26.05.08
Der 3. Bundeskongreß der VVN-BdA tagte in Berlin
Die Bewegung NoNPD geht weiter -
Zugleich geht es gegen den militarisierten Überwachungsstaat –
Für die Stärkung der VVN-BdA
Günter Pappenheim - Buchenwaldhäftling 22514 - Vorsitzender der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora e.V.
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Das Plenum der Bundesdelegiertenkonferenz
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Michel Vanderborght - Belgien - Präsident der FIR
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Erwin Schulz - Arbeitersportler - ehem. Häftling im KZ Börgermoor
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Hans Lauter - ehem. Häftling im KZ Börgermoor und Ehrenvorsitzender der VVN/BdA
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Abschluß des Kongresses - das Moorsoldatenlied
Alle
Fotos: Jochen Vogler |
Unter dem Motto „Gemeinsam gegen Grundrechteabbau, Faschismus
und Krieg“ tagte am 23. und 24. Mai am Sitz des Verdi-Vorstandes
in Berlin der 3. Bundeskongreß der Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. 160
Delegierte aus allen Bundesländern und aus Lagergemeinschaften
vertraten rund 7.500 Mitglieder der größten traditionsreichen
Verfolgten- und Antifa-Organisation.
Anknüpfend an die Erfahrungen der erfolgreich geführten
Kampagne „NoNPD – NPD-Verbot jetzt!“ will die Organisation
weiter für das Verbot und die Auflösung der NPD wirken, weil sie
der Kristallisationspunkt des Neofaschismus und der
Rechtsentwicklung sei, wie in einem fast einstimmig angenommenen
Leitantrag festgestellt wurde. Der Bundesausschuß – höchstes
Organ der Organisation zwischen den Kongressen – wurde beauftragt,
die Fortsetzung der mit 175.000 Unterschriften erfolgreichen „NoNPD-Kampagne“
mit der ergänzenden Losung „Kein Fußbreit den Faschisten“
vorzubereiten.
Prof. Heinrich Fink bewertete die Ereignisse um den G8-Gipfel
2007 in Heiligendamm als eine Zäsur in der Geschichte des Landes.
Mit Großaufgeboten von Polizei und Militär und mittels
Kriminalisierung des demokratischen Protestes habe der Staatsapparat
einen bisher nicht gekannten Angriff auf die Bürgerrechte
gestartet. Eine militarisierte Außenpolitik wurde mit
Geschichtsrevision legitimiert, indem die Verhinderung eines neuen
Auschwitz bereits 1999 als Kriegsgrund ausgegeben wurde.
Demgegenüber wurde in einem Beschluss die „Wiederherstellung des
antifaschistischen und antimilitaristischen Konsenses“ des
Grundgesetzes und des Völkerrechts verlangt. „Die Verpflichtung
‚Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus’ mit ihren beiden
Seiten ist wiederherzustellen.“
Die innerstaatliche Militarisierung Deutschlands und den Weg zum
Überwachungsstaat zu stoppen und umzukehren, war ein weiterer
Schwerpunkt der Referate, wie auch der Diskussionen und Beschlüsse
der Konferenz. Die Wehrpflicht sei abzuschaffen, da mit ihr und mit
neuen Reservistenregelungen ständig bis zu einer Million Soldaten
zum Einsatz im Innern wie Äußeren des Landes zur Verfügung
stünden. Damit und mit neuen Regelungen zum Versammlungsrecht werde
das Demonstrationsrecht, das Streikrecht und die freie
Meinungsäußerung eingeschränkt. „Mit der geschürten
Anti-Terror-Hysterie werden an breiter Front in einem nie da
gewesenen Maße demokratische Grundrechte ausgehöhlt.“ Aktuell
verlangte der Kongress, den Bundeswehreinsatz in Afghanistan zu
beenden und Deutschland atomwaffenfrei zu machen.
