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Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten

Landesvereinigung NRW

 

29.06.08

"Muss alle Demokraten aufs Höchste alarmieren"

Kommandozentren für bewaffnete Einsätze im Innern

Vorabdruck aus ANTIFA, Juli-August 2008

Die Meldung kommt aus Dortmund, doch sie widerspiegelt Vorgänge, die in allen Orten anstehen. Eine Kommandozentrale in einem "Krisenzentrum" wird an einem öffentlich nicht genannten Ort geschaffen. In ihr sind Bundeswehr und die Polizei integriert. Im Rahmen der ZMZ - Zivilmilitärischen Zusammenarbeit - werden der Stadt, den Ämtern und der Feuerwehr in Krisen, zu denen auch innere Unruhen, sprich: Großschadensereignisse und Anti-Terrormaßnahmen, gehören, militärische Kommandos gegeben.

In nichtöffentlicher Sitzung hat der Dortmunder Stadtrat diese Einrichtung abgesegnet. Nimmt man noch ältere Meldungen aus der WR und aus den Bundeswehrmedien hinzu, so ergibt sich dieses Bild: Auf kommunaler Ebene werden Bundeswehrreservisten und Feuerwehr sowie Technisches Hilfswerk koordiniert. Reservisten - darunter bewaffnete Feldpolizisten - können in kürzester Zeit in großer Zahl mobilisiert werden. In Dortmund leitet ein Oberstleutnant, im Zivilberuf Pfarrer und Klinikseelsorger, die "ehrenamtliche" Reserve-Territorialarmee.

Die Territorialarmee auf Landesebene ist ständig hauptamtlich besetzt. In Kreisen, Städten und Regierungsbezirken können sie lt. Bundeswehr-WebSite und Bundeswehrzeitschrift "Y" blitzartig auf Stabselemente aus dem Reservistenkader - das sind rund eine Million Soldatinnen und Soldaten bundesweit - zurückgreifen. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten hat schon gleich nach den ersten Veröffentlichungen der Pläne zur Inneren Militarisierung durch ZMZ und Terrorismusabwehrzentren dagegen Stellung bezogen und auf die geschichtlichen Erfahrungen mit integrierten Polizei-, Geheimdienst- und Heereseinrichtungen (Gestapo, Reichswehr, Schwarze Reichswehr, Freikorps etc.) hingewiesen. "Die Tatsache, dass die Pläne für Notstands- und Krisenmaßnahmen und -einrichtungen derart geheim vorangetrieben werden und schon heimlich Fakten geschaffen wurden - siehe der Bundeswehreinsatz in Heiligendamm vor einem Jahr -, müssen alle Demokraten auf höchste alarmieren," erklärte ein VVN-BdA-Sprecher.

Ulrich Sander

05.06.2008, Westfälische Rundschau, Dortmunder Lokalseite mit Foto Zerstörter Wald, Unterschrift: Wegen "Kyrill" arbeite das Krisenzentrum zuletzt. (Völkel)

Beschluss in nicht-öffentlicher Sitzung: 

"Krisenzentrum" soll 695 000 Euro kosten 

Von Alexander Völkel

In nicht-öffentlicher Sitzung soll der Rat am 19. Juni über die Herrichtung eines Krisenzentrums" entscheiden. 695 000 Kosten sind dafür veranschlagt.

In einem städtischen Gebäude sollen zwei Etagen für den Krisenfall hergerichtet werden. Dies bedeutet zum Beispiel auch die unabhängige Versorgung mit Strom, Wasser, Heizung und Kommunikation. Als Kommandozentrale wird ein Besprechungsraum hergerichtet, an den neben der Stadtspitze auch Gesundheits- und Ordnungsamt, Feuerwehr, Polizei und Bundeswehr Platz nehmen werden. Außerdem wird es einen "Inneren Dienst" geben, der für Informationsfluss, Verpflegung und Betriebsbereitschaft zuständig ist. Eine zweite Etage bietet Platz für den Verwaltungsvorstand.

Die beiden Etagen, die bis Juli fertig sein sollen, werden von Ämtern genutzt und im Ernstfall für das Krisenzentrum frei gemacht. Bislang gab es ein Krisenzentrum bei der WM. Auch bei "Kyrill" griffen die Strukturen. Jetzt soll es feste Räume geben.

Kritik dagegen wird von der Fraktion "Die Linken im Rat" laut: Sie findet diese Vorgehensweise skandalös und beantragt, den Punkt im öffentlichen Teil zu behandeln. "Hier soll eine Notstandszentrale entstehen, ohne dass den Bürgern erklärt wird, für welche Krisen und welche Aufgaben welche Krisenstäbe ein solches Zentrum brauchen", kritisiert der Fraktionsvorsitzende Wolf Stammnitz.

Ratsmitglied Wolfgang Richter ergänzt: "Wenn es um Ausschreibung, Vergabe und Firmennamen geht, mag eine Behandlung in nicht-öffentlicher Sitzung vielleicht noch hinnehmbar sein. Dass aber die Tatsache selbst, dass und wie ein ‚Krisenzentrum' in Dortmund eingerichtet werden soll, als geheime Kommandosache behandelt wird, ist nicht einzusehen und für uns nicht hinnehmbar."