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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

06.07.08

Antwort auf Strafandrohung wg. „Herabsetzung“ der Wehrmachtsveteranen

VVN-BdA-Bundessprecher Ulrich Sander schreibt an eine XXX-Nachfolgeorganisation

Inzwischen ist der VVN/BdA NRW eine Einstweilige Verfügung zugestellt worden. Bis zu einer anwaltlichen Klärung sind die entsprechenden Stellen geschwärzt (durch "XXX", "YYY", "ZZZ").

Der Kameradenkreis Gebirgstruppe hat den VVN-BdA-Bundessprecher Ulrich Sander unter Strafandrohung aufgefordert, nicht weiter von der „XXX“ zu sprechen und ihre Treffen nicht „größte YYY“ zu nennen. Es wird eine hohe Geldstrafe angedroht. Nachdem 2003 der Kameradenkreis ein zweieinhalbjähriges Ermittlungsverfahren wegen "Amtsanmaßung" gegen Sander und die VVN-BdA NRW auslöste, das zu Hausdurchsuchungen und Computerbeschlagnahmungen führte, und der Kreis wiederholt antimilitaristische Demonstranten beim YYY in Mittenwald arrestieren ließ, ist dies ein erneuter Versuch, die VVN-BdA und andere Antifaschisten mundtot zu machen. Ulrich Sander hat dem Kameradenkreis-Präsidenten Oberst a.D. Manfred Benkel geantwortet und die Drohung zurückgewiesen: 

Betr. Ihr Schreiben vom 25. Juni 2008

Sehr geehrter Herr Präsident Benkel!

Sie haben im Internet auf der Homepage "Die Jüdische" eine Äußerung von mir gelesen, die Sie gern von mir zurückgenommen sähen. Ich soll nicht weiter von der "XXX" sprechen und ihre Treffen nicht "größte YYY" nennen.

Darauf antwortend, möchte ich vorausschicken:

Die Veteranen der deutschen Gebirgstruppe aus der Wehrmacht und aus der Bundeswehr verfolgen eine Traditionslinie, die besagt, die Gebirgsjäger der Wehrmacht wären die Elite deutschen Soldatentums gewesen, sie hätten im Zweiten Weltkrieg nicht nur tapfer, sondern auch ritterlich unter strenger Beachtung der internationalen Gesetze und Gebräuche des Krieges gekämpft. Selbstverständlich wussten sie, dass diese Darstellung nicht einmal für die rechtfertigende Öffentlichkeitsarbeit taugte.

Verbandsintern half der Traditionsverband "Kameradenkreis der Gebirgstruppe" für lange Zeit vor allem bei der Verabredung zur gegenseitigen Reinwaschung - etwa bei staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen oder in Gerichtsverfahren. Trotz der faktischen Strafbefreiung für die Wehrmachtsgeneration, die von den Vorbereitungen zur Bundeswehrgründung bis in die siebziger Jahre währte, kam es zu rund eintausend Ermittlungsverfahren gegen Bundeswehrangehörige, die vorher der Wehrmacht angehörten und schwerster Kriegsverbrechen verdächtig waren.

Keiner von ihnen wurde jedoch verurteilt und bestraft. Zwar war nach langen Auseinandersetzungen die Verjährungsfrist für Mord aufgehoben worden, allerdings nicht für Totschlag, und es musste auch jede einzelne Tat belegt werden. Während es z.B. bei der RAF genügte, der Tätergruppe anzugehören, um verurteilt zu werden, genügte dies bei deutschen Kriegsverbrechern nicht. Gab es nicht einen "Kameraden", der bezeugte, der und der habe das und das getan, so blieb der Täter unbestraft. Denn das Verfahren der gegenseitigen Strafbefreiung funktionierte. Und so wurden die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zumeist bis spätestens 1975 eingestellt. Wenn auch nicht ohne Feststellungen wie: In Kommeno sei es 1943 "zu einem fürchterlichen Gemetzel" gekommen (Staatsanwaltschaft München), und bei dem Massenmord an entwaffneten italienischen Kriegsgefangenen 1943 auf Kephallonia handele es sich um eines der größten deutschen Kriegsverbrechen überhaupt (Staatsanwaltschaft Dortmund).

