüge nach innen und außen.
Betroffen macht mich als Arzt auch das reibungslose Mitmachen
vieler Mediziner, was ihnen im neu gegründeten Nachkriegsstaat -
wie auch anderen stark belasteten Berufsgruppen- wie Juristen und
Militärs z.B. - in der Regel nicht zum Nachteil gereichte, eher im
Gegenteil. Auch die an der Euthanasie besonders beteiligten
Psychiater setzten nach Kriegsende ihre Karrieren mit wenigen
Ausnahmen ungebrochen fort, ihr Menschen- und Weltbild weitergebend.
Ein grauer bleierner Mantel des Schweigens legte sich in den
Nachkriegsjahren auf die NS-Zeit und auf die Schuld vieler, ein
Mantel, der lange nicht gehoben, eine Schuld, die lange nicht
aufgearbeitet wurde - ein schwerer Geburtsfehler dieser Republik, an
dem wir heute noch kranken.
Der Kapitalismus und seine Protagonisten haben die
nationalsozialistische Herrschaft möglich gemacht. Kapitalistische
Herrschaft, derzeit angeschlagen, aber immer noch mächtig, könnte
heute wieder auf die faschistische Karte setzen.
Die zugelassene Erstarkung der Neofaschisten gerade auch in der
BRD, die Gleichsetzung von Linken mit Rechtsfaschisten im
öffentlichen Mainstream-Diskurs sprechen schon eine sehr deutliche
Sprache. Ebenso die Bewertung der Linken als Extremisten und
Verfassungsfeinde und der militante Antikommunismus dieses Landes,
ein Beißreflex fast schon von Verfassungsrang. Auch die derzeit
stattfindende Relativierung der Verbrechen des Hitlerfaschismus als
Teil der neuen offiziellen Geschichtsschreibung weist in die gleiche
Richtung. Gedenken für die von den Nazis ermordeten Antifaschisten
am 13. September 2009 auf dem Bochumer Hauptfriedhof
Gegen solche Tendenzen und Entwicklungen kämpfen wir. Wir setzen
uns mit vielen Menschen aus unterschiedlichen Kontexten ein für
eine andere bessere, gerechtere, ehrlichere Welt.
Dies sollte die gemeinsame Lebensaufgabe von uns allen sein statt
den Traum von einem lebenswerten Leben und Zusammenleben aufzugeben,
zu resignieren, sich anzupassen und letztlich gar als Mitläufer
oder Täter zu enden.
Ein humanitäres politisches Engagement wäre so auch ein Weg aus
der Resignation, ein Weg zu einer gefühlten und gelebten
Solidarität, ein Weg zu sich selbst und zu seinen Mitmenschen, ein
Stück Hoffnung und Sinngebung.
Sich zu informieren, aktiv zu werden, zu gestalten, zu
widersprechen und zu widerstehen sollte unsere Devise sein statt
sich bevormunden, verwalten und verdummen zu lassen durch eine
Politik, die selten mehr als die Kunst ist, Menschen davon
abzuhalten, sich in Dinge einzumischen, die sie eigentlich massiv
angehen.
Zu einer solchen Politik sollten wir mit Konstantin Wecker ein
lautes NEIN sagen!
Konstantin Wecker:
Sag nein!
Wenn sie dich jetzt dreist mit Lügen
Um dein Mitgefühl betrügen
Und behaupten nur mit Kriegen
Ließe sich die Welt befrieden
Wenn sie unsre Freiheit schützen
Während sie im Bunker sitzen
Und an Kriegsgerät und Minen
Schon seit langem mitverdienen
Längst den Wiederaufbau planen
Um den Mehrwert abzusahnen
Dann steht auf und misch dich ein:
Sage nein!
Wenn sie voller Schmerzgehabe
Tief gerührt am Heldengrabe
Totgeschossner Krieger stehn
Witwen tief ins Auge sehn
Waisenkinder zärtlich streicheln
Tiefstes Mitgefühl erheucheln
Während sie schon in Gedanken
Im Verein mit Schweizer Banken
Ihren Kriegsgewinn kassieren
Und die Freiheit proklamieren
Dann entlarv die Heucheleien:
Sage Nein!
