01.07.08
FFG "ist keine geschichtslose Schule"
Prominenter ehemaliger Schüler empfiehlt Kreuztalern
Partnerschaft mit einer Schule in Israel
Dokumentiert: Zwei Artikel aus
DerWesten.de und aus Ausschnitte aus der Wikipedia zu Friedrich
Flick
DerWesten, 27.06.2008
Dr. Michael Inacker ist einer der prominentesten Ex-Schüler des
Kreuztaler Flick-Gymnasiums. Der 44-Jährige ist derzeit
stellvertretender Chefredakteur der Wirtschaftswoche in Berlin und
hat zur 25-Jahrfeier seines Abiturjahrgangs (1983) Stellung zur
aktuellen Flick-Debatte bezogen. Inacker hielt während der
diesjährigen Abiturfeier eine Ansprache der ehemaligen Abiturienten
und schwenkte im zweiten Teil - überraschend für die Versammlung -
auf das Thema Flick über. Er betonte, dass er "nie unter
diesem Namen gelitten oder bei Vorstellungsgesprächen Nachteile
gespürt" habe und dass auch zu seiner Schulzeit zwischen 1974
und 1983 die Geschichte des Namensgebers thematisiert worden sei:
"Diese Geschichte ist nicht totgeschwiegen worden. Dieses
Gymnasium ist keine geschichtslose Schule", trat Inacker
Kritikern entgegen, die genau dies in der Internet-Debatte (http://www.flick-ist-kein-vorbild.de/) behaupten.
MICHAEL INACKER
Michael Inacker hat nach dem Abitur 1983 in Bonn und Los
Angeles Politik, Geschichte und Staatsrecht studiert und
1992 promoviert. 1989 trat er als Mitarbeiter in den
Planungsstab des Bundesverteidigungsministeriums ein, 1991
bis 1997 war er Politikredakteur bei der Welt am Sonntag,
1998/99 fungierte er als Leiter des Planungsstabs bei
Daimler-Chrysler, 2000 bis 2003 war er Leiter des
Hauptstadtbüros der Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung. 2004 bis 2006 arbeitete er als Direktor
für Politik und Außenbeziehungen bei Daimler-Chrysler,
seit 2007 ist er stellvertretender Chefredakteur der
Wirtschaftswoche.
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Doch machte Inacker auch deutlich, dass die Geschichte des 1972
verstorbenen Namenspatrons und Stifters der Schule "ein
schwieriges Erbe" sei, zumal Flick in den Nürnberger Prozessen
verurteilt wurde, weil er Zwangsarbeiter in seinen Fabriken
beschäftigte. Inacker: "Damit steht auch der Name Flick für
eine Vergangenheit, in der in deutschem Namen die Verbrechen gegen
die Menschlichkeit und das singuläre Verbrechen des Holocaust
begangen wurden."