Mitgeholfen hat bei der Strafvereitelung Max Joseph Pemsel. Er war General der Gebirgstruppe der Wehrmacht wie der Bundeswehr und war 1941 an dem Befehl beteiligt, als Sühne für zehn tote und 24 verwundete deutsche Soldaten 1.600 Serben, möglichst "Juden und Zigeuner", zu erschießen. Er machte am 18. 1. 1963 in einer Aussage die strafvereitelnde Funktion der Nachkriegsgebirgsjäger deutlich. Aus einem Aktenvermerk der vernehmenden Staatsanwaltschaft Konstanz: "Der Zeuge (Pemsel) bat darum, dass im Hinblick auf seine bis vor wenigen Jahren in der Bundeswehr bekleidete Stellung als Kommandierender General nach Möglichkeit von einer Vorladung als Zeuge in öffentlichen Verhandlungen abgesehen werde." Und zu all dem stellte der Kameradenkreis Gebirgstruppe fest, dass niemand schuldig sei, so lange er nicht rechtskräftig verurteilt ist. Und alle bleiben sie Ehrenmänner; nicht einen einzigen hat der Kameradenkreis ausgeschlossen. Sogar als nun in Italien 25 Mörder aus der Gebirgstruppe zu lebenslänglich verurteilt wurden, blieben sie im Kameradenkreis ohne Sanktionen. Der Kameradenkreis hat auch nie den Teil seiner Archive geöffnet, der Klarheit hätte bringen können.

Die Opfer wurden nicht entschädigt. Die Täter nicht bestraft. Doch die von der Wehrmacht begangenen Verbrechen waren Völkerrechtsverbrechen, die nach dem IV. Haager Abkommen und der zu seiner Umsetzung geschaffenen Haager Landkriegsordnung von 1907 zwingend eine Kompensation und Bestrafung hätten nach sich ziehen müssen.

Willi Dreeßen, Leiter der Landesjustizverwaltung für die Ermittlungen gegen NS-Verbrecher in Ludwigsburg, schrieb im Jahre 2001: "Als Ergebnis bleibt, dass Zehntausende griechische Zivilisten in Hunderten von Ortschaften erschossen, verbrannt, erschlagen oder grausam zu Tode gefoltert wurden. Zur Verantwortung gezogen wurde dafür niemand. Vor allem die Ermittlungsbehörden, d.h. die Staatsanwaltschaften, aber auch die Gerichte einschließlich des Bundesgerichtshofes haben durch ihre Entscheidungen zu diesem Ergebnis nicht unmaßgeblich beigetragen."

Das Edelweiß an der Uniform versetzte die Bevölkerung der besetzten Gebiete in Entsetzen wie die SS-Rune. Um den Umfang des Verbrechens der Gebirgstruppen von Wehrmacht und SS deutlich zu machen, nenne ich einige Zahlen, die der Berliner Historiker Dr. Martin Seckendorf ("Europa unterm Hakenkreuz") zusammentrug, bezogen allein auf Griechenland. Dort gab es hochgerechnet auf die gesamte Besatzungszeit wöchentlich zwei Massaker. Mindestens 325 Dörfer wurden zerstört, meist auch die Bewohner umgebracht. Zehntausende Menschen jeden Alters und beiderlei Geschlechts sind im Verlauf sog. Vergeltungs- oder Sühnemaßnahmen auf meist unbeschreibliche Weise ermordet worden. In der Statistik über den Anteil der im Zweiten Weltkrieg umgekommenen Menschen im Verhältnis zur Vorkriegsbevölkerung steht Griechenland weltweit an vierter Stelle nach der Sowjetunion, Polen und Jugoslawien. 7,2 Prozent der Vorkriegsbevölkerung starben als Folge von Krieg und Okkupation. Rund 80.000 Juden wurden ermordet.

