19.07.08
Kinder von Widerstandskämpfern erinnern sich
Naziopfer wurden doppelt
bestraft - vor und nach 1945
Das Thema Entschädigung ist wieder auf der Tagesordnung. Die
VVN-BdA nahm auf ihrem Bundeskongress dazu Stellung (siehe den
folgenden Beitrag). Im Sommer 2007 und im Mai 2008 hat der Bundestag
zwei Entscheidungen getroffen, die den Opfern des kalten Krieges im
Westen neues Unrecht brachten. Es wurde ihnen eine Rente verweigert
- die den Opfern des kalten Krieges im Osten gewährt wurde. Und
ausgerechnet am 8. Mai 2008 beschloss der Bundestag, den
kommunistischen Widerstandskämpfern, die sowohl unter Hitler wie
auch unter Adenauer verfolgt wurden, weiterhin die Entschädigung
nach dem Bundesentschädigungsgesetz zu verweigern. Das betrifft oft
auch Hinterbliebene der Opfer. Zwei davon haben auf unsere Bitte hin
zum Thema geschrieben. Dazu die nachfolgenden Beiträge bzw. Briefe
von Klara Tuchscherer geb. Schabrod und Peter Dürrbeck. U.S.
(VVN-BdA)
Entschädigung der Opfer ist kein
gestriges Thema
Antifaschisten planen
Bundesarbeitsgemeinschaft
Dass höchste italienische Gerichte hat jetzt Deutschland zur
Entschädigung der griechischen und italienischen NS-Opfer
verpflichteten. Zu diesem Erfolg ihrer Bemühungen erklärten
Vertreter der VVN-BdA: "Auch die Zwangsarbeiterentschädigung
ab 2000 war ja völlig unzureichend, da muss die Regierung
nachbessern, wie es so schön heißt, vor allem die Konzerne müssen
es."
Während in Italien Urteile zugunsten der NS-Opfer gefällt
wurden, mussten deutsche Antifaschistinnen und Antifaschisten
empört zur Kenntnis nehmen, dass die Parteien des Bundestages -
ausgenommen "Die Linke" - ausgerechnet am 8. Mai die alten
Beschlüsse aus der Zeit des Kalten Krieges bekräftigten. Nach
diesen Beschlüssen sollen die wegen des KPD-Verbots von der
Entschädigung ausgeschlossenen kommunistischen
Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer auch weiterhin
ihrer Entschädigung beraubt bleiben. Nun soll im Herbst in Dortmund
ein Treffen dieser Opfer des Kalten Krieges stattfinden. Denn hier
wurde ein Großteil der Urteile der politischen Justiz gegen die
ehemaligen NS-Opfer gesprochen. Die VVN-BdA unterstützt dies
Treffen, das am 25. Oktober stattfindet.
Insgesamt geht es auch um die Entschädigung der immer noch
"vergessenen" Opfer wie: Sowjetische und italienische
Kriegsgefangene, italienische Militärinternierte, griechische
NS-Opfer, von Entschädigung ausgeschlossene Kommunistinnen und
Kommunisten und als Asoziale geächtete KZ-Insassen. "Die
Verweigerung der Entschädigung für große Teile der Überlebenden
des Arbeiterwiderstandes verweist uns auch auf das Schicksal der
Angehörigen der NS-Opfer, die bis heute unter dem Geschehen
leiden," heißt es in der Begrünung zu einem Beschluss des
VVN-BdA-Bundeskongresses, mit dem eine neue
Bundesarbeitsgemeinschaft zum Thema Entschädigung angekündigt
wird. "Die Angehörigen beispielsweise der linken politischen
Widerstandskämpfer waren nach Aussagen der Koalitionssprecher
Angehörige von Verbrechern, mit all den Folgen, die das für die
Psyche hat. Auch die Kinder anderer Opfergruppen sind
betroffen." In Israel wurde die Forderung erhoben, auch die
Kinder von Überlebenden gesundheitlich zu betreuen. Es geht um die
zweite und dritte Generation. Davon gibt es sicherlich auch viele
unter den "antifa"-Leserinnen und -Lesern. Vielleicht
machen die ja auch in der Entschädigungsarbeit der VVN-BdA mit?
-der
Leserinnenbrief
Mein Vater war kein Verbrecher
Am 8.Mai 2008, dem Tag der Befreiung vom Faschismus, behandelte
der Bundestag den Antrag der Partei Die Linke zur
"Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer
Verfolgung". Es ging um die Wiedergutmachung der Opfer des
Kalten Krieges.
Insbesondere die beiden Koalitionsparteien CDU und SPD lehnten
eine Änderung des Entschädigungsgesetzes ab, weil es sich ja bei
den von der Entschädigung Ausgeschlossenen "um diejenigen
handele, die zum Ersten die freiheitlich-demokratische Ordnung im
Sinne des Grundgesetzes in der Bundesrepublik bekämpft haben und
zum Zweiten diejenigen, die nach dem 8. Mai 1945 wegen eines
Verbrechens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 3
Jahren verurteilt worden sind."
