14.12.08
"Maßgebenden Herren der westlichen
Industrie"
Aufruf zur Schaffung von
Erinnerungstafeln an Stätten der NS-Wirtschaftsverbrechen
Die VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der
Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA, Landesvereinigung
Nordrhein-Westfalen, Büro Gathe 55, 42107 Wuppertal, Tel. 0202 45
06 29 - Fax 0202 25 49 836 und vvn-bdanrw@freenet.de
www.nrw.vvn-bda.de) hat dazu aufgerufen, Erinnerungstafeln an
Verbrechen der Wirtschaft in der NS-Zeit einzurichten.
In einem Brief an Gruppen und Initiaiven heißt es:
Betr. Rallye "Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft
1933-1945"
Liebe Freundinnen und Freunde!
Wir möchten Euch mit folgendem Brief bekannt machen, mit dem
sich die VVN-BdA Dortmund an den Rat der Stadt wandte. Der Brief ist
eine Beitrag im Rahmen der Rallye "Spurensuche Verbrechen der
Wirtschaft 1933-1945". Er sieht einen Antrag zur Anbringung
einer Warntafel vor. Der Text:
In Form einer Anregung an den Rat der Stadt Dortmund (§ 24 GO)
beantragen wir Namens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an
Mahngängen am 7. Januar 2008 und am 8. November 2008, an der
Grünanlage Hainallee eine Mahntafel anzubringen mit dem Text:
"Hier an der Ecke Eintrachtstraße/Hainallee, in der Villa
Springorum trafen sich am 7. Januar 1933 Franz v. Papen und
führende Ruhrindustrielle, um die Machtübertragung an Hitler
herbeizuführen. Viele Ruhrindustrielle unterstützten bereits vor
1933 die Ziele der Nazis. Sie profitierten von Krieg, Faschismus und
Holocaust."
Unsere Mahngänge führten uns an jenen Tagen zu den
Stolpersteinen für die Opfer des NS-Regimes. Wir sind der Meinung,
dass es auch Erinnerungstafeln an die Täter geben sollte. Darunter
jene aus der Wirtschaft.
Der Vorgang, an den wir erinnern möchten, ist belegt durch Prof.
Gustav Luntowski, der in seinem Buch "Hitler und die Herren an
der Ruhr - Wirtschaftsmacht und Staatsmacht im Dritten Reich"
an folgendes erinnert: Um sich im engsten Kreise vertraulich über
wichtige Fragen abzustimmen, schlossen sich im Januar 1928 zwölf
Industrielle zusammen, die sich selbst als die "maßgebenden
Herren der westlichen Industrie" bezeichneten. Ihre Vereinigung
nannten sie die "Ruhrlade". Mit ihr und ihrem
"engeren Kreis", dem Krupp, Klöckner, Reusch, Springorum,
Thyssen, Vögler und Poensgen angehörten, hat sich der langjährige
Dortmunder Stadtarchivar Gustav Luntowski befasst.
Er konnte aus bisher ungenutzten Quellen, darunter den
Privatarchiven der Herren der Ruhrlade, schöpfen und stellte „eine
Mitverantwortung der Industriellen für das nationalsozialistische
Unrechtssystem“ fest.
Angeregt wurden wir zu unserem Antrag auch durch ein Projekt aus
dem Jahre 1996 der Stadt Köln. Damals wurde dort am Hause
Stadtwaldgürtel 35 ein Schild geschaffen mit dem Text: "Hier,
im Haus des Privatbankiers Kurt Freiherr von Schröder, trafen sich
am 4. Januar 1933 Adolf Hitler und Franz von Papen, um über eine
Regierungsbildung zwischen Nationalsozialisten und
Rechtskonservativen zu beraten. In einem Gespräch wurden die
Weichen für Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933
gestellt und die Voraussetzungen für die menschenverachtende
Diktatur der Nationalsozialisten geschaffen. Kurt von Schröder
unterstützte bereits vor 1933 die Ziele des Nationalsozialismus und
organisierte nach 1933 finanzielle Leistungen der deutschen
Wirtschaft an die SS."
Während Hitler von Köln aus zu Industriellen nach Mülheim/Ruhr
weiterreiste, um am 7. Januar die weiteren Schritte hin zu Diktatur
und Krieg zu besprechen, trat von Papen dasselbe in Dortmund.
Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen und die nötigen
Schritte einzuleiten.
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