08.06.09
VVN-BdA Dortmund fordert das Verbot künftiger
Naziaufmärsche in der Stadt
Bessere Erinnerungsarbeit an
Täterorten gefordert
Wir machen hiermit mit der Resolution des Internationalen
Rombergparkkomitees bekannt, angenommen auf der Vollsitzung 2009 am
9. April 2009 in der Gedenkstätte Steinwache in Dortmund.
Wir schließen uns den Ausführungen des Komitees besonders
hinsichtlich des notwendigen Vorgehens gegen den für den 5.
September 2009 in Dortmund geplanten Aufmarsch der Nazis an. Vom
Polizeipräsidenten fordern wir – gerade als Lehre aus dem 1. Mai
2009, an dem in Dortmund eine Nazibande den Demonstrationszug des
DGB gewalttätig angriff – das Verbot der geplanten
Naziprovokation am 5. September 09.
In Briefen der VVN-BdA an sämtliche Bezirksvertretungen der
Stadt schrieb die VVN-BdA: „Wir bitten Sie, sich diesem Ersuchen
an den Polizeipräsidenten anzuschließen und einen entsprechenden
Beschluss zu fassen.“ Ferner wurden die Bezirksvertretungen
gebeten, in ihren Gebieten öffentliche Aktionen gegen die Nazis am
5.9. vorzubereiten und dafür öffentliche Plätze anzumelden – um
so den Nazis keinen Raum zu lassen. Die VVN-BdA selbst hat den
Vorplatz S-Bahn Dorstfeld, den Wilhelmsplatz in Dorstfeld und den
Hansmann-Platz in Lütgendortmund für ganztätige Aktionen
am 5. 9. angemeldet.
Ferner unterstützen wir die Forderung nach einer
Erinnerungsarbeit, die neben dem Gedenken an die Opfer mittels
Stolpersteinen auch die Erinnerung an die Täter und die Mahnung „Nie
wieder!“ einschließt.
Die Bezirksvertretungen wurden zur Schaffung von
Erinnerungsplätzen an diejenigen Personen aufgefordert, die
schuldig sind am Schicksal der NS-Opfer in unserer Stadt und die an
der Kriegsvorbereitung und –führung und der Unterdrückung der
Arbeiterbewegung unermesslich verdienten. „Wir bitten Sie, nicht
das Beschweigen der Stätten hinzunehmen, an denen die Täter aus
der Industrie wirkten.“
Das bedeutet für die Innenstadt-Nord, Scharnhorst
und Brackel: Eine Springorum-Allee und eine
Springorum-Siedlung – wie sie neuerdings geplant ist – sind
unzumutbar und nicht hinzunehmen. Anstelle der Hitler-Finanziers und
–Förderer Springorum jr. und sen. sollte der Name eines der Opfer
vom Karfreitag 1945 für die Siedlung und die Allee gewählt werden.
Für Innenstadt-Ost bedeutet dies: Es sollte auf die
Hitler-Finanziers aus der Ruhrlade hingewiesen werden. Es sollte die
Stelle markiert werden, an der sich in Dortmund im Januar 1933 die
Industriellen versammelten, die Hitlers Aufkommen unterstützten.
Wir denken an die Hainallee, gegenüber dem Kaiserhain, wo die
Springorum-Villa stand, die immer wieder Treffpunkt industrieller
Freunde der Nazis war, so auch am 7. 1. 1933.
Ferner heißt dies für Dortmund-Eving: Eine
Kirdorf-Siedlung sollte es nicht länger geben. Anstelle des
Hitler-Finanziers Emil Kirdorf sollte der Name eines der Opfer vom
Karfreitag 1945 für die Siedlung gewählt werden.
Die Bezirksvertretungen in Hörde und Aplerbeck
wurden schließlich aufgefordert, bei der Schaffung des
Phönix-Sees, nicht das Andenken an die Opfer der Stahlindustrie von
1939-1945 zu versenken. Am Emschertor an der Hermannstr. solle
unbedingt an dem Plan festgehalten werden, mit einer Tafel an die
Todesopfer des Auffanglagers (Arbeitserziehungslager) zu erinnern.