Die Entschädigung und soziale Betreuung aller Opfer des
Faschismus wurde demonstrativ wieder in den Vordergrund der
Tätigkeit der VVN-BdA gerückt. Eine Bundesarbeitsgemeinschaft
Sozialpolitik und Entschädigung soll innerhalb der
Bundesorganisation geschaffen werden. Die nicht zuende geführte
Entschädigung der Zwangarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wie auch
die Notwendigkeit der Betreuung hochbetagter NS-Opfer und auch der
indirekten Opfer aus der zweiten Generation machten verstärkte
Anstrengungen notwendig. Mit Empörung wurde die vom gesamten
Bundestag – mit Ausnahme der Partei DieLinke – beschlossene
Ablehnung aufgenommen, den kommunistischen Widerstandskämpfern, die
sowohl unter Hitler wie Adenauer politisch verfolgt wurden, die
Entschädigung als NS-Opfer endlich zu gewähren.
In die Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit wollen sich die
Antifaschisten der VVN-BdA weiterhin einbringen, auch wenn die sich
die Reihen der Zeitzeugen lichten. Neue Formen der Geschichtsarbeit
wurden erörtert. Die VVN-BdA will sich dabei der Leugnung der „Singularität
der Naziverbrechen“ entgegenstellen. „Wer Täter zu Opfern
macht, wer Faschismus und Sozialismus als Extremismus gleichsetzt,
verharmlost die Hitler-Tyrannei und begünstigt den Neofaschismus,“
wurde erklärt.
Neben Prof. Heinrich Fink aus Berlin, der wiedergewählt wurde,
ist Cornelia Kerth aus Hamburg neue Bundesvorsitzende der
Organisation. Unter langem starken Beifall wurden Esther Bejarano
(Hamburg) und Hans Lauter (Leipzig) zu Ehrenvorsitzenden der
Organisation bestimmt. Ein elfköpfiger Bundesprecherinnen und
Bundessprecherkreis wird als Bundesvorstand tätig. Cornelia Kerth
beendete den Kongreß mit dem Aufruf, neue Mitstreiterinnen und
Mitstreiter für die VVN-BdA zu gewinnen und zugleich in breiten
Bündnissen weiterhin erfolgreich zu wirken.
jw, 26.05.2008 / Inland / Seite
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Bundeskongreß der VVN–BdA
Antifaschisten werten »nonpd«-Kampagne
aus und beraten über weitere Arbeit
Von Markus Bernhardt
Mit dem Aufruf, die antifaschistische Arbeit noch zu verstärken,
endete am Sonntag der zweitägige Bundeskongreß der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes– Bund der Antifaschisten (VVN–BdA) in
Berlin. Unter dem Motto »Gemeinsam gegen Grundrechteabbau,
Faschismus und Krieg« waren knapp 200 Delegierte zusammengekommen,
um über die weitere Arbeit zu beraten und die VVN-Kampagne »nonpd«
auszuwerten. In deren Rahmen haben über 175 000 Menschen ein neues
NPD-Verbotsverfahren gefordert.
Neben KZ-Überlebenden und Veteranenorganisationen der
Antihitlerkoalition überbrachten auch Vertreter der IG Metall und
von ver.di Grußworte. Der Vorsitzende des Zentralrates deutscher
Sinti und Roma, Romani Rose, der selbst 13 Angehörige in deutschen
Konzentrationslagern verlor, wies in seinem Beitrag auf die
Versäumnisse der Politik hin, die »mitverantwortlich für das
Erstarken der Neonazis« sei. Die stellvertretene Vorsitzende der
DKP, Nina Hager wies vor allem die »ungeheuerliche Behauptung«
zurück, »die DDR sei die zweite deutsche Diktatur gewesen« und
sie verwies auf die sich häufenden antikommunistischen Attacken
politischer Gegner.