Bei alle dem ist zu beachten, dass die Verluste und die Zerstörungen erfolgten, obwohl in Griechenland bis auf wenige Tage im April 1941 kein militärischer Großkampf stattgefunden hat. Die Toten und Zerstörungen sind also nicht Folgen "normalen" Kriegsgeschehens, sondern Folgen des verbrecherischen Vernichtungskrieges der Wehrmacht.

Es wurden verbrecherische Befehle erteilt und auch ihre Befolgung war verbrecherisch. So hat der Kommandeur der 1. Gebirgsdivision, General Walter von Stettner, am 7.Juli 1943 einen gesonderten Befehl erlassen. Darin werden folgende Richtlinien für die "Kampfführung" angewiesen: "Alle Ortschaften, die den Banden als Zuflucht dienen können, sind zu zerstören, die männliche Bevölkerung ist, soweit sie nicht wegen Verdachts der Teilnahme am Kampf oder Unterstützung der Banden erschossen wird, restlos zu erfassen und als Gefangene abzuschieben. ... Jede Weichheit in der Behandlung der Bevölkerung wird der Truppe als Schwäche ausgelegt…" Bemerkenswert an dem Befehl ist, dass schon der "Verdacht" ausreichte, um die gesamte männliche Bevölkerung einer Ortschaft zu erschießen. Ob erschossen oder zur Zwangsarbeit abgeschoben wird, lag im Ermessen des jeweiligen Einheitsführers der 1.Geb.Div.

Eine Kultgestalt in der Gebirgstruppen-Traditionsarbeit war Hubert Lanz. Er hetzte die Soldaten gemeinsam mit anderen späteren Mitgliedern des Kameradenkreises zum Juden-Pogrom in Lemberg im Juni 1941 auf. Gegen alle Kriegsbräuche und die primitivsten Regeln modernen Kriegsrechts befahl der Kommandierende General des XXII. Gebirgsarmeekorps, eben jener Hubert Lanz, einen ungehemmten Rachefeldzug in einem Gebiet, in dem Regimentskommandeur Sepp Salminger der 1. Geb.Div. im Oktober 1943 mehr durch einen Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss als durch Einwirkung der Partisanen ums Leben gekommen war. In Vollzug dieses Befehls wurden von der Edelweis-Division im Gebiet um Ioannina Hunderte Zivilisten umgebracht und Dutzende Dörfer ausgelöscht. Auf flüchtende Zivilisten will Major Alois Eisl mit Geschützen gefeuert haben (siehe ARD-TV-Monitor vom 5.12.2002). Gebirgstruppenmitglied Eisl wird in dem Buch von Hermann Frank Meyer "Blutiges Edelweiß" mit dem Beweisen für seine Kriegsverbrechen konfrontiert. Meyer belegt in seinem Buch, dass alle Regimenter, alle Bataillone, die meisten Kompanien der 1. Gebirgs-Division an den Morden beteiligt waren, - es handelte sich nicht um Taten "Einzelner". Militärpfarrer berichteten später vom "Tötenmüssen von Frauen und Kindern", das die Soldaten belaste.

Nach dem Krieg wurde Wehrmachts-Gebirgstruppenchef Hubert Lanz von den Alliierten in Nürnberg wegen der Ermordung von Zivilisten in Südosteuropa zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Bereits zweieinhalb Jahre nach dem Urteil wurde er 1951 aus der Haft entlassen. Er wurde dann Vorsitzender des Wehrpolitischen Ausschusses der FDP und sang das hohe Lied des edlen Gebirgskriegers, so in einem Prolog zu einem Buch (in: Roland Kaltenegger, Die deutsche Gebirgstruppe 1935-1945, München 1989). Lange Zeit war er führend im Kameradenkreis der Gebirgstruppe tätig, jahrelang als Ehrenvorsitzender.