Ich verwahre mich entschieden dagegen, dass mein Vater, Karl
Schabrod, als Verbrecher bezeichnet wird. Er hatte genug darunter zu
leiden, oft in seinem Leben als solcher behandelt zu werden. Fast
die gesamten 12 Jahre des Faschismus in Deutschland verbrachte er im
KZ und im Zuchthaus, weil er Antifaschist und Kommunist war. Und
dieses Wort "verbrachte" ist viel zu harmlos. Nach
Berichten von Mitgefangenen im Börgermoor saß er als
Stubenältester fast mehr im Arrest, als dass er in der Baracke war,
in der Steinwache Dortmund wurde er, wie viele andere, gefoltert,
der Staatsanwalt verlangte die Todesstrafe, die dann in
lebenslängliche Zuchthausstrafe umgewandelt wurde. Alles, weil er
auch dort sich für seine Mitmenschen einsetzte und keine Genossen
verraten wollte.
Treu seinem Wahlspruch:" Tue Recht und scheue Niemand"
arbeitete er politisch nach 1945 trotz Herz- und Rheumakrankheit
weiter. Er arbeitete für den Nordrheinwestfälischen Landtag, in
den er 1947 zum Vorsitzenden der KPD-Fraktion gewählt wurde, an der
Landesverfassung mit. Er war Schriftführer des
Verfassungsausschusses, sein Entwurf wurde Grundlage der
parlamentarischen Beratung. Dieter Posser beschreibt dies in seinem
Buch "Anwalt im Kalten Krieg" und er beschreibt auch die
Anerkennung die mein Vater für seine sachliche Mitarbeit von
einigen Abgeordneten, selbst noch nach dem Parteiverbot, erfuhr.
Deswegen empört es mich besonders, wenn bei der
Bundestagssitzung vom 8.Mai 2008 von dem Herrn Baumann, CDU/CSU,
aufgrund eines Zwischenrufs betreffend der Mitarbeit von Kommunisten
am Grundgesetz, behauptet wird: "Ein großer Teil der
KPD-Mitglieder hätten Entschädigungen erhalten, aber nicht
diejenigen, die gegen den Staat gearbeitet haben…"
Nach juristischer Abklärung seiner Rechte nach dem KPD-Verbot ,
kandidierte Karl Schabrod als unabhängiger Kandidat und später
für eine Kommunistische Wählervereinigung. Zur gleichen Zeit gab
er orientiert an der Pressefreiheit "Die freie Meinung"
heraus. Dies tat er, um den Menschen eine Alternative zu bieten und
um über die Missstände in der BRD, die Remilitarisierung, die
Atombewaffnung, die Wiederbesetzung von Nazis in hohen Ämtern und
soziale Themen aufzuklären.
Dies brachte ihm nach einem Monat U-Haft beim ersten Prozess 9
Monate auf Bewährung und beim 2. Prozess (1962) zwei Jahre
Gefängnishaft ein. Schlimm, auch für unsere Familie war, dass mein
Vater mit Berufsverbot für 5 Jahre belegt wurde, ihm die
bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt wurden und die Verfolgtenrente
gestrichen wurde, ja wir sollten 1962 gar die bereits ausgezahlte
Wiedergutmachung zurückzahlen. Überleben konnten wir dann aufgrund
eines Härtefonds, der ab 1968 ausgezahlt wurde.
1990 war nach Ansicht vieler Menschen und nach Darstellung in den
Medien der "Kalte Krieg" vorbei. Dann müssten auch alle
Opfer des kalten Krieges rehabilitiert sein und nicht Menschen, die
sich zeitlebens für andere einsetzten und für eine bessere Welt
kämpften, weiter als Verbrecher benannt werden.
Nein, der "Kalte Krieg" ist nicht vorbei, schlimmer
noch, mit Hilfe unserer Bundeswehr ist er an vielen Ecken der Welt
in einen Heißen Krieg verwandelt worden, und genau davor hat mein
Vater zusammen mit Genossen, Naziverfolgten, Christen, echten
Demokraten und vielen Friedensfreunden gewarnt.
Solingen den 6.7.2008
Klara Tuchscherer (geb. Schabrod)
Weihnachten im Knast
Die hafterfahrene Familie
aus "elan", Jugendmagazin, Dortmnund, Dez. 1967
Seite April 1967 befindet sich Peter Dürrbeck in der Haftanstalt
Oldenburg. Zu 12 Monaten Gefängnis wurde der 28jährige Arbeiter
verurteilt, wegen "Verstoß gegen das KPD-Verbot" und
"Rädelsführerschaft" - was immer die Lüneburger
Staatsanwaltschaft und die Richter darunter verstehen. Die
Lüneburger Justiz ist berüchtigt dafür, dass sie selbst bei
fragwürdiger Beweisführung in politischen Verfahren gegen
"links" härteste Strafen ausspricht. Peter Dürrbeck ,
bekannt als ehemaliger 2. Landesjugendleiter der Naturfreundejugend,
als Ostermarschierer und aktiver Notstandsgegner, kommt aus einer
Familie mit beträchtlicher Hafterfahrung. Seine Freunde sprechen
mit Hochachtung von der Familie Dürrbeck: "Das ist eine
Familie, die schon immer für ihre Überzeugung gekämpft hat."
