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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

09.02.09

Antifa-KOK zu den Thesen zur 28. Antifa-Landeskonferenz 2009

Positionen des Koordinierungskreis antifaschistischer Gruppen aus Düsseldorf und Neuss (Antifa-KOK) zu den Thesen der 28. Konferenz antifaschistischer Initiativen und Organisationen in NRW

These 1: "Die Nazis lenken uns nur von den realen Gefahren (Krieg nach innen und außen) ab. Die Nazis beschäftigen uns, damit wir nicht für eine solidarische Gesellschaft der Gleichen eintreten."

Ja, der Kampf gegen den Faschismus ist ein Abwehrkampf. Er kostet Zeit und Energie, die wir lieber im Kampf für die Überwindung von Unterdrückung und Ausbeutung und für eine klassenlose, herrschaftsfreie Gesellschaft einsetzen würden. Dennoch ist der antifaschistische Kampf eine Notwendigkeit und wir schließen für ihn auch Bündnisse mit Kräften, die nicht mit uns für eine andere Gesellschaftsordnung kämpfen werden. Die Intention der Nazis ist es jedoch nicht, uns zu beschäftigen - sie verfolgen ihre eigenen Ziele, bei denen wir sie (hoffentlich erfolgreich) stören. Zugleich versuchen wir, im Kampf gegen die Nazis unsere eigenen Werte in der Gesellschaft zu verankern.

These 2: "Die Hauptgefahr geht von den militanten Neofaschisten aus"

Für einen nicht unerheblichen Teil von Menschen (MigrantInnen, Homosexuelle, Junkies, Punks, Linke) geht die unmittelbare Gefahr von den militanten Nazis aus. Die Liste der Toten, die auf ihr Konto gehen, ist lang und endet nicht. Dennoch ist faschistische Bewegung facettenreich und die Gefahr besteht im Zusammenwirken der verschiedenen Bereiche.

These 3: "Die militanten Neonazis sind die Kostümträger der Bewegung. Die wahre Gefahr für die Demokratie entwickelt sich in und aus der Mitte der Gesellschaft. Die Nazis bleiben Randphänomen."

Für uns sind Neonazis kein "Randphänomen", sondern eine in mehreren europäischen Staaten aktive politische Bewegung, die als solche analysiert und bekämpft werden muss. Der Begriff "Randphänomen" verharmlost ebenso wie der Begriff "Kostümträger" die konkrete Bedrohung, die für Viele von militanten Neonazis ausgeht (siehe unsere Antworten auf These 1 und 2). Er zeugt außerdem von einem eindimensionalen, stark an den Parteigedanken gebundenen Politikverständnis, in dem sich die "gesellschaftliche Mitte" von ihren "extremistischen Rändern" abgrenzen lässt. Rassistische, nationalistische und antisemitische Einstellungen und Ressentiments existieren in allen gesellschaftlichen Bereichen - insofern stärkt es die faschistische Bewegung, wenn sie sich als Vollstreckerin eines vermeintlichen "Volkswillen" wähnen kann, wie es insbesondere während der Debatten um die faktische Abschaffung des Asylrechtes der Fall war.

These 4: "Der Staat braucht die Neonazis und lässt sie gewähren. Neonazis sind ohne die Unterstützung der Eliten hilflos"

Der Staat mag die Neonazis oft gewähren lassen, aber er braucht sie derzeit nicht. Oft genug schaden die Neonazis dem Image des Staates bzw. bestimmten Städten oder Regionen als Wirtschaftsstandorte, meistens wenn ein besonders gewalttätiger Übergriff oder ein großer Aufmarsch an einem historischen Datum das Interesse der Medien und des Auslandes weckt. Grade dann präsentiert sich der deutsche Staat im Interesse seiner Eliten gerne als law-and-order-System, das gegen jeden "Extremismus" vorgeht.

Neonazis sind ohne die Unterstützung der Eliten nicht hilflos, sie sind in der Lage, eigenständig zu agieren und sich selbst zu finanzieren, auch wenn die NPD zweifelsohne durch das Parteiengesetz profitiert.

Um es deutlich zu sagen: Derzeit besteht nicht die Gefahr, daß das bürgerlich-demokratische System von links derart unter Druck gesetzt wird, daß die Herrschenden ihren Ausweg nur noch in der Unterstützung der Faschisten und der Machtübertragung an sie sehen.

These 5: "Neonazis sind eine Gefahr für Leib und Leben ihrer Gegner. Wir dürfen den Neonazis keinen Zentimeter Boden zugestehen. Dabei dürfen wir uns von Repressionen des Staates nicht beeindrucken lassen"

Wir stimmen ausdrücklich zu. Das Zurückweichen vor den Nazis hat verheerende Folgen, nicht zuletzt sichtbar im Osten der Republik oder in Dortmund. Wir orientieren auf eine Verknüpfung aller Formen des antifaschistischen Widerstands und lehnen eine Verkürzung auf "nur militant" oder "nur bündniskompatibel" ab. Unsere Aufgabe ist es, die Faschisten wirkungsvoll zu bekämpfen, ohne uns dabei zu isolieren und von der staatlichen Repression zerschlagen zu werden.