Lobeshymnen für die Gebirgstruppe einst und jetzt vernahmen wir auch immer wieder von führenden Bundeswehroffizieren. So von Dr. Klaus Reinhardt, Gebirgsjäger und Ex-Nato-Kommandeur auf dem Balkan. Im August 2000 veröffentlicht er in der "Gebirgstruppe" seine Rede, die er bei dem Soldatentreffen der Gebirgstruppe zu Pfingsten 2000 auf dem Hohen Brendten bei Mittenwald hielt. Die Mördergeneräle unterm Edelweiß hebt Reinhardt auf den Podest: "Die Gebirgstruppe der Bundeswehr ist von Männern aufgebaut und geistig ausgerichtet worden, die als Kommandeure, als Kompaniechefs und Kompaniefeldwebel die schreckliche Erfahrung des Krieges und der Diktatur am eigenen Leib erlebt und durchlitten haben. Sie haben die Uniform wieder angezogen, um uns, der nachfolgenden Generation, das Koordinatensystem ihrer Werteordnung" weiterzugeben. Reinhardt: "Diese Männer waren unsere Vorbilder, und sie repräsentieren eine ganze Generation von Wehrmachtssoldaten. Sie verdienen unseren Respekt genauso wie die vielen anderen Soldaten, die aus ihrer damals begrenzten Kenntnis der Vorgänge heraus im guten Glauben ehrenhaft gehandelt und gekämpft haben. Bei der Pflege dieser Tradition und ihrer Weitergabe an die nächste Generation hat der Kameradenkreis der Gebirgstruppe sein ganz besonderes Verdienst."

Begrenzte Kenntnis! Das konnten sie nicht wissen, dass es nicht erlaubt ist, die Zivilbevölkerung besetzter Gebiete zu ermorden? Das war also ehrenhaft, entwaffnete Kriegsgefangene tausendfach zu erschießen? Diese Tradition soll auch noch weitergegeben werden!

Was sind das für Vorbilder, von denen Reinhardt sprach? Zu nennen wäre der besagte damalige Oberst Max Pemsel. Er war Stabschef des Generals Franz Böhme in Serbien, hat Befehlsentwürfe für die Ermordung von Sühnegefangenen angefertigt. Er ging als Generalleutnant und Kommandierender General der Bundeswehr in den Ruhestand. Mit Hilfe der Wehrmacht (nicht der SS) konnte gemeldet werden: "Serbien ist judenfrei".

Vor allem ist zu nennen Karl-Wilhelm Thilo. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten schrieb dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber im September 2002 auch mit Blick auf Thilo: "Brechen Sie endlich aus der Tradition des Kalten Krieges aus, die dazu beitrug, dass über 300 Ermittlungsverfahren gegen die Täter aus den Reihen der Gebirgsjäger der Wehrmacht und SS einfach niedergeschlagen wurden, weil man die alten Wehrmachtskader für die neue Bundeswehr brauchte. Zahlreiche Täter gelangten in höchste Positionen." So jener Karl-Wilhelm Thilo, der in der Bundeswehr Generalmajor, Kommandeur der 1. Gebirgsdivision und stellvertretender Heeresinspekteur wurde. Als Chef des Stabes von 1. GD war er an der Verfolgung der Juden in Griechenland beteiligt und er unterzeichnete Massenmordbefehle gegen Jugoslawen und Griechen; er schrieb mit an Richtlinien zur Bundeswehrtradition (siehe "Gebirgstruppe") und an Büchern, die in der Bundeswehr kursierten, um den Völkermord zu preisen, so Hubert Lanz (Hg.) "Gebirgsjäger - Die 1. Gebirgsjäger-Division 1935/1945"

Thilo rühmte sich nach Kriegsende seiner Verbrechen: "Die Verschärfung des Partisanenkrieges macht es dringend erforderlich, in das Wespennest Montenegro hineinzustoßen und die Kernverbände des wachsenden kommunistischen Volksheeres in den Wurzeln zu vernichten. (...) Wo es vereinzelt zu Zusammenstößen mit Aufständischen kommt, wird der Widerstand nach Jägerart im schnellen Zupacken gebrochen." (siehe H. Lanz, Gebirgsjäger - Die 1. Gebirgsjäger-Division 1935/1945)