Peters Mutter Herta leistete in einer illegalen Jugendgruppe
Widerstand gegen die Nazis. 1934 stand sie als blutjunges Mädchen
wegen Vorbereitung zum Hochverrat vor Gericht. Für eineinhalb Jahre
musste sie ins Gefängnis. Bis 1946 stand sie unter Polizeiaufsicht.
Peters Vater kam aus dem gleichen Grund ins Strafbataillon. Er starb
1953 an den Misshandlungen in dieser Truppe.
Verfolgt von den Nazis und von
Niedersachsens Justiz
Die Verfolgungen durch die politische Strafjustiz überdauerte
das 3. Reich. Auf den Tag genau 20 Jahre nach ihrer Entlassung aus
der Nazihaft, am 10. Mai 1956, musste Herta Dürrbeck wieder ins
Gefängnis von Hannover. Diesmal wegen "Förderung der
verbotenen FDJ". "Ich hatte," so erzählt Herta
Dürrbeck, "als Landtagsabgeordnete der KPD gegen die Beamten
protestiert, die junge Leute an der Grenze zur DDR aus den Zügen
holten. Dafür bekam ich drei Monate Gefängnis." Ihre zweite
Strafe im Nachfolgestaat des 3. Reiches: 10 Monate Gefängnis wegen
"Verstoß gegen das KPD-Verbot". 5 Monate wurden ihr auf
Bewährung erlassen. Als sie sich jetzt für die Freilassung ihres
Sohne einsetzte, der in seiner bisherigen Haftzeit 35 Pfund Gewicht
verlor und deshalb an Kreislaufstörungen leidet, wurde sie wieder
vorgeladen. Man drohte ihr an, die zur Bewährung ausgesetzte Strafe
zu vollstrecken, da sie "sich des in sie gesetzten Vertrauens
nicht als würdig erwiesen hat."
Peter Dürrbeck hat sich deshalb an den Rechtsausschuss des
Niedersächsischen Landtages mit einem Protestbrief gewandt. Diese
Praxis, so schrieb er, habe zur Folge, dass er und seine Mutter
abwechselnd immer im Gefängnis sitzen würden. Denn immer werde
sich der eine für die Freilassung des anderen einsetzen.
Haftverschonung für Massenmörder
Harte Urteile gegen "Links". Von dieser Justiz wird
eindeutig mit zweierlei Maß gemessen. Denn da gibt es andere, die
ebenfalls ihre Gesinnung nicht gewechselt haben: Massenmörder aus
dem 3. Reich, hilfswillige Diener der Nazis. Sie werden nicht
verurteilt, wenn doch, werden sie milde behandelt, wird ihnen Strafe
erlassen.
Drei Namen stehen hier für viele:
- Dr. Heinrich Bütefisch, als SS-Obersturmbannführer und
Bevollmächtigter der IG Farben verantwortlich für den Einsatz
von KZ-Häftlingen im Werk Auschwitz, wurde in Nürnberg nur zu
6 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Jahre 1964 erhielt er von
Bundespräsident Lübke das Bundesverdienstkreuz.
- Willi Dusenschön, SS-Obersturmbannführer und 1. Kommandant
der KZ Fuhlsbüttel und Papenburg. Er wurde 1962 vom Hamburger
Schwurgericht wegen "Mangel an Beweisen"
freigesprochen.
- Dr. Otto Bradfisch, als ehemaliger SS-Obersturmbannführer in
München und Hannover wegen Beihilfe zum Massenmord zu insgesamt
13 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach zwei Jahren Haft wurde er
wegen Erkrankung entlassen. Dem niedersächsischen
Justizministerium war nicht einmal bekannt, wo sich Bradfisch
nach seiner Haftentlassung aufhielt.
Auf dem rechten Auge blind
Das ist eine Tatsache und ein Skandal: Die politische Strafjustiz
in der Bundesrepublik und vor allem in Niedersachsen ist auf dem
rechten Auge blind. Und deshalb werden Kommunisten immer wieder im
Gefängnis sitzen, ob Weihnachten oder Ostern, Sommer oder Winter.
Dieses Problem wird bestehen, so lange das KPD-Verbot besteht.
Und es kann erst gelöst werden, wenn dieses Verbot aufgehoben
wird.
Die Angriffe auf kommunistische
Abgeordnete haben eine lange Geschichte
Im Namen des Volkes!
Verurteilung von Herta Dürrbeck am
15. November 1955
Die Vorgeschichte:
Pfingsten 1954 fand in Berlin/DDR das II. Deutschlandtreffen der
Jugend statt.
Aus diesem Anlass wurde auch in der Bundesrepublik zu diesem
Treffen geworben. Es gab großes Interesse unter Jugendlichen aus
der Bundesrepublik, dieses Treffen zu besuchen. Auch Politiker waren
sich nicht ganz einig: Sollte man hinfahren oder nicht hinfahren?
Letztlich setzte sich die Position der Adenauer Regierung durch, die
Teilnahme zu verhindern und reisewilligen Jugendlichen den
Grenzübertritt in Helmstedt und anderswo zu verwehren. Als
Hintergrund wurde auch das 1951 erlassene FDJ-Verbot genommen.
