Neonazi wegen möglicher
Anschlagspläne in Haft / Anschläge auf Freiburger Antifa geplant?
Am 26.08.2009 wurde in Weil am Rhein der Neonazi und
JN-Funktionär Thomas B. verhaftet. Es wurden etliche Utensilien zum
Bombenbau sicher gestellt. Hatte die Freiburger Antifa bessere
Untersuchungsergebnisse, als die Polizei? Wir dokumentieren hier
eine Presseschau zum Thema:
Badische Zeitung vom 28.08.2009
Antifa spähte Weiler Neonazi aus – und kritisiert Polizei
Die Festnahme eines Weiler Neonazis, der sich Materialen zum
Bombenbau besorgt hatte, geht auf die Freiburger Antifa zurück.
Diese sagt: "Wir hatten bessere Informationen als die
Polizei."
Werbung Letztendlich mussten die Ermittler diese Woche nur noch
die Handschellen klicken lassen. Der Weiler Bombenbastler aus der
Neonazi-Szene wurde ihnen sozusagen auf dem Silbertablett serviert.
Die Anzeige kam von Unbekannt. Wer den Fall aufgedeckt und bis in
die Details hinein aufgelöst hat, ist dagegen bekannt: Freiburgs
Autonome Antifa hat ganze Arbeit geleistet und so offenbar
terroristische Pläne vereitelt.
Fahnder sind verblüfft
Noch bevor die Ermittler in Lörrach zur Pressekonferenz
eingeladen hatten, hatte die Antifa ein langes Communiqué ins
Internet gestellt, das alle Hintergründe der Verhaftung auflistete
und keine Fragen offen ließ. Hinter vorgehaltener Hand gaben die
verblüfften Fahnder zu, dass die Angaben der "Autonomen
Ermittler" aus Freiburg gestimmt haben. Die bei der
Hausdurchsuchung sichergestellten Mengen an Chemikalien hat die
Antifa aufs Gramm genau und mit ihrer jeweiligen Bezeichnung im
Internet aufgelistet. 22 Kilogramm Rohmaterial nämlich. Eine
größere Menge ist bei Neonazis in Deutschland noch nie gefunden
worden.
"Wir haben uns jetzt langsam strukturiert und gehen zum
Gegenschlag über." Inhalt einer angeblichen Mail des
festgenommenen Neonazis aus Weil am Rhein
Ein Vertreter der Antifa,
welcher der Redaktion namentlich bekannt ist, aber in der Zeitung
anonym bleiben möchte, zeigte abgefangene E-Mails des jetzt
verhafteten Neonazi. "Wir haben uns jetzt langsam strukturiert
und gehen zum Gegenschlag über", heißt es da. Ein anderes Mal
bietet sich der jetzt festgenommene Bombenbastler an, inkognito
einen Vortrag der Antifa in der Freiburger KTS zu besuchen. Das war
im vergangenen Sommer. "Wir wissen nicht, ob er wirklich da
war", sagt der BZ-Gesprächspartner.
Für die Autonomen steht auch fest, dass die Neonazis Anschläge
planten. Sie glauben auch nicht, dass es sich bei dem Weiler mit
seiner Bomben-Idee um einen Einzeltäter handelt. Seine Absichten
jedenfalls hat der 22-Jährige in Nachrichten an
"Kameraden" nicht verschleiert: Er wolle für den Erhalt
und das Überlebensrecht seines Volkes kämpfen, "wenn nötig
später auch militant, selbst wenn ich dafür mein Leben opfern
müsste", schrieb er schon 2007, laut Mails, welche die Antifa
gesichert hat.
"Wir vertrauen der Polizei nicht, wir vertrauen nur uns
selbst." Freiburger Antifa
Die Ermittlungsarbeit gegen Rechts,
wie die Antifa sie mit Verve und Computerfachwissen betreibt, ist
– natürlich – nicht legal. Man sehe sich aber dazu gezwungen,
weil es sonst niemand tun würde, verteidigt der Gesprächspartner
aus der Szene das Vorgehen. Er fragt: "Was macht eigentlich der
Verfassungsschutz den ganzen Tag?" Der Bombenbastler habe
schließlich auf der Internetplattform SchülerVZ mit seinen
Vorhaben geprahlt. "Wir hatten bessere Infos als die
Polizei", sagt der Mann aus der linken Szene.
Weil am Rhein: Mutmaßlicher Bombenbauer festgenommen (2:02)
Schließen Weil am Rhein: Mutmaßlicher Bombenbauer festgenommen
27.08.09: Die Polizei hat einen Mann aus Weil am Rhein festgenommen,
der einen Anschlag auf die linksautonome Szene in Freiburg geplant
haben soll. Wie weit die Pläne gediehen waren, erklärten die
Behören bei einer Pressekonferenz in Lörrach.
Die Autonomen glauben, dass mit der Enttarnung des Weiler
Rechtsradikalen der Neonaziszene ein schwerer Schlag beigebracht
worden ist: Der Kopf sei erst einmal abgesägt. Aber es gebe noch
andere Fälle, die unter Beobachtung stünden. Die Autonomen wollen
am Ball bleiben: "Wir vertrauen der Polizei nicht, wir vertrauen
nur uns selbst."
[Wir dokumentieren die aktuelle Meldung der Autonomen Antifa
Freiburg zu geplanten Bombenanschlägen in Südbaden]
Der Lörracher Stützpunktleiter der NPD-Jugendorganisation „Junge
Nationaldemokraten“ (JN), Thomas Baumann, hat alle für den Bau
mehrerer hochgefährlicher Bomben notwendigen Chemikalien beschafft
und ist zudem mit Messern und scharfen Schusswaffen bewaffnet.
Baumann hat bereits das Autonome Zentrum KTS Freiburg als mögliches
Anschlagsziel ausgekundschaftet. Am 26.08.2009 durchsuchte die
Polizei die Wohnung des Nazis, beschlagnahmte Beweismittel und nahm
Baumann fest.
Thomas Baumann erhielt tatkräftige Unterstützung vom Lörracher
NPD-Chef Christoph Bauer aus Grenzach-Wyhlen und dem selbsternannten
Kameradschaftsführer Thorsten Ziethen aus Bad Krozingen. Er pflegt
unter anderem Kontakte zum JN-Landesvorstand um Lars Gold und
Alexander Neidlein, dem NPD-Ideologen Jürgen Schwab aus Bayern, dem
Nazi-Propagandisten Wolfgang Grunwald aus Ballrechten-Dottingen und
dem ehemaligen NPD-Kreisvorsitzenden John Bürgel aus Freiburg,
sowie zu Michael Haldimann aus Burgdorf von der „Partei National
Orientierter Schweizer“. Baumann ist eine Schlüsselfigur in der
Südbadener Naziszene um Markus Walter aus Weil am Rhein, Dorian
Sch. aus Grenzach-Wyhlen, Max Höckendorff aus Laufenburg, Kevin
Hornig aus Rheinfelden, Tobias Klormann aus Grenzach-Wyhlen und
Julien Lagarde aus Lörrach, der zur Zeit als Marinesoldat in
Eckernförde stationiert ist.
