22.01.09
Thesen zur Diskussion über die Situation in
Israel/Palästina
Beschlossen vom Bundesausschuss
der VVN-BdA als Arbeitsgrundlage für ein Seminar zum Nahostkonflikt
1. Für die VVN-BdA ist das Verhältnis zu Israel in erster Linie
davon bestimmt, dass dort eine große Zahl von Überlebenden des
Holocaust und deren Nachkommen leben. Israel ist der Zufluchtsort
für Jüdinnen und Juden aus aller Welt.
2. Die Gründung des Staates Israel auf Vorschlag der britischen
Kolonialmacht und gegen die Stimmen der arabischen Staaten und die
ungerechte Aufteilung des Landes zwischen jüdischen Siedlern und
Palästinensern sind Ausgangsbedingungen, die notwendig zum Konflikt
geführt haben.
3. Während des Kalten Krieges wurde der Staat Israel zum
"Brückenkopf des US-Imperialismus" in Nahost.
4. Auch die israelische Gesellschaft ist gespalten: Rassismus,
Nationalismus, religiöser Fundamentalismus und sonstige
reaktionäre Strömungen sind genauso vorhanden wie
Friedensbewegung, Bürgerrechtsbewegung und die verschiedenen
sozialistischen Strömungen.
5. Wir haben also Freunde und Bündnispartner in Israel, die an
der gleichen "Welt des Friedens und der Freiheit" arbeiten
wie wir und auf deren Einschätzung wir vertrauen können.
6. Viele dieser KameradInnen stehen in Opposition zur
israelischen Regierungspolitik oder stehen ihr zumindest kritisch
gegenüber. Ein wichtiger Aspekt ihrer Überlegungen ist die
Überzeugung, dass Israel nur mit seinen Nachbarn überleben kann.
7. Die arabischen Staaten verkünden vollmundig ihre Solidarität
mit dem palästinensischen Volk. Tatsächlich leben mehr als 1
Million Palästinenser auch nach mehr als 50 Jahren in den
arabischen Staaten unter schrecklichen Bedingungen in
UN-finanzierten Lagern.
8. Vor dem letzten Krieg gegen den Libanon gab es dort eine
Bürgerrechtsbewegung, die auch die Integration der Palästinenser
in das gesellschaftliche Leben dort zum Ziel hatte. Auch das wäre
eine Voraussetzung zum Frieden. Auch das ist dem Krieg zum Opfer
gefallen.
9. Der Krieg gegen den Libanon hat die sich dort entwickelnde
Zivilgesellschaft empfindlich getroffen und der Hisbollah erlaubt,
ihr Profil als quasi-staatliche Institution auszubauen.
10. Die Hamas ist eine anti-emanzipatorische Organisation, die
mit unseren gesellschaftlichen Zielvorstellungen nichts teilt. Sie
ist für uns ein politischer Gegner. Die Strategie der Hamas-Führer
in Syrien, die in Kauf nimmt, die eigene Bevölkerung zur
Zielscheibe israelischer Angriffe zu machen, ist zynisch.
11. Gleichwohl: sie ist Konfliktpartei und vertritt die Mehrheit
der palästinensischen Bevölkerung, zumindest in Gaza. Deshalb kann
es faktisch keinen Frieden geben, wenn sie nicht in Verhandlungen
einbezogen wird.
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