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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

09.03.09

NRW und die Finanzkrise

Verfassungsbruch durch „Privat geht vor Staat“

Von einem Verfassungsbruch durch das Motto „Privat geht vor Staat“ in der CDU-FDP-Landespolitik spricht die VVN-BdA NRW in einem Kommentar ihres Landessprechers Ulrich Sander. Die Finanzkrise und Wirtschaftskrise erfordere die Einhaltung der NRW-Landesverfassung und des Grundgesetzes und nicht das Festhalten am Neoliberalismus.

Hier der Wortlaut:

NRW und die Finanzkrise

Verfassungsbruch durch „Privat geht vor Staat“

Von Ulrich Sander

In Nordrhein-Westfalen haben CDU und FDP bei Regierungsantritt eine Koalitionsvereinbarung verabschiedet, die demonstrativ die Landesverfassung verletzt. Die Kurzform der Koalitionsvereinbarung lautet: “Freiheit vor Gleichheit. Privat vor Staat“. Das heißt: "Gier vor Gemeinwohl". Die Verwerflichkeit dieses Prinzips wird uns in der gegenwärtigen Finanzkrise plastisch vor Augen geführt.

Als Lehre aus den Erfahrungen der Weimarer Zeit und des Faschismus erschien es allen Demokraten 1945 als notwendig, für die sozialen Menschenrechte zu wirken, denn der Kapitalismus sei den Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden; so lautete damals die Programmatik auch der CDU. Deshalb gibt es den Artikel 14 zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums im Grundgesetz, und deshalb heißt es in der Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen im Artikel 24: „Im Mittelpunkt des Wirtschaftslebens steht das Wohl des Menschen. Der Schutz seiner Arbeitskraft hat den Vorrang vor dem Schutz materiellen Besitzes. Jedermann hat ein Recht auf Arbeit.“

Arbeit für alle und Schutz der Arbeitskraft sind demnach höchste Verfassungsaufgaben – und nicht das Recht auf Profit einzelner Privater und ihre Freiheit, die höher als die Gleichheit der Menschen rangiert. „Das Wohl des Menschen“ wird derzeit jedoch der Freiheit der Reichen geopfert: Weder wurde ein Höchstlohn für Manager, noch ein Mindestlohn für Zeitarbeiter eingeführt. Der herrschende Neoliberalismus widerspricht dem Grundgesetz und der Landesverfassung. Das wird jetzt besonders deutlich vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise. Verstaatlichung der Banken – womit gemeint ist: Verstaatlichung der Bankverluste. Das wird nun plötzlich gefordert. Es geht aber um wirkliche Verstaatlichung zum „Wohl des Menschen“. Auch die ist in der Landesverfassung verankert. „Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden. Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, sind zu verbieten.“ Dies steht in Artikel 27 der NRW-Landesverfassung.

Auch im Grundgesetz gibt es den Artikel 15 mit dem Titel „Sozialisierung“. Artikel 14 sieht die Sozialpflichtigkeit des Eigentums vor. Auch diese Artikel gehören auf die Tagesordnung.

Grundgesetz und Landesverfassung müssen wieder Gültigkeit erlangen. Darin steht nichts von „Privat vor Staat“, von Profit vor Gemeinwohl, von Freiheit für die Reichen vor Gleichheit aller.