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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

18.08.09

„Gebirgstruppe“ gibt auf

Antrag auf einstweilige Verfügung gegen VVN-BdA zurückgezogen

Von Peter Kleinert

Seit Juli 2008 versucht der “Kameradenkreis Gebirgstruppe e.V.“, der von ehemaligen NS-Wehrmachtsangehörigen gegründet wurde und zahlreiche Kriegsverbrecher zu seinen Mitgliedern zählte, der VVN-BdA und ihrem Bundessprecher Ulrich Sander Maulkörbe zu verpassen. Damit will er öffentliche Kritik an seiner reaktionären Traditionsarbeit verhindern, die von der Bundeswehrführung gefördert wird. Als sein Präsident, Bundeswehroberst a.D. Manfred Benkel, im dritten Verfahren innerhalb eines Jahres vergangenen Donnerstag vor dem Nürnberger Landgericht begriff, dass er schlechte Karten hatte, gab er lieber ohne Urteil auf.

Manfred Benkel – Kameradenkreis-Präsident 
Quelle: www.kameradenkreis.de/ 

Die Kammer, vor der der “Kameradenkreis“ eine einstweilige Verfügung gegen Ulrich Sander erwirken wollte, hatte Benkel und seinem aus dem zurzeit laufenden Münchner Prozess gegen das in Italien zu lebenslanger Haft verurteilte Kameradenkreismitglied Joseph Scheungraber(1) bekannten Anwalt Rainer Thesen klar gemacht, dass sie mit ihrer Klage gegen die VVN-BdA keine Chancen hätten. Daraufhin nahm Benkel seinen Antrag zurück und verpflichtete sich zur Zahlung sämtlicher Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten, die der VVN-BdA entstanden.

Ergebnis des Gerichtstermins in dem Gebäude, in dem 1945/46 der bekannte Nürnberger Kriegsverbrecherprozess der Alliierten stattgefunden hatte: Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) darf weiterhin ihre Dokumentation “Zum Schutz für Kriegsverbrecher und zur Verharmlosung ihrer Taten durch den Kameradenkreis Gebirgstruppe e.V.“ unverändert verbreiten, in der es einleitend heißt:

„Es wird darauf hingewiesen, dass der Kameradenkreis nicht nur die Kriegsverbrechen der NS-Gebirgstruppe verharmlost und die Täter schützt, er ist nun auch dazu übergegangen, die Nichtverfolgung der Untaten als erforderlich für die heutige Kriegsführung der Bundeswehr und der NATO-Alliierten zu bewerten… Zudem klärten wir über das Wirken des Kameradenkreises der Gebirgstruppe e.V. auf, der aus dem Kreis der NS-Wehrmachtsangehörigen heraus gegründet wurde und zahlreiche Kriegsverbrecher in seinen Reihen hatte…“ (2)

Ulrich Sander im Gericht 
Foto: Jochen Vogler

Der Kameradenkreis selbst, so Ulrich Sander, habe bisher nicht ein einziges seiner Mitglieder aus der Wehrmacht ausgeschlossen - auch nicht nachdem in den beiden letzten Jahren in Italien 25 Mörder aus der Wehrmacht, der SS und auch aus der Gebirgstruppe zu lebenslanger Haft verurteilt worden sind. Und die Bundesregierung weigere sich, die Opfer dieser Massaker zu entschädigen, so wie sie sich faktisch weigere, die Täter zu bestrafen. Gebirgsjäger-Morde in Griechenland

Willi Dreeßen, Leiter der Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen für die Ermittlungen gegen NS-Verbrecher in Ludwigsburg, habe bereits im Jahre 2001 festgestellt: „Als Ergebnis bleibt, daß Zehntausende griechische Zivilisten in Hunderten von Ortschaften erschossen, verbrannt, erschlagen oder grausam zu Tode gefoltert wurden. Zur Verantwortung gezogen wurde dafür niemand. Vor allem die Ermittlungsbehörden, d.h. die Staatsanwaltschaften, aber auch die Gerichte einschließlich des Bundesgerichtshofes haben durch ihre Entscheidungen zu diesem Ergebnis nicht unmaßgeblich beigetragen.“

Allein im besetzten Griechenland haben laut Sander die Gebirgstruppen von Wehrmacht und SS „mindestens 325 Dörfer zerstört; meist wurden die Bewohner umgebracht. Die Befehle – begründet mit der Absicht, jeden Widerstand der Bevölkerung auszuschalten – waren verbrecherisch, verbrecherisch war auch ihre Befolgung“. Und später hätten führende Bundeswehroffiziere „immer wieder die Gebirgsjäger-Tradition verherrlicht – bis heute“. So ließ General Klaus Reinhardt, der vor allem als NATO-Kommandeur auf dem Balkan bekannt wurde, in der Zeitschrift “Gebirgstruppe“ die Rede veröffentlichen, die er zu Pfingsten 2000 beim jährlichen Gebirgsjägertreffen auf dem Hohen Brendten bei Mittenwald gehalten hatte. Reinhardt, selber Gebirgsjäger: „Die Gebirgstruppe der Bundeswehr ist von Männern aufgebaut und geistig ausgerichtet worden, die als Kommandeure, als Kompaniechefs und Kompaniefeldwebel die schreckliche Erfahrung des Krieges und der Diktatur am eigenen Leib erlebt und durchlitten haben. Sie haben die Uniform wieder angezogen, um uns, der nachfolgenden Generation, das Koordinatensystem ihrer Werteordnung“ weiterzugeben. Und, so Reinhardt weiter: „Diese Männer waren unsere Vorbilder, und sie repräsentieren eine ganze Generation von Wehrmachtssoldaten. Sie verdienen unseren Respekt genauso wie die vielen anderen Soldaten, die aus ihrer damals begrenzten Kenntnis der Vorgänge heraus im guten Glauben ehrenhaft gehandelt und gekämpft haben. Bei der Pflege dieser Tradition und ihrer Weitergabe an die nächste Generation hat der Kameradenkreis der Gebirgstruppe sein ganz besonderes Verdienst.“ (PK)

(1) siehe NRhZ unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13163

(2) siehe VVN unter http://www.nrw.vvn-bda.de/bilder/Dokumentation_Kameradenkreis_Gebirgstruppe.pdf

Veröffentlichung des Beitrag mit freundlicher Genehmigung der www.nrhz.de