Der 22-jährige Thomas Horst Baumann wohnt bei seinen Eltern in
der Wollbacher Straße 14 in Weil am Rhein und macht zur Zeit eine
Ausbildung als Altenpfleger im St. Fridolin Pflegeheim in
Lörrach-Stetten, „wo Pflege mit Herz und Kompetenz zu Hause ist“.
Auf Naziaufmärschen tritt er als Mitglied des „Nationalen
Sanitätsdienstes“ auf, dem „Braunen Kreuz“ der NPD. Baumann
war Zeitsoldat bei den Krisenreaktionskräften der Bundeswehr, macht
Kampfsport und bereitet sich mit Survivalprodukten auf Guerillakampf
und Weltuntergang vor. Er ist polizeilich mehrmals einschlägig
aufgefallen, auch wenn das Gerichtsverfahren, das stattfand nachdem
er „nem Polacken weh getan hat“, gegen „ne zahlung von ca 200
Teuro“ eingestellt wurde.
Thomas Baumann war Mitglied im „Kampfbund Deutscher Sozialisten“
und ist Gruppenführer der Kameradschaft „Freie Kräfte Lörrach“.
Er arbeitet politisch mit Markus Walter und Dorian Sch. vom „Aktionsbündnis
Südbaden“ zusammen, dessen Website vom „Netzradio Germania“-Betreiber
Stefan Schreiber aus Donaueschingen gehostet wird. Die illegalen
Inhalte der Südbadener Nazis provozierten am 16.07.2009 eine Razzia
beim Naziradio und beim Mailprovider GMX.
Anschließend wurde das „Aktionsbündnis Südbaden“ in „Aktionsbüro
Dreiländereck“ umbenannt und nach Antifaaktivitäten am
24.08.2009 für aufgelöst erklärt. Beim „Netzradio Germania“
sind auch Thorsten Ziethen alias „Bruno Kotschefski“ und seine
Freundin Marina Strauss alias „Marina Kotschefski“ aktiv, die
zusammen in der Belchenstrasse 38 in Bad Krozingen wohnen. Thorsten
Ziethen und Thomas Baumann wiederum verbindet mehr als ihre
faschistische Ideologie: Beide haben einen Hang zum Narzissmus,
beiden leiden unter Selbstüberschätzung und beide versuchen
dilettantisch linke Infrastruktur auszuspionieren.
Allgemein hat Anti-Antifa-Arbeit bei den Nazis in Südbaden einen
hohen Stellenwert. So prahlt etwa Max Höckendorff als „ANhochrhein“
im Forum des „Freien Beobachter Bodensee“ nach Ziethens Outing
mit seinen Recherchen: „wenn jemand noch mehr infos will oder
antifa adressen weil er grad seine wut raus lassen will dann per PN
melden ;-)“. Seine Kameraden warnt Baumann vor der Antifa, „den
die Zecken pennen nicht (siehe John Bürgel aus Freiburg) der wurde
übelst heftig geoutet und das meiner Meinung nach zum größten
teil aus Unvorsichtigkeit.“
Baumann liefert geflissentlich Protokolle über die bescheidenen
Aktivitäten aller vier Mitglieder seines am 13.06.2009 gegründeten
JN-Stützpunktes mit einem Kassenstand von 43,20 Euro bei seinem
Chef und terroristischen Vorbild Alexander Neidlein ab. Allerdings
sind beide nicht gerade mit IT-Kenntnissen gesegnet. Resigniert
schreibt Baumann an Neidlein, der Baumanns Protokolle im
OpenOffice-Format zuvor nicht öffnen konnte: „Ich versuche jetzt
schon seid 2 Stunden dieses Juden-Office runterzuladen aber ohne
Erfolg. Ich drucke den Bericht aus und bringe ihn mit bzw. auch noch
Elektronisch gespeichert auf Datenzäpfchen.“
Vor seiner Parteikarriere in der JN war Baumann Skinhead und
lernte auf einem NPD-Grillfest in Lörrach Wolfgang Grunwald kennen.
Baumann schrieb im Juni 2009 im Naziforum thiazi.net als „Julius
Evola“ eine RSA-verschlüsselte persönliche Nachricht an „Wolfgang
Reinhard“ Grunwald: „Ich war der (damals noch) Skinhead der aufs
Auge bekommen hat. Naja. Ich habe mich Charakterlich und
politisch-weltanschaulich weiterentwickelt. Die Assozialen nicht.
Mittlerweile bin ich Mitglied der JN und ab nächste Woche als
Stützpunktleiter auch Mitglied des hiesigen Landesvorstandes.“
Das thiazi.net nutzt er auch zu Recherchen über „Völkische
Frisuren“, die er sich folgendermaßen vorstellt: „Nacken
rassiert, Ohren rassiert, in der Mitte Haare damit ich sie zum
Scheitel kämmen kann“, zur Suche nach Büchern wie „Der
Internationale Jude“ und „Mosaistisch Jüdischer Imperialismus
(3000 Jahre hebräischer Schleichwege zur Weltherrschaft)“, sowie
zu Fachsimpeleien über Schusswaffen – insbesondere über seine am
28.02.2009 bei Atlatus in Lörrach gekaufte 15-schüssige 9mm
Parabellum Pistole CZ-75 Kadet.
Unklar bleibt Baumanns Bestellung eines „Phantom Totalbody M“
für 89,95 Euro bei adultshop.de. Beworben als „Geile Zweithaut
von Kopf bis Fuß! Für SIE und IHN: Schwarzer Ganzkörperanzug mit
Kopfmaske, Händen und Füßen. Keine Öffnungen, nur
Reißverschluss hinten!“ könnte das delikate Kleidungsstück
neben seiner offensichtliche Verwendung als Sexspielzeug auch für
einen Bombenanschlag verwendet werden, bei dem der Täter keine
DNA-Spuren hinterlassen will.