Auch Heinrich Fink, Bundesvorsitzender der VVN-BdA, kritisierte
die Kampagnen gegen den angeblich staatlich verordneten
Antifaschismus in der DDR: »Würde es in der Bundesrepublik
wenigstens einen staatlich verordneten Antifaschismus geben,
bräuchten wir nicht für ein NPD-Verbot zu kämpfen.« Fink
forderte seine Organisation auf, neue Bündnisse mit sozialen
Bewegungen einzugehen. Diese seien dringend erforderlich, da der von
den Herrschenden betriebene Sozialabbau »die Brutstätte der NPD«
sei. Er rief die Mitglieder der VVN ebenso dazu auf, gegen den
Einsatz der Bundeswehr im In- und Ausland mobil zu machen und
Forderungen, sich von Kommunisten und radikalen Linken zu
distanzieren, eine klare Absage zu erteilen. Auch Dorothèe Menzner,
Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke und Delegierte des
Kongresses, sprach sich für eine verstärkte Zusammenarbeit mit
autonomen Antifaschisten aus und forderte, diese als engagierte
Bündnispartner anzuerkennen.
Die VVN kündigte zudem an, auf breiter Ebene den Protest gegen
einen rassistischen Kongreß der rechtsextremen »Bürgerbewegung
Pro Köln« im September zu organisieren. Rechtsextreme aus ganz
Europa wollen dort gegen eine angeblich stattfindende Islamisierung
Deutschlands hetzen.
Heinrich Fink wurde am Sonntag erneut zum Bundesvorsitzenden der
VVN gewählt. Unterstützung erhält er von der Hamburgerin Cornelia
Kerth, die zukünftig neben Fink als Bundesvorsitzende tätig sein
wird.
jw, 24.05.2008 / Inland / Seite
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VVN tagt in Berlin
Bundeskongreß der Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes wertet NoNPD-Kampagne aus
Von Markus Bernhardt
Über 200 Delegierte werden an diesem Wochenende am
Bundeskongreß der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes–
Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) in Berlin teilnehmen, der unter
dem Motto »Gemeinsam gegen Grundrechteabbau, Faschismus und Krieg«
steht. In den Räumen der Bundesverwaltung der Gewerkschaft ver.di
wollen die Antifaschisten über Maßnahmen im Kampf gegen alte und
neue Nazis, bundesdeutsche Kriegsbeteiligungen und den Abbau von
Grund- und Freiheitsrechten diskutieren. Dazu liegen ihnen über 30
Anträge vor.
Darüber hinaus werden die Delegierten die NoNPD-Kampagne
auswerten, die die VVN-BdA im vergangenen Jahr initiiert hatte.
Über 175000 Menschen hatten die Kampagne unterstützt und sich mit
ihrer Unterschrift für ein neuerliches Verbotsverfahren gegen die
neofaschistische NPD ausgesprochen. Im Rahmen der Kampagne fanden in
zahlreichen Städten Aktionen und Veranstaltungen statt, und es
gründeten sich neue Gruppen und Initiativen.
Nach wie vor beschäftigt den Verband die Frage der Gewinnung
jüngerer Mitglieder und die Aufrechterhaltung der
Erinnerungskultur. »Es muß festgestellt werden, daß wir an einer
entscheidenden biologischen Schwelle stehen, die vielerorts sogar
bereits überschritten ist: Die Generation der Verfolgten und Gegner
des Hitler-Regimes, die über sechs Jahrzehnte in Ost und West
gewirkt haben, ist zahlenmäßig so stark geschrumpft, daß sich
unmißverständlich die Frage nach dem Danach stellt«, so Thomas
Willms, Bundesgeschäftsführer der VVN-BdA. Aufgabe des Verbandes
sei daher die »Bildung einer durchsetzungsstarken politischen
Organisation, die das kulturelle Erbe auch tatsächlich vertreten
kann«, so der Antifaschist weiter.
Im Rahmen des Leitantrages zum Kongreß sprechen sich die
Antifaschisten auch gegen die sogenannte Totalitarismustheorie aus.