Für sich selbst nimmt der promovierte Politik- und
Geschichtswissenschaftler in Anspruch, "diesen Namen immer als
Stachel im Fleisch empfunden" zu haben. Dies sei auch für ihn
Anlass gewesen, sich früh und am konkreten Beispiel um die
Verstrickung des deutschen Volkes während der Nazi-Zeit zu
kümmern. Allerdings fragt Inacker, ob "das Schuldigwerden in
dieser Zeit automatisch (bedeutet), dass andere Beiträge - wie auch
die Stiftung dieser Schule, die sich die Stadt so sonst nicht hätte
leisten können - moralisch von vornherein und grundsätzlich
entwertet sind". Er kommt daher zum Schluss: Wer den Namen
Flick verdrängen möchte, müsse auch so konsequent sein, der
Flick-Stiftung das Geld zurückzugeben. Neben Flick müssten dann
aber auch andere Namen aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt
werden: BMW und die Familie Quandt hatten Tausende von
Zwangsarbeitern beschäftigt, Daimler und Mercedes ebenfalls. Auch
Thyssen und Krupp seien das Rückgrat von Hitlers Kriegsmaschine
gewesen, Volkswagen wurde von Hitler gegründet. Und keine Schule
oder Universität weise deshalb Gelder aus den Töpfen der VW-,
Thyssen- oder Quandt-Stiftung zurück. Auch lege das Krupp-Gymnasium
in Duisburg seinen Namen nicht ab. Zudem seien viele dieser
Unternehmen aber der Stiftung der Wirtschaft "Erinnerung,
Verantwortung und Zukunft" zur Entschädigung von
Zwangsarbeitern und deren Familien beigetreten oder hätten - wie
die Nachfahren Flicks - eigene Projekte zur Völkerverständigung
und Versöhnung initiiert. Inacker: "Nutzen wir doch an dieser
Schule diesen Namen in seinem ganzen Zwiespalt. In dem Zwiespalt,
der uns zeigt, dass wir Menschen Gutes und Böses zugleich tun
können." Konkret schlägt er vor, einen Austausch und eine
Partnerschaft mit einer Schule in Israel anzustreben: "Ich
kenne einige israelische Diplomaten, bin Mitglied in der
Jerusalem-Foundation und biete an, hier Kontakte herzustellen, um
eine solche Partnerschaft zu ermöglichen." Das könne dazu
beitragen, den heutigen Juden in Israel zu helfen, ein "zweites
Auschwitz", das ihnen durch die Vernichtung ihrer Existenz im
Mittleren Osten drohe, zu verhindern.
7 Kommentare
Ein weiterer Versuch, den Namen der Schule reinzuwaschen. Man
möchte eine israelische Schule präsentieren, die trotz des Namens
eine Partnerschaft eingeht, damit der Name bleiben kann. Dass die
nicht vorhandene Entnazifizierung ein gesamtgesellschaftliches
Problem ist, hat der "prominente" Ex-Schüler (ich kannte
ihn bisher nicht) schon gut erkannt. Das kann aber keine
Generalentschuldigung sein und macht den Namen Flick doch nicht
besser. Von einem Historiker hätte ich deutlich mehr erwartet. Ich
habe in meiner Schulzeit an dieser Schule außer dem Zitieren eines
ehemaligen Rektors aus Dokumenten, die vom Hause Flick erstellt
wurden, nichts über den Namensgeber gehört. Bei kritischen
Nachfragen kam es zu heftigen verbalen Reaktionen.
#1 von Einer der Chaoten, am 28.06.2008 um 10:01
Meine Meinung ist, dass der Name der Schule bleiben soll und als
Chance begriffen werden, dass die damalige Zeit nicht in
Vergessenheit gerät. Wer aus der heutigen Schülergeneration
interessiert sich denn heute noch wirklich dafür, was im
Geschichtsunterricht allgemein über die Zeit erzählt wird? Da ist
doch der Abstand schon viel zu groß, und keine direkte Verbindung
zu einem selber vorhanden. Wenn aber am Beispiel des Namensgebers
der eigenen Schule konkret gezeigt wird, was passiert ist, können
die Schüler viel eher eine Verbindung dazu aufbauen. Keine Frage,
das ist bisher viel zu wenig geschehen - auch ich habe in meiner
Schulzeit kaum etwas über Friedrich Flick gelernt - aber das heißt
ja nicht, dass das nicht geändert werden kann.
#2 von Karl, am 28.06.2008 um 12:15
Ach Herr Inhacker.... 1. Projekttag zu Flick: 1994; 2. Projekttag
2008... alles gesagt
#3 von geflickt, am 28.06.2008 um 22:33
Außerdem hat Fritz Flick nicht nur Zwangsarbeiter beschäftigt,
sondern es sind auch 10000 dabei umgekommen......