Könnten Baumanns Buchkäufe „Schwarzpulver für Survival“,
„Schwarzpulver und Sprengsalpeter“, „Chemische Kampfstoffe –
Giftgase“, sowie „Nitroglyzerin und Dynamit“ noch als
typischer Waffenfetischismus eines Provinznazis abgetan werden,
deuten die bestellten Anzündlitzen, der elektrische Anzünder, die
ferngesteuerte Zündanlage, die digitale Waage und die
Chemiehandschuhe auf mehr als theoretisches Interesse hin. Der
Beweis dafür, dass Baumann tatsächlich beabsichtigt Bomben zu
bauen, ist die Liste der von ihm übers Internet in großen Mengen
gekauften Chemikalien.
Hilfe bei der Beschaffung weiterer Explosivstoffe bekam der
JN-Chef Baumann über einen Zeitraum von anderthalb Jahren vom
Lörracher NPD-Chef Bauer. Bereits zu Beginn von Baumanns
Experimenten wurde durch unser Communiqué vom 18.03.2008 eine
Bestellung mehrerer Kilogramm Kaliumnitrat durch den Chemikersohn
Bauer bekannt. Dieser gab Baumann nicht nur Einkaufsratschläge,
sondern besorgte ihm auch selbst einen Teil der Chemikalien, wie
durch eine Mail an Baumann vom 21.06.2009 klar wird: „Du hast noch
Chemikalien im Wert von ca. 76.- Eur. bei mir, die du über mich
bestellt hast.“
Baumanns mehr als drei Kilogramm Calciumkarbid können schon mit
ein wenig Wasser zur Explosion gebracht werden. Aus den von Baumann
bestellten zwei Kilogramm Salpetersäure und den zwei Kilogramm
hochkonzentrierter Schwefelsäure kann er Nitriersäure herstellen,
die er beispielsweise mit Watte zu Cellulosenitrat
(Schießbaumwolle), mit problemlos erhältlichem Glycerin zu
Nitroglycerin und mit Toluol zu Trinitrotoluol (TNT) verarbeiten
kann.
Weiter hat sich Baumann drei Kilogramm hochkonzentrierte
Wasserstoffperoxidlösung gekauft. Mit der Schwefelsäure und
Aceton, das es in jedem Baumarkt zu kaufen gibt, lässt sich daraus
Acetonperoxid herstellen. Diesen als Triacetat-Triperoxid (TATP)
bekannten Stoff wollte bereits der „Schuhbomber“ Richard Colvin
Reid 2001 für ein Attentat auf einen Flug von Paris nach Miami
verwenden. 2006 sollte der hochexplosive Flüssigsprengstoff für
Anschläge auf zehn Flüge von London in die USA genutzt werden. Die
„Sauerlandgruppe“ wollte die gleiche 35%ige
Wasserstoffperoxid-Lösung für ihre Anschläge verwenden.
Aus Baumanns zehn Kilogramm Kalkammonsalpeter lässt sich sehr
leicht Ammoniumnitrat gewinnen, woraus mit der Schwefelsäure
wiederum Nitriersäure hergestellt werden kann. Baumann kann das
Ammoniumnitrat in Kombination mit seinen zwei Litern
hochkonzentrierten Nitromethan auch zur Herstellung jenes
hochexplosiven Stoffes ANNM verwenden, den der US-amerikanische
Rassist Timothy McVeigh am 19.04.1995 bei seinem Bombenanschlag auf
das Murrah Federal Building in Oklahoma City verwendete, bei dem 168
Menschen starben.
Timothy McVeigh wird ähnlich wie Rudolf Heß von deutschen Nazis
verehrt. Erst am 17.08.2009 feierten die Nazis um Thomas Baumann in
Lörrach den Stellvertreter Hitlers an seinem Todestag. Heß wie
Mcveigh zeigten beide nach der Verkündung ihrer Urteile kein
Mitleid mit ihren Opfern und beide stilisierten sich zu unbeugsamen
Märtyrern: McVeigh zitierte im „Final Statement“ vor seiner
Hinrichtung Henleys Gedicht „Invictus“ („Unbesiegt“), Heß
verkündete vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg:
„Ich bereue nichts!“
Momentan versuchen die Nazis in Südbaden sich in der bisher
nicht als Nazihochburg bekannten Region zu etablieren. Die meist
männlichen, jungen Nazis organisieren sich vor Ort in
faschistischen Gruppen und der NPD, sind im Internet aktiv, besuchen
Nazikonzerte, fahren weite Strecken zu Aufmärschen, führen
ideologische Schulungen durch und vernetzen sich regional,
überregional und international. Dass sie auch Bomben bauen ist
keineswegs überraschend, denn das Ziel der Nazis ist die
Vernichtung ihrer politischen und ideologischen Feinde.
Nazis ain‘t got no humanity. They need to be destroyed.
Quelle: Communiqué vom 27.08.2009
AutorIn: Autonome Antifa Freiburg
Weil am Rhein: NPD-Mitglied
plante Sprengstoffanschlag
Landesschau vom Donnerstag, 27.8.2009 | 18.45 Uhr | SWR Fernsehen
in Baden-Württemberg
Ein Mitglied der NPD Nachwuchsorganisation wurde festgenommen,
weil er einen Sprengstoffanschlag vorbereitet hatte. Der 22-Jährige
hatte Sprengstoff in seiner Wohnung gehortet und zwar genug für
eine Fünf-Kilogramm-Bombe.
JN-Stützpunktleiter Thomas B.:
“Zustände offensiv bekämpfen”
In Baden-Württemberg ist gegen einen 22-jährigen JN-Funktionär
Haftbefehl erlassen worden, da er möglicherweise Bombenanschläge
geplant hat. Zudem fand die Polizei mehrere Waffen bei dem Neonazi.
Bei dem JN-Funktionär handelt es sich offenbar um Thomas B., der
den JN-”Stützpunkt” Lörrach angeführt haben soll. Dieser
Stützpunkt wurden am 13. Juni 2009 gegründet, auf den Seiten der
JN hieß es:
über 50 Aktivisten aus ganz Südbaden [kamen] zusammen um der
Gründung des JN Stützpunktes Lörrach beizuwohnen. Unter ihnen
auch der JN Landesvorsitzende Lars Gold. Zu Beginn hielt Lars Gold
vor den anwesenden Kameraden eine Rede, in der er die
Notwendigkeit einer bundesweit agierenden nationalen
Jugendorganisation betonte.