Wenn sie dich jetzt rekrutieren
Hab den Mut zu desertieren
Lass sie stehn, die Generäle
Und verweigre die Befehle
Menschen werden zu Maschinen
In den Militäranstalten
Niemand soll mehr denen dienen
Die die Welt so schlecht verwalten
Nie mehr solln uns jene lenken
Die nicht mit dem Herzen denken
Lass dich nie mehr auf sie ein
Sage Nein!
Auch wenn das große Ziel einer gerechteren Welt eine Utopie sein
mag, ein seit Jahrtausenden geträumter Menschheitstraum, sollten
wir diesen sicherlich steinigen, schwierigen und nicht ganz
ungefährlichen Weg weiter gehen.
Denn ohne Gerechtigkeit wird es keinen Frieden geben. Und den
bekommen wir nicht geschenkt!
Wir können das nur gemeinsam schaffen. Wir müssen uns Mut
machen, uns gegenseitig stützen und uns Kraft geben für den
notwendigen solidarischen Kampf. Und wir dürfen eine Zersplitterung
unserer Kräfte nicht zulassen. Auf jeden Fall brauchen wir die
notwendige Klarheit und Entschlossenheit für eine solche
Entscheidung. Uns muss bewusst sein, dass man das richtige Leben
nicht im falschen findet.
Ich möchte schließen mit einem Text von Heinrich Böll:
Gerechtigkeit ist schön
„Wir wollen die geborenen Einmischer sein, Einmischung
ist die einzige Möglichkeit realistisch zu sein. Gewalt gibt es
nicht nur auf den Straßen, Gewalt in Bomben, Pistolen, Knüppeln
und Steinen, es gibt auch Gewalt und Gewalten, die auf der Bank
liegen und an den Börsen hoch gehandelt werden.“
„Es wird uns eingeredet, dass Mitleiden in den Bereich der
Sentimentalität gehört. Man will uns einreden, die Zeit der
Humanität sei vorbei, die Zeit des Mitleidens sei vorbei. Das ist
eine Lüge.”
„Absurdität ringsum: im Arbeitssystem, im Banken- und
Geldsystem, dessen kaum mehr zählbare Nullen sich in Seifenblasen
zu verwandeln drohen.
Die Absurdität des Medien- oder Informationssystems. Der
große, wirklich große Autor Gabriel Garcia Marquez… hat nicht
von Literatur gesprochen bei der Nobelpreisverleihung in
Stockholm, er hat von zwanzig Millionen verhungernden Kindern in
Südamerika gesprochen. Ich habe darüber nur sehr wenig, nur in
Andeutungen, in den Zeitungen gelesen. Die mörderische, ja,
mörderische Absurdität unseres Ernährungssystems, angesichts
einer Überproduktion von Nahrungsmitteln - dieses
fürchterliche Schlangestehen vor den Pforten des Hungertodes.
Alles ist darauf angelegt, uns in den Wahnsinn, den Stumpfsinn, in
die Verblödung zu treiben.”
„Dabei ist es schön, ein hungerndes Kind zu sättigen,
ihm die Tränen zu trocknen, ihm die Nase zu putzen, es ist
schön, einen Kranken zu heilen.“
Und er fährt fort:
„Ein Bereich der Ästhetik, den wir noch nicht entdeckt
haben, ist die Schönheit der Gerechtigkeit. Über die Schönheit
der Künste, eines Menschens, der Natur können wir uns halbwegs
einigen. Aber - Recht und Gerechtigkeit sind auch schön, und sie
haben ihre Poesie, wenn sie vollzogen werden.”
In diesem Sinne grüße ich Euch, zu deren Gedenken und zu deren
Ehrung wir uns heute versammelt haben.
Euer Beispiel ist nach 65 Jahren lebendiger denn je. Euer Opfer
ist uns Verpflichtung und Antrieb.
Johann Schmittfranz, Moritz Pöppe und all ihr anderen -
presentes!
Nie wieder Faschismus!
Nie wieder Krieg!
Dr. Klaus Piel
Dr. med. Klaus Piel ist 60 Jahre alt, ist Internist, also Arzt
mit eigener Praxis, viele Jahre Vorsitzender der Humanitären
Cuba-Hilfe.
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