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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

11.07.08

"...um eine antifaschistische Alternative durch die Ermordung ihrer potentiellen Repräsentanten auszuschließen..."

Rezension von Ulrich Sanders neuem Buch "Mörderisches Finale" in Bulletin für Faschismus- und Weltkriegsforschung Heft 31/32 2008

ULRICH SANDER: Mörderisches Finale. Naziverbrechen bei Kriegsende. Hg. vom Internationalen Rombergparkkomitee. PapyRossa Verlag Köln 2008, 192 S., 14,90 €.

In den letzten Monaten vor ihrer Kapitulation verlagerten die Nazis ihren Terror erneut in die Öffentlichkeit und auf die Straße. Deutsche und ausländische Antifaschisten wurden in deutschen Städten reihenweise erschossen, mit oder ohne Standgericht als Deserteure gehenkt, die überlebenden Konzentrationslagerhäftlinge öffentlich über Deutschlands Straßen auf Todesmärsche geschickt und ausländische Zwangsarbeiter ermordet, um von ihnen befürchtete Widerstandsaktionen vorbeugend zu verhindern. Diesem Morden fielen unmittelbar vor der Befreiung Zehntausende zum Opfer. Die Verbrechen wurden überwiegend von der Gestapo, der SS und der Feldpolizei verübt, aber auch viele örtliche Funktionäre und einfache Mitglieder der NSDAP, Volkssturmmänner und Hitlerjungen nahmen an Massakern z.B. im Ruhrkessel teil, an Erschießungen in vielen Städten und Dörfern, am Mord an Häftlingen aus Zuchthäusern und Konzentrationslagern. Zuletzt griffen ganz normale Einwohner der Städte und Dörfer, durch die Opfer getrieben wurden, zu Gewehr oder Knüppel.

Diese Terrorwelle ist bisher zu wenig untersucht viele Gedenkzeichen an diese Verbrechen wurden nach 1989 in Berlin und Ostdeutschland beseitigt. Ulrich Sander geht zu Recht davon aus, daß diese Terrorwelle praktisch eine Fortsetzung der "Aktion Gitter" darstellte, und sie Bestandteil jener Nachkriegsplanung der Nazis war, die vorsah, vor ihrer eigenen Niederlage noch möglichst viele Antifaschisten umzubringen, um sie als Kandidaten für eine politische Alternative zum Faschismus zu beseitigen.

Sander versucht, die Naziverbrechen der letzten Kriegsmonate zusammenhängend darzustellen, wobei die Morde im Rheinland und in Westfalen im Vordergrund stehen. Ausführlicher behandelt er das Verbrechen in der Gardelegener Scheune, den Massenmord im Rombergpark Dortmund und aus der Bittermark, die Morde in der Wenzelbergschlucht bei Lüttringhausen, im Langebachtal bei Warstein und die Penzberger Mordnacht. Sander gibt eine umfassende, wenngleich noch nicht vollständige Zusammenstellung dieser Verbrechen von März bis Mai 1945, aufgebaut nach den Tatorten. Zu jeder Aktion stellt er die ermittelten Daten über die Opfer, die Mörder und die Umstände zusammen Dies ist eine Chronik, die jeder deutsche Antifaschist einmal im Jahr erinnern sollte.

Die Analyse schließt mit einem Auszug aus dem Buch des früh verstorbenen Faschismusforschers Reinhart Opitz "Faschismus und Neofaschismus" von 1984 zu der Frage, warum die Nazis dieses Mordprogramm in den letzten Monaten ihres Regimes forderten, und in dem Opitz zu dem Schluß kam, daß sie entscheidend aus dem Kalkül erklärt werden müsse, auch nach der Niederlage noch ihren Kampf fortzusetzen, um eine antifaschistische Alternative durch die Ermordung ihrer potentiellen Repräsentanten auszuschließen. Dieser Diagnose hat Sander sich angeschlossen.

FW