In Helmstedt holte die Polizei Jugendliche aus den Zügen, die
über Marienborn nach Berlin reisen wollten. Bei diesen vorläufigen
Festnahmen kam es häufig zu rüden Übergriffen durch die Polizei.
Die drei niedersächsischen Landtagsabgeordneten der KPD Herta
Dürrbeck, Ludwig Landwehr und Heinz Zscherpe protestierten gegen
dieses Vorgehen und in der niedersächsischen KPD-Zeitung
"Wahrheit" erschien namens der drei Abgeordneten ein
Artikel, der Jugendliche aufforderte, sich nicht einschüchtern zu
lassen und trotzdem zu fahren. Sollte es zu polizeilichen
Übergriffen kommen, wurden die jungen Menschen aufgefordert, sich
bei den Abgeordneten zu melden.
Das Deutschlandtreffen fand dann statt, auch unter Beteiligung
vieler westdeutscher Jugendlicher. In Helmstedt und an anderen
Grenzorten wurden junge Menschen weiter aus den Zügen geholt und im
konkreten Beispiel auf einem Sportplatz eingekesselt. Worauf die
Abgeordnete Herta Dürrbeck sofort vor Ort erschien und ihren
Protest erhob.
Einer Reihe der Teilnehmer am Deutschlandtreffen wurde später
der Prozess wegen Fortführung der illegalen FDJ gemacht.
Das Verfahren:
Gegen die drei KPD-Abgeordneten wurde von der Staatsanwaltschaft
bei der 4. (großen) Strafkammer in Lüneburg Anklage wegen
Unterstützung der illegalen FDJ erhoben. Grundlage sollten die §§
90a, 91, 129 und 73 StGB. sein.
Um einen Prozess durchzuführen, musste allerdings der Landtag
die Immunität der Abgeordneten aufheben. Der Landtag lehnte dieses
Ansinnen ab. Der Prozess konnte vorerst nicht stattfinden.
Im Jahre 1955 fanden dann Neuwahlen zum Landtag statt und die KPD
bekam nur noch zwei Landtagsmandate. Herta Dürrbeck schied aus dem
Landtag aus. Damit entfiel die Immunität.
Postwendend kam die Anklage nach den oben genannten §§ ins Haus
und es kam zu einer Verhandlung vor dem Landgericht Lüneburg. (Dem
Landgericht Lüneburg war die politische Sonderkammer des
Oberlandesgerichtsbezirk Celle zugeordnet. Verantwortlich u.a. für
den Regierungsbezirk Hannover.)
Verhandlung und Urteil:
Am 15. November fand der Prozess in Lüneburg statt.
Vorsitzender Richter: Landgerichtsdirektor Dr. Konrad Lenzki
[einst Kriegsgerichtsrat beim Reichskriegsgericht und
Feldkriegsgericht 6]
Staatsanwaltschaft: Oberstaatsanwalt Dr. Liebau [bei den Nazis
Amtsgerichtsrat beim Sondergericht Posen, Sachbearbeiter für
Sondergerichte im Reichsjustizministerium]
Angeklagte: Herta Dürrbeck [Nazi- Verfolgte, von 1934-1936 in
der Haft]
Für "Recht" wurde erkannt:
Die Angeklagte wird wegen eines Vergehens nach § 90a StGB in
Tateinheit mit Beihilfe zur Geheimbündelei und einem Vergehen nach
§ 129 StGB so wie ein in Tateinheit mit einem Vergehen der
Zersetzung nach § 91 StGB zu drei Monaten Haft verurteilt.
In der Urteilbegründung erfolgt dann die damals übliche
Charakterisierung der "Sowjetzone" und der FDJ (als Junge
Garde der SED) und deren Tarnungsmanövern, mit denen sie sich für
die Wiedervereinigung Deutschlands und den Frieden einsetze.
Dann wird sich mit dem in der Zeitung "Wahrheit"
erschienen Aufruf auseinandergesetzt und behauptet, dass der
erwähnte Artikel Polizeibeamte unter Druck gesetzt habe.
Zitat aus der Urteilsbegründung: "Es ging auch nicht nur
darum, den Beamten dienstliche Schwierigkeiten in Aussicht zu
stellen - sind doch auch unbegründete Anzeigen und
Dienstaufsichtsbeschwerden geeignet, einem Beamten
Unannehmlichkeiten zu bereiten -, sondern ebenso darum, ihnen nicht
mit ausdrücklichen Worten, aber deutlich genug, und für jedermann
erkennbar klarzumachen, dass sie für den Tag X, für den von den
Kommunisten erhofften Umschwung im Sinne des Kommunismus -
vorgemerkt würden und dann mit Vergeltungsmassnahmen zu rechnen
hätten." … "In der Nachrichtenstelle [heute
Staatsschutzabteilung d.Verf.] Hannover, in der die Zeugen
Kriminalmeister Strzeletz und Glockemann tätig waren, unterhielten
sich die Beamten damals über den Aufruf und vertraten die
Auffassung, dass sie durch dessen Schlussabsatz unter Druck gesetzt
werden sollten."
Das Strafmaß wird dann auf 3 Monate Gefängnis bemessen.
