18.02.08
VVN-BdA NRW erinnert an Beginn des NS-Regimes vor
75 Jahren
Breite Zusammenarbeit gegen
neues autoritäres Regime gefordert
Es liegen viele Gründe vor, um in NRW gegen die Nazis und
Neonazis, aber auch gegen andere antidemokratische Erscheinungen
gemeinsam mit allen Demokratinnen und Demokraten vorzugehen. Auch
die Landesparlamente müssen eine Antwort geben auf die Frage, die
von der "Süddeutschen" gestellt wurde: "Will der
Staat seine Spitzel in der NPD schützen, oder will er die
Gesellschaft vor der NPD schützen? Beides zusammen geht
nicht." Das stellte Ulrich Sander, wiedergewählter
Landessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund
der Antifaschisten, auf der Landesdelegiertenkonferenz seiner
Organisation vor den 75 Delegierten der rund 1000 Mitglieder der
ältesten und größten antifaschistischen Opferorganisation fest.
Die Tagung fand im verdi-Haus Düsseldorf statt.
Jupp Angenfort, der 84jährige langjährige Landessprecher, der
zum Ehrenvorsitzenden gewählt wurde, konnte bei Beginn der
Konferenz die Grüße von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers
vortragen, die dieser mitteilen ließ. Unter Beifall schlug
Angenfort vor: "Wir sollten ihm von unserer Konferenz die Bitte
übermitteln, von seinem Weisungsbefugnis Gebrauch zu machen und
Innenminister Dr. Ingo Wolff aufzufordern, endlich seine V-Leute aus
der NPD zurückzuziehen und die vom Landtag beschlossene
Online-Durchsuchung von Privatcomputern zu beenden."
Die Konferenz stellte fest: "Die Militarisierung im Innern
und die Auslandseinsätze wie das Instrumentarium zum
Überwachungsstaat bedrohen die Demokratie im Lande und ebnen den
Weg zum autoritären Staat." Dagegen ist Widerstand gefordert.
Man müsse sich auch heute hochgradig autoritäre Politik von
rechten Regierenden und Wirtschaftskreisen vorstellen können, die
noch in Koalitionen eingebunden sind, aber den Nazis den Weg
bereiten, sagte Landessprecher Sander: "Diese Vorstellung
fällt nicht schwer, wenn wir uns Kochs Wahlkampf und Schäubles
Sicherheitspolitik ansehen. Eine solche Politik birgt die Gefahr des
Umschwungs in ultrarechte Regierungsformen." Von den Nazis gehe
heute weniger die Gefahr aus, dass sie die faschistische Macht
ergreifen, als viel mehr die Politik mit zu bestimmen. Erinnert sei
an den Asylkompromiss von 1993 und an die Freude der NPD vor wenigen
Wochen über die Politik im CDU-Wahlkampf in Hessen. "Diese
Politik wurde - trotz des Wahldesasters - nicht zurückgenommen,
sondern von der Bundeskanzlerin ausdrücklich bestätigt." Es
gelte nun, die Kampagne NoNPD, für ein NPD-Verbot fortzusetzen, was
in NRW besonders bedeute, das V-Leute-System des Verfassungsschutzes
abzuschaffen.
Die Konferenz forderte den Zukunftsfonds der Stiftung
"Erinnerung Verantwortung Zukunft", die zur
Zwangsarbeiterentschädigung gebildet wurde, auf, die Schülerinnen
und Schüler über die Verbrechen der deutschen Wirtschaft aus der
Zeit von 1933 bis 1945 aufzuklären oder entsprechende Projekte zu
fördern. Die Landesdelegiertenkonferenz beauftragt den
Landesausschuss der VVN-BdA NRW, eine Rallye "Spurensuche
Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945" auf den Weg zu bringen, um
eine Dokumentation über diese Verbrechen allein auf dem Territorium
des Landes an Rhein, Ruhr und Lippe zu schaffen. Jugendgruppen und
Schülerinnen und Schüler sollten aufgerufen werden, die
Informationen über die Täter zu sammeln und zusammenzutragen, um
sie von der VVN-BdA veröffentlichen zu lassen. Daraus könnten
Schriften oder auch Exponate entstehen.
Das rassistische Europa-Treffen der "Pro
NRW"-Vereinigungen mit ihren internationalen Partnern -
gerichtet "gegen Moscheebau und Islamismus" - soll im
September mit einer internationalen Manifestation der VVN-BdA und
der Föderation des Internationalen Widerstandes (FIR) in Köln
beantwortet werden.
Die Vertreterin der Grünen im Landtag Monika Düker rief die
VVN-BdA auf, mitzuhelfen, dass zu den Kommunalwahlen überall
örtliche Bündnisse entstehen, um die Neonazis zu stoppen. Guntram
Schneider, Landesbezirksvorsitzender des DGB, betonte: "Der
gewerkschaftliche Antikommunismus ist abgeschafft, lasst uns
gemeinsam gegen rechts handeln." Prof. Wolfgang Dressen von der
Universität Düsseldorf, erinnerte an die Rolle der ökonomischen
Eliten bei der Etablierung des Faschismus vor 75 Jahren und rief zum
entsprechenden antikapitalistischen Diskurs auf. Die
Bundestagsabgeordnete von DieLinke Sevim Dagdelen, zugleich
Vertreterin der türkischen Arbeitervereine DIDF, wandte sich sowohl
gegen den deutschen wie den türkischen Nationalismus und sprach
sich für die engere Zusammenarbeit der deutschen und ausländischen
Antifaschisten aus.
Neben Ulrich Sander wurden Ulrike Düwel, langjährige
Mitarbeiterin der IG Metall-Schule Sprockhövel, und Jochen Vogler,
Dipl.-Sozialarbeiter aus Wuppertal, in den Landessprecherrat
gewählt.
Verantwortlich: Ulrich Sander
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