Immer wieder weisen Neonazis darauf hin, dass die JN als “unverbietbare”
und bundesweite Organisation extrem wichtig ist. Zudem geben sich
die Neonazis in der JN stets gerne besonders radikal. So heißt es
in dem JN-Bericht zur Gründung des Stützpunktes weiter:
Danach übergab er das Wort an den frischgebackenen
Stützpunktleiter [gemeint ist der verhaftete Thomas B.] und
seinen Stellvertreter, die ihre Stützpunktfahne feierlich
überreicht bekamen. In ihren Reden gingen sie insbesondere auf
die regionalen Zustände ein und kündigten an, auf die
unerträglichen Zustände in diesem System aufmerksam machen zu
wollen und diese organisiert in der JN offensiv zu bekämpfen.
Ein Strategie- und Diskussionspapier in der Ausgabe des „Aktivist“,
des Zentralen Mitgliederorgans der Jungen Nationaldemokraten (JN)
ließ zudem im März 2009 aufhorchen. Autoren des Papiers waren nach
einem Bericht des blick nach rechts der JN-Bundesvorsitzende Michael
Schäfer und der für Schulung und Propaganda zuständige Beisitzer
im JN-Bundesvorstand, Matthias Gärtner. Und das Papier ließ
durchaus den Schluss zu, dass die JN sich zu einer elitären
Denkfabrik entwickeln sollen, die sich zudem an die Spitze einer “Volksfront
von Rechts” stellen und aus dieser Volksfront heraus eine Art
neuer SA aufbauen wollen.
“Kampfpartei”
Die Jungen Nationaldemokraten sollen Scharnier zwischen
neonazistischen Subkulturen und der NPD sein. Sie versuchen, extrem
rechte Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 35
Jahren für die parteipolitische Arbeit zu gewinnen – oder
zunächst einmal zu disziplinieren. Denn in vielen rechten Cliquen
ist der Alkoholkonsum hoch, viele junge Neonazis werden
gewalttätig. Probleme mit der Polizei und der Justiz sind die
Folge. Die konstant hohe Zahl der extrem rechten Überfälle – in
den vergangenen Jahren jeweils mehr als 1.000 Opfer im Jahr –
zeigt die Dimension der Gewaltbereitschaft.
Viele JN-Mitglieder lehnen Gewalt offenbar nicht generell ab, den
rechten Terror auf den Straßen aber betrachten sie als
kontraproduktiv für ihre politische Mission an. So heißt es in
einem Strategiepapier der JN:
Revolutionär ist ideologischer und nicht bewaffneter Kampf.
Voraussetzung für das Beschreiten des revolutionären Weges ist
ein geschärftes politisches Bewußtsein unserer Mitstreiter. […]
Die Konsequenz daraus heißt nun logischerweise, daß man dieses
System nicht reformieren kann, sondern beseitigt und durch etwas
Neues ersetzt werden muß. […] Ist das Bewußtsein der aktiven
nationalistischen Kampfgefährtinnen und Kampfgefährten
dahingehend ausgerichtet, geht es im nächsten Schritt darum, das
Bewußtsein möglichst vieler Menschen in diese Richtung zu
schärfen. In Verbindung mit der zunehmenden Verschärfung der
sozialen Frage wird die Revolution wahrscheinlich und die Chance
für eine revolutionäre Kampfpartei wird zunehmen. Dann wird der
organisierte Nationalismus vom Objekt zum Subjekt der Politik, vom
Verteidiger zum Angreifer!
Das heißt konkret: Die JN sehen noch nicht die Zeit gekommen
für ihren „Angriff“ und für ihre „Kampfpartei“. Das dies
aber das Ziel ist, wird nicht verheimlicht. Und offenbar laufen
konkrete Vorbereitungen für diesen Kampf.
Der Bombenbauer aus Baden-Württemberg hat offenbar nicht allein
gehandelt. Wahrscheinlich haben ihn Neonazis unterstützt. Das zeigt
der Mailverkehr mit Gesinnungsgenossen.
VON A. SPEIT & D. SCHULZ
Mit diesen sichergestellten handelsüblichen Chemikalien ist es
möglich, gefährliche Bomben zu bauen. Foto: dpa
Junge Nationaldemokraten
Thomas Baumann leitete den Lörracher Stützpunkt der Jungen
Nationaldemokraten (JN). Die Jugendorganisation der NPD hat ihre
Mitgliederzahl in den letzten Jahren in Baden-Württemberg
verdoppeln können, ist aber immer noch ein überschaubarer Verein
mit rund 110 Mitgliedern in Baden-Württemberg.
Bundesweit haben die JN 400 Mitglieder, rund ein Viertel aller
Mitglieder wohnen also in Baden-Württemberg. Mit insgesamt zehn
Stützpunkten ist der hiesige JN-Landesverband einer der
bestorganisiertesten, weist gerade in Baden aber große Lücken auf.
Die JN konnten ihre Mitgliederzahlen im Land von 60 im Jahr 2006
auf 110 im Vorjahr steigern, berichtet das Landesamt für
Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht. Zwar fanden - wohl aus
Angst vor Störungen der Antifa - kaum noch eigene Demonstrationen
statt, doch mit internen Veranstaltungen versuchte man die
Mitglieder zu schulen und den Zusammenhang zu fördern. Die JN hat
auch ein starkes Gewicht in der NPD, die in Baden-Württemberg etwa
400 Mitglieder hat.
Nach der Verhaftung eines mutmaßlichen Bombenbauers in
Baden-Württemberg tauchen Indizien auf, dass der Neonazi kein
Einzeltäter war. "Das ist noch unklar", sagte Joachim
Langanky, Sprecher von der zuständigen Polizeidirektion in Lörrach
der taz am Freitag. "Er könnte auch die Unterstützung einer
Gruppe gehabt haben."
Am Mittwoch war nach einer Hausdurchsuchung Thomas B. in Weil am
Rhein verhaftet worden (taz vom 28.06.09). Die Polizei hatte bei ihm
Chemikalien und Laborgeräte gefunden, mit denen sich Sprengstoff
herstellen lässt und entsprechende Fachliteratur. Außerdem
stellten die Beamten ein funktionsfähiges Schweizer Sturmgewehr,
mehrere Messer, Bajonette und Reizgaspistolen sicher. Für eine
scharfe Pistole hatte der 22-Jährige einen Waffenschein, weil er
Mitglied eines Weiler Schützenvereins ist. Baumann war laut Polizei
Leiter des örtlichen Stützpunktes der Jungen Nationaldemokraten,
der Jugendorganisation der rechtsextremen NPD.
Der Neonazi wurde bereits am Sonntag per anonymer Mail bei der
Polizei Lörrach angezeigt. In dem Schreiben, welches der taz
vorliegt, ist noch von sieben anderen Mitwissern die Rede - unter
anderem erwähnen der oder die Schreiber auch Christoph B. Der Mann
aus Lörrach lud im Juni 2004 in rechtsextremen Foren zur
"feierlichen Gründung des NPD-Stützpunkts Lörrach" ein.