"Strafaussetzung zur Bewährung (§23 StGB) kann der
Angeklagten nicht bewilligt werden. Sie bietet bei ihrer Einstellung
zur Tat keine Gewähr für künftiges Wohlverhalten."
Kennzeichnend für die Geisteshaltung des vorsitzenden Richters
Dr. Lenski ist der Schlusssatz des Urteils, obwohl ihm bekannt war,
dass der Landtag (Gesetzgeber) eine Aufhebung der Immunität
abgelehnt hatte: "Angesichts des Missbrauchs, den die
Angeklagte mit ihrer Stellung als Landtagsabgeordnete getrieben hat,
verlangt außerdem das öffentliche Interesse die Vollstreckung der
Strafe."
Nachdem der Bundesgerichtshof die Revision des Urteils verworfen
hatte, musste Herta Dürrbeck im Mai 1956 die Haft in Hannover
antreten. Das war 20 Jahre nachdem sie aus dem hannoverschen
Gerichtsgefängnis entlassen worden war. Ein Straferlass nach 2/3
der Haft wurde abgelehnt. Am 10. August war dann der Entlassungstag.
7 Tage vor der Verkündung des KPD-Verbotsurteil. Es erfolgte am
KPD- Verbotstag eine erneute Verhaftung durch die
Nachrichtenpolizei. Glücklicherweise nur zwei Tage Inhaftierung.
Eine weitere Verfolgung und Gefängnishaft erfolgte 1957, weil Herta
Dürrbeck dem Vorstand Demokratischen Frauenbundes Deutschland
(Westdeutschlands Bundesrepublik) angehörte.
Die oben genannte Verurteilung diente auch dazu, Herta
Dürrbeck die Rente aus der NS-Verfolgung nach Bundesentschädigungsgesetz
zu verwehren.
Damit entfielen auch Kindergeld für ihren Sohn und Ansprüche
nach ihrem verstorbenen Ehemann Karl, der ebenfalls Naziverfolgter
war.
Peter Dürrbeck, Göttingen
Frauen unter Anklage
Weitere Verurteilung Herta
Dürrbecks und anderer - wg. DFD
Im Jahre 1957 wurde durch Erlasse der Regierungspräsidenten der
entsprechenden Regierungsbezirke der Demokratische Frauenbund
Deutschland in allen Bundesländern verboten. Zur
Grundlage wurde das 1956 ausgesprochene KPD-Verbot genommen. Ohne
schlüssige Beweise unterstellten diese Erlasse eine Weiterführung
der illegalen KPD. All diese Aktionen waren bundesweit abgestimmt
und müssen als Willkürakt in der Zeit des Kalten Krieges gesehen
werden. Beweise der Verfassungsfeindlichkeit sollten dann Anklagen
gegen kommunistische Landesfunktionärinnen erbringen. Ebenfalls in
allen Bundesländern fanden diese Prozesse etwa zeitgleich statt.
Der DFD arbeitete zu keiner Zeit illegal und unter den Mitgliedern
und Funktionärinnen war Frauen verschiedenster politischer
Richtungen.
In Niedersachsen wurden die vier Kommunistinnen Emma Meyer,
Lotte Düpre, Erika Krüger und Herta Dürrbeck angeklagt. Die
ersten drei Frauen waren hauptamtliche Funktionärinnen des
DFD-Niedersachsen, Herta Dürrbeck bis 1955 KPD Abgeordnete im
Nieders. Landtag. 775 Seiten im A4 Format umfasste die
Anklageschrift, bearbeitet durch den späteren Oberstaatsanwalt
Karl-Heinz Ottersbach. Ein Mann, der in der Nazizeit in Krakau als
Staatsanwalt tätig war und dort Sorge dafür trug, dass mehrere
polnische Frauen wegen Nichtigkeiten zu Tode verurteilt wurden.
Selbst nicht verurteilte Frauen ließ er sich überstellen, was
nachweislich deren Tod bedeutete. Seine übergeordneten
faschistischen Dienstellen bezeichneten ihn als außerordentlichen
Fleißarbeiter.
Der DFD-Prozess fand 1964 mehrwöchig vor der 4.
politischen Sonderkammer in Lüneburg statt. An diesem Gerichtshof
arbeiteten weitere belastete Nazi-Richter. (Herta Dürrbeck hatte
gemeinsam mit ihrem Landtagskollegen Ludwig Landwehr [beide
Naziverfolgte] in Dokumentationen auf die NS- Vergangenheit von
Justizbeamten in Niedersachsen hingewiesen.)
Der hervorragende Anwalt Dr. Walter Amman aus Heidelberg
war Verteidiger in diesem "DFD- Prozess." Er war
schon in der Weimarer Republik Anwalt und ein bekannter
Strafverteidiger. Wie man so sagt, ein durch und durch bürgerlicher
Mann. Er verstand die Welt nicht mehr, ob der konstruierten Anklagen
und der Prozessführung durch den Kammervorsitzenden,
Landgerichtsdirektor Dr. Ciplik.
Durch diesen und weitere ähnliche Prozesse ist Dr. Amman ein
Experte geworden in Sachen politischer Strafverteidigung während
des Kalten Krieges und hat sich sehr aktiv für die Aufhebung des
KPD-Verbots eingesetzt.
