23.05.08
Protest gegen rechtes Zentrum in Karlsruhe
Breiter Widerstand gegen
geplanten Neonazitreff. Städtische Veranstaltung mit
Verfassungsschützern und Eckard Jesse sorgt für Unmut bei
Antifaschisten
Von Mirko Knoche
Die NPD will im badischen Karlsruhe ein Schulungszentrum
aufbauen. Darauf hatte die Autonome Antifa Karlsruhe bereits Ende
März hingewiesen. Ende April bestätigte dann auch der
stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Alexander Neidlein das
Vorhaben. Seitdem regt sich Widerstand gegen das geplante
Neonazizentrum – vom CDU-Oberbürgermeister bis hin zu autonomen
Antifaschisten. Eine Veranstaltung im Juni aber könnte die breite
Front gegen das Zentrum spalten.
Der Karlsruher Oberbürgermeister Heinz Fenrich (CDU) hat das
Gebäude im Karlsruher Stadtteil Durlach und die umliegenden
Straßen bereits am 20. März zum reinen Wohngebiet erklärt.
Damit will er eine Nutzung des Hauses als Schulungszentrum
verhindern. Die Stadt werde gegen das NPD-Vorhaben mit »allen
rechtlichen Mitteln« vorgehen, erklärte auch deren Verwaltung Ende
März. Der Karlsruher Gemeinderat billigte daraufhin einstimmig die
Umwidmung zum Wohngebiet.
Das Haus in Durlach war zuvor als Bordell genutzt worden. Dann
wurde es an eine ominöse tschechische GmbH verkauft, deren
Eigentümer bis heute unbekannt ist. Diese Firma vermietete das Haus
an ein NPD-Mitglied. Karlsruher Antifa-Kreise sehen in ihm
allerdings lediglich einen »Strohmann«, der im Parteiauftrag das
Zentrum für die Neofaschisten anmieten sollte. Der Anwalt des
Mieters ist der Rastatter Rechtsanwalt Klaus Harsch (CDU). Er
verteidigt häufig Mitglieder der neofaschistischen und militanten
»Rastatter Kameradschaft«. In seiner Kanzlei tätige Anwälte
sollen direkte Verbindungen zu ihr unterhalten.
Unterdessen mobilisierte die Karlsruher Antifa mehrfach gegen das
NPD-Zentrum. Als bekannt wurde, daß dort am Vorabend des 20. April,
Hitlers Geburtstag, eine Neonazifeier abgehalten werden sollte,
formierte sich eine spontane Gegendemonstration von etwa 150
Antifaschisten. Sie zogen zum NPD-Anwesen in Durlach. Dort
angekommen, waren die Neonazis bereits abgezogen: Die städtischen
Behörden hatten das Gebäude kurzerhand für baufällig erklärt
und das Haus geräumt. Auch die Versuche von Neofaschisten, am Abend
einen Aufmarsch zu formieren, wurden von der Polizei unterbunden.
Für den 25. April hatten die Rechten dann ein Konzert des
Liedermachers Frank Rennicke angekündigt. Das Antifaschistische
Aktionsbündnis Karlsruhe (AAKA) rief zu einer Gegenkundgebung auf.
Innerhalb weniger Tage gelang es, 800 Menschen zu mobilisieren, die
vor dem NPD-Zentrum demonstrierten. Das Konzert konnte ohnehin nicht
stattfinden, weil die Neonazis das Gebäude wegen der baurechtlichen
Verfügung vom 19. April nicht betreten durften. Es ist bis heute
versiegelt.
Nach vielen erfolgreichen Aktionen gegen das geplante
Schulungszentrum der Rechten gibt es nun Auseinandersetzungen
zwischen den Gegnern der NPD. Der Streit dreht sich um eine
städtische Informationsreihe unter dem Titel »Karlsruhe zeigt
Flagge gegen rechts«. Oberbürgermeister Fenrich hatte dem AAKA,
der VVN-BdA und Gewerkschaften zugesagt, eine gemeinsame
Aufklärungsveranstaltung am 14. Juni zu organisieren. Was dabei
herausgekommen ist, entspricht nicht mehr dem gemeinsamen Anliegen.
Als Redner geladen sind lediglich Verfassungsschutzexperten und der
Chemnitzer Politikprofessor Eckard Jesse. Für Jesse gibt es keinen
Unterschied zwischen »rechtem und linken Extremismus«. Silvia
Schulze, Sprecherin der VVN-BdA Karlsruhe, meint dazu: »Solche
Referenten hat Karlsruhe in dieser angespannten Situation einer
Nazioffensive nicht verdient.«
aus: junge
Welt vom 21.05.2008.
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