Er unterschrieb die Einladung mit "Stützpunktleiter".
Aus Mails zwischen JN-Funktionär Thomas B. und NPD-Mann
Christoph B., welche der taz ebenfalls vorliegen, geht hervor, dass
beide gegen die starke linke Szene im Freiburger Raum vorgehen
wollten. Am dritten November 2007 schreibt Baumann an "Kamerad
Christoph", er habe Interesse an einer Mitgliedschaft bei den
Jungen Nationaldemokraten, "um hier unten einen JN Stützpunkt
aufzuziehen". Acht Leute kriege er bestimmt zusammen. Am 12.
April 2008 möchte Thomas B. dann schon "die Namen und Adressen
von wichtigen politischen Gegnern in dieser Umgebung." Grund:
"Wir haben uns jetzt langsam strukturiert und gehen zum
Gegenschlag über."
Am gleichen Tag schreibt Christoph B. zurück: "Ich kann dir
Adressen geben, leider habe ich nicht viele." Deshalb brauche
man ein unbekanntes Gesicht, dass beim nächsten Antifa-Vortrag in
Freiburg dabei sei, denn so käme man auch an neue Namen und
Adressen. Am folgenden Tag legt Christoph B. nach: "Die Adresse
des DGB-Vorsitzenden Freiburg suche ich noch heraus." Grund:
Der NPD-Kader verdächtigte den Gewerkschaftsbund mit der Antifa
Freiburg zusammenzuarbeiten.
Ein Sprecher dieser Antifa-Gruppe sagte der taz, man habe Thomas
B. und seine Freunde mehrfach dabei überrascht, als sie das
alternative Freiburger Jugendzentrum KTS ausspionieren wollten.
"Die Einzeltäterthese ist falsch", sagt der Sprecher. Er
wirft den Jungen Nationaldemokraten und der Kameradschaft
"Freie Kräfte Lörrach" vor, den mutmaßlichen
Bombenbastler unterstützt zu haben.
Der Inhalt der Mails würde zu dieser These passen.
Am 2. Juni 2008 gibt Thomas B. per Mail die Gründung einer
"Arbeitsgruppe Aufklaerung" bekannt, die Rechten sollen
sammeln: "Namen, Nummern, Freunde, Vereine, Wohnort, Schule,
Bilder einfach ALLES! über die Zecken was wir rausfinden
können."
Im Jahr 2009 geht es dann auch um Chemikalien. Christoph B. gibt
am 7. Januar 2009 den Tipp: "Du bekommst den gesuchten
Treibstoff unter der Adresse : shop.wega-sunshine.com 99,3 % 500 ml
14,90 1 >L 22,30." Und am 21. Juni mahnt der
NPD-Stützpunktleiter nach der obligatorischen Begrüßung
"Heil Thomas!" den Gesinnungsgenossen: "Du hast noch
Chemikalien im Wert von ca. 76.- Eur. bei mir, die du über mich
bestellt hast. Ebenso hast du noch 4 Hefte von mir, die ich dir
geliehen habe und du sicherlich inzwischen gelesen [...] hast."
Dabei könnte es sich um Material zum Bombenbau und die
dazugehörige Literatur handeln. Beweisbar ist das nur schwer.
"Wir haben bei bekannten Gesinnungsfreunden des Täters nichts
durchsucht, weil der Besitz und Erwerb der einzelnen chemischen
Substanzen nicht verboten ist", sagt Polizeisprecher Langanky.
"Erst wenn wir Indizien für das Bauen und Basteln an einer
Bombe haben, dürfen wir einschreiten."
Festnahme in Südbaden: Neonazi wegen möglicher Anschlagspläne in Haft
Von Philipp Wittrock
Er hortete Waffen, informierte sich über Sprengstoff, hantierte
mit explosiven Chemikalien, bastelte an Zündern: Die Polizei hat in
Südbaden einen jungen Neonazi festgenommen, der möglicherweise
einen Bombenanschlag plante. Der Mann gehörte zur
Nachwuchsorganisation der NPD.
Die Polizei in Lörrach präsentiert
Chemikalien, die bei einem 22-jährigen Neonazi in Weil am
Rhein sichergestellt wurden. Offenbar bastelte der Mann an
einer Bombe. dpa
Dazu hatte er sich auch die nötige
Fachliteratur beschafft, die Kriminalhautkommissar Jürgen
Winkler bei einer Pressekonferenz zeigt. dpa
Auch zahlreiche Schusswaffen stellten die
Ermittler bei dem Verdächtigen sicher. ddp
Berlin - Es war ein erstaunliches Arsenal, das den Ermittlern bei
der Hausdurchsuchung im baden-württembergischen Weil am Rhein am
vergangenen Mittwoch in die Hände fiel: Chemikalien, Zündschnüre,
elektrische Bauteile für Fernzünder, Teile zum Bau von Rohrbomben,
Fachliteratur über Sprengstoffe, Gewehre, Pistolen, zahlreiche
Messer, Dolche, Bajonette. "Bei seiner Festnahme führte er
zwei Messer im Rucksack und eines im Gürtel mit sich", sagte
ein Polizeisprecher am Donnerstag in Lörrach.
Alles in allem genug, dass ein Richter am Donnerstag Haftbefehl
gegen den 22-Jährigen erließ. Er sitzt nun in Untersuchungshaft.
Der Festgenommene gehört zur Südbadener Neonazi-Szene. Die
Polizei, die ihm durch eine anonyme Anzeige auf die Spur kam, fand
bei der Razzia einen Mitgliedsausweis der "Jungen
Nationaldemokraten", der Jugendorganisation der rechtsextremen
NPD.
Ob der Mann schon tatsächlich konkrete Anschlagspläne hatte,
ist noch ungewiss. Er ist der Polizei schon wegen anderer Delikte
bekannt, und es scheint nicht so, als habe er nur zum Spaß mit den
gefährlichen Stoffen hantiert. Über die vergangen Monate habe er
sich diese in größeren Mengen besorgt. Der Rechtsextremist war
möglicherweise dabei, eine funktionsfähige Bombe zu bauen.