Eine Hauptzeugin der Anklage war eine ehemalige Mitarbeiterin des
DFD-Bundesvorstand, Gerda Weber. Diese war gemeinsam mit ihrem Mann
Hermann Weber (Prof. Hermann Weber, Mannheim) aus der KPD
ausgetreten. Sie und der "Zeuge" Günther Hurrelmann,
ehemaliger Landessekretär der KPD in Niedersachsen, sollten
besonders den Nachweis erbringen, dass der DFD von der KPD gesteuert
gewesen sei.
Wollte man eine Verurteilung wegen Fortsetzung der KPD und
illegaler Arbeit für die KPD, so musste man dann auch den Nachweis
konstruieren, dass die KPD diese Organisation gesteuert hat.
Hurrelmann war schon vor dem Verbot der KPD aus den
Partei-Funktionen ausgeschieden. Wegen unzüchtiger Handlung an
Kindern war er strafrechtlich verurteilt worden. Staatsanwaltschaft
und politische Polizei setzten ihn dann unter Druck, und er war
bereit die Verräterrolle zu spielen.
In seiner Aussage, die im Gefängnis in Wolfenbüttel am
9.05.1962 angefertigt worden war, plaudert er dann: "Die
Direktiven, die grundsätzlich vom Parteivorstand kamen, erhielt nur
der Landessekretär. [Gemeint war der 1. Landessekretär der KPD,
Heinz Zscherpe, bzw. der 2. Sekretär als Vertreter.] Nur in wenigen
Ausnahmefällen habe ich selbst Einblick nehmen dürfen."
(Aussage Seite 44) Er spricht dann, wie erwartet wird, von
Tarnorganisationen und Transmissionsriemen usw., genau wie die
Lüneburger Staatsanwaltschaft dies brauchte. (Zitat Seite 44 seiner
Aussage vom 9.05.1962:) "Die Arbeit mit den
Massenorganisationen muss aus kommunistischer Sicht so gesehen
werden, dass sie Transmissionsriemen sind, die mithelfen sollen, die
kommunistische Weltrevolution durchzuführen. Nach Lenin führen
alle Wege zum Sozialismus und dabei sollten diese Organisationen als
Helfer dienen."
Ergebnis in diesem Prozess: Emma Meyer und Herta Dürrbeck
wurden zu je einem Jahr Gefängnis verurteilt, für drei Jahre
kein aktives Wahlrecht und drei Jahre wurde ihnen das passive
Wahlrecht aberkannt. Lotte Düpre und Erika Krüger erhielten
Strafen auf Bewährung.
Trotz zahlreicher Proteste, aus aller Welt, mussten die
Haftstrafe angetreten werden. Für die Frauen setzte sich ein
englischer Kronanwalt ebenso ein wie ein Mitglied der belgischen
Königsfamilie, französische Wissenschaftler wie skandinavische
Parlamentsabgeordnete. Natürlich auch Frauen internationaler
Frauenverbände und Menschen aus den sozialistischen Ländern.
Besonders Menschen aus der DDR wandten sich an Gerichte und den
Bundestag. Es nützte nichts.
Auf 550 Seiten Urteilsbegründung wurde eine verkürzte Fassung
der Anklageschrift wiedergegeben.
Revisionen wurden verworfen. Es war Kalter Krieg und nach innen
herrschte ekelerregender Antikommunismus.
1965 mussten Emma Meyer, Hildesheim und Herta Dürrbeck, Misburg/Hannover
die Haft im Frauengefängnis Vechta bei Oldenburg antreten.
Sie saßen in den gleichen Zellen, in denen kurz vorher Elfriede
Kautz, Hannover und Gertrud Schröter, Celle eingesessen hatten.
Diese waren in einem ähnlichen Prozess verurteilt worden, weil sie
Kinderferienaufenthalte in der DDR organisiert hatten. Ihnen wurde
geheimdienstliche Tätigkeit vorgeworfen, weil sie u.a. in
Kinderferienlager der DDR gefahren waren und natürlich bei der
Einreise die Personalien der Kinder den DDR-Behörden mitteilten.
Dass alle 4 hier genannten Frauen einen antifaschistischen
Hintergrund hatten, war in der Zeit des Kalten Krieges keine
Seltenheit. Herta Dürrbeck saß als Jugendliche von 1934 bis 1936
im Gerichtsgefängnis Hannover und stand bis 1945 unter
Polizeiaufsicht. Gertrud Schröter war Tochter des Celler
Antifaschisten Otto Elsner, der durch verschiedenste Zuchthäuser
und KZ´s geschleift worden war.