#4 von geflickt, am 28.06.2008 um 22:35
Der Herr Dr. Inacker scheint ja keine so gute Meinung von der
israelischen Armee zu haben, dabei ist die doch nun wirklich "state
of the art" hochgerüstet. Dass er "Auschwitz" im
gewählten Zusammenhang erwähnt, ist schon ein starkes Stück. Wenn
ich daran denke, was vielleicht ein Überlebender angesichts dieser
Aussage empfinden mag, ... Die "heutige
Schülergeneration" interessiert sich sehr wohl für
"diese Zeit", je anschaulicher und konkreter das Material,
desto besser. Nur braucht man dafür wirklich nicht den Namen eines
Kriegsverbrechers als Patron der eigenen Schule. (Hoffentlich kommt
es als Folge dieser Diskussion nicht noch zu neuen Rückbenennungen
- wegen des "Stachels".)
#5 von Co-Chaot, am 29.06.2008 um 21:35
Das Herr Inacker ja ein Profi ist, dürfte er schon vor seiner
vollmundigen Ankündigung Kontakt zu einer israelischen Schule
aufgenommen haben, die bereit ist mit unserem Kreuztaler Gymnasium
zu kooperieren. Was ja durchaus zu begrüßen wäre. Aber daran,
dass dieser Name in Kreuztal immer noch hochgehalten wird ändert
dies nichts. Die CDU und ihr (und auch unser) Bürgermeister und
auch nicht der Schulleiter haben den Mumm in Zusammenhang mit Flick
auch nur das Wort "Kriegsverbrecher" in den Mund zu
nehmen. Auch finde ich nach wie vor auf den Seiten der Stadt und des
Gymnasiums keine klare Erklärung zu Flicks Verbrechen und wie man
damit in Zukunft umzugehen gedenkt. Möchte man wirklich einfach nur
den Namen streichen und danach weiterhin den Kopf in den Sand
stecken?
#6 von Konsort, vor 19 Stunden
Wie stellt sich dass den Herr Inacker vor mit VW? Hat etwa ein
Herr VW Kriegsverbrechen begangen und zugesehen, wie Tausende ums
leben kamen? Herr Inacker vermischt bewusst und suggestiv zwei
verschiedene Ebenen: Die betriebliche und die individuelle Ebene.
Natürlich kann man dem Flick Konzern keine Schuld zuweisen, wohl
aber doch den Verantwortlichen und dies ist und bleibt der
Konzernchef (Flick) selbst. Das verwerfliche an Flick ist doch, dass
er und sein Sohn sich nie nie nie entschuldigen wollten und erst
recht nichts zahlen wollten. Auch ein Teil seiner Enkel hat dies
noch versucht, letztlich haben sie alle gezahlt, aber nur ein Teil
von ihnen wirklich eingesehen warum. Und so einen Menschen möchte
Herr Inacker ehren? Durch die Namensgebung? Durch die unkritische
zur Schaustellung seines Porträts? Durch fehlende Information über
seine Biographie an den entscheidenden Stellen (Schulgebäude,
Schulinternetseite, Rathaus, Stadt, Rektor)? Wie unkritisch man
jahrelang mit Flick umgegangen wird sieht man doch an der
Unwissenheit der Schüler und der heftigen Reaktion vor Ort und in
der Schule! Dies wird sich erst ändern, wenn sich die Einstellungen
zu Flick ändern. Die Namensänderung ist da fast mehr nur Symbol,
aber ein wichtiges.
#7 von Rekcani, vor 9 Stunden
http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/kreuztal/2008/6/27/news-58718862/detail.html
Ernsthaftes Aufarbeiten
DerWesten, 13.06.2008
Kreuztal. (wp) Mit Genugtuung nimmt die Gesellschaft für
Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Siegerland zur Kenntnis, dass in
Kreuztal wieder über die Umbenennung des Friedrich-Flick-Gymnasiums
diskutiert wird. Schon vor 20 Jahren bemühten sich - unter
Mitwirkung der Gesellschaft - Bürger der Stadt Kreuztal um dieses
Vorhaben.