Er sei offensichtlich aktiv damit beschäftigt gewesen,
Sprengstoff herzustellen, erklärte die Polizei. In der Wohnung des
Verdächtigen fanden die Ermittler auch verschiedene
Laborgegenstände und selbstgebastelte Gerätschaften. Die erste
Einschätzung der Sprengstoffspezialisten der Polizei: Die
beschlagnahmten Chemikalien waren geeignet, innerhalb weniger
Stunden Sprengstoff herzustellen. "In zwei bis vier Stunden
hätte er etwas herstellen können, das mit einer Handgranate
vergleichbar ist", sagte Jürgen Winkler von der
Polizeidirektion Lörrach. "Fatale Explosionen" wären
dann möglich gewesen.
Der Neonazi schweigt bislang gegenüber den Ermittlern. Offenbar
handelt es sich bei dem festgenommenen um Thomas B., einen
"Stützpunktleiter" der "Jungen
Nationaldemokraten", der als solcher auch Mitglied des
baden-württembergischen Landesvorstands der NPD-Jugend ist.
Anschläge gegen die Freiburger Antifa?
Lokale Antifa-Gruppen bezeichnen Thomas B. als "zentralste,
aktivste und gefährlichste Figur in der Nazi-Szene rund um
Lörrach" oder als "Schlüsselfigur in der Südbadener
Nazi- Szene". Er sei in der Neonazi-Kameradschaft "Freie
Kräfte Lörrach" aktiv und trete bei regionalen Aufmärschen
von Rechtsextremisten als Helfer für den "Nationalen
Sanitätsdienst" auf. Derzeit mache B. eine Ausbildung zum
Altenpfleger in einem Pflegeheim in Lörrach.
Bei den sichergestellten Chemikalien soll es sich unter anderem
um Kalkammonsalpeter, Wasserstoffperoxid, Schwefelsäure,
Nitromethan und Calciumkarbid handeln, die er auch mit Hilfe anderer
Rechtsextremisten beschafft haben soll, unter anderem soll auch ein
lokaler NPD-Funktionär daran beteiligt gewesen sein. Dieser habe B.
auch gedrängt, ein autonomes Zentrum in Freiburg
auszuspionieren.
Ein mögliches Ziel für eine Bombe? "Es gibt Anhaltspunkte
dafür, dass als wahrscheinliches Anschlagsziel die Kreise der
Antifa in Frage kommen", sagte der Leiter der Kriminalpolizei
Lörrach, Engelbert Brüstle, am Donnerstag.
Der Neonazi habe sich in einem Internetshop auch einen
"Ganzkörperanzug mit Kopfmaske, Händen und Füßen" aus
Latex gekauft, behaupten Antifa-Autoren im Internet. Dieses
"delikate Kleidungsstück", heißt es dort, könnte B.
"neben seiner offensichtlichen Verwendung als Sexspielzeug auch
für einen Bombenanschlag" verwenden - um DNA-Spuren zu
vermeiden.
Laut Experten der badischen Polizei hätte das bei einem L&o
Laut Experten der badischen Polizei hätte das bei einem Lörracher
Neonazi gefundene Chemikalienarsenal binnen Stunden zu einem
Sprengkörper verarbeitet werden können Foto: dpa Auch der
Donnerstag verging nicht ohne das öffentliche Mantra von
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Gefahr eines
Terroranschlags sei »unverändert hoch«, da sich Deutschland nach
wie vor »im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus« befinde,
erklärte er im Hamburger Abendblatt. »Erkenntnisse über konkrete
Anschlagsplanungen« habe man allerdings nicht, so Schäuble.
Da irrt der Minister. Seit Mittwoch gibt es sehr wohl
entsprechende Erkenntnisse. Diese betreffen jedoch nicht den
»internationalen Terrorismus«, sondern die Neonaziszene in
Schäubles Heimatland Baden-Württemberg. Doch vielleicht rangiert
das, was Ermittlungsbehörden beim »Stützpunktleiter« der
NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten im badischen
Lörrach zutage förderten, bei Schäuble eher unter der Rubrik
»Jugend forscht«. Laut einer am Donnerstag veröffentlichten
gemeinsamen Erklärung der Staatsanwaltschaft und der Politzei in
Lörrach und nach Informationen der Badischen Zeitung hat der
22jährige Thomas B. seit Ende 2008 in erheblichen Mengen
Chemikalien wie Kalkammonsalpeter, Wasserstoffperoxid,
Schwefelsäure, Nitromethan und Calciumkarbid bei verschiedenen
Versandfirmen gekauft. Um kein Aufsehen zu erregen, seien die
Bestellungen auch über die Adressen anderer »Kameraden«
abgewickelt worden, zu denen auch der Lörracher NPD-Chef Christopf
B. gehören soll. Gefunden wurden auch Bauteile für Fernzünder und
Rohrbomben. Sprengstoffexperten der Polizei sind zu der
Einschätzung gekommen, daß die aufgefundenen Materialien dazu
geeignet gewesen seien, »innerhalb weniger Stunden
explosionsgefährliches Material herzustellen«, hieß es in der
Erklärung. Ferner habe der Mann sowohl über legale Waffen – er
war im Schützenverein – als auch über laut Kriegswaffengesetz
verbotene Sturmgewehre verfügt. Gegen ihn wurde am Nachmittag
Haftbefehl erlassen.
Über konkrete Anschlagsziele liegen den Ermittlern zwar noch
keine Erkenntnisse vor, doch B. hat in den vergangenen Jahren als
bekannter Skinhead und Aktivist der neofaschistischen »Freien
Kräfte« nie einen Hehl aus seiner militanten Gesinnung gemacht.
Antifaschisten aus der Region vermuten, daß Neonazis eine Aktion in
Freiburg planten. Dort war es bislang stets gelungen, öffentliche
Aufmärsche von Neofaschisten und die Gründung von Ortsgruppen zu
verhindern. Im Visier der NPD und anderer Gruppierungen der Szene
ist vor allem das alternative Stadtteilzentrum KTS, welches nach
Information der Antifa, die offenbar Teile der
E-Mail-Kommunikation der militanten Neonazis abgefangen hat, auch
gezielt ausgespäht werden sollte. Nach eigenen Angaben habe die
Antifa bereits im März 2008 auf Chemikalienkäufe durch Neonazis
hingewiesen. Ob und wie die Behörden seinerzeit reagierten, ist
nicht bekannt.
Angesichts der spätestens seit dem gescheiterten
Verbotsverfahren gegen die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht
aktenkundigen Durchsetzung der Partei und ihres Umfeldes mit
Geheimdienstmitarbeitern ist allerdings davon auszugehen, daß der
Chemikalienkauf unter den Augen des Verfassungsschutzes stattfand.