Ferner heißt es: „Wir benötigen Informationen über Standorte
von Zwangsarbeit und Unterdrückung im Kriege.“
In ihren Briefen schreibt die VVN-BdA. „Gern sind wir zur
Erläuterung dieser Vorschläge bereit, denen sich die Dortmunder
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten, gegründet im Februar 1947 in
Dortmund, anschließt.“
Ulrich Sander
Die Erklärung des Internationalen
Rombergparkkomitees hat den Wortlaut:
Auch 64 Jahre nach der Ermordung Hunderter Frauen und Männer
aus sieben europäischen Ländern in der Dortmunder Bittermark -
kurz vor der Zerschlagung des Terrorregimes des deutschen
Hitlerfaschismus - bleiben wir aufgefordert, der Opfer des
Hitlerregimes zu gedenken. Mit diesem Gedenken leisten wir einen
Beitrag für die Schaffung eines friedliebenden Europas frei von
jeglichem Rassismus, frei von Völkerhass und Neonazismus.
Erfreulicherweise können wir eine Zunahme der verschiedensten
Aktionen und Maßnahmen registrieren, die sich gegen den Neonazismus
in seinen verschiedenen Erscheinungsformen richten.
Gleich dem Rombergpark und der Bittermark gab es mindestens
130 weitere derartige Tatorte. Wir erinnern daran, dass vom Januar
bis April 1945 mindestens 700.000 Menschen auf Todesmärschen von
den Konzentrationslagern nach Westen und Süden von Wehrmacht und SS
ermordet wurden oder als "Deserteure" von der
Wehrmachtsjustiz hingerichtet wurden - gleich den Menschen, die wir
hier in Bittermark und Rombergpark beklagen. Wir wollen daher die
Zusammenarbeit zur Erinnerung an die Opfer in allen Gemeinden mit
Kriegsendphasenverbrechen verstärken.
Wir erinnern an die Friedenstraditionen der Stadt Dortmund,
und deshalb bitten wir die Dortmunderinnen und Dortmunder, den
Vorschlag von Präsident Barack Obama aufzugreifen: Machen wir die
Welt atomwaffenfrei und fangen wir bei uns damit an. Dortmunds Rat
möge der Gemeinschaft Atomwaffenfreier Städte, gegründet vom
Bürgermeister von Hiroshima, beitreten.
Wir erinnern an den Krieg der NATO und der Bundeswehr 1999
gegen Serbien-Jugoslawien und grüßen die Menschen in Dortmunds
Patenstadt Novi Sad. Wir wollen alles dafür tun, dass das Prinzip
wieder gilt: Nie wieder Krieg von deutschem Boden. Nie wieder Krieg
und Faschismus.
Wir erinnern an die antifaschistischen Traditionen der Stadt
Dortmund, und deshalb rufen wir dazu auf: Gebt Nazis hier keinen
Spielraum. Setzen wir uns alle dafür ein, dass der Rat der Stadt
beschließt, die Initiativen zu einem Verbot der NPD zu
unterstützen und sich in der Bundes- wie Landeshauptstadt dafür zu
engagieren. Nicht zuletzt wollen wir selbst - jeder an seinem Platz
- die immer lauter werdende Forderung nach einem Verbot der
neonazistischen NPD unterstützen. Vor allem verlangen wir, dass der
geplante Aufmarsch der Nazis am 5. September in Dortmund nicht
zugelassen wird.
Wir danken der Stadt Dortmund für die Bemühungen der
Verwaltung und der Bürgerinnen und Bürger, sich der Notwendigkeit
der Erinnerungsarbeit zu stellen. Wir meinen, es sollte diese Arbeit
ergänzt werden durch eine Dokumentation des Leids und der Opfer der
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Dortmund. Dazu gehört
auch die Schaffung von Erinnerungsplätzen an diejenigen, die
schuldig sind am Schicksal dieser Menschen und die an ihrer
Ausbeutung verdienten: Das heißt, eine Kirdorf-Siedlung ebenso
wenig hinzunehmen wie das Beschweigen der Stätten, an denen die
Täter aus der Industrie wirkten. Anstelle des Hitler-Finanziers
Kirdorf sollte der Name eines der Opfer vom Karfreitag 1945 für die
Siedlung gewählt werden. Es sollte die Stelle markiert werden, an
der sich in Dortmund im Januar 1933 die Industriellen versammelten,
die Hitlers Aufkommen unterstützten.
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