Peter Dürrbeck, Göttingen
Eine hanebüchene Prozessfarce
Verurteilt als
"Persönlichkeit, die den Kommunismus bejaht"
Am 28. Januar 1964 übergibt der Erste Staatsanwalt Bollmann eine
Anklageschrift gegen die 21 jährige Liesel Blaumeiser. Der Vorgang
läuft allerdings seit dem Jahre 1962, damals war Liesel noch 18
Jahre und unterlag dem Jugendstrafrecht. Verhandelt werden soll aber
nicht vor der Jugendkammer sondern vor der 4. (großen) Strafkammer
in Lüneburg. Diese 4. (große) Strafkammer ist jene politische
Strafkammer, die für den Oberlandesgerichtsbezirk Celle sämtliche
politischen Prozesse durchführte. Es ist auch die Kammer, an der
als Oberstaatsanwalt Karl Heinz Ottersbach mit besonderer Akribie
wirkte. Seine Sporen verdiente sich Karl Heinz Ottersbach als
Staatsanwalt im besetzten Krakau, wo er Todesurteile gegen polnische
Frauen wegen Geringfügigkeiten aussprach, oder sich Freigesprochene
zwecks Weiterbehandlung überstellen ließ.
Auch der Erste Staatsanwalt Alfred Bollmann ist kein
unbeschriebenes Blatt. Er war Oberkriegsgerichtsrat beim Feldgericht
des Führers der Luftstreitkräfte West.
Liesel Blaumeisers Biographie kann mit solchen Tatsachen
natürlich nicht aufwarten. Wie der Staatsanwalt selber feststellen
musste, war sie "…weder bestraft noch mit Zuchtmitteln
belegt" (zitiert nach Anklageschrift Geschäftsnummer: -2 JS
336 / 62-).
Einen Makel allerdings hat Liesel doch, ihr Vater war Verfolgter
des NS-Regimes und ist unter seinen Bekannten als der rote Fritz
bekannt.
Das reichte aus, um Liesel vom 19. 9. 1962 bis 16.10. 1962 in
Untersuchungshaft zu nehmen. Um dies zu erreichen und später einen
Prozess wegen Staatsgefährdung folgen zu lassen, nahm man zum
Anlass, dass sie zu Arbeiterjugendkongressen in die DDR gefahren war
und mit FDGB- und FDJ-Jugendlichen und Funktionären gesprochen
hatte. Damit hatte sie also die Bundesrepublik und ihre Verfassung
gefährdet.
Ganz wichtige Schwerpunkte in der Anklage und der
Urteilsbegründung war, dass ein hannoverscher Pionierleiter sie in
seinen Notizen als "Pionierin" gekennzeichnet hatte.
Und was passierte später bei den Arbeiterjugendkongressen an
denen die heranwachsende Kunststopferin Liesel Blaumeiser teilnahm?
"Der I. Kongress der Arbeiterjugend Deutschlands
fand vom 5. bis 8. April (Ostern 1958 in E r f u r t statt. Er
stand im Zeichen gemeinsamer Kampfmassnahmen gegen den Atomtod und
Militarismus, für eine atmwaffenfreie Zone, für Frieden und
Fortschritt. Dem Präsidium gehörten u.a. Walter Ulbricht, Max
Reimann, Paul Verner und als Vertreter des FDGB Rudi Kirchner
an." (Urteil: 2 KMS 2/64 IV 5/ 64)
Ob die Angeklagte bzw. Verurteilte dort auftrat oder Einfluss
nahm, wird nicht erwähnt. Erwähnt wird, und das galt als
Beweismittel, dass sie und ihre Schwester aus der DDR an Eltern und
Verwandte Karten geschrieben hatten und dass Liesel auch Briefe aus
der DDR bekam.
Ganz schlimm war natürlich auch, dass Liesel 1962 Geld gesammelt
haben soll, damit Teilnehmer aus Angola zu den Weltfestfestspielen
der Jugend und Studenten nach Helsinki fahren konnten.
Genau wegen dieser Sache wurde sie in die oben erwähnte U-Haft
genommen. Und genau dieser Scheck war dann auch Beweismittel vor
Gericht. Ob das Geld abgeschickt worden war, konnte zwar laut Urteil
nicht festgestellt werden, aber man ging davon aus.
Wie kommt nun das Gericht zu einer Verurteilung? Da die
Angeklagte schon in U- Haft war, muss eine Aburteilung her:
"Zwar ist die Tätigkeit des FDGB, der FDJ, der ‚Arbeiterjugendkongresse'
und der ‚deutschen Arbeiterkonferenzen' nicht strafbar, soweit sie
auf ihre eigenen Mitglieder, Teilnehmer, Teilnehmer und Besucher aus
der SBZ beschränkt bleibt. Mit ihrer so genannten ‚gesamtdeutschen
Arbeit' greifen sie aber grenzüberschreitend in die
freiheitlich-demokratische Ordnung der Bundesrepublik ein und sehen
ihre Aufgabe darin, auf Bürger der Bundesrepublik einzuwirken, sie
besonders zu Reisen in die DDR zwecks politischer Beeinflussung zu
bewegen….,und sind deshalb nach Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1956 als Ersatzorganisation
der KPD verboten….Die Angeklagte nahm viel mehr als
Persönlichkeit, die den Kommunismus bejaht, billigend in Kauf, dass
die SBZ-Machthaber den Besuch ihrer Veranstaltungen Unterstützung
ihrer verfassungsfeindlichen Bestrebungen ummünzten."
Verurteilt wurde Liesel Blaumeiser (inzwischen verh. Dettmann)
dann zu einem Jugendarrest, den sie wegen der erlittenen U- Haft
nicht anzutreten braucht. "Der Angeklagten ist durch die
sofortige Freiheitsentziehung eindringlich vor Augen geführt
worden, welche Folgen die Umsetzung ihrer sich gegen die Freiheit
der Menschen richtende kommunistische Anschauungen haben kann."