Das ist nicht die einzige Parallele zur sogenannten
»Sauerlandgruppe«, die seit einiger Zeit als Beleg für die
vermeintliche Bedrohung durch den »islamischen Terrorismus«
herhalten muß und deren Zünderkäufer für mehrere Dienste tätig
war. Wie Thomas B. hatte die Gruppe für den Bombenbau ebenfalls auf
Wasserstoffperoxid gesetzt.
Funktionär der Jungen Nationaldemokraten in
Baden-Württemberg hortet chemische Zutaten zur
Sprengstoffherstellung und ein beachtliches Waffenarsenal.
Eine anonyme Anzeige verhinderte offenbar einen geplanten
Anschlag. In Weil am Rhein sammelte der Stützpunktleiter der Jungen
Nationaldemokraten Thomas Baumann chemische Zutaten für eine Bombe.
Am Donnerstag nahm die Polizei den 22-jährigen NPD-Nachwuchskader
fest. „Die Kollegen fanden verschiedenste Chemikalien, etliche
Laborgerätschaften und auch selbstgebaute Geräte“, sagt ein
Polizeisprecher. „Unsere Experten gehen davon aus, dass damit
funktionsfähige Sprengsätze hergestellt werden können“, betont
er.
Die Militanz von Baumann, der seit dem 13. Juni den „JN-Stützpunkt
Lörrach“ leitet, war in der Szene nicht bloß ein Gerücht. Sein
Mailname scheint Ansage: er nannte sich intern „Schattenmensch“.
Die Kameraden kennen ihn als Waffenfreak, der auch die „Freien
Kräfte Lörrach“ anführte. Bei seiner Festnahmen stellten die
Beamten gleich Waffen sicher. „Er führte zwei Messer im Rucksack
und eines im Gürtel mit sich“, sagt der Polizeisprecher. Der
ehemalige Zeitsoldat wohnt noch im Haus seiner Eltern. Dort in der
kleinen baden-württembergischen Gemeinde fanden die Ermittler ein
„beachtliches Arsenal“. Neben den Chemikalien etliche
Zündschnüre, unterschiedliche Laborgeräte, Bauteile für
Rohrbomben, Material für Fernzünder, Fachliteratur zu Sprengstoff,
listete die Polizei auf. „Nach bisherigen Erkenntnisse hatte sich
der junge Mann seit Monaten Chemikalien in größeren Mengen
beschafft“, erklärt der Polizeisprecher und betont: „In zwei
bis vier Stunden hätte er etwas herstellen können, das mit einer
Handgranate vergleichbar ist“. Aus Ermittlerkreisen heißt es aber
auch: „damit kann man viel hochjagen“.
Mitglied im örtlichen Schützenverein
Baumann besaß unter anderem Kalkammonsalpeter,
Wasserstoffperoxid, Schwefelsäure, Nitromethan und Calciumkarbid -
chemisches Material mit dem auch Nitroglycerin und ANM, ein
Mischsprengstoff stärker als Dynamit, hergestellt werden kann. Das
Mitglied des JN-Landesvorstandes hortete zudem verschiedenste
Waffen: ein Schweizer Sturmgewehr, mehrere Pistolen und zahlreiche
Messer, Dolche und Bajonette. „Für eine scharfe Pistole, Kaliber
22, besitzt der Mann eine Waffenkarte“, sagt der Polizeisprecher.
Der Grund: Baumann ist in einem Schützenverein. „Anders kann man
nach den neuen Gesetzen auch kaum noch legal eine Waffe besitzen“,
erläutert er.
Über die möglichen Ziele der Anschläge schweigt sich der
angehende Altenpfleger aus. Zwei Jahre war er Zeitsoldat bei der
Bundeswehr, wo er bei den Krisenreaktionskräften gewesen sein soll.
„Es gibt Anhaltspunkte, dass als wahrscheinliches Anschlagsziel
die Kreise der Freiburger Antifa in Frage kommen“, räumt aber der
Leiter der Kriminalpolizei Lörrach, Engelbert Brüstle, ein.
Gezielt soll Baumann Ausspionierungsversuche von Veranstaltungen,
auch von der Gewerkschaft sowie Sammlung von „Feinddaten“
betrieben haben.
Kurzer Weg zwischen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus
Baumann war nicht alleine tätig. Auch scheint er bezüglich
seines Chemie-Depots Mitwisser gehabt zu haben. Der Verdacht
erhärtet sich, dass andere NPD- und JN-Mitglieder in Südbaden
involviert sein könnten. „Bei der Beschaffung der benötigten
Materialien bekam er tatkräftige Unterstützung vom Lörracher
NPD-Chef Christoph Bauer, dessen Vater Chemiker ist“, heißt es.
Stephan Braun, SPD-Landtagsabgeordneter in Stuttgart und
Rechtsextremismusexperte, betont: dieser Fall zeige, „wie kurz der
Weg zwischen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus ist“. Es sei
auch ein Beispiel dafür, wie eng die NPD mit der Szene
gewaltbereiter Rechtsextremer verwoben sei.
Bei den baden-württembergischen JN ist Baumann sehr aktiv. Nach
der Teilnahme an Schulungen richtete er dann selbst welche aus. Er
hielt Kontakt zu den Mitgliedern und umwarb Interessierte, plante
Aufmärsche und Aktionen. In dem Bundesland hat sich die JN um den
Landesvorsitzenden Lars Gold nicht bloß stabilisiert, sie gilt als
besonders starker Verband und ist äußerst straff ausgerichtet.
Anfang August sollte ein geheimes JN-Zeltlager im Raum Heilbronn
stattfinden. In der Einladung hieß es unter anderem: „Gehst du
nach vorn, Kamerad, ich gehe mit! (…) Und geht’s zum Sterben,
ich bin dabei“.
Baumann biederte sich ehrgeizig bei Szenegrößen wie dem
JN-Landesgeschäftsführer Alexander Neidlein an. Neidlein verfügt
über eine äußerst militante Vergangenheit. Anfang der 90er Jahre
verdingte er sich als Söldner in Kroatien und später in
Südafrika. Bei einer Schießerei wurde einer seiner Kameraden
getötet. 1993 überfiel der Neonazi mit anderen eine Bank in
Lübeck und erhielt dafür eine mehrjährige Jugendstrafe. Nach der
Haftentlassung konnte er als umtriebiger Drahtzieher im Hintergrund
seinen Einfluss auch im Umfeld der NPD noch ausbauen.
