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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

16.12.08

"...die erschreckende Konsequenz der auch in Bayern immer stärker werdenden Nazipropaganda"

VVN-BdA-Erklärungen zum neonazistischen Mordversuch an Passauer Polizeichef

Mit Entsetzen reagiert die Öffentlichkeit auf den Mordversuch an dem Passauer Polizeichef Alois Mannichl, vermutlich begangen von einem Neonazi. Richtete sich der Terror von Rechtsextremisten – über 130 Tote in den letzten beiden Jahrzehnten – bisher vor allem gegen Ausländer, gegen Obdachlose oder von den Nazis als „links“ Verdächtigte und alle Menschen, die sich ihnen entgegen stellen, so zeigt die Tat vom Wochenende die erschreckende Konsequenz der auch in Bayern immer stärker werdenden Nazipropaganda.

Innenminister Hermann hat noch am Sonntag in Passau erklärt, dass nun „mit aller Härte gegen Neonazis“ vorgegangen werden müsse.

Die VVN-BdA hofft, dass die Bayerische Staatsregierung nun endlich die zunehmenden Neonazi-Umtriebe stärker zur Kenntnis nimmt und nicht weiterhin vor allem als Problem anderer Bundesländer abtut.

Die Tat von Passau zeigt aller Wahrscheinlichkeit nach, dass hier keine „Einzeltäter“ am Werk waren, sondern dass die Neonazis inzwischen auf ein dichtes Netz zurückgreifen können. Dafür ist ganz wesentlich die NPD verantwortlich, der als legaler Partei aus Steuergeldern beachtliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Als Konsequenzen erwarten wir deshalb von der Bayerischen Staatsregierung:

  • Die notwendigen Voraussetzungen zusammen mit anderen Bundesländern zu schaffen, damit die NPD endlich verboten wird. Es ist ein Hohn gegenüber den geschichtlichen Erfahrungen und dem Geist des Grundgesetzes, wenn mit Millionenbeträgen neonazistische Logistik und Propaganda gefördert werden. Deshalb haben auch in Bayern im letzten Jahr Tausende Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Unterschrift unter die „nonpd“-Kampagne der VVN-BdA ein Verbot der NPD befürwortet. Solange die NPD das Parteienprivileg genießt und damit offiziell als Teil des demokratischen Spektrums anerkannt wird, solange wird die Polizei gezwungen, Naziumzüge zu „beschützen“.
  • Naziaufmärsche und -veranstaltungen zu verbieten und zu unterbinden.
  • Endlich Schluss zu machen mit der absurden Rechts-Links-Gleichsetzung, wenn es um die Gefährdung der Demokratie geht. Diese Gleichsetzung, die gerade aus dem bayerischen Innenministerium ständig wiederholt wird, widerspricht völlig der Wirklichkeit und nützt letztlich nur den Neonazis, weil deren wirkliche Gefährlichkeit damit verharmlost wird.
  • Die vielfältigen Initiativen im Land gegen Naziumtriebe endlich stärker finanziell, ideell und langfristig zu unterstützen. Denn natürlich bleibt das bürgerschaftliche Engagement gegen den Rechtsextremismus – auch nach einem NPD-Verbot – eine bleibende und vordringliche Aufgabe.

Ernst Antoni, VVN-BdA Bayern e.V.

Kommentar aus NRW

Angriff auf Polizisten - nicht nur in Bayern

Bayern - das Land der Wehrsportgruppen, des Oktoberfestattentats, der Anschlagsplanung auf den Synagogenbau, das Land der ungehinderten Soldatentreffen unter Beteiligung von Kriegsverbrechern, veranstaltet von einer Kameradschaft mit NS-Bezügen und Mitgliedschaft auch von hohen CSU-Politikern? Jetzt also auch das Land mit dem ersten versuchten Polizistenmord?