Immer wieder sind in der Zeitschrift "Gebirgstruppe" Entschuldungen für die Verbrechen zu lesen, etwa: "Diejenigen, die der Not des eigenen Volkes gehorchend, zu seinem Schutz und seiner Verteidigung hinauszogen, sie konnten missbraucht werden. Aber das rückt ihr Bewusstsein nicht ins Dunkel, ihre Pflicht getan und ihre Heimat, ihre Frauen und ihre Kinder geschützt zu haben." ("Gebirgstruppe" 6/95) Niemand hat ihren Frauen und Kindern etwas angetan, aber sie haben schändlich an Frauen und Kindern ihrer Gegner gehandelt!

Noch in Nr. 2/2002 der "Gebirgstruppe" war vom Kameradenkreis-Vorstandsmitglied Gerhart Klamert ausgeführt worden: "Wir stehen als Kameradenkreis zusammen, die zu Unrecht inkriminierten Angehörigen der Gebirgstruppe vor ungerechten Angriffen zu schützen, Soldaten, die sich fair, pflichterfüllend verhielten, zu verteidigen."

Sogar dann, wenn die Bundeswehrführung einmal Maßnahmen gegen die ungehemmte Pro-Wehrmachts-Traditionspflege der Gebirgstruppe unternimmt, verhält sich der Kameradenkreis uneinsichtig. Die ehemaligen Wehrmachts- und heutigen Bundeswehrreservisten würden auch nach der Umbenennung der Dietl- und Kübler-Kaserne weiter "kompromisslos für die Ehre der Soldaten der Wehrmacht und der Bundeswehr eintreten", erklärte der Kameradenkreis Ende 1995. Man werde den Versuchen widerstehen, die Bundeswehr von der "bewährten stolzen Tradition deutschen Soldatentums abzukoppeln", hieß es weiter in der gegen den obersten politischen Dienstherren gerichteten Erklärung, die zugleich ein Dokument der Rechtfertigung der Wehrmachtsverbrechen darstellt.

Sehr geehrter Herr Präsident!

Dies alles vorausgeschickt zitiere ich aus einer Erklärung der VVN-BdA, die der Kameradenkreis zum Anlass für seinen Brief an mich vom 25. Juni 2008 nahm:

"Zu den Urteilen höchster italienischer Richter zugunsten neuer Schadensersatzklagen von NS-Zwangsarbeitern und von Überlebenden aus griechischen und italienischen Opfergemeinden erklärt die VVN-BdA: Schon seit Jahren fordert die VVN-BdA gemeinsam mit griechischen und italienischen NS-Opfervereinigungen die Entschädigung der Opfer und die Bestrafung der Täter. Seit 2002 protestiert eine bundesweite Bewegung Jahr für Jahr in Mittenwald/Oberbayern gegen das größte Soldatentreffen, das - indem es vom Kameradenkreis der XXX veranstaltet wird - auch das größte YYY ist. Die VVN-BdA, der AK Distomo und der Historiker-AK Angreifbare Traditionspflege haben nahezu 100 Mörder aus der Gebirgstruppe bei der Justiz angezeigt und eine umfangreiche Korrespondenz mit den Justizministern der Länder geführt. Doch die Kriegsverbrecher blieben straffrei und die deutschen Behörden verweigerten eine Erfüllung der berechtigten Entschädigungsforderungen der Opfer. (...)"

Der Kameradenkreis fordert nun die Rücknahme unserer Erklärung bzw. die Unterlassung.

Ich gestatte mir, den Unterzeichner des Briefes persönlich zu fragen: Herr Präsident des Kameradenkreises und Oberst a.D. Manfred Benkel, Sie sprechen von der Wehrmacht, die keine NS-Organisation war - und somit sei auch die Gebirgstruppe keine ZZZ-Organisation. Haben sie wirklich noch nichts davon vernommen, dass immer wieder, aber auch auf der Kommandeurstagung in München am 17. November 1995 kundgetan wurde - in einer Rede des damaligen Verteidigungsministers Volker Rühe: "Die Wehrmacht war als Organisation des Dritten Reiches in ihrer Spitze, mit Truppenteilen und mit Soldaten in Verbrechen des Nationalsozialismus verstrickt. Als Institution kann sie deshalb keine Tradition begründen."