Völkisch-militant ausgerichteter JN-Stützpunkt
Bundesweit haben die JN dem baden-württembergischen
Verfassungsschutz zufolge an die 400 Mitglieder. In
Baden-Württemberg verfügen sie alleine über 100 Anhänger, der
Verband um Gold gibt allein 13 JN-Stützpunkte im Ländle an. Auf
der JN-Bundeswebsite führen sie die Rubrik „JN vor Ort“ an. In
der Nähe von Weikersheim soll die NPD-Nachwuchsriege eine
Unterkunft betreiben, intern ist von Renovierung die Rede. Unter den
Aktivisten des Landesvorstandes ist auch Sascha Jörg Schüler, der
bereits 2005 an der „Schuloffensive“ der JN in Niedersachsen
maßgeblich beteiligt war. Er soll enge Kontakte zum Umfeld der
verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) pflegen. Ebenso
völkisch-militant ausgerichtet scheint auch dessen JN-Stützpunkt
Hohenlohe in Künzelsau. Zu Zeltlagern müssen schwarze Hosen und
weiße Hemden getragen werden, es gibt Heldengedenken, Morgenfeiern,
rituelle Brauchtumsfeiern und Frühsport.
Nicht nur in Baden-Württemberg ist zu beobachten, dass Kader der
Freien Kameradschaften sich der Parteijugendorganisation
angeschlossen haben. Der JN-Bundesvorsitzende Michael Schäfer
erklärte schon am Donnerstagnachmittag der „taz“: „Die
Umfrageergebnisse bei den Wahlen scheint einige zu sorgen, dass
jetzt solche Durchsuchungen stattfinden“. Auf der NPD-Website
führt er später weiter aus, die Fakten seien dünn und beteuert,
die JN und „ihre Mutterpartei NPD“ lehnten Gewalt in der
politischen Auseinandersetzung ab. „Der Fall vom ‚Lebkuchenmesser’-Mannichel
habe gezeigt“, so Schäfer, „wie die Medien genutzt“ würden,
um gegen den „Nationalen Widerstand“ vorzugehen. „Also, ruhig
Blut und die Fakten sprechen lassen“, gibt er die Linie vor. Auf
dem NPD-Parteitag in Berlin am 4./5. April 2009 meinte er hinter
geschlossenen Türen allerdings unter großem Applaus, die NPD solle
als Wahlverein ein bürgerliches Image pflegen und die JN mit den
Kameradschaften den Kiez der Linken und Ausländer „knacken“.
Der Bombenbauer von Weil am
Rhein und die Münchner Neonaziszene
von Robert
Andreasch
Im badischen Weil am Rhein nahm die Polizei am Donnerstag den
NPD- und JN-Aktivisten Thomas Horst Baumann fest, der nach
Recherchen Freiburger AntifaschistInnen ein Sprengstoffattentat
gegen das autonome Zentrum „KTS“ in Freiburg geplant haben soll.
Mit Münchner Neonazis der „Freien Nationalisten München“ und
der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ war Baumann
offensichtlich gut bekannt.
Weder Staatsschutzbeamte oder VerfassungsschutzmitarbeiterInnen
waren es, die die militanten Neonazipläne aufgedeckt haben, sondern
AntifaschistInnen! In einer Internetveröffentlichung und in einer
bei der Polizei eingangenen Mitteilung hatten anonym agierende
Antifa-AktivistInnen im Rahmen eines Outings der Lörracher
Neonaziszene detailliert die massiven und gezielten
Chemikalienbestellungen des JN-Kaders Thomas Horst Baumann
offengelegt. Als es aufgrund der detaillierten Schilderung in der
Antifa-Veröffentlichung zu einer polizeilichen Hausdurchsuchung
beim Beschuldigten kam, wurden sowohl die in der anonymen Anzeige
beschriebenen Sprengmittel wie auch die von den AntifaschistInnen
beschriebenen Waffen prompt aufgefunden. Unter anderem hatte Baumann
in Zusammenarbeit mit anderen Neonazis Calciumkarbid, Nitromethan,
Schwefelsäure, Wasserstoffperoxid und Kalkammonsalpeter,
ferngesteuerte Zünder, Rohrbombenteile sowie weitere Ausrüstung
und Fachliteratur erworben. Mit den Chemikalien lassen sich u. a.
die Sprengstoffe Triacetat-Triperoxid (TATP), Nitroglycerin, TNT
sowie ANNM herstellen. Das Landeskriminalamt Stuttgart gab bekannt,
dass allein die vorbereitete Rohrbombe eine Sprengkraft besaß, die
15 Menschen schwer verletzt oder getötet hätte.
Die Verbindungen nach München
Der 22-jährige Thomas Baumann, seit Juni 2009 Leiter des „Stützpunktes
Lörrach“ der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“
(JN) war gut mit Münchner Neonazis bekannt. Dies zeigte sich nicht
zuletzt dadurch, dass er beim NPD-Aufmarsch am 1. Mai 2009 in Ulm
gar in den Reihen der Münchner Neonaziszene aufmarschierte.
Der mutmaßliche Bombenbauer Thomas Horst Baumann hinter dem
Transparent der „Freien Nationalisten München“ (links, mit
rotem T-Shirt). Vor ihm die „FNM“-Aktivisten Manuel Heine und
Sven Grams, hinter ihm die Münchner NPD-Bundestagskandidatin Renate
Werlberger (BIA). Foto: Zacharias O. Gross
Auch beim eher regional beworbenen „Bayerntag“ der
bayerischen NPD am 6. Juni 2009 in Straubing soll der militante
Neonazi Thomas Baumann teilgenommen haben, was auf weitergehende
Kontakte zur bayerischen Neonaziszene schließen lässt.
Münchner Neonazis und Bomben
Thomas Baumann, einst Zeitsoldat bei den Krisenreaktionskräften
der Bundeswehr, soll mit den brisanten Sprengmitteln und den Waffen
ein Attentat gegen das Freiburger autonome Zentrum „KTS“ geplant
gehabt haben. Die bewaffneten Anti-Antifa-Aktivitäten von Neonazis
im Raum Freiburg wecken in München Erinnerungen an das Jahr 2003,
als der Neonazi Martin Wiese mit seiner „Kameradschaft Süd“
ebenfalls Waffen und Sprengstoff besorgte und sie eventuell zu
Attentaten gegen Jüdinnen und Juden sowie AntifaschistInnen
verwenden wollte. Viele Neonazis aus den Kreisen Wieses sind immer
noch oder längst wieder in der Münchner Szene aktiv, Martin Wiese
selbst wird im August 2010 aus der Justizvollzugsanstalt Bayreuth
entlassen. Mehrfach hat er in der jüngsten Zeit für die Zeit nach
seiner Entlassung ein politisches Comeback angekündigt.