Das nicht, aber eines Mordversuchs, der ernst genommen wird? Warten wir es ab. Nun muss etwas geschehen, tönt es. Das NPD-Verbot wird wieder thematisiert. Das ist gut so. Reicht aber nicht. Und der Ruf wird wohl auch wieder verklingen. Genau wie früher: In Dortmund, bekanntlich nicht in Bayern gelegen, wurden im Jahr 2000 drei Polizisten von einem Nazi und Selbstmordattentäter ermordet. Doch der Fall wurde nicht untersucht, der Täter Michael Berger war ja tot. Und die Mittäter? Die texteten im Internet und auf Flyern: "Berger war ein Freund von uns! 3:1 für Deutschland. Kameradschaft Dortmund". Diese Kameradschaft agiert noch immer fast ungehindert. ..... Bayern - das Land der Wehrsportgruppen, des Oktoberfestattentats, der Anschlagsplanung auf den Synagogenbau, das Land der ungehinderten Soldatentreffen unter Beteiligung von Kriegsverbrechern, veranstaltet von einer Kameradschaft mit NS-Bezügen und Mitgliedschaft auch von hohen CSU-Politikern? Jetzt also auch das Land mit dem ersten versuchten Polizistenmord?

Das nicht, aber eines Mordversuchs, der ernst genommen wird? Warten wir es ab. Nun muss etwas geschehen, tönt es. Das NPD-Verbot wird wieder thematisiert. Das ist gut so. Reicht aber nicht. Und der Ruf wird wohl auch wieder verklingen. Genau wie früher: In Dortmund wurden im Jahr 2000 drei Polizisten von einem Nazi-Mörder und Selbstmordattentäter ermordet. Doch der Fall wurde nicht untersucht, der Täter Michael Berger war ja tot. Und die Mittäter? Die texteten im Internet und auf Flyern: "Berger war ein Freund von uns! 3:1 für Deutschland. Kameradschaft Dortmund". Diese Kameradschaft agiert noch immer fast ungehindert.

Es wird zum Vergleich der drohenden oder vorhandenen Zustände die RAF bemüht. Doch der braune Terror, der nun schon 130 Menschenleben forderte, agiert nicht im gezielten Kommandostil. Ende 1993 wurde mit der Schwarzen Liste der Anti-Antifa "Einblick" nicht etwa das Kommando an eine bestimmte Nazigruppe erteilt, einen bestimmten Menschen zu töten. Es wurde vielmehr zur allgemeinen Lynchjustiz, zur "endgültigen Ausschaltung“ derer aufgerufen, die man für die undeutschen Zustände im Land für verantwortlich hielt: Politiker, Polizisten, Publizisten, das waren die „politischen Gegner". "Jeder von uns muss selbst wissen, wie er mit den ihm hier zugänglich gemachten Daten umgeht. Wir hoffen nur, ihr geht damit um!" (Einblick)

Die auf schwarzen Listen der Neonazis verbreiteten Daten des Passauer Polizeichefs Alois Mannichl waren den Tätern zugänglich. Wir hoffen auf ihre Festnahme und Bestrafung. Wir sind solidarisch mit dem Opfer und seiner Familie. In Beratungsgesprächen mit potentiellen Opfern haben uns Polizisten oft gesagt, auch sie fühlten sich bedroht von den Neonazis. Da sagten wir: Dann handelt endlich und folgt nicht jenen Ministern und Polizeipräsidenten, die Euch sagen, wir müssen die Grundrechte der Verbrecher schützen, die doch nur eine „missliebige“ Meinung vertreten (so das Bundesverfassungsgericht). Dann protestiert mit uns gegen Versammlungsgesetze, die gegen die Nazis gerichtet sein sollen, das Versammlungsrecht aller aber gleich mit beseitigen. Dann wehrt Euch mit uns gegen den Mittelentzug für antifaschistische Gruppen und gegen die wahnsinnige Rechts-Links-Gleichsetzung. Dann fordert mit uns das NPD-Verbot, die Beseitigung des die Nazi stützenden V-Leute-Systems, die Einhaltung des Grundgesetzes, dessen Artikel 139 die Auflösung aller Organisationen des NS verlangt.

Ulrich Sander, Landessprecher NRW der VVN-BdA