Leider ohne Erfolg, heißt es in einer Stellungnahme der
Gesellschaft, weil der Rat der Stadt finanzielle Einbußen für das
Gymnasium und die Kreuztaler Vereine befürchtete. Kann eine Schule,
der Ort der Erziehung junger Menschen, nach einem verurteilten
Kriegsverbrecher benannt sein? Das ist damals wie heute die zentrale
Frage.
Die neuerliche Diskussion findet nach Ansicht der Gesellschaft
für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit unter veränderten
Voraussetzungen statt.
1. Die damals geäußerte Befürchtung, dass im Falle einer
Umbenennung des Gymnasiums kein Geld aus der Kaletsch-Stiftung mehr
gezahlt würde, scheint nach dem Stiftungsrecht unbegründet zu
sein, wie man der Presse und dem Beitrag im Politmagazin
"Kontraste" entnehmen kann.
2. Die Bereitschaft, sich mit den Folgen der
nationalsozialistischen Terrorherrschaft vorurteilsfrei zu
beschäftigen, ist in der Bevölkerung gestiegen.
Dies belegen u.a. die steigenden Teilnehmerzahlen an der
jährlichen Kundgebung anlässlich des Holocaust-Gedenktages (27.
Januar) am Fred-Meyer-Platz in Littfeld. Für Kreuztaler Schulen und
Vereine, die Parteien des Stadtrates und den Bürgermeister der
Stadt ist es selbstverständlich geworden, diese Gedenkfeier
auszurichten.
Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit
Siegerland ist sich sicher, dass in Littfeld keine politischen
Lippenbekenntnisse, keine Betroffenheitsrhetorik für die Presse
abgeliefert werden, sondern ernsthaftes Aufarbeiten der Geschichte
stattfindet.
Dazu gehört auch die Diskussion über den Namen des Kreuztaler
Gymnasiums.
http://www.derwesten.de/nachrichten/nachrichten/staedte/kreuztal/2008/6/13/news-55437513/detail.html
Friedrich Flick ist kein Vorbild
Zitat aus Wikipedia (Stand: 24.6.2008; http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Flick)
"Nach 1933 konzentrierte er die Spenden, rund 100.000
Reichsmark im Jahr, auf die NSDAP … Mit der "Arisierung"
von jüdischen Betrieben konnte Flick seinen wirtschaftlichen und
politischen Einfluss weiter vergrößern. Der Entwurf für die nach
den reichsweiten Pogromen im November 1938 vorgesehene
Enteignungsvorschrift gegen jüdische Unternehmen wurde in der
Konzernspitze formuliert. Die guten Kontakte zu Hermann Göring
trugen dazu bei, dass Flick stärker als mancher seiner Konkurrenten
von der Enteignung der jüdischen Minderheit profitierte …
Während des Zweiten Weltkriegs wurden in den zahlreichen Betrieben
Flicks Zehntausende Zwangsarbeiter vor allem aus Osteuropa und
Sklavenarbeiter aus Konzentrationslagern eingesetzt (darunter Ignatz
Bubis). Schätzungen gehen von über 10.000 Opfern aus, die in
diesen Jahren mit Unterernährung und brutaler Behandlung zu Tode
geschunden wurden. Auch in diesem Punkt hoben sich die Fabriken des
Flick-Konzerns von anderen Unternehmen ab. Die Bedingungen hier
waren äußerst schlecht und die Behandlungen sehr brutal …
Aufsehen erregte in den 1980er Jahren ein Artikel des
Nachrichtenmagazins Der Spiegel, der von Kreuztal als der gekauften
Stadt sprach. In seiner Heimatstadt Kreuztal war er zu Lebzeiten zum
Ehrenbürger ernannt worden.
Zudem ist das dortige städtische Gymnasium nach ihm benannt
("Friedrich-Flick-Gymnasium"), welches er mit 3 Millionen
DM über eine Stiftung finanzierte. Im April 2008 haben ehemalige
Schüler des Gymnasiums eine Initiative gegründet, um eine Debatte
über den Namen der Schule anzustoßen. (Siehe auch: http://www.flick-ist-kein-vorbild.de/)"
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