Die Kosten des Verfahrens allerdings muss die Kunststopferin
tragen.
Aufschlussreich ist aus dem Schriftverkehr des Rechtsanwalts,
dass er erst einen langen Briefwechsel führen musste, um
Besuchserlaubnis zu erhalten, während Liesel in U- Haft saß. Dass
Literatur beschlagnahmt wurde, die der Familie gehörte, ist für
Kenner der Nachrichtenpolizei, wie sie damals in Niedersachsen
hieß, kein Novum.
Peter Dürrbeck, November 2007
Niedersächsische Initiative zur
Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges
c/o: Günter Thöne, Birkenweg 20, 31303 Burgdorf
An die Gruppe
der niedersächsischen SPD- Abgeordneten im Deutschen Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor der Sommerpause hat der Deutsche Bundestag mit Ihren Stimmen
beschlossen, dass ehemaligen Häftlingen in der DDR, die eine Rente
unter 1035,- Euro Rente erhalten eine Rente von 250 Euro gezahlt
wird. In der Debatte wurde festgestellt, dass damit Unrecht des
kalten Krieges wieder gutgemacht werden soll. Diese Entscheidung
schließt allerdings die Opfer des Kalten Krieges in der "Alt"-Bundesrepublik
aus bzw. ignoriert die Tatsache, dass der Kalte Krieg keine
einseitige Angelegenheit gewesen ist. Im Lande Niedersachsen wurden
zahlreiche Menschen von der 4. politischen Sonderkammer in Lüneburg
verurteilt. Diese Verurteilungen waren eindeutig politisch
motiviert.
Die Richter und Staatsanwälte waren aus dem "Dritten"
Reich übernommen worden, wie die Herren Dr. Poppelbaum, Dr. Lenski,
Dr. Liebau oder wie der berüchtigte Staatsanwalt Karl Heinz
Ottersbach.
Die Angeklagten waren unter anderem Opfer der Nazidiktatur, wie
Richard Brennig, August Stein, Kurt und August Baumgarte und Herta
Dürrbeck, um nur einige zu nennen. Den Opfern des Faschismus wurden
vielfach zusätzlich die Entschädigungsrenten nach dem BEG
aberkannt. Die Urteile der Sonderkammer wurden eindeutig weit her
geholt und beruhten auf politischen Bewertungen und nicht auf
demokratischer Grundlage.
Sozialdemokratische Juristen und Rechtsanwälte, wie Dr. Arndt,
Dr. Heinemann, Dr. Posser oder parteipolitisch unabhängige Anwälte
wie Dr. Ammann, Heidelberg, oder RA Heinrich Hannover, Bremen,
rügten damals die Praktiken der politischen Sonderkammern. In
Niedersachsen gab es neben Lüneburg solche Kammern in Oldenburg und
Braunschweig.
Rentenaberkennungen wurden durch Regierungspräsidenten
verordnet, die darüber willkürlich befanden und ehemaligen
Mitgliedern der KPD ihre Entschädigungsrenten aberkannten, weil sie
1945 bis ´56 der legalen Partei angehörten. (vergl.: Hans Hesse Das
frühe KZ Moringen, Hrsg. Lagergemeinschaft und Gedenkstätte KZ
Moringen.)
Letztlich hat Prof. Dr. Pfeiffer (SPD), Justizminister in
Niedersachsen, bei einem Empfang von Betroffenen aus der
niedersächsischen Initiative zur Rehabilitierung der Opfer des
Kalten Krieges im Gästehaus der Landesregierung eindeutig auf die
Lüneburger Unrechtsurteile verwiesen.
An diesem Empfang nahmen auch der damalige Landtagspräsident
Prof. Wernstedt (SPD) und der damalige Wissenschaftsminister Thomas
Oppermann (SPD) teil. All die oben angeführten Fakten führten auch
dazu, dass der Niedersächsische Landtag beschlossen hatte,
initiativ zu werden für eine Rehabilitierung der Opfer des Kalten
Krieges aus der "Alt-Bundesrepublik.
Mit unserer Ausgrenzung aus dem Bundestagsbeschluss vom 13. Juni
2007 fühlen wir uns zurückversetzt in die 50er und 60er Jahre des
vorherigen Jahrhunderts.
Unser Anliegen ist es, Sie zu bitten, künftig auch unsere
Anliegen zu berücksichtigen und Anträge nicht nur deshalb
abzulehnen, weil sie von der Fraktion "Die Linke"
eingebracht werden. Diese hat bekanntermaßen mehrere Anträge
eingebracht, die eine Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges
aus der (alten) Bundesrepublik ebenfalls berücksichtigen.
Für die Niedersächsische Initiative zur Rehabilitierung der
Opfer des Kalten Krieges: Kurt Fritsch, Liesel Dettmann, Walter
Timpe, Günter Thöne, Willi Orczykowski, Erwin Satzer, Peter
Dürrbeck.
Göttingen, den 3. Oktober 2007
Mit freundlichem Gruß
i.A.:
(Peter Dürrbeck)
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