These 6: "Wir brauchen breite gesellschaftliche Bündnisse gegen die Gefahren von rechts und äußerst rechts. Kompromisse sind nötig und möglich, wenn das Gemeinsame gesucht und nicht das Trennende in den Vordergrund gerückt wird."

Wir stimmen zu. Bedingung dabei ist, daß die Bündnisse auf konkrete Aktivitäten orientieren, die die Nazis wirkungsvoll bekämpfen. An Alibi-Bündnisse, die lediglich Schaden vom "Standort Deutschland" abwenden wollen, beteiligen wir uns nicht. Als positives Beispiel für eine erfolgreiche Bündnisarbeit werten wir das Kölner Blockadebündnis.

These 7: "Die Nazis haben ihr Versteckspiel perfektioniert. Äußerlich sind sie kaum mehr zu identifizieren. Ihre Demagogie macht sie zu ideologischen Nebelwerfern. Nebel kann mensch aber nicht festhalten. Die Nazi- Querfrontstrategie trägt Unsicherheit in die Reihen der Antifaschisten"

Wir stimmen zu, daß der Skinhead-Style in der extrem rechten Szene an Attraktivität verloren hat und das Spektrum der "Autonomen Nationalisten" optisch weniger auffällig auftritt. Teilweise adaptieren Neonazis Elemente linker Demonstrationskultur (Symbole, Musik, Auftreten in schwarz und mit Vermummung) und interpretieren sie für ihre Zwecke um. Diese Praxis ist in der extrem rechten Szene umstritten. Wir verstehen das allerdings nur sehr bedingt als einen Versuch ein "Versteckspiel" zu betreiben. Im Gegenteil, es geht ihnen darum ihre Aktionen attraktiver und moderner zu machen und nicht darum sich zu tarnen. Neonazis "verstecken" ihre Ideologie und Symbole meist nur um staatliche Repression zu umgehen. Die Forderung nach einer "Querfront" spielt momentan in der extremen Rechten nur eine sehr marginale Rolle. Schon vor dem Phänomen "Autonome Nationalisten" hat ein großer Teil der (Neo)nazis und Rassisten seine Gesinnung nicht durch Glatze und Bomberjacke nach außen getragen. Dort wo die Neonazis mit ihrem Auftreten und ihren Parolen für Verwirrung sorgen (z.B. weil sie als "schwarzer Block" nach einem "nationalen Sozialismus" rufen) ist es Aufgabe von AntifaschistInnen, den Nebel zu lichten und ihre Demagogie als das zu benennen was sie ist, nämlich nationalistische, rassistische Hetze. Zugleich muß die Linke ihre Positionen klarer vermitteln und so eine deutlich erkennbare Abgrenzung zur Demagogie der Nazis schaffen.

These 8: "Ein Verbot der NPD bringt nichts und richtet sich letztendlich gegen Links!"

Das Verbot der NPD würde die Naziszene vorübergehend schwächen. Andere bedeutende Sektoren der faschistischen Bewegung wie die "Freien Kameradschaften" / "Autonomen Nationalisten" wären davon kaum betroffen und würden vermutlich davon profitieren. Wir halten es dennoch für falsch, Kampagnen für ein Verbot der faschistischen Parteien zu machen. Unserer Auffassung nach ist es die Aufgabe der AntifaschistInnen, dafür zu sorgen, daß sich möglichst viele Menschen aktiv am Kampf gegen die Nazis beteiligen - und zwar unabhängig davon, ob die Gerichte des bürgerlichen Staats diesen Kampf für richtig halten oder nicht. Wir verweisen auch hierbei auf das Kölner Beispiel: Die geringen Kräfte der AntifaschistInnen wurden nicht an eine Unterschriftensammlung für ein Verbot des Rassistenkongreß verschwendet - stattdessen wurde für die Blockaden geworben (auch durch Unterschriftensammlung) und der zivile Ungehorsam organisiert. Daß die Kölner Polizei nach den erfolgreichen Massenblockaden auch noch den Rassistenkongreß verboten hat, mag den einen oder die andere freuen - wichtig war aber, daß Zehntausende selber aktiv wurden und durch eigene Aktivitäten das Scheitern der Rassisten verursachten.

Organisieren wir gemeinsam den Widerstand gegen den Wahlkampf der Nazis und anderer Rassisten!

Verhindern wir gemeinsam die Aufmärsche der Nazis in NRW und anderswo!

Schaffen wir zusammen eine antifaschistische Kultur des zivilen Ungehorsams!

Februar 2009
Koordinierungskreis antifaschistischer Gruppen aus Düsseldorf und Neuss
c/o AStA der FH Düsseldorf, Georg-Glock-Str. 15, 40474 Düsseldorf
www.antifa-kok.de / info[at]antifa-kok[de]de