05.05.08
Zur Erinnerung an die kurz vor Kriegsende von der
Gestapo ermordeten Naziopfer
Zur Gedenkstunde in der
Wenzelnbergschlucht bei Solingen
Rede von Ulrike Düwel, Landessprecherin der VVN-BdA, am 27.
April 2008 in der Wenzelnbergschlucht bei Solingen
Warum haben wir uns hier versammelt?
"Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung" -
das ist der Leitspruch des Mahnmals hier in der Wenzelnbergschlucht,
in der noch 2 Tage vor Einmarsch der US-Amerikaner in Solingen 71 Männer
von der GESTAPO erschossen und verscharrt wurden.
Wofür standen diese ermordeten 71 Männer?
In der Mehrheit waren sie Kommunisten und Geistliche, aktive Gegner
der Nazidiktatur.
Für uns stehen sie für das "andere Deutschland", - Menschen
auf die wir stolz sind, stolz sein können!
Menschen, die deutlich NEIN gesagt haben zum Faschismus in
Deutschland!
Sie hatten sicher andere Vorstellungen von einem neuen Deutschland
und hätten sich nach der Befreiung sicher dafür eingesetzt.
Diese Morde in den letzten Kriegstagen hatten mindestens 2 Ziele:
Spuren zu verwischen, Zeugen faschistischer Verbrechen zu
beseitigen u n d die Chancen für einen wirklichen Neuanfang 1945
kleiner zu machen oder unmöglich - weil Menschen, die wir dringend
gebraucht hätten für ein demokratisches antifaschistisches Deutschland
gezielt und kaltblütig ermordet wurden!
Im Frühjahr 1945 wurde an vielen orten in Deutschland ein
großangelegter Mordfeldzug gegen deutsche und ausländische Antifaschisten
in Gang gesetzt um einen antifaschistischen Neubeginn zu verhindern
- die Morde in der Wenzelnbergschlucht waren kein Einzelfall!!
Wir wissen, was kam:
Schon ende der 40er Jahre waren in den Westzonen, der späteren
BRD die Wiederherstellung kapitalistischer Besitz- und Machtverhältnisse
weitgehend abgeschlossen, der antifaschistische Konsens aller Parteien
(SPD, KPD, CDU) war schnell zerbrochen!
Personen, die im deutschen Faschismus, in Militär, Politik, Justiz
eine führende Rolle spielten waren wieder ganz oben:
Aus der (Nazi)Abteilung fremde Heere Ost wurde die Organisation Gehlen
und später der BND, gerade jetzt wieder in Spitzeleiskandale
verstrickt!
Der Aufbau der Bundeswehr begann mit Nazi-Generälen wie Heusinger
und Speidel - in Verwaltungen und Gerichtsääle kehrten die alten
belasteten Kader zurück...
Heute erleben wir mit, wie eine gewaltbereite Neonazi-Szene -
nicht die alten Unbelehrbaren aus den 60er und 70er Jahren, sondern
haßerfüllte junge Menschen - bereit ist, zur Durchsetzung ihrer Ziele
Gewalt gegen Menschen einzusetzen.
Sie schrecken nicht davor zurück, Jugend-Treffs, Büros
demokratischer Organisationen oder Abgeordnetenbüros zu attackieren
oder Gedenkstätten zu schänden - wie kürzlich auch hier!
Es ist überfällig, daß die NPD mit ihren militanten Hilfstruppen
verboten wird!
Unser Grundgesetz - der Artikel 139 gibt dazu alle Möglichkeiten!!
Unsere Unterschriftensammlung für ein NPD-Verbot wurde von
175.000 Menschen unterstützt - das zeigt, daß unsere Forderung von
weiten Teilen der Bevölkerung getragen wird!
Wir werden sie fortführen, jetzt erst recht!
Die "Initiative pro Köln" und "pro NRW" mit
ihren rechtsextremen und ausländerfeindlichen Ausrichtungen, ihrem
Propagandamaterial für Schulen zeigen, daß dieses rechte Gedankengut
in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist - Biedermann wird zum Brandstifter!
Gerade deswegen macht es uns Mut, mitzuerleben welchen Andrang
von vor allem jungen Menschen, Schülern es in allen Städten gab,
in denen der "Zug der Erinnerung" halt machte!
Wie peinlich und schäbig für das Staatsunternehmen Bahn und die
verantwortliche Bundesregierung, daß der Zug nicht im berliner Hauptbahnhof
halten durfte, daß Streckenbenutzungsgebühren gezahlt werden
mussten - die bahn doppelt kassierte - damals und heute!!!
Warum ist es in Deutschland so schwer, die Verbrechen der Vergangenheit
zu benennen und sich damit auseinander zusetzen?
In Italien und in Frankreich z.b. gibt es Straßen und Plätze
mit den Namen von Widerstanskämpferinnen und -kämpfern, Denkmäler
im öffentlichen Raum, Gedenktafeln an Bahnhöfen - für Opfer und WiderstandskämpferInnen!
Mir macht es Mut, daß wir hier heute zusammenstehen, Schülerinnen
und Schüler das Programm mitgestalten und die Stadt Langenfeld mit
ihrem Bürgermeister, die Städte Leverkusen, Remscheid, Solingen
und Wuppertal wieder zu dieser Gedenkveranstaltung eingeladen und
sie gestaltet haben!
Deutschland ist ein schwieriges Vater-/Mutterland!
Ich möchte mit einem Gedicht von Giaconda Belli, Widerstandskämpferin
und Schriftstellerin aus Nicaragua, abschließen....
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