04.03.09
nonpd - 175.000 Unterschriften für einen neuen
Verbotsantrag
Beitrag zur Anhörung im
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags am 2. März 2008
Rede von Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), vor
dem Petitionsausschuss des Bundestages.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zu dieser
Sitzung.
Ich spreche heute für 175.000 Bürgerinnen und Bürger, die
zwischen dem 27. Januar und dem 9. November 2007 mit ihrer
Unterschrift ein Verbot der NPD gefordert haben.
Diese Menschen sind mit uns der Meinung, dass die NPD verboten
werden muss,
- weil sie in der Tradition der NSDAP steht,
- weil ihr Menschen- und Gesellschaftsbild mit dem Grundgesetz
unvereinbar ist,
- weil sie faschistische Ideologie mit Gewalt verbindet und
- weil ihre Legalität ihr den Anschein von Legitimität
verleiht.
Zur Einstimmung zunächst einige "O-Töne":
"Das System, das sich BRD nennt, ist irreparabel. Lasst uns
diese ganze verfaulte Republik unterwühlen. Und wir haben ja auch
schon den ein oder anderen Tunnel gegraben, um dieses Konstrukt der
Siegermächte zum Einsturz zu bringen." Das sagt Udo Pastörs,
Fraktionsvorsitzender der NPD im Landtag MVP.
Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt erklärt in der Wochenzeitung
"Junge Freiheit": Zweifellos handelt es sich bei Hitler um
einen großen deutschen Staatsmann."
In einer Argumentationshilfe für Kandidaten und Funktionsträger
der NPD ist zu lesen:
"Völker sind nun einmal Lebens- und Naturtatsachen. ... Der
"Mensch" ist genauso eine Fiktion, ein Gedankengebilde und
eine Illusion wie die "Menschheit"." Und: "Das
Grundgesetz ... ist ein Diktat der Westalliierten ..., die
Grundrechtsbestimmungen triefen vor Menschenrechtstümelei ...
."
Wenn wir sagen Faschismus ist keine Meinung, sondern ein
Verbrechen, dann beziehen wir uns zunächst auf eine empirische
Erfahrung: Die 55 Millionen Toten und die Welt in Flammen sind ohne
historisches Vorbild und bleiben hoffentlich auch in Zukunft
singulär.
Die verbrecherischen Taten der deutschen Faschisten folgten
ideologischen Vorgaben:
- einer umfassenden Theorie der Ungleichheit, aus der sich für
sie zwingend Ungleichwertigkeit ableitet und
- dem Sozialdarwinismus, der in Verbindung mit dem völkischen
Nationalismus alle Menschheitsverbrechen des deutschen
Faschismus als Notwendigkeiten im "Kampf ums Dasein"
legitimiert.
Diese Ideologie ist ungebrochen und so lange das so ist, besteht
Wiederholungsgefahr. In den bereits erwähnten
"Argumenten" hört sich das so an:
"Die NPD ist eine idealistische deutsche
Erneuerungsbewegung, die der noch unter dem Schutt der Zeit
liegenden Volksgemeinschaft den Weg ebnen wird."
Das Grundgesetz von 1949 ist in wesentlichen Bestimmungen als
Gegenentwurf zum faschistischen Staats- und Gesellschaftsmodell
entstanden. Wesentliche Äußerungen der NPD widersprechen bereits
dem ersten Artikel des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen
ist unantastbar." Programmatische Aussagen der NPD und ihrer
Funktionäre machen dies ebenso deutlich wie 18.332 neofaschistische
Straftaten und 965 Gewalttaten, die allein 2008 von Mitgliedern und
Sympathisanten der NPD begangen wurden.
Die NPD ist heute das strategische und organisatorische Zentrum
sowohl der Alt- als auch der Stiefelfaschisten.
Sie schafft es, in einem "Kampf um die Straße" nicht
nur Woche für Woche hunderte und am 14. Februar in Dresden tausende
Anhänger für ihre Aufmärsche zu mobilisieren, sie schafft es
auch, dass diese Aufmärsche gegen tausende empörte
Antifaschistinnen und Antifaschisten staatlich geschützt werden -
solange sie nicht verboten ist.
Sie schafft es, ihre menschen- und demokratiefeindliche
Propaganda in einem "Kampf um die Köpfe" massenhaft zu
verbreiten, finanziert z. B. durch Wahlkampfkostenerstattung -
solange sie nicht verboten ist.
Sie schafft es, Parlamente für ihre Hasstiraden zu nutzen und
über parlamentarische Aufwandsentschädigungen und Kostenpauschalen
für die Abschaffung des parlamentarischen Systems zu wirken -
solange sie nicht verboten ist.
Und: solange sie nicht verboten ist, genügt allein schon diese
Legalität, um ihr einen Anschein von Legitimität zu verleihen.
Wir wissen, dass nur eine gesellschaftliche Auseinandersetzung
mit den Inhalten faschistischer Ideologie die erschreckend hohe Rate
von Zustimmung zu faschistischen oder
"rechtsextremistischen" Positionen in der "Mitte der
Gesellschaft" reduzieren kann. Wir sind dabei.
Wir meinen aber auch, dass ein Damm gegen die organisierende
Kraft, die diese Ideologie in praktische Politik im Parlament und
Gewalt auf der Straße umsetzt, gebaut werden muss, damit sie nicht
weiter um sich greift.
Darum fordern wir das Hohe Haus auf, ein erneutes Verfahren zum
Verbot der NPD einzuleiten.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Cornelia Kerth
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