Sie behaupten, den Wehrmachtsangehörigen und damit den Soldaten der Gebirgstruppe sei es verwehrt gewesen, Mitglieder der NSDAP zu sein. Und warum wurde dann zum 10. Jahrestag der "Machtergreifung" u.a. den Gebirgsjäger-Nazi-Generälen Eduard Dietl (Füssen), Julius Ringel (Bad Reichenhall) und Ferdinand Schörner (Mittenwald) das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP verliehen? War nicht der von der Gebirgstruppe so sehr verehrte Eduard Dietl fast gleichzeitig mit Adolf Hitler Mitglied der DAP (der Vorläuferin der NSDAP) geworden? Hat nicht dieser Dietl Hitler als Redner in die Reichswehr eingeführt? Hat er nicht am militärischen Schutz des Hitler Putsches von 1923 teilgenommen?

Im Klartext: Die beiden Säulen der NS-Gewaltherrschaft waren die Wehrmacht und die NSDAP. Eine Würdigung der Wehrmacht ist auch eine Würdigung des NS-Gewaltregimes und des verbrecherischen Vernichtungskrieges.

Das NS-Faschistische und Verbrecherische der Wehrmacht wird bereits in dem Buch "Partei und Wehrmacht" dokumentiert. Im Frühjahr 1939 wurde dieses Buch mit einer Auflage von 40.000 Exemplaren fast jedem Offizier zugänglich und bekannt. Darin wird erkennbar: Die Wehrmacht war nicht nur verstrickt in die sich anbahnenden Massenverbrechen, sie war sogar ihr Antriebsmotor. Im Vorwort des von Reichsamtsleiter Dr. Richard Donnevert vom "Stab des Stellvertreters der Führers" Rudolf Hess, herausgegebenen Buches heißt es, jetzt (Frühjahr 1939) "steht das deutsche Volk in einem harten Kampf um sein Lebensrecht gegen seine jüdischen und demokratischen Feinde." Wehrmacht und NSDAP kämpften "Schulter an Schulter".

In dem Werk, das mit der späteren Behauptung aufräumt, die Wehrmacht und die Nazis wären weltenweit auseinander gewesen, wird dem Soldaten jedes Bedenken, ob sein Tun erlaubt sei, genommen. Es wird vom "Vorrecht des Stärkeren" berichtet: "Recht bekommt, wer sich im Daseinskampf durchzusetzen versteht." Es gehe um "Forderungen an Siedlungsland, an Rohstoffquellen und Absatzmöglichkeiten" (Seite 1/2).

Haben Sie wirklich noch nicht erfahren, was die Gebirgstruppe an Sühnemaßnahmen, im "Partisanenkampf", "Bandenkampf", bei Deportationen von Juden in die Vernichtungslager und von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in die Sklavenarbeit angerichtet hat? Die Wehrmacht in Jugoslawien, das bedeutete schließlich Kampf für die "Entjudung", ja, der Balkan wurde weitgehend ohne SS "judenfrei". Hat die Wehrmacht nicht den Eid auf Hitler abgelegt, - und damit den Eid der Reichswehr auf die demokratische Verfassung von Weimar gebrochen?

Vom Offizierskorps, das noch nazistischer ist als die Nazis selber, weil es den Nazis voranschreite, weiß im Buch "Partei und Wehrmacht" kein geringerer als Admiral Wilhelm Canaris zu schwärmen, der in diesem Werk von 1939, das ja geschrieben wurde zur Einstimmung auf den Krieg, die Erkenntnis ausspricht, dass es für den Offizier selbstverständlich sei, "Nationalsozialist zu sein", denn "wir sind als Soldaten glücklich, uns zu einer politischen Weltanschauung bekennen zu dürfen, die zutiefst soldatisch ist." Von der Wehrmacht forderte Canaris "unbedingte politische Zuverlässigkeit". Mehr noch: "Das Offizierskorps muss im gelebten und verwirklichten Nationalsozialismus vorangehen."