So wird gefordert, »gegen eine Erinnerungs- und
Gedenkstättenpolitik aufzutreten, die die Singularität der
Naziverbrechen« leugne. »Wer Täter zu Opfern macht, wer
Faschismus und Sozialismus als Extremismus gleichsetzt, verharmlost
die Hitler-Tyrannei und begünstigt so den Neofaschismus«, sagt
Heinrich Fink, Bundesvorsitzender der VVN-BdA im Gespräch mit junge
Welt.
ND, 26.05.2008 / Inland /Seite 5
Das Vermächtnis der
Widerstandskämpfer
Der dritte Bundeskongress der
VVN/BdA bekräftigt Forderung nach NPD-Verbot
Von Peter Nowak
Der Schauspieler Peter Sodann ist ebenso dabei wie der
DDR-Astronaut Sigmund Jähn. Sie unterstützen die Kampagne »nonpd
– NPD-Verbot jetzt«. Das Motto ist mittlerweile bekannter als die
Organisation, die die Kampagne initiiert hat: die Vereinigung der
Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und
Antifaschisten – kurz VVN/BdA.
Die CDU ist gegen ein Verbot – diese Herren dafür.
ND-Foto: B. Lange |
Am Wochenende tagte in Berlin der 3. Bundeskongress der
bundesweit stärksten antifaschistischen Organisation. In seinem
Rechenschaftsbericht zog der VVN-Bundesvorsitzende Heinrich Fink
eine positive Bilanz. Unter großem Applaus bezeichnete er die
Forderung, die das VVN-Gründungsmitglied Hans Meyer vor mehr als 60
Jahren aufgestellt hatte, alle Formen des Wiederauflebens des
Nationalsozialismus zu bekämpfen, als Aufgabe für die Gegenwart
und die Zukunft der Organisation. Neben der NPD-Verbotskampagne hob
Fink die Wichtigkeit der Gedenk- und Erinnerungspolitik hervor.
Gemeinsam mit anderen Opferverbänden und gesellschaftlichen
Kräften habe die VVN/BdA jede Form der Gleichsetzung von NS- und
DDR-Geschichte sowie die Vermischung des Gedenkens an die Opfer vor
und nach 1945 strikt abgelehnt. Aber trotzdem bleibe noch viel zu
tun, erklärte Fink mit dem Hinweis auf die im Jahr 2009 geplante
Eröffnung eines Dokumentationszentrums in der Stadt Brandenburg.
Erklärtes Ziel dieses Zentrums: »beide Diktaturen zusammenzudenken
«. Den häufig erhobenen Vorwurf des verordneten Antifaschismus in
der DDR konterte Fink mit der Frage, ob das Fehlen eines verordneten
Antifaschismus in der BRD nicht vielleicht mit für das Erstarken
der NPD verantwortlich ist.
Als das größte Kapital für die Organisation bezeichnete der
ehemalige Hochschulrektor die Widerstandskämpfer gegen den
Faschismus, deren politisches Vermächtnis die VVN/BdA weitertrage.
Das ist auch für jüngere Antifaschisten ein wichtiger Grund für
ihren Eintritt in die Organisation. So bezeichnete der 24-jährige
René, einer der Vertreter der jüngeren Generation unter den
Delegierten, die Kooperation zwischen den alten und den jungen
Antifaschisten als wichtigen Anstoß für sein Engagement in der
VVN/BdA. Der Student plädierte für große Bündnisse unter
Einschluss von autonomen Antifaschisten.
Auch die Bundestagsabgeordnete der LINKEN und Delegierte der
VVN/BdA, Dorothee Menzner, lobte die gelungene Zusammenarbeit
zwischen der VVN und unabhängigen Antifagruppen anlässlich einer
Demonstration gegen Neonazistrukturen in Bad Lauterberg im Harz.
Menzner plädierte für die Fortsetzung einer solchen
Bündnispolitik. Die Tatsache, dass die VVN/BdA in den Jahren 2006
und 2007 nicht mehr im Verfassungsschutzbericht erwähnt wurde,
dürfe kein Grund sein, eine solche Bündnisstrategie aufzugeben.
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