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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

01.01.09

Bündnis Berlusconi/Merkel gegen Naziopfer

VVN-BdA kritisiert »ungeheuerlichen Umgang« mit Opfern des Faschismus

Italien hat die Klage der Bundesregierung vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, mit der sie sich vor Entschädigungsansprüchen italienischer und griechischer Opfer des Faschismus schützen will, als »hilfreich« bezeichnet. Außenamtssprecher Andreas Peschke berichtete am Montag in Berlin außerdem, daß Italien von der Klage, die die BRD einen Tag vor Heiligabend eingereicht hat, informiert war. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr römischer Kollege Silvio Berlusconi hätten bereits am 18. November ihr gemeinsames Interesse an einer Grundsatzentscheidung bekundet.

In Den Haag will Berlin durchsetzen, daß Italien Gerichtsentscheidungen außer Kraft setzt, die angeblich gegen Deutschlands Staatenimmunität verstoßen. Der oberste italienische Gerichtshofs hatte im Oktober entschieden, daß die BRD etwa eine Million Euro Entschädigung wegen des Massakers der Wehrmacht im toskanischen Civitella im Juni 1944 zahlen müsse. Seitdem droht die Pfändung deutschen Besitzes in Italien, wo derzeit rund 50 ähnliche Verfahren anhängig sind. Nach Auffassung der italienischen Justiz genießt der deutsche Staat in den Verfahren keine Immunität, weil es sich bei den Massakern um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelte. In der Eingabe an den IGH geht es auch um italienische Zwangsarbeiter sowie um sogenannte Militärinternierte, also italienische Soldaten, denen der Status als Kriegsgefangene aberkannt wurde. Außerdem geht es um ein Urteil des Berufungsgerichts in Florenz vom November. Dieses hatte ein Urteil der griechischen Justiz aus dem Jahr 1997 für rechtens und vollstreckbar erklärt, wonach Überlebende eines SS-Massakers in dem griechischen Dorf Distomo Entschädigungsansprüche gegen Deutschland durchsetzen können.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) reagierte am Montag empört über die Klage der BRD. »Der angestrengte Prozeß ist ein ungeheurer Vorgang, der auf den entschiedenen Protest der Opfer des Faschismus und der Antifaschisten unseres Landes stößt«, erklärte VVN-Bundessprecher Heinrich Fink. Der verächtliche Umgang mit der Forderung nach Wiedergutmachung für die italienischen und griechischen ehemaligen Sklavenarbeiter sowie für die Hinterbliebenen von Opfern der Wehrmachtsmassaker sei beunruhigend. »Ihnen und ihren Angehörigen gegenüber sind keinerlei Verpflichtungen übernommen worden, während deutsche Kriegsverbrecher und deren Hinterbliebene seit Jahrzehnten volle Fürsorge genießen«, kritisierte Fink. (AP/AFP/jW)

(junge Welt vom 30.12.2008)

Die Erklärung der VVN-BdA lautete:

An die Medien

Aus Anlass des Prozesses der Bundesregierung gegen die italienischen Gerichtsurteile, die zugunsten der NS-Opfer ausfielen, hat der Bundesvorsitzende der VVN-BdA Prof. Dr. Heinrich Fink erklärt:

Als Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten beunruhigt uns zutiefst der geradezu verächtliche Umgang mit der Forderung nach Wiedergutmachung für die italienischen und griechischen ehemaligen Sklavenarbeitern, die in allen Bereichen der deutschen Gesellschaft unter dem Nazi-Regime arbeiten mussten, sowie für die Hinterbliebenen von Wehrmachtsmassakern in vielen europäischen Ländern. Ihnen und ihren Angehörigen gegenüber sind keinerlei Verpflichtungen übernommen worden, während deutsche Kriegsverbrecher und deren Hinterbliebene seit Jahrzehnten volle Fürsorge genießen. Angesichts der Meldung, dass nunmehr Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen die NS-Opfer Klage führen will, wenden wir uns an die Öffentlichkeit, zu helfen, dass die Würde dieser Zwangsarbeiter und der durch die Gebirgsjägerdivision und andere Einheiten zu Tode Gekommen, nicht länger nachhaltig verletzt wird. Der nun von der Bundesregierung angestrengte Prozess in Den Haag ist ein beispielloser ungeheurer Vorgang. Er stößt auf den entschiedenen Protest der Opfer des Faschismus und der Antifaschistinnen und Antifaschisten unseres Landes.