Nachdem Sie, Herr Oberst a.D., die Wehrmacht vom Nazismus freigesprochen haben, sprechen Sie ganz einfach den Kameradenkreis von der Wehrmacht frei. Das ist unzulässig. Vielleicht schauen Sie mal in die Satzung des Kameradenkreises. Der wurde 1951 - lange vor Bestehen der Bundeswehr - gegründet als Zusammenschluss der Angehörigen der Gebirgstruppe "von einst". Die Betreuung der ehemaligen und aktiven Soldaten steht ganz oben an. Deshalb haben wir wiederholt Ihre Organisation eine Selbsthilfegruppe für Kriegsverbrecher genannt. Nachdem die Ermittlungsverfahren eingestellt waren, haben sich die Gebirgstruppler auch in der Zeitschrift "Gebirgstruppe" ungezwungen artikuliert, und wir konnten aus der Lektüre der Zeitschrift wie der Akten im Bundesarchiv nachweisen, wer wann an welchem Tatort war. Die Ergebnisse unserer Recherchen haben wir der Ludwigsburger Zentralstelle für die Bearbeitung von NS-Massenverbrechen mitgeteilt. In einem Fall wurde nun Anklage erhoben, im Fall des Kameradenkreismitglieds Joseph Scheungraber aus Ottobrunn, den wir noch 2007 auf dem Hohen Brendten inmitten von Bundeswehr- und Wehrmachtskameraden angetroffen haben. (Fotobeweis kann geliefert werden.)

Sie möchten es nicht hören und nirgends lesen, doch wir bleiben dabei:

"Seit 2002 protestiert eine bundesweite Bewegung Jahr für Jahr in Mittenwald/Oberbayern gegen das größte Soldatentreffen, das - indem es vom Kameradenkreis der XXX veranstaltet wird - auch das größte YYY ist."

Und wir protestieren weiter. Nicht nur in Mittenwald. Als größte und höchst traditionsreiche Organisation des deutschen Widerstandes und der Opfer des NS-Regimes lassen wir uns von Ihnen nicht den Mund verbieten und zur verlogenen Darstellung von Geschichte zwingen.

Hochachtungsvoll Ulrich Sander VVN-BdA-Bundessprecherkreismitglied

PS. Und bitte verschonen Sie uns mit dem Hinweis, unsere Organisation stehe im Verfassungsschutzbericht und Ihre nicht. Wenn Sie sich beispielsweise mal die Grundgesetz-Artikel 26 (Gegen Angriffskriege) und 139 (für die Befreiung von Militarismus und Nationalsozialismus) ansehen, dann müsste angesichts Ihrer kriegerischen und militaristischen Geschichte und aktuellen Praxis klar sein, wer hier der Verfassungsfeind ist. Die VVN-BdA ist es jedenfalls nicht. Sie steht auch nicht im Bundesverfassungsschutzbericht, sondern nur in jenen Berichten von Baden-Württemberg und Bayern. Dort wird noch immer kalter Krieg geübt.

Siehe auchSiehe auch

Gefordert: Bestrafung von NS-Kriegsverbrechern
In Italien verurteilte deutsche NS-Kriegsverbrecher in Deutschland immer noch in Freiheit
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0369_briefwechsel.htm

VVN-BdA schreibt an die Justizminister der Länder und des Bundes
Scheungraber und die anderen verurteilten Kriegsverbrecher nach Italien ausliefern oder hier einsperren
http://www.nrw.vvn-bda.de/texte/0351_scheungraber.htm

Zensur gegen VVN-BdA-Sprecher, ND vom 11.07.2008
http://www.neues-deutschland.de/artikel/131843.bewegungsmelder.html

"Endlich sagt uns mal Einer, was wir sind. (..)"
Ist das Recht: Wehrmacht hatte nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun?